Kurz- oder Langzeittherapie: Eine Frage der zugrundeliegenden

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Transcript Kurz- oder Langzeittherapie: Eine Frage der zugrundeliegenden

Kurz- oder Langzeittherapie:
Eine Frage der zugrundeliegenden
individuellen Lebensgeschichte
Ulrike Ehlert
Psychologisches Institut, Universität Zürich
University Research Priority Program on Healthy Ageing
Zentrum für Neurowissenschaften ETH & UZH
Situation
Primärbewertung (Bedrohungsausmass)
Sekundärbewertung (Ressourcen)
Kognitionen
Verhaltensreaktion
Emotionale Reaktion
Somatische Reaktion
Neubewertung
nach Lazarus & Folkman, 1984; Abb. aus Fischer, 2004
Akuter oder chronischer Stressor
Kritische Lebensereignisse
Situation / Stressor Trauma (Subjektiv erlebte Lebensgefahr, die mit
intensiver Furcht, Entsetzen und Hilflosigkeit
einhergeht)
Primärbewertung (Bedrohungsausmass)
Sekundärbewertung (Ressourcen)
Kognitionen
Verhaltensreaktion
Emotionale Reaktion
Somatische Reaktion
Stressbewältigung (Coping)
Erfolgreiches Coping
bedeutet Resilienz
Neubewertung
Kognitive Bewertung und physiologische Stressreaktivität
Die kognitive Bewertung eines Stressors korreliert mit der
Cortisolfreisetzung nach Stress (n=81, gesunde Männer)
Erlebter Stress (PASA-Fragebogen)
Gaab, Nater, Rohleder & Ehlert, 2005; Campbell & Ehlert, 2012
Psychische
Belastung
Freisetzung von
Stresshormonen
im Gehirn
Steigerung
Hungerhormon
Ghrelin
Unterdrückung
Sexualhormone
Testosteron
Östrogene
Freisetzung der
Stresshormone
Adrenalin
Noradrenalin
Cortisol
Aktivierung des
HerzKreislaufsystems
u.a. Beeinflussung des
Immunsystems
Alltagsbelastungen
Kritische Lebensereignisse
Chronische Belastungen
Traumata
Stress Erfahrung
Genetik
Frühere Erfahrungen
Entwicklungsprozesse
Psychologische Merkmale
Körperliche Voraussetzungen
Körperliche Reaktionen
Erfolgreiche Anpassung
Fehlanpassung
Krankheiten
Verhalten
Ehlert, La Marca, Abbruzzese & Kübler 2013
Kurzzeitinterventionen bei unimorbiden Phobien
• Flugangstseminare
• Kombination von Kognitiver Verhaltenstherapie (KVT), Entspannung,
Informationen aus dem Cockpit und Exposition
• Methoden der KVT scheinen die gewünschten Effekte nur in
Kombination mit Expositionstherapie zu erzielen (Mühlberger, Wiedemann
& Pauli, 2003, Rothbaum, 2006)
• Virtual Reality Therapy
• Wirksamkeit in zahlreichen Studien bestätigt
(Botella et al., 1998; Emmelkamp et. al. 2001, Mühleberger, Herrmann,
Wiedemann, Ellgring & Pauli, 2002; Rothbaum et al., 2000)
• Forschung zur physiologische Reaktion: Herzrate, Herzratenvariabilität
und Hautleitfähigkeit
(Wiederhold et. al., 2003)
Prävention negativer Effekte belastender Situationen
durch den Einsatz kognitiv-verhaltenstherapeutischer
Stressreduktionstechniken
wie
Kognitive Restrukturierung
Problemlösen
Selbstinstruktion
Progressive Muskelentspannung
48 männliche Studenten der ETH Zürich
Teilnahme an einem Gruppen-Stressbewältigungtraining (12
Personen pro Gruppe)
Randomisierte Gruppenzuweisung
Zwei Subgruppen als Wartelisten-Kontrollgruppe
Zwei Subgruppen erhielten das Stressbewältigungstraining sofort
Prüfung der Stressreagibilität aller Untersuchungsteilnehmer
anhand eines psychosozialen Stresstests (öffentliche Rede und
mentale Arithmetik)
Gaab, Blättler, Menzi, Pabst, Stoyer & Ehlert, 2003
Verbesserte kognitive Bewertung des Stressors
Kontrollgruppe
Stressimpfungstraining
6
5
4
3
2
1
Heraus- Bedrohung SelbstKontrollforderung
einschätzung erwartung
der eigenen
Kompetenz
