Transcript DDR

Literatur
der
DDR
Literatur der DDR
VON IDEOLOGIE ÜBER REGIMESKEPSIS ZUM
DISSENS
Vorlesung 17
1945
1950
1960
1970
1980
Literatur der DDR
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Kulturpolitik:
Die Literatur der DDR steht im Dienste des Sozialismus, dessen Zielsetzungen sie
unterstützen
soll. Die Partei gibt den Schriftstellern vor, wie diese ihre Werke inhaltlich wie
formal zu gestalten haben (Prinzip des sozialistischen Realismus).
Abweichendes
Verhalten wird mit Sanktionen belegt (wie Ausschluss aus der Partei, Ausschluss aus
dem Schriftstellerverband - damit Verlust von Privilegien bzw. der materiellen
Absicherung).
Vorphase (1945-1949):
Rückkehr vieler sozialistisch eingestellter Schriftsteller aus dem Exil in die SBZ in der
Hoffnung auf eine antifaschistische und demokratische Entwicklung: so z. B.: Joh. R.
Becher, Bertolt Brecht, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Peter Huchel, Anna Seghers,
Friedrich Wolf, Arnold Zweig; Pflege des „klassischen Erbes“ (d.h. Autoren der Klassik
und Realisten des 19. Jh.s, nicht jedoch „modernistische“ Autoren wie Franz Kafka).
1. Phase (1949-1961): Aufbau des Sozialismus
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Proklamierung des Aufbaus des Sozialismus durch die SED. „Die Idee der Kunst muß
der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen "(Otto Grotewohl, 1951). „Sozialistischer
Realismus“ als verbindliches Gestaltungsprinzip. Sog. Aufbauromane nach sowjetischem
Vorbild, in denen der „positive Held“ als Sieger in der Auseinandersetzung
mit dem rückschrittlichen Gegenspieler hervorgeht. Dem von oben diktierten Optimismus
steht die lähmende Sterilität der Schreibweise gegenüber.
Berliner Ensemble als herausragendes künstlerisches Ereignis, das von B. Brecht
1949 gegründet wurde.
1953-1956 nach den Aufständen in der DDR und Ungarn sowie der proklamierten
Entstalinisierung
kurze Phasen der Öffnung für die Kunst (Heiner Müller, Stefan Heym).
Forderung nach Überwindung der „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ auf dem V.
Parteitag der SED durch W. Ulbricht. Bitterfelder Weg: Auf Anregung des Mitteldeutschen
Verlages Halle gehen Schriftsteller in die Betriebe, arbeiten mit den Brigaden zusammen und
versuchen, auch den einfachen Arbeiter zum Schreiben zu motivieren.
Keine Breitenwirkung.
2. Phase (1961-1971): Ankunft im Sozialismus
 Entscheidendes Ereignis: Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961.
Ansätze zur
 Liberalisierung nach dem Schock. Tendenz zu individuellen Schreibweisen
und vorsichtiger Kritik (jedoch ohne grundsätzliche Infragestellung!) des
sozialistischen Aufbaus.
 Autoren und Werke: Brigitte Reimann (1933-1973): Ankunft im Alltag
(des Sozialismus,1961); Heiner Müller (1929-1996): Der Bau (Kritik an der
Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit); Peter Hacks (geb. 1928):
Moritz Tassow (Probleme der Bodenreform); Erwin Strittmatter: Ole
Bienkopp; Christa Wolf: Der geteilte Himmel (Teilung Deutschlands);
Hermann Kant: Die Aula; Joh. Bobrowski; Günter Kunert; Sarah Kirsch;
Wolf Biermann („Liedermacher“). Manche Werke dürfen nicht in der DDR
erscheinen.
 Harter Kurs ab 1965: Wegen einer „Ideologie des bürgerlichen
Skeptizismus“ werden u.a. Chr. Wolf, Wolf Biermann, Peter Hacks, Stefan
Heym, Günter Kunert, Sarah Kirsch, Heiner Müller und der Philosoph
Robert Havemann öffentlich gerügt.
3. Phase (ab 1971): „postrevolutionäre“ Situation
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Zunächst Phase der Lockerung seit dem Amtsantritt Erich Honeckers 1971. Rede auf dem VIII.
