Transcript Sorgerecht

Familienrecht
Elterliche Sorge
Wo bekommt man diesen Foliensatz ?
Im Internet. Auf meinem Server.
Unter http://www.sozialleistungsrecht.de
Stichwort: Sorgerecht
Fragestellungen
Welcher Partner
übt die elterliche
Sorge aus?
Wie wird die
elterliche Sorge
ausgeübt, wenn
sich die Partner
nicht einig sind?
Ist das bei
verheiratenen
Partnern anders
als bei
Unverheiraten?
Was ändert sich
an der elterlichen Sorge
im Falle der
Trennung oder
Scheidung?
2
Ziele der Veranstaltung
Handlungskompetenz
Beratungskompetenz
Einarbeitungsfähigkeit
3
Relevanz im Beruf
Handlungskompetenz
Das Jugendamt ist ein wichtiges Handlungsfeld der sozialen Arbeit.
SozialarbeiterInnen müssen dort handlungsfähig sein. Diese Lehreinheit
soll die Studierenden befähigen, die Aufgaben des Jugendamts im
familiengerichtlichen Verfahren (§ 50 SGB 8) wahrnehmen zu können.
Beratungskompetenz
Jugendämter müssen nach den §§ 17 und 18 des SGB 8 die Partner in
Fragen der elterlichen Sorge nach Trennung und Scheidung sowie in
Unterhaltsangelegenheiten beraten. Die Studentinnen und Studenten
sollen lernen, ihre künftigen Klienten zu beraten, nach welchen
Grundsätzen die Gerichte über Sorgerecht und Unterhalt entscheiden.
Einarbeitungsfähigkeit
Die Studierenden sollen die wichtigsten Vorschriften über die elterliche
Sorge kennen. Sie sollen damit nicht nur einfache Konfliktfälle eigenständig bearbeiten können. Sie müssen die Gesetzesstrukturen und
Entscheidungsabläufe so kennen, dass sie sich in Gesetzestexte,
Gerichtsentscheidungen und Fachliteratur so einarbeiten können, dass
sie die komplizierten Detailprobleme der Praxis damit lösen können.
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Systematische Übersicht
Deutsches Recht
Öffentliches Recht
Privatrecht
Wirtschaftsrecht
5
BGB
Arbeitsrecht
Verfassungsrecht
Verwaltungsrecht
Sozialrecht
Systematik des BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB)
1. Buch:
Allgemeiner
Teil
6
2. Buch:
Schuldrecht
3. Buch:
Sachenrecht
4. Buch:
Familienrecht
5. Buch:
Erbrecht
Systematik des BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB)
4. Buch:
Familienrecht
Kindschaftsrecht
7
Eherecht
Vormundschaft und
Pflegschaft
Betreuungsrecht
Systematik des Kindschaftsrechts
Kindschaftsrecht
Abstammungs-
recht
8
Namensrecht
Adoptionsrecht
Sorgerecht
Umgangsrecht
Kindesunterhalt
Elterliche Sorge
9
Sorgerecht und Kinderrechte
UN-Kinderrechtskonvention von 1989
Artikel 18
Die Teilnehmerstaaten bemühen sich nach
besten Kräften, die Anerkennung des
Grundsatzes sicherzustellen, dass beide
Elternteile gemeinsam für die Erziehung und
Entwicklung des Kindes verantwortlich sind.
 Die Regelung bezieht sich auf verheiratete und unverheiratete Eltern.
 Die Regelung gilt unabhängig von Trennung und Scheidung
 Als Norm des Völkerrechts bindet die UN-Konvention nur den Staat
– Sie begründet keine unmittelbaren Rechte für die Kinder
– Sie begründet keine unmittelbaren Pflichten für die Eltern
– Sie zwingt den deutschen Gesetzgeber zur Umsetzung.
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Inhalt der elterlichen Sorge § 1626 ff. BGB
Personensorge
Vermögenssorge
Gesetzliche
Vertretung
§ 1631 BGB
§§ 1638 ff.
und 1667 BGB
§ 1629 BGB
Inhalt der Personensorge § 1631 BGB
Pflege und
Erziehung
Aufenthaltsund UmgangsBeaufsichtigung
bestimmungsrecht
einschließlich der schulischen
und beruflichen Ausbildung
und der Ausbildungs- und
Berufswahl (§ 1631a) .
§ 1632 BGB
Verheiratete Eltern
Gemeinsame
Sorge
als Regelfall
Nach § 1626 BGB.
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Alleinsorge
eines Elternteils
bei Übertragung
der elterlichen
Sorge nach
§ 1671 BGB.
Unverheiratete Eltern
Alleinsorge
der Mutter
als Regelfall
nach § 1626a
Absatz 3 BGB
Gemeinsame
Sorge
Nur bei Abgabe
einer gemeinsamen
Sorgeerklärung oder
bei späterer Heirat
gem. § 1626a Abs.1
BGB.
Fallbeispiel „Gemeinsam“
§ 1626 BGB
Frau F und Herr M wollen sich scheiden lassen. Beide wollen
ein gemeinsames Sorgerecht für das 15-jährige Kind K. Ist
dies möglich und müssen sie dies beim Familiengericht oder
dem Jugendamt beantragen?