Physiologische Stresseaktion direkt nach der Teilnahme am
Stressimpfungstraining (SIT)
Physiologische Stressreaktion 4 Monate nach der
Teilnahme am Stressimpfungstraining (SIT)
N=76, 18 Männer, 58 Frauen
Hammerfald, Kinsperger, Eberle, Grau, Zimmermann, Ehlert & Gaab, 2006
Stressreaktion
bei Männern
und Frauen
Psychobiologische Evaluation von Therapieeffekten bei
Patienten mit einer sozialen Phobie
9 Wochen Gruppenintervention vs. Citalopram (SSRI) vs. Wartelistengruppe
Furmark, Tillfors, Marteinsdottir, Fischer, Pissiotta, Langstrom & Fredrikson, 2002
rCBF-PET-Befunde pre-post-Therapie Vergleiche der 15
Sozialphobiker in einem psychosozialen Stresstest
Rechte Hemisphäre
Linke Hemisphäre
Kognitiv-verhaltenstherapeutische (KVT) Studie mit
chronischen Schmerzpatienten
•
•
•
•
KVT Gruppentherapie mit 15 Sitzungen im Vergleich zu operanter
Schmerztherapie und einer sozialen Diskussionsgruppe
5 Patienten mit ihren Partnern in je einer Behandlungsgruppe
Partner nahmen an der 1., 5., 9. und 13. Therapiesitzung teil
Jede Gruppe wurde von einem Verhaltenstherapeuten und einem CoTherapeuten geleitet
Thieme et al., 2006
Ergebnisse - 12 Monate nach Therapie
60%
Zunahme
39.7%
40%
24.1%
17.5%
20%
8.9%
0%
-7.9%
-20%
-21.4%
Abnahme
-40%
-60%
-80%
-23.4%
-27.7%
-20.5%
-17.3%
-44.9%
-55.7%
Physische
Beeinträchtigung
Schmerz
Kognitiv-verhaltenstherap. Schmerztherapie
Soziale Diskussionsgruppe
Affektive
Verstimmung
Anzahl der
Arztbesuche
Operante Schmerztherapie
Pränataler Stress und Traumatisierung
e.g. polymorphisms in
HPA-axis related genes
Trauma experience
Resilience following lifethreatening circumstances
Sucessful adaptation
e.g.
vital exhaustion
Maladjustment
Physiological reactions
e.g. cortisol, cortisol-cortisone
ratio, GR sensitivity, gene
expression, DNA methylation
e.g. emotion regulation,
Genetics
resilience, sense of
Psychological traits
coherence, intellectual
Prior experiences
capacity
Developmental processes
Physical conditions
e.g. trauma,
prenatal stress,
social support
e.g. age,
BMI
e.g. pre-, peri-, postnatal
development, emotional,
cognitive, behavioral
sexual child development
Pathological state
e.g. posttraumatic stress
disorder, depression
chronic pelvic pain, chronic
fatigue syndrome, obesity,
coronary heart disease
Behavioral responses
Ehlert, 2013
Einfluss von 5HTT Polymorphismus und kritischen Lebensereignissen auf
Depressionswahrscheinlichkeit bei jungen Erwachsenen
Caspi et al. 2003
Serotonin Transporter (5 HTT) Genotyp, soziale
Unterstützung und die Auftretenswahrscheinlichkeit einer
PTBS oder Depression bei Hurricane-Opfern
Kilpatrick et al., 2007
Physiologische Verarbeitung von Stress während der
Schwangerschaft
Maternale HHN-Achse
Fetale HHN-Achse
Hypothalamus
Hypothalamus
CRH-BP
CRH
-
CRH
CRH
Hypophyse
-
ACTH
Nebennierenrinde
Kortisol (F)
E
F
F
F = Kortisol
E = Kortison
Placenta
+
+
-
ACTH
Nebennierenrinde
Kortisol (F)
F
E
E
F
Hypophyse
11β-HSD2
F
-
CRH
E
E
Adapted from Drake et al., 2007 and Ehlert et al., 2003
Angstsymptome werdender Mütter in der 32. SSW korrelieren
mit den Cortisolspiegeln (Aufwachwerte) der 10 jhrg. Kinder
O`Connor et al., 2005
Cortisolspiegel 10-jhr. Kinder als Reaktion auf den TSST-C
Time in minutes
T & GC
T
oB
50 Kinder mit pränataler Tokolyse & Glucocorticoidexposition (T & GC)
38 Kinder mit pränataler Tokolyse (T)
46 Kinder mit unauffälliger Schwangerschaft (oB)
Erni, Shaqiri, La Marca, Zimmermann & Ehlert, submitted
Child Behavior Check-List
Väterliches Urteil bzgl.