Parteitag: „Wenn man von der festen Position des Sozialismus ausgeht, kann es meines
Erachtens auf dem Gebiet der Literatur und Kunst keine Tabus geben.“ Nach der Meinung
Peter Hacks (geb. 1928) erfordert der „postrevolutionäre Zustand“ in der DDR eine
widerspruchsfreie Literatur, die nur noch der Vervollkommnung der schon klassenlosen
Gesellschaft zu dienen habe. Andere (wie Volker Braun) sehen den revolutionären Prozess noch
nicht als abgeschlossen an und fordern die weitere Darstellung noch bestehender
Grundwidersprüche in der Gesellschaft.
Beispiele für die Lockerung: Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. (1972);
Stefan Heym: Der König-David-Bericht (1973); Volker Braun: Hinze und Kunze (1973); Brigitte
Reimann: Franziska Linkerhand (1974); Volker Braun: Unvollendete Geschichte (1975);
Ausbürgerung Biermanns 1976:
Erneute Verschärfung des kulturpolitischen Kurses durch die Ausbürgerung W. Biermanns, der
1976 von einer Tournee durch die BRD nicht mehr in die DDR zurückkehren darf. Protestaktion
zahlreicher Künstler zugunsten Biermanns führt zu deren Maßregelung und, sofern sie sich
nicht distanzieren, zum Ausschluss aus Partei und Schriftstellerverband. Einige von ihnen
übersiedeln später in die BRD, wie z. B. Jurek Becker,
Sarah Kirsch, Günter Kunert (auch Manfred Krug oder Armin Müller-Stahl). In der Literatur
weiterhin kritische Sicht des Alltags im Sozialismus und der Vergangenheit, die 1945 nicht
bewältigt zurückblieb, sondern das Verhalten der DDR-Bürger weiter bestimmte.
Wachsende innere Distanzierung der Schriftsteller von der verkrusteten
Herrschaft der SED bis zur Wende 1989. Favorisierung eines humanen Sozialismus durch
viele Autoren der DDR.
Was bleibt,
 wenn die Literatur ideologisiert wird?
 Nach 8.5.1945: 4 Besatzungszonen, in die sowjetische BZ kehren
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linksorientierte und kommunistische AutorInnen – A. Zweig, A.
Seghers, J. R. Becher, P. Huchel; B. Brecht – zurück
7.10.1949: Gründung der DDR; die SED (Sozialistische
Einheitspartei Deutschlands) als regierende Partei; Phase der
antifaschistischen Literatur (A. Seghers, B. Brecht, F. Fühmann)
17.6.1953 – Volksaufstand: Brechts und Heyms Protestgedichte
Schematisierung der Literatur: Bitterfelder Weg (1956):
Arbeiterlit.: Hermann Kannt: Die Aula (R. Iswall als
Parteikader); Publikationsverbote, große Auswanderungswelle
13.8.1961: Berliner Mauer: (W. Ulbricht); Ch. Wolf: Der geteilte
Himmel: Liebe & Heimat; U. Johnson: Mutmaßungen über
Jakob
1976: Ausbürgerung Wolf Biermanns: Proteste, Verfolgung: F.
Fühmann, S. Hermlin, S. Heym, S. Kirsch, Ch. Wolf, H. Müller;
Emigration: G. Kunert, R. Kunze
3.10.1990 – Vereinigung Deutschlands, Proteste von G. Grass:
Das weite Feld, Ch. Wolf: Was bleibt?, S. Heym, H. Müller
Geschichte der DDR
 1945 Bedingungslose Kapitulation des 3. Reiches.
Die Alliierten Streitkräfte (USA, Frankreich,
England und Russland) übernehmen mit der
Berliner Deklaration die Regierungsgewalt.
Deutschland wird in vier Sektoren geteilt.
 1946 Zusammenschluss der SPD und KPD zur
SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands)
in der sowjetischen Besatzungszone (Vorsitz:
Walter Ulbricht).
 1948Geplante Währungsreform für Deutschland wird von
der UdSSR abgelehnt und nur in den drei Westzonen
durchgeführt. In der Ostzone wird eine eigene Reform
durchgeführt.
 1949,am 7. Oktober: Gründung der DDR (im ehemaligen
von der UdSSR besetzten Gebiet)
 1950 Im Görlitzer Abkommen erkennt die DDR die Oder-
Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze an und schließt
ein Freundschaftsabkommen mit Ungarn, Bulgarien und
Rumänien.