Lösung:
Nach § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB haben die Eltern die Pflicht
und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen
(elterliche Sorge). Das gemeinsame Sorgerecht erlischt
weder durch die Trennung noch durch die Scheidung. Im
Scheidungsverfahren wird nicht von Amts wegen über das
Sorgerecht entschieden (vgl. § 623 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO)
F und M behalten das gemeinsame Sorgerecht. Eine
Entscheidung des Familiengerichts oder des Jugendamtes
müssen sie nicht beantragen. Anders wäre dies, wenn einer
von ihnen einen Antrag nach § 1671 BGB stellen würde oder
wenn es Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung gäbe
(§§ 1671 Abs. 3, 1666, 1666a Abs. 2 BGB).
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Fallbeispiel „Kindergarten“
M und F sind verheiratet.
Sie haben das 3-jährige
Kind K.
Sie streiten sich, ob K in
den Kindergarten Pipi
Langstrumpf oder in den
Waldorf-Kindergarten
gehen soll. Sie können
sich nicht einigen.
Wer entscheidet, was für
K das beste ist ?
15
Fallbeispiel „Kindergarten“
M und F sind verheiratet. Sie haben das 3-jährige Kind K. Sie
streiten sich, ob K in den Kindergarten Pipi Langstrumpf oder
in den Waldorf-Kindergarten gehen soll. Sie können sich
nicht einigen. Wer entscheidet, was für K das beste ist ?
Lösung:
F und M sind gemäß § 1626 BGB beide sorgeberechtigt. Nach
§ 1627 BGB müssen sich grundsätzlich beide einigen. Dies
ist aber nicht möglich.
Nach § 1628 BGB kann ein Elternteil in einer Angelegenheit
der elterlichen Sorge das Familiengericht anrufen, wenn er
sich mit dem anderen nicht einigen kann. Das Familiengericht
überträgt dann das Entscheidungsrecht auf einen Elternteil.
Es wird derjenige ausgewählt, bei dem eher eine
Entscheidung zum Wohl des Kindes zu erwarten ist.
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Die Ausübung des Sorgerechts (§ 1627)
Grundsatz: gemeinsame Sorge im
gegenseitigen Einvernehmen.
Im Streitfall entscheidet nach
§ 1628 BGB das Familiengericht.
Ausnahmen: Entscheidung im Notfall (§1629 Abs. 1 Satz 4)
bei gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung
Bei getrennt lebenden Eltern kann auch bei
gemeinsamem Sorgerecht derjenige Entscheidungen in
Angelegenheiten des täglichen Lebens allein treffen, bei
dem sich das Kind gewöhnlich aufhält (§ 1687 BGB).
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Fallbeispiel „Kindergarten“
M und F sind verheiratet. Sie haben das 3-jährige Kind K. Sie
streiten sich, ob K in den Kindergarten Pipi Langstrumpf oder
in den Waldorf-Kindergarten gehen soll. Sie können sich
nicht einigen. Wer entscheidet, was für K das beste ist ?
Lösung:
F und M sind gemäß § 1626 BGB beide sorgeberechtigt. Nach
§ 1627 BGB müssen sich grundsätzlich beide einigen. Dies
ist aber nicht möglich.
Nach § 1628 BGB kann ein Elternteil in einer Angelegenheit
der elterlichen Sorge das Familiengericht anrufen, wenn er
sich mit dem anderen nicht einigen kann. Das Familiengericht
überträgt dann das Entscheidungsrecht auf einen Elternteil.
Es wird derjenige ausgewählt, bei dem eher eine
Entscheidung zum Wohl des Kindes zu erwarten ist.
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Fallbeispiel „Sorgeausfall“
Herr und Frau Schmidt
haben ein gemeinsames
minderjähriges Kind.
Wer bekommt die elterliche Sorge, falls Vater,
Mutter oder beide
sterben ?
…
…
19
Fallbeispiel „Sorgeausfall“
Herr und Frau Schmidt haben ein gemeinsames
minderjähriges Kind. Wer bekommt die elterliche Sorge, falls Vater, Mutter oder beide
sterben ?
Lösung: Sind die Eltern miteinander verheiratet und stirbt
ein Elternteil, dann steht gemäß § 1680 Absatz 1 BGB die
elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil allein zu. Dies
gilt auch, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind,
aber die gemeinsame elterliche Sorge wirksam vereinbart
haben. Wenn beide Eltern sterben, wählt das Vormundschaftsgericht gemäß § 1779 einen Vormund aus.
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Die Ausübung des gemeinsamen
Sorgerechts nach Trennung (§ 1687
Entscheidungsbefugnis
BGB)
Über Angelegenheiten
des täglichen Lebens
Über Angelegenheiten von
grundsätzlicher Bedeutung
entscheidet der, bei dem
sich das Kind gewöhnlich
aufhält.
Besuch bei der Oma,
Nachhilfe, Schulchor,
Ferienlager, Routineimpfung, Arztbesuch
wegen einer Erkältung.
müssen sich beide Eltern
einigen.
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Wahl der Schule, Besprechung
mit einem Lehrer wegen
Gefährdung der Versetzung,
Einwilligung in eine Operation
(sofern kein Eilfall vorliegt).
Fallbeispiel „Malkurs“
§ 1687 BGB
Frau F und Herr M sind
geschieden und haben das
gemein-same Sorgerecht für
das 15-jährige Kind K, das bei
F lebt.
