ECHT KRASS! – Prävention sexueller Übergriffe - PETZE

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ECHT KRASS! Prävention von sexuellen Übergriffen unter Jugendlichen

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ECHT KRASS! – Prävention sexueller Übergriffe unter Jugendlichen

Gliederung

1) Zahlen, Daten, Fakten 2) 3) Risikofaktoren Folgen für die Betroffenen 4) Die Rolle der Peer Group 5) 6) Medien Schlussfolgerungen für die Prävention

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Zahlen, Daten, Fakten

13% aller Mädchen und 3% aller Jungen zwischen 14 und 16 Jahren berichten von erlebten Übergriffen durch anderer Jugendliche (BZgA 2006).

67% der befragten Mädchen erlebten sexualisierte Beschimpfungen (Hure, Schlampe o.ä.) (Heiliger 2000).

Ca. 1/3 der befragten 18 jährigen Frauen gab an, sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner erlebt zu haben (Krahé 2008).

Gut 1/5 aller Tatverdächtigen bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung waren 2009 unter 21 Jahren (PKS 2009).

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Zahlen, Daten, Fakten

• Täter sind i.d.R. männlich, Täterinnen treten immer öfter in • • Erscheinung Täter/innen stammen überwiegend aus dem sozialen Nahbereich Opfer sind überwiegend Mädchen (Hellfeld)  Jungen werden möglicherweise als Opfer nicht so leicht wahrgenommen • • Geschwisterinzest ist die wohl häufigste, aber am wenigsten wahrgenommene Form sexueller Übergriffe unter Jugendlichen (Kohlhofer et.al. 2008) Übergriffe finden statt in der Schule/dem Schulweg, an vertrauten Orten (Zuhause/ in Einrichtungen, bei Freunden/innen), in Freizeitstätten (Disko, Schwimmbad, Jugendtreff), in den Medien (Internet, über Handy)

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Definition sexueller Übergriffe unter Jugendlichen

• sexuelle/sexualisierte Handlungen, die gegen den Willen des Opfers oder ohne seine Zustimmung in einer abwertenden oder aggres siven Weise ausgeübt werden (Kohlhofer et. al. 2008) • Machtgefälle zwischen übergriffigem Jugendlichen und Opfer (durch Altersunterschied, Geschlecht, körperlicher Kraft/ Überle-genheit, Beliebtheit/Position in der Peer Group, Abhängigkeiten (z.B. durch Bestechung, Erpressung), sozialen Status (auch der Familie), deutliche Intelligenzunterschiede • Strategien der Gewaltausübung reichen von abwertenden Blicken über verbale Aggression zum „Angrabschen“ bis hin zur Verge waltigung (vgl. Krahé 2008) • Besondere Rolle der Peer Group durch Gruppendruck

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Risikofaktoren

1)

Biographische Risikofaktoren

2)

Gesellschaftliche Risikofaktoren

3)

Interaktive Risikofaktoren

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Biographische Risikofaktoren

• • • Unsichere, frühe Bindungen Niedriges Selbstbewusstsein Gewalterfahrungen in der Familie ▫ ▫ ▫ ▫ Körperliche Gewalt Miterleben häuslicher Gewalt Vermittlung von Gefühlen wie Wertlosigkeit Sexuelle Gewalt Vorsicht: eigene sexuelle Gewalterfahrungen sind nur ein möglicher Risikofaktor, nicht der Stärkste !

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Gesellschaftliche Risikofaktoren

• Patriarchale Gesellschaftsstrukturen (strukturelle Gewalt)  Sexuelle Übergriffe als Zeichen erreichter Männ-lichkeit, insb. in der Peer Group (vgl. Heiliger 2006) • Dysfunktionale sexuelle Skripts: Verhaltensdrehbücher /Orientierungsrahmen für sexuelle Interaktionen (vgl. Krahé 2008)  Basieren auf kulturellen Normen, wie z.B. Verge-waltigungsmythen, Kommunikation sexueller Absichten

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Situationsabhängige Risikofaktoren