 1951/52 Die Westmächte beenden formell den
Kriegszustand mit Deutschland.
 1954 Die DDR wird von der Sowjetunion als souveräner
Staat anerkannt.
 1955 Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der
UdSSR durch die BRD. Die DDR wird Mitglied des
Warschauer Pakts (der als Gegengewicht zur NATO
gegründet wurde)
 1956/57 Die DDR stellt eigene Nationale Volksarmee auf.
Einführung eines 'Passgesetzes' zur Verhinderung von
Republikflucht.
 1958 UdSSR verlangt ultimativen Abzug der
Besatzungstruppen und eine entmilitarisierte Zone Berlin,
die Westmächte lehnen das Ultimatum ab.
 1961 Errichtung der Berliner Mauer um Fluchtbewegung zu
stoppen. Befehl des Waffengebrauchs zur Verhinderung der
Flucht.
 1971 Walter Ulbricht tritt zurück; sein Nochfolger wird Erich
Honecker.
 1972 Abschluß des ersten Staatsvertrags zwischen der BRD und
der DDR (Anerkennung der Gleichberechtigung beider deutscher
Staaten und der Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen).
 1973 Aufnahme in die UNO (beider deutscher Staaten).
 1987 Honecker Staatsbesuch in der BRD (erster und letzter
eines DDR-Staatsoberhauptes).
 1989 Bedingt durch den politischen Wandel in der
Sowjetunion werden auch in der DDR Kräfte gegen
die sozialistische Staatsstruktur gestärkt; 
Massenflucht. Am 9. November 1989 wird unter dem
inneren und internationalen Druck die Grenze zur
BRD und die Berliner Mauer geöffnet.
Zentralkommitee und SED werden aufgelöst.
 1990 18. März: erste und letzte freie Wahlen in DDR.
Am 2. Juli treten Währungs-, Wirtschafts- und
Sozialunion in Kraft. Am 3. Oktober wird durch den
Beitritt der rekonstituierten Bundesländer von vor
1952 der ehemaligen DDR zur BRD ein geeintes
Deutschland geschaffen.
Kennzeichen der frühen DDR
1. Die Aktivisten- Bewegung
•
Produktionssteigerung durch neue sozialistische
Arbeitsformen: Arbeitsnormen (sozialistische
Brigaden, Jahrespläne...)
2. Das zentralistische Prinzip
•
•
SED als Kaderpartei
Übertragung des zentralistischen Prinzips auf alle gesellschaftlichen Bereiche
Auswirkungen auf die Literatur
• System der Privilegierung
• Funktionalisierung der Literatur, die nicht als Angriff auf
die Autonomie der Literatur wahrgenommen wurde
• Identifikation von Schriftstellern mit der staatlich angebotenen
Rolle
Geschichtliches Sendungsbewusstsein
und historische Realität
„Die Gründung der Deutschen Demokratischen
Republik leitete eine Entwicklung ein, die den
gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten der
Epoche entsprach. Sie bedeutete einen
Wendepunkt in der Geschichte des deutschen
Volkes und Europas.“
Kulturelle Institutionen
1950
1951
1954
1950
1953
1955
1955
•
Akademie der Künste; Zeitschrift: Sinn und Form (Huchel)
Amt für Literatur und Verlagswesen
Ministerium für Kultur
Deutscher Schriftstellerverband
ab 1952 eigenständige Organisation:
1. Vorsitzende: Anna Seghers
Nachfolge: Hermann Kant
Zeitschrift des Verbandes: Neue Deutsche Literatur
Weimarer Beiträge (eigenständige Zeitschrift)
Leipziger Institut für Literatur
später umbenannt in Johannes R. Becher Institut
existiert noch heute
Nationalpreis
Organisatorische und ideologische
Weichenstellungen für die Literatur
• Hauptsegment: geplante Literatur im Sinne des
- Sozialistischer Realismus
• Institutionalisiertes System zur Durchführung
• Bedingung zur Veröffentlichung: Mitglied im Schriftstellerverband
• Soziale Anerkennung wird institutionalisiert
• Die Selbstwahrnehmung der Schriftsteller verändert sich:
statt individuellem Verhalten (der freischaffendene Schriftsteller im Westen) die kollektive Rolle