F meldet K bei einem Malkurs
und an der Waldorfschule an.
M findet Waldorfschulen das
Letzte und würde K lieber
Fußballspielen als Malen
sehen.
F geht ins Jugendamt und will
wissen, ob sie dies allein
entscheiden darf.
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Fallbeispiel „Malkurs“
§ 1687 BGB
Frau F und Herr M sind geschieden und haben das gemeinsame Sorgerecht für das 15-jährige Kind K, das bei F lebt.
F meldet K bei einem Malkurs und an der Waldorfschule an. M
findet Waldorfschulen das Letzte und würde K lieber
Fußballspielen als Malen sehen. F geht ins Jugendamt und
will wissen, ob sie dies allein entscheiden darf.
Lösung: Nach § 1687 BGB darf F allein entscheiden, soweit es
Angelegenheiten des täglichen Lebens betrifft. Das sind Entscheidungen, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Kindesentwicklung haben.
Auf den Malkurs trifft das zu. F darf allein entscheiden.
Ein Schulwechsel kommt nicht häufig vor und kann die
Entwicklung des Kindes grundlegend beeinflussen. Darüber
müssen sich die Eltern einigen oder F muss nach § 1628 BGB
vorgehen und eine gerichtliche Entscheidung beantragen.
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Vor der Trennung
Gemeinsame
Ausübung der
elterlichen
Sorge, § 1627.
24
Ausnahme:
gerichtliche
Entscheidung
nach §1628.
Nach der Trennung § 1687
Angelegenheiten des
täglichen
Lebens
Angelegenheiten von
grundsätzlicher
Bedeutung
Die Übertragung der Alleinsorge (§ 1671)
erfolgt nur auf Antrag und nur wenn
entweder
der andere Elternteil zustimmt und das Kind entweder
unter 14 Jahre alt ist oder es keinen Widerspruch gegen
die Entscheidung erhebt.
oder
wenn die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die
Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes
am besten entspricht (doppelter Kindeswohlbezug).
Ausnahme: Kindeswohlgefährdung (§§ 1671 Abs.3, 1666 BGB
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Die Aufhebung der gemeinsamen Sorge (§ 1671)
wird vom Familiengericht nur angeordnet, wenn die
Aufhebung dem Kindeswohl entspricht. Grundsätzlich ist
das gemeinsame Sorgerecht trotz Uneinigkeit der Eltern
besser, es sei denn,
die Eltern können das Sorgerecht aufgrund einer
räumlichen Trennung nicht zusammen wahrnehmen
(z.B. wegen Auslandsaufenthalts) oder
es gibt zwischen den Eltern erhebliche Konflikte.
Bloße Meinungsverschiedenheiten reichen aber nicht aus,
damit die Alleinsorge dem Wohl des Kindes entspricht. Es
genügt auch nicht, dass ein Elternteil die gemeinsame Sorge
ablehnt.
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Widerstreitende Sorgerechtsanträge § 1671
Entscheidung über die Aufhebung der gemeinsamen Sorge
Gemeinsame
Sorge
Alleinige
Sorge
Auswahl des allein sorgeberechtigten Elternteils
Mutter
Vater
Widerstreitende Sorgerechtsanträge
Kriterien für das Kindeswohl
1.Bindungsprinzip
2. Förderprinzip
3. Kontinuitätsprinzip
Wenn die beiden
anderen Kriterien
nicht zu einem einZu welchem Elternteil deutigen Ergebnis
und zu wessen Umfeld führen, soll das
Kind in seiner bishat das Kind die
herigen Umgebung
engere Bindung?
bleiben.
Welcher Elternteil
kann das Kind
besser fördern?
Immateriell und
materiell.
Kriterien für das Kindeswohl (§ 1671)
Kriterien für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung,
welcher Elternteil das alleinige Sorgerecht bekommen soll.
 Zu welchem Elternteil hat das Kind die stärkere emotionale
Beziehung (Bindungsprinzip)? Zu wem will das Kind
(insbesondere ältere Kinder)? Im Umfeld welchen
Elternteils hat das Kind die stärkeren Bindungen zu Dritten
(Geschwister, Großeltern, usw.)? Insoweit spielt der Wille
des Kindes mit zunehmendem Alter eine immer stärkere
Rolle. Ab 14 Jahren schreibt § 159 FamFG die Anhörung
vor.
 Wer kann die Entwicklung des Kindes besser fördern
(Förderprinzip)? Wer kann dem Kind die besseren äußeren
Verhältnisse bieten?
 Wer hat bisher für das Kind überwiegend gesorgt
(Kontinuitätsprinzip)?
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Fallbeispiel „Einverständnis“
Frau F und Herr M sind
verheiratet. M ist zu einer neuen
Partnerin gezogen. F will das
alleinige Sorgerecht für das
zwölfjährige Kind K. M ist
einverstanden, weil seine neue
Partnerin mit K nicht klar
kommt. K will auf gar keinen
Fall zu seiner Mutter, weil es
ständig Konflikte mit F gibt. Er
möchte unbedingt zu M. F will
von der Sozialarbeiterin im
Jugendamt wissen, ob sie das
alleinige Sorgerecht bekommt.