Problemverhalten des
Kindes
T&G
T
oB
Kontrollerwartung der
Kinder vor dem Stresstest
T&G
T
oB
Selbsteinschätzungen der Kinder, TSST-unabhängig
Eigenschaftswörterliste für Kinder,
Subskala Ängstlichkeit
T & GC
T
oB
Spence Children’s Anxiety Scale (SCAS-D)
Subskala Trennungsangst
T & GC
T
oB
Keine signifikanten Unterschiede fanden sich für APGAR 1/2/3, Geschlecht, Alter zum Erhebungszeitpunkt, BMI,
Sozioökonomischer Status, BSI Mutter/ Vater, jedoch für Geburtsgewicht und Gestationsdauer (mindesten 34 SSW)
Erni, Shaqiri, Landolt, Zimmermann & Ehlert, 2012
Was macht einen Stressor zum Trauma?
Klassenziel nicht erreicht?
Scheidung der Eltern?
Keine überdurchschnittlich häufige PTBS-Symptomatik
DSM-III-R
DSM-IV
Ereignis liegt ausserhalb der normalen
menschlichen Erfahrung
Gefühl der Lebensbedrohung bei sich oder
anderen (Situatives Kriterium)
Intensive Furcht, Hilflosigkeit, Entsetzen
(Subjektive
Reaktion)
Nicht jedes Trauma führt zu einer
Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)
Aber…
Lebenszeitinzidenz in Abhängigkeit vom Trauma
55.5%
38.8%
35.4%
17.2%
11.5%
7.6%
4.5%
Inzestopfer, Vergewaltigungserfahrung
Kriegserfahrungen
Misshandlung in der Kindheit
Androhung von Waffengewalt
Körperliche Gewalterfahrung
Unfall
Feuer, Naturkatastrophe
Wie ist der Verlauf der PTBS?
Wie ist die Prognose?
•
Circa 90% der Patienten zeigen die PTBSSymptome sofort nach dem Trauma
•
Bei circa 10% der Patienten findet sich ein
verzögerter Beginn
•
Bei circa einem Drittel der Patienten zeigt sich
ein chronischer Verlauf
Ein Trauma...
...die möglichen psychischen Konsequenzen 50 Jahre später
Phillipi, Heinrichs & Ehlert
...die möglichen physiologischen Konsequenzen 50 Jahre später
Interpersonale Traumatisierungen im Kindesalter
umfassen
•
•
•
•
•
Trennung und Verlust
Physische Vernachlässigung
Physische Misshandlung
Emotionalen Missbrauch
Sexuellen Missbrauch
Studienergebnisse zeigen ...