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
1. Der Kampf gegen die Moderne bzw. der Kampf gegen den
Formalismus
• Ging von der Sowjetunion aus (Stalinismus)
• Kosmopolitismus (Weltoffenheit) wird verachtet
• Modernismus stehe der Bewältigung der „historischen Aufgabe“
im Weg (Ausschluss von Kafka, Proust...),
 Sturz in die Provinzialität
• Verpflichtung an die Vormoderne/ vormodernes Ressentiment
• Formalismus: Geringschätzung der Erkenntnisfunktion
Die Form steht über dem Inhalt
Kein Bezug zur Lebenswelt
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
a) Ablehnung des Experiments und der Innovation
(Wiederholung, Vertrautes, Bewährtes,...,
Selbstberuhigung)
b) Kritik der Arbeitsweise der Künstler
„Wien, am 30. Oktober 1953. Genossen, ... viele meiner Werke
liegen in der Schreibtischlade, darunter mehr als 500 Lieder, Kantaten,
Orchester- und Kammermusik. Ich fühlte, daß keinerlei Bereitschaft
bestand, diese Werke, die in einem immerhin kampferfüllten Leben
vor drei Jahrzehnten entstanden sind, zu akzeptieren... Ihr mögt es für
eine Schwäche halten, aber ich brauche eine Atmosphäre des Wohlwollens, des Vertrauens und der freundlichen Kritik um künstlerisch
Arbeitsfähig zu sein. Selbstverständlich ist Kritik notwendig, aber
nicht Kritik, die jeden Enthusiasmus bricht, das Ansehen des Künstlers
herabsetzt und sein Selbstbewußtsein untergräbt. Nach der Faustus-Attacke merkte ich, daß mir jeder Impuls, noch Musik zu schreiben, abhanden gekommen war. So kam ich in einen Zustand tiefster Depression,
wie ich sie kaum jemals erfahren habe. Ich habe nun aber keine Hoffnung, den für mich lebenswichtigen Impuls, Musik zu schreiben,
anderswo zu finden als in der Deutschen Demokratischen Republik.“
Hanns Eisler
(Zitat)
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
2.
Def:
Sozialistischer Realismus
„Der Sozialistische Realismus, (...) fordert von Künstlern
wahrheitsgetreue, historisch konkrete Darstellung der
Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung.
Wahrheitstreue und historische Konkretheit muß mit den
Aufgaben der ideologischen Umgestaltung und Erziehung
der Werktätigen im Geiste des Sozialismus verbunden
Werden.“
Aus dem Statut des sowjetischen Schriftstellerverbandes
[Kategorien: realistisch, volkstümlich & parteilich.]
[Bogdal: plakativer pathetischer Klassizismus]
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
2.
Sozialistischer Realismus
a) Die Kategorien des TYPISCHEN
„Ewig keimen wird der Same,
Ewig grünen wird das Feld.
Wie die Sonne wird Stalins Name
Ewig scheinen auf der Welt.
Er ist höher als die Wolke,
Er ist tiefer als das Meer,
Und er lebt in jedem Volke
Auf der Erden ringsumher.“
E.Weinert: Ein Lied für Stalin (1953)
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
2.
Sozialistischer Realismus
b) Die „Entbürgerlichung“ der Literatur
„Du großes Wir, Du unser aller Willen:
Dir, Dir verdanken wir, was wir geworden sind!
Den Traum des Friedens kannst nur Du erfüllen
Dein Fahnenrot steigt im Jahrhundertwind.
Es wird Dich rühmend einst ganz Deutschland nennen,
Denn nur durch Dich wird Deutschland eins und frei!
Laß Dich voll Stolz, voll Stolz laß Dich bekennen:
Dir alle Macht, der Sieg ist Dein, Partei!“
Johannes R. Becher, Kantate (1950)
Ideologische Kampffelder der 50er Jahre
Konsequenzen:
 Stiftung eines kollektiven Solidaritätsgefühls
 Verschwinden der kritischen Öffentlichkeit
 Verschwinden des kritischen Potentials in der
Literatur
 Zerstörung der Spontaneität, Verhinderung von
Ereignissen zugunsten einer Planung
 Verschwinden der Literatur
Brecht: Die Lösung (GW 10, S. 1009f.)