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Fallbeispiel „Einverständnis“
Frau F und Herr M sind verheiratet. M ist zu einer neuen
Partnerin gezogen. F will das alleinige Sorgerecht für das
zwölfjährige Kind K. M ist einverstanden, weil seine neue
Partnerin mit K nicht klar kommt. K will auf gar keinen Fall zu
seiner Mutter, weil es ständig Konflikte mit F gibt. Er möchte
unbedingt zu M. F will von der Sozialarbeiterin im Jugendamt
wissen, ob sie das alleinige Sorgerecht bekommt.
Lösung:
Das Gericht muss dem Antrag nach §1671 Abs.1 Nr. 1 unabhängig vom Kindeswohl stattgeben, wenn der andere
Elternteil zustimmt. M hat der Übertragung auf F zugestimmt.
Der Widerspruch des Kindes kann der Übertragung des
Sorgerechts nur dann entgegenstehen, wenn das Kind
bereits das 14. Lebensjahr vollendet hat. K ist erst 12 Jahre.
Der Widerspruch des Kindes ist daher unerheblich.
F wird das alleinige Sorgerecht bekommen.
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Fallbeispiel „Kindeswohl“
§ 1671 BGB
F und M sind geschieden und haben das gemeinsame Sorgerecht für K. K lebt bei F, zu der er eine enge Bindung hat. M
be-sucht K nur unregelmäßig. F und M sind so zerstritten,
dass sie alle Erziehungsfragen nur noch über ihre Anwälte
regeln. Deshalb beantragt F das Sorgerecht für K. M will
selbst das Sorgerecht. Bekommt F das alleinige Sorgerecht?
Lösung: Da F die Sorgerechtsübertragung gegen den Willen
von M beantragt, kann das Gericht dem Antrag nach § 1671
BGB nur stattgeben, wenn die Beendigung der gemeinsamen
Sorge und die Übertragung auf F zum Wohl des Kindes ist.
Die Beendigung der gemeinsamen Sorge entspricht dem
Wohl des Kindes, weil sich die Eltern überhaupt nicht mehr
über deren Ausübung einigen können.
Maßgebend ist damit, ob F oder M besser für K sorgen wird.
Die engere Bindung und die kontinuierliche Sorge in der
Vergangenheit sprechen für F.
32
Kindeswohlgefährdung §§ 1671 Abs.3,
1666
Voraussetzungen einer Anordnung nach § 1666 BGB




Kindeswohlgefährdung
Durch elterliches Verhalten oder Verhalten eines Dritten
Kausalität zwischen Fehlverhalten und Kindeswohlgefährdung
Fehlende Abwendung durch Eltern, wegen
– Fehlender Fähigkeit zur Abhilfe
– Fehlender Bereitschaft zur Abhilfe
Maßnahmen nach § 1666 BGB
 Nichttrennende Maßnahmen:  Trennende Maßnahmen:
– Auflagen
– Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts.
– Ermahnungen
– Entzug der Personensorge
– Sonstige Maßnahmen
– Entzug der Sorge
 Die Auswahl erfolgt nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip
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Fallbeispiel „Kindeswohlgefährdung“
Frau Teufel ist arbeitslos und hat ein 1-jähriges Kind. Der Vater ist nicht
bekannt. Frau Teufel ist Alkoholikerin und lässt das Kind abends oft
allein, manchmal die ganze Nacht. Auf eine Anzeige von Nachbarn
erscheint das Jugendamt. Es stellt bei dem Kind starkes Untergewicht
und andere Anzeichen von Verwahrlosung fest. Was muss das Jugendamt
unternehmen ?
Liegt eine akute Gefährdung des Kindswohls vor, dann ist das JA gemäß
§ 42 SGB 8 verpflichtet, das Kind in Obhut zu nehmen. Darüber hinaus
ist es gemäß § 8a Abs. 3 SGB 8 verpflichtet, das Familiengericht
einzuschalten.
Aufgrund der Vernachlässigung hat das Familiengericht Maßnahmen
nach den §§ 1666, 1666a BGB zu treffen, Zu denken ist an einen Entzug
des Aufenthaltbestimmungsrechts und dessen Übertragung auf das JA,
damit dieses das Kind bei einer Pflegefamilie oder in einem Kinderheim
nach den §§ 27 ff. SGB 8 unterzubringen kann.
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Gemeinsame Sorge
Alleinsorge
1. Bei späterer Heirat
des Mannes
der Frau
2. Bei gemeinsamer Sorgeerklärung
ausnahmsweise
bei Übertragung
durch das
Familiengericht
nach § 1671 Abs.
2 BGB.
gesetzlicher
Regelfall nach
§ 1626a Abs. 3
BGB, wenn keine gemeinsame
Sorgeerklärung
abgeben wird.
nach § 1626a Abs. 1, die nach § 1626d öffentlich
beurkundet sein muss.
Abänderung nur nach § 1671 BGB
3. Bei Übertragung durch das Familiengericht nach § 1672 Abs. 2 BGB
nach vorheriger Übertragung der Alleinsorge
auf einen Elternteil mit dessen Zustimmung,
sofern das Kindeswohl nicht entgegensteht.