• Uneindeutige Kommunikation sexueller Absichten (vgl. Krahé 2008) ▫ Ablehnung sexueller „Angebote“ trotz vorhandener Bereitschaft (token resistance) ▫ Einwilligung in sexuelle Kontakte bei fehlender Bereitschaft (compliance)  Erhöht die Bereitschaft, eigene sexuelle Interessen auch gegen den Willen des Gegenübers durchzusetzen • Hoher Alkohol-/Drogenkonsum • Bestimmter sexueller Lebensstil (geringes Alter beim ersten GV, häufig wechselnde Sexualpartner/innen, GV nach sehr kurzer Bekanntschaft) (vgl. Krahé 2008)

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Folgen für die Betroffenen

• Vergleichbar mit Missbrauch durch Erwachsene • Angst, Scham, Schuldgefühle, Ohnmacht, Isolation… bis hin zur Traumatisierung/PTBS • Abhängig von • Art der Beziehung zu Täter/in • Ausmaß der Gewalt • sozialem Kontext der Tat • Reaktion des Umfeldes (Bedeutung der Familie)

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Die Rolle der Peer Group

• Zentrale Sozialisationsinstanz • Orientierungs- und Stabilisierungsfunktion • Einerseits Resilienzfaktor: Unterstützung, gegenseitige Schutzfunktion • Andererseits: Gruppendynamik, Gruppendruck  Aufstachelung, Ermunterung zu Übergriffen, Erlangung von Anerkennung durch Übergriffe

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Medien

• Transportieren Normen und Werte, die die Gefahr von sexuellen Übergriffen erhöhen (z.B. Werbung, sexualisierte Sprache, Onlinespiele, Pornografie) • Internet und Handy sind „Tatorte“ sexueller Gewalt unter Jugendlichen und zunehmend auch Kindern • Andererseits: extreme Wichtigkeit von Internet (ca. 88%) und Handy (72%) für Jugendliche (JIM-Studie 2009)  Als Lebenswelt von Mädchen und Jungen begreifen und Medienkompetenz in die Präventionsarbeit einbeziehen

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Spaß oder Gewalt?

• „ Harmloser Spaß?“ – „Jugendliches Experimentieren?“ – „über die Stränge geschlagen?“  Sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen sind sexuelle Gewalt  Übergriffe müssen als solche sanktioniert werden  Täter/in und Opfer müssen getrennt werden  Opfer brauchen Unterstützung, Hilfe und Schutz  Täter/innen brauchen Regeln, Begrenzung und Sanktionen, gleichzeitig auch Unterstützung

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• • • • • • •

Schlussfolgerungen für die Prävention

Prävention als Sensibilisierung für Grenzverletzungen

Vermittlung des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung Wahrnehmung und Respektierung von eigenen und fremden Grenzen Wissen über sexuelle Gewalt Veränderung gesellschaftlicher/institutioneller Strukturen Veränderung sexueller Skripts Kommunikation über Sexualität, Grenzverletzung und Gewalt Hilfesysteme für Opfer und Täter/innen

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ECHT KRASS! – Prävention sexueller Übergriffe unter Jugendlichen Wertschätzung Kinder und Jugendliche als Rechtsträger Partizipation/ Mitbestimmung Aushandlungs kompetenz Empathie-fähigkeit Grenzsetzung mit Erläuterung Ich-Stärkung Ernst nehmen Respekt und Achtung

Zuhören

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Mögliche Präventivmaßnahmen

1) Schlüsselprozesse für die Organisationsentwicklung 2) Schlüsselprozesse für Personalentwicklung und Personalführung 3) Schlüsselprozesse für die Teamentwicklung 4) Schlüsselprozesse für die Pädagogik

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1) Schlüsselprozesse für die Organisationsentwicklung: Maßnahmen des Kinder- und Jugendschutzes • • • • • • Als Teil des Leitbildes Als Teil des Qualitätsmanagements Als Teil des Beschwerdemanagements Ombudspersonen Dienstanweisungen und hausinterne Verfahren („house-policy“) Dokumentation (wortgetreu und direkt nach Verdacht)

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2) Schlüsselprozesse für die für Personal entwicklung und führung

• • • • • Arbeitsvertragsgestaltung Bewerbungsgespräche Polizeiliches Führungszeugnis Personalgespräche Arbeitszeugnisse

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3) Schlüsselprozesse für die Teamentwicklung • • Inhouse-Veranstaltungen zur Information und Aufklärung Förderungen der Kommunikationskultur, Transparenz (Betriebsklima) • • Qualifizierung der Teamarbeit Qualifizierung der Supervision (Absprachen in Kontraktgesprächen)