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbandes
In der Stalinallee Fugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch doppelte Arbeit
Zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?
Der XX. Parteitag & seine Folgen (1956)
 Chrustschow kritisiert den Stalinismus
 Konsequenz: z.B. Aufstand in Ungarn; Öffnungen
im kulturellen Bereichen; Stichwort: „Tauwetter“
 In der DDR: Verfolgung der Intellektuellen
(Flucht Blochs) / ‚Säuberungen‘
 Hans Mayer: Verteidigung der Moderne
 ‚Kampf gegen revisionistische Ansichten‘
 In der DDR wird die Auseinandersetzung mit dem
Stalinismus wieder verdrängt. Die Auseinandersetzung wird als „Pseudofehlerdiskussion“
deklariert.
 Weitere Abschottung gegenüber westlichen
Einflüssen.
Briefkampagnen
1955 Nachterstedter Brief
Bilder DDR Kunst/ Arbeiter
1958 5. Parteitag der SED
Zitat: „Stürmt die Höhen der Kultur.“
„sozialistisch Arbeiten,
sozialistisch lernen,
sozialistisch leben.“
Ende der 50er Jahre schwere Krise der DDR Kulturpolitik
 Reaktion auf die Krise mit dem „Bitterfelder Weg“ (1959)
Das Ziel des Bitterfelder Wegs
1. Schriftsteller in die Betriebe, denn dort würden sie das
wirklich Neue finden.
2. „Greif zur Feder Kumpel, die sozialistische Nationalliteratur
braucht Dich!“
• Auf der 2. Bitterfelder Konferenz 1964 wird
das Konzept wieder abgesetzt.
 Bitterfelder Weg ist Teil einer umfassenden Bildungsreform
 In dieser Zeit entsteht die soziale Basis für
das, was wir heute als DDR- Literatur kennen.
1961: Mauerbau (wirtschaftliche Stabilisierung)
Zusammenfassung:
 50er Jahre: Unterwerfung des einzelnen unter die
Gesetze der Geschichte, unter das Kollektiv.
(Zirkel des Bestrafens und Belohnens)
 Verschwinden der Literatur
 60er Jahre: „Einsicht, dass sich das Individuum
am besten im Einklang mit den Gesetzen der
Geschichte entwickeln kann.“
„In höchster Pflichterfüllung üben sie jeden Tag, zu jeder
Stunde eine hohe Arbeits-, Staats- und Parteidisziplin. So
werden die Gebote der sozialistischen Moral in immer stärkerem
Maße zum Grundsatz ihres Handelns. – Unaufhörlich wachsen
die Neuerer und vorbildlichen sozialistischen Arbeiter
in der Produktion.“
(Walter Ulbricht)
Der Aufbau – Roman
 Stichwort: „Helden der Arbeit“:
 Politische Instrument, um Arbeitsleistungen als kollektive
Leistungen und als neue Lebensweise darzustellen, die in der
Realität noch nicht realisiert ist.
Die bekanntesten Romane:
 Eduard Claudius: Menschen an unserer Seite (1951)
 Marie Langner: Stahl (1952)
 Karl Mundstock: Helle Nächte (1953)
 Hans Mardwitzer: Roheisen (1955)
 Rudolf Fischer: Martin Hoop IV (1955)
 Anna Seghers: Die Entscheidung (1959)
Anna Seghers
eig. Netty Radvanyi, geb. Reiling;
Mainz 1900-Berlin 1983; emigr.
1933 über Frankreich und Spanien
nach Mexiko, seit 1947 in Berlin
(Ost); 1952-78 Präsidentin des
Schriftstellerverbandes der DDR;
bedeutende Exilromane: Das siebte
Kreuz (engl.1942/dt.1946), Transit
(engl.1944/dt.1948), Der Ausflug
der toten Mädchen: psychologisch
gefärbt, versch. Zeitebenen (1946);
Georg-Büchner-Preis 1947;
nach der Rückkehr wurde sie zu
einer Leitfigur der DDR-Literatur:
Die Toten bleiben jung: polit.
Generationsroman (1949)
Eine Präsentation von
Franca - Alexandra Rupprecht
Patric Welzbacher
Biographie
Am 19.November 1900
wird Anna Seghers mit
ihrem richtigen Namen
Netty Reiling in Mainz
geboren.