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Problem: Sorgerecht unverheirateter Väter
Fallbeispiel „unverheiratet“
§ 1626a BGB
Herr Lehmann und Frau Schmidt sind nicht
miteinander verheiratet. Sie wollen aber, ein
gemeinsames Sorgerecht für ihr Kind
bekommen, ohne zu heiraten. Was ist ihnen zu
raten ?
Lösung: Gemäß § 1626a BGB können die Eltern
gemeinsame Sorgeerklärungen abgeben, um die
gemeinsame elterliche Sorge zu bekommen..
Die Sorgeerklärungen müssen zu ihrer Wirksamkeit
entweder beim Jugendamt oder bei einem Notar
beurkundet werden..
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Fallbeispiel „gewalttätig“
Die unverheiratete F hat
kürzlich das Kind K geboren.
Vater von K ist M. F hält ihn
für gewalttätig und hat
deshalb ihre Schwangerschaft vor ihm geheim
gehalten.
F will M aus ihrer Familie
draußen halten. Als M von
seinem Kind erfährt, will er
am Sorgerecht oder am
Umgangsrecht teilhaben.
F will vom Jugendamt wissen, ob sie dies verhindern darf?
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Fallbeispiel „gewalttätig“
§ 1626a BGB
Die unverheiratete F hat kürzlich das Kind K geboren. Vater von K
ist M. F hält ihn für gewalttätig und hat deshalb ihre
Schwangerschaft vor ihm geheimgehalten. F will M aus ihrer
Familie draußen halten. Als M von seinem Kind erfährt, will er am
Sorgerecht oder am Umgangsrecht teilhaben. F will vom
Jugendamt wissen, ob sie dies verhindern darf?
Lösung: Nach § 1626a Abs. 2 BGB steht bei unverheirateten
Partnern der Mutter das alleinige Sorgerecht zu.
Ein gemeinsames Sorgerecht kann M nach § 1626a Abs. 1 BGB
nur erlangen, wenn er F heiratet oder beide eine gemeinsame
Sorgeerklärung abgeben. Beides ist gegen ihren Willen nicht
möglich.
Aber M kann nach § 1626a Abs. 2 beim Familiengericht die
gemeinsame Sorge beantragen. Dem muss das Gericht
entsprechen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.
Fortsetzung der Lösung
Nach § 1684 Absatz 1 BGB steht M ein Umgangsrecht nur zu,
wenn er Vater von K ist. Dies ist nach §1592 BGB derzeit nicht
der Fall. Denn F ist nicht mit ihm verheiratet, die Vaterschaft
wurde auch nicht festgestellt und bisher hat M die Vaterschaft
auch noch nicht anerkannt.
M kann die Vaterschaft nach § 1595 Absatz 1 BGB auch in
Zukunft nicht wirksam anerkennen, solange F damit nicht
einverstanden ist.
Allerdings könnte M nach § 1600d Absatz 1 BGB einen Antrag
ans Familiengericht auf Feststellung der Vaterschaft stellen. F
kann dies nicht verhindern. Sobald das Familiengericht die
Vaterschaft des M festgestellt hat, erwirbt M nach § 1684 BGB
das Umgangsrecht. F darf dann den Umgang mit dem Kind nicht
mehr untersagen. Darauf müsste sie das Jugendamt hinweisen.
Wenn M wirklich auch gegenüber dem Kind gewalttätig sein sollte,
kann das Familiengericht den Umgang einschränken oder
ausschließen, insbesondere einen betreuten Umgang anordnen,
§ 1684 Absatz 4 Satz 3 BGB.
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Fallbeispiel „2 Väter ?“
§ 1626a BGB
F hat ein nichteheliches Kind. Vater des nicht-ehelichen
Kindes ist M1. Seine Vaterschaft ist amtlich festgestellt. Eine
gemeinsame Sorgeerklärung wurde nicht abgegeben.
F heiratet M2.
Steht diesem die elterliche Sorge für das Kind von M1 zu ?
Lösung: Bei der Geburt des Kindes erwarb F nach
§ 1626a BGB das alleinige Sorgerecht.
Gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB erhält M2 die
elterliche Sorge auch nicht durch Heirat, weil er nicht
der Vater des Kindes ist (§ 1592 BGB).
41
Fallbeispiel „Sorgeausfall“
§ 1680 BGB
F und M sind nicht
miteinander verheiratet,
haben aber ein
gemeinsames
minderjähriges Kind K.
Wer bekommt die
elterliche Sorge, falls
Mutter oder Vater
sterben?
…
42
Fallbeispiel „Sorgeausfall“
§ 1680 BGB
F und M sind nicht miteinander verheiratet,
haben aber ein gemeinsames minderjähriges
Kind K.
Wer bekommt die elterliche Sorge, falls Mutter
oder Vater sterben?
Lösung: Wenn die Eltern nicht die gemeinsame elterliche
Sorge haben und es stirbt der Vater, dann behält die Mutter die
elterliche Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 BGB.
Stirbt aber die Mutter, wird gemäß § 1680 Absatz 2 Satz 2
BGB die elterliche Sorge durch das Familiengericht auf den
Vater nur dann übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes
entspricht.
43
Vereinbarkeit von § 1626a BGB mit Art. 3 Abs. 2 GG
Die §§ 1626a Abs.2, 1672 BGB behandeln Männer und Frauen
ungleich, obgleich das Erziehungsrecht Vater und Mutter
nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ohne Unterschied zusteht und
eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 2 GG nicht wegen
des Geschlechts erfolgen darf.