•
•
•
•
Emotionaler Missbrauch erhöht die
Wahrscheinlichkeit einer Depersonalisationsstörung
(Simeon et al., 2001)
Körperlicher oder sexueller Missbrauch oder
Vernachlässigung im Kindesalter zeigen in der
Adoleszenz eine vierfach erhöhte Wahrscheinlichkeit
für eine Persönlichkeitsstörung (Johnson et al, 1999)
Interpersonale Traumatisierungen in der Kindheit
führen mit deutlich grösserer Wahrscheinlichkeit zu
einer Persönlichkeitsstörung als vergleichbare
Traumatisierungen in der Adolszenz (Gibb et al., 2001)
Kumulative Traumatisierung im Kindesalter führt bei
erwachsenen Frauen zu massiven subjektiv erlebten
körperlichen Beschwerden (Cloitre et al., 2001)
•
•
•
In einer Gruppe von 64 delinquenten Adoleszenten
zeigten 28.3% dissoziative Symptome (primär
Depersonalisation), davon gaben 96.8% Traumatisierungen in der Kindheit an (Carrion & Steiner, 2000)
Die Häufigkeit dissoziativer Symptome bei
schizophrenen Patienten ist mit emotionalem und
physischem Missbrauch in der Kindheit hoch korreliert
(Holowka et al., 2003)
Dissoziative Symtome führen mit einer grösseren
Wahrscheinlichkeit zu selbstverletzendem Verhalten.
Dieses Verhalten ist insbesondere bei jüngeren
Patienten häufiger zu beobachten (Low et al., 2000; Saxe,
Chawla & van der Kolk, 2002)
Ein Trauma...
...die
möglichen
psychischen
Konsequenzen
Selbstbildnisse einer 42jhr. Patientin mit multiplen Misshandlungserfahrungen
Titelbild, Verhaltenstherapie, Heft 4,1999
Prävalenz sexuellen Missbrauchs bei Frauen mit Chronischem
Unterbauchschmerz ohne Organkorrelat (CUBB)
Kein sexueller Missbrauch
Sexueller Missbrauch
33.3
79.6
66.7 %
CUBB
21.4%
Infertilität
Heim, Hanker, Hellhammer & Ehlert, 1998
Mehrebenenbehandlungsmodell bei Chronischem Unterbauchschmerz
Krankheitssymptome
Chronischer Unterbauchschmerz
Kopfschmerzen
Müdigkeit
Durchblutungsstörungen
Obstipation
Fluor
Dysurie
Mastopathie
Dyspareunie
Anorgasmie
Stressoren/Traumata
Daily hassles
Chronische Überbelastung durch
Mehrfachanforderungen
Partnerschaftsprobleme
Sexuelle und /oder körperliche
Mißbrauchserfahrungen
Psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen
Generelle Maßnahmen
Vermittlung von Einsicht in das
Krankheitsgeschehen
Erzeugung von
Psychotherapiemotivation
Vermittlung von Entspannungstechniken
Vermittlung von Selbstkontrolltechniken
zur Schmerzbewältigung
Spezifische Maßnahmen
Stressbewältigungstraining
Selbstsicherheitstraining
Sexualtherapie
Familien-/Paartherapie
Exposition/Reframing zur
Traumabewältigung
Ehlert, 1999
Derzeitige und frühere Doktorand(inn)en und Post Docs
E Abbruzzese S Berger A Bratsikas M Bösch R Brönnimann J
Campbell S Dainese B Ditzen S Drobnjak B Durrer K Erni J Gaab
U Galli P Ghaemmaghami-La Marca K Hammerfald N Heimgartner
M Heinrichs P Hubmann J Hunold N Kaiser B Kleim I Knafla U
Kübler R La Marca N Lozza A Maercker U Nater A Nierop S PalmFischbacher T Perini U Rimmele K Rink S Sefidan L Shaqiri S
Sieber I Sommer L Soravia S Sollberger C Spörri K Suarez-Hitz M
Thoma B Thomann H Thörn A von Klinkenberg P Waldvogel A
Walther M Wingeier P Wirtz
Drittmittelgeber
Eidgenössische Sportkommission und Bundesamt für Sport Else Kröner
Fresenius Stiftung Jacobs Foundation Müller Hartmann Stiftung
Oncosuisse Schweizerische Anorexiestiftung Schweizerischer
Nationalfonds Schweizerische Stiftung der Kakao- und
Schokoladewirtschaft Stiftung für Wissenschaftliche Forschung Swiss
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