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4) Schlüsselprozesse für die Pädagogik • • • • • Partizipation, Mitbestimmung Aufklärung der Kinder über ihre Rechte Heimregeln mit den Jugendlichen entwickeln Ansprechpartner/innen benennen Telefone für Kinder (Freischaltung zum Jugendamt)

(Weiterentwicklung von Fegert/Wolff 2002)

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Kultur der Grenzachtung

AnsprechpartnerInnen intern und von außen institutionelle Strukturen institutionelle Regeln Partizipation Information/ Fortbildung Beschwerde management Dienstan weisungen Präventions angebote Verfahrens regeln Bewerbungs verfahren Arbeitsverträge Mädchen und Jungen Mütter und Väter hauptamt. MitarbeiterInnen Leitung, päd./nicht päd. Fachkräfte ehrenamt. MitarbeiterInnen PraktikanntInnen/Aushilfen 

Enders/Eberhardt 2007

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www.nina-info.de

www.akjs-sh.de

0700-9991144 www.helpline-sh.de

www.gewalt-ist-nie-ok.de

www.schulische-praevention.de

Kinder- und Jugendtelefon 0800 111 0 333 www.spass-oder-gewalt.de

www.praetect.de

www.profamilia-sh.de

www.save-me-online.de

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Intervention

Verdacht entsteht

Gefühle von Unsicherheit, Verwirrung, Panik, Lähmung, Wut usw. entstehen Druck, reagieren zu müssen Auch Helfer/innen geraten in eine Krise!

Planloses überstürztes Handeln Lethargie Sekundäre Traumatisierung des/r Jugendlichen

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Intervention

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Literatur I:

• • • • • • • • • • Akin (2000): Selbstvertrauen und soziale Kompetenz. (Für die Arbeit mit Jugendlichen).

Backes (2003): Peer Education. In: BZgA: Leitbegriffe der Gesundheitsförderung.

Bayrischer Jugendring: Präventionsmaterialien (Prätect) Blattmann/Mebes (2010): Nur die Liebe fehlt…? Jugend zwischen Blümchensex und Hardcore. Sexuelle Bildung als Prävention.

BZgA Studie (2006): Jugendsexualität Deegener (1999): Sexuell aggressive Jugendliche. In: Auftrag Prävention.

Fegert/Wolff (2002): Missbrauch in Institutionen.

Heiliger (2006): Sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen. Dokumentation der Fachtagung: (Sexuelle) Gewalt in Teenagerbeziehungen. Hannover.

Heiliger (2008): Zu Wirkungen von Pornographie auf Jugendliche. Ikk-Nachrichten 1/2008.

Heiliger (2008): niceguysengine.de, spass-oder-gewalt.de – Eine Website zur Täterprävention sexueller Gewalt. Ikk-Nachrichten 1/2008.

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Literatur II:

• • • • • • • • • Heynen (2008): Folgen und Bewältigungsprozesse sexueller Viktimisierung im Jugendalter. Ikk-Nachrichten 1/2008.

Jantz (2003): Männliche Suchbewegungen. In: Perspektiven der Jungenarbeit.

Jantz (2003): Opfer in der Familie – Täter in der Peer Group. In: Perspektiven der Jungenarbeit.

JIM-Studie (2009): Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12 – 19-Jähriger in Deutschland.

Klees (2008): Geschwisterinzest.

Kohlhofer/ Sprenger/ Neu (2008): E.R.N.S.T. machen.

Krahé (2008): Verbreitungsgrad und Risikofaktoren sexueller Aggression bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ikk-Nachrichten 1/2008.

Pinquart (2008): Die Entwicklung von romantischen und sexuellen Beziehungen im Jugendalter. Ikk-Nachrichten 1/2008.

Rohr/Strauß (2010): Der Peer-Ansatz in der Gewaltprävention. In: ProJugend 2/20101.

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Literatur III:

• • • Rudolf Jilg (2008): Eine (hilflose) Jugend zwischen Bushido und Niceguys. Prävention bei Übergriffen unter Jugendlichen. Ikk-Nachrichten 1/2008.

Verein Selbstlaut (2009): Spiel, Lust und Regeln. Sexuelle Übergriffe unter Kindern. Prävention und Intervention im Schulalltag (für die Arbeit mit Kindern).

Wildwasser e. V. Berlin (2007): Respekt und Würde. Sexuelle Gewalt als Thema in den Medien.

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