Sie kann deswegen allenfalls gerechtfertigt sein, wenn
Frauen in der Regel eine stärkere Bindung zu ihrem Kind
haben als Männer oder
wenn Kinder in der Regel eine stärkere Bindung zur Mutter
haben als zum Vater.
Der Bundesgerichtshof begründet die Vereinbarkeit mit der Gleichberechtigung damit, dass „sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt eine
enge Beziehung vermitteln, die eine Zuordnung des Kindes zur Mutter aus
Kindeswohlgründen und im Hinblick auf die Rechtssicherheit sachlich
rechtfertigen. ... ,zumal die Mutter naturgegeben mit der Geburt die Hauptverantwortung für das Wohl des Kindes trägt“ (BGH NJW 2001, 2472; ganz
ähnlich BVerfG vom 29.01.2003 BvL 20/99).
44
Bezug zwischen Familienrecht und Jugendhilferecht
Familienrecht
•
Wem steht die
elterliche Sorge zu ?
(§§ 1626 ff., 1671 f. BGB)
•
Sorgeerklärung
Jugendhilferecht
Mitwirkung (§ 50 SGB 8)
Anhörung (FamFG)
Beratung (§§ 17f. SGB 8)
Beurkundung (§§ 1626d
BGB, 59 Abs. 1 Nr. 8 SGB 8)
•
Unterhaltspflicht
•
Umgangsrecht
(§ 1684 BGB)
Beistandschaft nach
den §§ 1712 ff. BGB.
Beratung (§ 18 I SGB 8)
Vermittlung (FamFG)
Beratung (§ 18 III SGB 8)
Aufgaben des Jugendamtes
im Zusammenhang mit der
Sorgerechtsentscheidung
45
Fallbeispiel „Sorgeerklärung“§§ 1626a, 1671 BGB
Frau F und Herr M waren nicht verheiratet, gaben aber eine
wirksame Sorgeerklärung für ihr gemeinsames Kind K ab.
F hat sich von M getrennt. K lebt jetzt bei M. F und M wollen
jeweils das alleinige Sorgerecht. F geht ins Jugendamt und
will wissen, ob ihr das alleinige Sorgerecht für K zusteht.
Lösung:
Das Jugendamt berät F nach § 17 Abs. 1 SGB 8. Die von F
abgegebene Sorgeerklärung ist unwiderruflich (vgl. § 1626b
BGB) und bindend (§ 1626e BGB). F und M steht das
Sorgerecht gemeinsam zu. Über die Übertragung der Alleinsorge auf einen der Partner entscheidet das Familiengericht
nur auf Antrag (§§ 1626b Abs. 3, 1671 BGB).
Da M der Übertragung auf F nicht zustimmt, wird F die
Alleinsorge nur übertragen, wenn sowohl die Aufhebung der
gemeinsamen Sorge als auch die Übertragung der Alleinsorge an F dem Kindeswohl dient. Dies ist zu erforschen.
46
Gesetzliche Grundlagen des Umgangsrechts
Völkerrechtlich:
Nach nationalem Recht:
Verfahrensrechtlich:
Kinderrechtskonvention
der vereinten Nationen:
Umgangsrecht für
beide Elternteile nach
§ 1684 Abs. 1 u. 2. BGB
Ausübung und Einschränkung des Umgangsrechts regelt das Familiengericht nach Maßgabe der
Großeltern, Geschwister
und Bezugspersonen nach
§ 1685 Abs. 1 u. 2 BGB.
§§ 1684 Abs. 3 und 4 BGB
§§ 8a, 17, 18 SGB 8
§ X FamFG.
Die Mitgliedstaaten müssen
das Recht des Kindes achten,
regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare
Kontakte zu beiden Elternteilen
zu unterhalten.
Recht und Pflicht zum Umgang §§ 1684, 1685 BGB
Umgangsrecht für:
Kinder
§
Elternteile
§
§ 1684 Abs. 1
1. Halbsatz
§ 1684 Abs. 1
2. Halbsatz
Die Kinder haben
nur ein Umgangsrecht, aber keine
Umgangspflicht
mit den beiden
Elternteilen, egal
ob die verheiratet,
getrennt, geschieden oder unverheiratet sind.
Das Umgangsrecht
besteht unabhängig
vom Sorgerecht.
Jeder Elternteil muss
darauf hinwirken, dass
der andere Elternteil
sein Umgangsrecht ausüben kann
(§ 1684 Abs. 2).
Umgangspflicht für:
Geschwister
Großeltern
§
§ 1685 Abs. 1
Sie haben ein
Umgangsrecht
nur, wenn der
Umgang dem
Wohl des
Kindes dient.
Bezugspersonen
§
§ 1685 Abs. 2
Stiefeltern,
Onkel, Tanten,
und andere
Personen haben
das Umgangsrecht nur, wenn
es dem Wohl
des Kindes dient
und eine sozialfamiliäre Beziehung bereits
besteht.
nur für die
Elternteile
§
§ 1684 Abs. 1
2. Halbsatz
Die Eltern haben
auch eine
Umgangspflicht.
Diese kann
allerdings nicht
vollstreckt
werden.
48
Inhalt des Umgangsrechts
Besuchsrecht bedeutet:
Das Kind regelmäßig
sehen, mit ihm sprechen,
ggf. die Anbahnung eines
nicht bestehenden oder
unterbrochenen Kontakts.
Der Umgangsberechtigte
darf grundsätzlich bestimmen, welche dritten
Personen anwesend
sein dürfen.
Kommunikation:
Der Umgangsberechtigte hat
einen Anspruch, dass der
andere Elternteil ihm Auskünfte über das Kind erteilt.
Ferner hat er das Recht, mit
dem Kind über Briefe,
E-Mails, Telefon oder Internetdienste in Verbindung
zu treten.
Gemeinsame Ferien oder
Besuche zu Feiertagen:
Ob dies dem Kindeswohl
entspricht, hängt vom
Alter des Kindes, der
Dauer des geplanten
Urlaubs und von
der Beziehung des Kindes
zum Umgangsberechtigten
ab.
Umgangsregelungen
I. Einvernehmliche Umgangsregelung durch beide Elternteile
Ort: nach den Bedürfnissen des Kindes entweder die
Wohnung des Umgangsberechtigten
oder des betreuenden Elternteils
Dauer: am Kindeswohl orientiert,
also je nach der
Belastbarkeit und
den Wünschen
oder Interessen
des Kindes.
Häufigkeit: je nach
Alter des Kindes,
der Intensität der
Beziehung, der
Belastbarkeit des
Kindes und der
Entfernung der
Wohnorte.
Ferien: je nach
Alter des Kindes und der
Stabilität seiner
Beziehung zum
Umgangsberechtigten.
Festtage: am
Kindeswohl
orientiert unter
Abwägung der
Interessen beider Elternteile.
II. Andernfalls: Umgangsregelung durch das Familiengericht
Die Entscheidungskriterien sind am Kindeswohl orientiert (§ 1626 BGB)
Je jünger das
Kind ist, desto
stärker ist es auf
eine vertraute
Umgebung angewiesen. Das Abholen und
Bringen obliegt
dem Umgangs´berechtigten.
Je jünger das Kind ist,
desto kürzer sollten
die Besuchszeiten
sein.
Je jünger das
Kind ist, desto
häufiger sollten
die Besuche
stattfinden, damit
das Kind nicht
entfremdet wird.
Je älter das Kind
ist, desto länger
können die
gemeinsamen
Ferien mit dem
Umgangsberech
tigten sein.
Je älter das
Kind ist, desto
weniger muss
es die Festtage
zusammen mit
dem betreuenden Elternteil
verbringen.
50
Ausgestaltung und Einschränkung des Umgangs
Gerichtliche Anordnung
zur Ausübung des Umgangs
Umgangspflegschaft
§ 1684 Abs. 3 Satz 2
Begleiteter Umgang
§ 1684 Abs. 4 Satz 2
Ausschluss des Umgangs
§ 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB
Es gilt das Gebot des
mildesten Mittels
(Erforderlichkeit).
Fall: Umgangsrecht
F heiratet M, beginnt aber kurze Zeit später ein
Verhältnis mit dem Lover L, aus dieser Verbindung
geht ein Kind hervor.
L will das Kind sehen, sich zu seiner Vaterschaft
bekennen und ist auch bereit Unterhalt zu zahlen.
M, der F sehr liebt, verzeiht ihr den Seitensprung.
M nimmt das Kind so an, als wäre es sein eigenes.
F ist das ganz recht, denn L ist in wirtschaftlicher
Hinsicht ein Versager.
Hat L ein Recht auf Umgang mit „seinem“ Kind?
52
Fortsetzung der Lösung I
Anspruchsgrundlage ist § 1684 I BGB. Allerdings setzt die Vorschrift ein
Vater-Kind-Verhältnis voraus. Als Vater gilt nach § 1592 Nummer 1
nicht Lover, sondern M.
L kann die Vaterschaft nach § 1594 BGB auch nicht anerkennen, weil
das Kind mit M schon einen Vater hat.
Eine Vaterschaftsfeststellung ist nach § 1600d Absatz 2 ebenfalls nur
möglich, wenn das Kind keinen Vater hat. Entscheidend ist daher, ob
Lover die Vaterschaft von Herrn Moser anfechten kann.
Die Anfechtungsberechtigung regelt § 1600 BGB. L könnte nach § 1600
Absatz 1 Nummer 2 anfechtungsberechtigt sein. Sein Anfechtungsrecht
ist allerdings nach § 1600 Absatz 2 BGB davon abhängig, dass zwischen
dem Kind und seinem gesetzlichen Vater nach § 1592 Nummer 1 BGB
keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Genau die besteht aber
zwischen dem Kind und M. L kann daher die Vaterschaft von M nicht
anfechten. Weil das Kind schon einen anderen Vater hat, kann die
Vaterschaft des L auch nicht gerichtlich festgestellt werden.
53
Fortsetzung der Lösung I
Nach § 1684 BGB haben nur die Eltern ein Recht auf Umgang mit dem
Kind. Da Lover nicht der Vater ist, kann er sich nicht auf ein Recht der
Eltern berufen.
Nach § 1685 BGB haben auch andere Personen ein Recht auf Umgang
mit dem Kind. Nach Absatz 1 steht dieses Recht aber nur Großeltern und
Verwandten zu.
§ 1685 II räumt ein Umgangsrecht auch anderen als den leiblichen
Verwandten ein, wenn dies dem Kindeswohl dient. Voraussetzung ist
allerdings ist, dass diese Person für das Kind tatsächlich Verantwortung
übernommen hat. Da L hierzu bislang keine Gelegenheit hatte, scheidet
ein Umgangsrecht auf dieser Basis ebenfalls aus.
L hat kein Recht auf Umgang mit dem Kind, dessen biologischer Vater er
ist. aus.
54
Fall: Internationales Privatrecht
Die unverheiratete F ist 17 Jahre alt
und ist türkische Staatsbürgerin.
Seit einem Jahr ist sie in Deutschland und arbeitet. Gerade hat sie ihr
Kind K zur Welt gebracht, das ebenfalls in Deutschland lebt und die marokkanische Staatsbürgerschaft besitzt.
Der in Marokko lebende Marokkaner M erkennt
an, der Vater von K zu sein. F stimmt dem zu.
M möchte gern nach Deutschland kommen. Eine
Sorgeerklärung gibt F nicht ab.
Wer hat derzeit die elterliche Sorge für K ?
Das Recht welches Staates findet zur Klärung dieser
Frage Anwendung? Schlagen Sie bitte im EGBGB nach!
55
Lösungsvorschlag
In Fällen mit Auslandsberührung stellt sich immer die Frage, ob
die beteiligten deutschen Behörden und Gerichte überhaupt
deutsches Recht anzuwenden haben oder ob das Recht eines
ausländischen Staates gilt.
Der Regelung dieser Frage dienen die Vorschriften des internationalen Privatrechts (IPR). Das IPR ist im Einführungsgesetz zum
BGB (EGBGB) geregelt, soweit die Frage nicht in zwischenstaatlichen Abkommen geregelt ist (Art. 3 Absatz 2 Satz 1 EGBGB).
Da das Haager Minderjährigenschutzabkommen in Art. 3 nur abweichende Regelungen
für gerichtliche und behördliche Schutzmaßnahmen, aber nicht über die gesetzliche
Regelung der elterlichen Sorge trifft (strittig), findet für K allein das EGBGB Anwendung.
Welches Recht im Eltern-Kind-Verhältnis gilt, hängt nach Art. 21
EGBGB davon ab, wo sich das Kind gewöhnlich aufhält. Für das
Verhältnis zwischen K, F und M gilt also deutsches Recht, und
zwar unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit K hat.
56
Fortsetzung der Lösung I
Nach deutschem Recht erwirbt die Mutter mit der Geburt eines
nichtehelichen Kindes gemäß § 1626a Absatz 2 BGB die
elterliche Sorge allein, wenn keine gemeinsame Sorgeerklärung
abgegeben wird. Nach Art. 19 EGBGB gilt deutsches
Abstammungsrecht, da K hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Mutter des Kindes ist F nach § 1591 BGB. Vater des Kindes ist M
nach § 1592 BGB nur, wenn er die Vaterschaft mit Zustimmung
der Mutter (§ 1595 Absatz1 und 1596 Absatz 1 Satz 1 BGB) und
ihrer Eltern (§1596 Absatz 1 Satz 2 BGB) anerkennt oder diese
festgestellt wird, weil
Da F noch minderjährig ist, ruht ihre elterliche Sorge nach § 1673
Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 1673 Absatz 1 BGB. Für K ist
deshalb nach § 1773 Absatz 1 BGB ein Vormund zu bestellen.
Bis dahin ist das Jugendamt nach § 1791c Absatz 1 Satz 1 BGB
Amtsvormund. Der Vormund übt nach § 1793 Absatz 1 Satz 1
BGB die elterliche Sorge aus.
Somit
hat für K einstweilen das Jugendamt die elterliche Sorge.
57
Aufgaben des Jugendamtes bei Trennung
Jugendamt
Beratungsleistungen:
•Partnerkonflikte
§ 17 Abs. 1 Nr. 2 SGB 8
•Elterliche Sorge
§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB 8
•Alleinerziehende
•Unterstützung
des Gerichts nach
§§ 50 SGB 8, 49a FGG
•Anrufung des Gerichts
nach § 50 Abs. 3 SGB 8
§ 18 Abs. 1 SGB 8
•Geltendmachung
von Unterhalt
Familiengericht
§ 18 Abs. 2 SGB 8
Beistandschaft
§§ 1712 ff. BGB
58
Bemühen um einvernehmliche Regelung
§ 52 FGG
Der Rollenkonflikt des Jugendamts
Jugendamt
Beratung
und Hilfe
nach den
§§ 17 und
18 SGB 8
u.U. auch
parteiliche
Unterstützung
59
Mitwirkung im gerichtlichen
Verfahren nach § 50 SGB 8
als Beteiligter im Interesse
des Kindes
Familiengericht
Unparteiliche
Begutachtung
Hauptsacheverfahren und vorläufiger Rechtsschutz
FamG
Einstweilige AO,
§ 621g ZPO
Beschluss
Summarisches Verfahren
ohne Beweisaufnahme
OLG
OLG
BGH
60
Achtung: Keine aufschiebende Wirkung