Biographie
Netty besuchte ab ihrem 7. Lebensjahr nur
hochwertige Schulen:
1907 Privatschule von Fräulein Goertz.
1910 Höhere Mädchenschule
1917 Großherzoglichen Studienanstalt
Biographie
Während ihrer
Studienzeit lernt
Netty den
ungarischen
Emigranten Laszlo
Radvanyi kennen.
Biographie
1928 Geburt der Tochter Ruth
1926 Geburt des
Sohnes Peter
Biographie
Gründung des proletarischrevolutionären Schriftstellers
Bund
Netty nennt sich jetzt Anna
Seghers - wird Mitglied
Sie tritt der KPD bei
1933 Als am 30.
Januar
Biographie
Hitler zum Reichskanzler
ernannt wird flieht Anna
Seghers in die Schweiz
Frankreich
Beteiligung an der
Neugründung des
Schutzverbandes
Deutscher Schriftsteller in
Paris
Verlässt Marseille
 Mexico City
Biographie
1942 Das siebte Kreuz.
Roman aus
Hitlerdeutschland in
Englisch (USA) und in
1943 Schwerer
Deutsch (Mexiko)
Verkehrsunfall am 25.
Juni, langer
1947
verlässt Anna
Krankenhausaufenthal
Seghers
Mexiko zurück
t.
nach Berlin.
Der Aufbau Verlag
beginnt mit der Edition
der Exilwerke
Biographie
1947 Georg-Büchner-Preis
1950 Weltfriedensrates
1975 Kulturpreis des Weltfriedensrates
Ehrenbürgerschaft von Berlin (Ost)
Anna Seghers stirbt am 1 Juni 1983
Sozialistischer Realismus
„
Der sozialistische Realismus als
Hauptmethode der sowjetischen
künstlerischen Literatur und Literaturkritik,
fordert vom Künstler wahrheitsgetreue,
historisch konkrete Darstellung der
Wirklichkeit in ihrer revolutionären
Entwicklung. Wahrheitstreue und
Quelle: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie
historische Konkretheit der künstlerischen
Darstellung müssen mit den Aufgaben
der ideologischen Umformung und
Sozialistischer
Realismus
Romantik
Realismus
Erziehung
der Werktätigen
im Geiste des
Sozialismus abgestimmt werden
“
Sozialistischer Realismus
 Helden
 Arbeiter-/Arbeitskultur
 Verteidigungsbereitschaft gegenüber dem
faschistischen Ausland
 Richtlinie
 Politische Zwecke
Werke
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1925 - Jans muss sterben (nach ihrem Tod im
1928 - Aufstand der Fischer von St. Barbara
1930 - Auf dem Wege zur amerikanischen Botschaft
1932 - Die Gefährten
1933 - Der Kopflohn
1935 - Der Weg durch den Februar
1937 - Die Rettung
1942 - Das siebte Kreuz
1943 - Der Ausflug der toten Mädchen
1944 - Transit
1948 - Sowjetmenschen. Lebensbeschreibungen
1949 - Die Toten bleiben jung
1949 - Die Hochzeit von Haiti
1950 - Die Linie
1950 - Der Kesselflicker
1951 - Crisanta
Nachlass entdeckt)
und andere Erzählungen
nach ihren Berichten
Werke
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1951 - Die Kinder
1952 - Der Mann und sein Name
1953 - Der Bienenstock
1958 - Brot und Salz
1959 - Die Entscheidung
1963 - Über Tolstoi. Über Dostojewski
1965 - Die Kraft der Schwachen
1967 - Das wirkliche Blau. Eine Geschichte
1968 - Das Vertrauen
1969 - Glauben an Irdisches
1970 - Briefe an Leser
1970 - Über Kunstwerk und Wirklichkeit
1977 - Steinzeit. Wiederbegegnung
1980 - Drei Frauen aus Haiti
1990 - Der gerechte Richter
aus Mexiko
Das siebte Kreuze
 Georg Heisler
 KZ Westhofen
Beispiel: „Garbe Stoff“
• 1950 Auszeichnung von Hans Garbe (Hochofenarbeiter)
Bearbeitungen von:
• Erzählung und Roman: Eduard Claudius
• Stoffbearbeitung von Bert Brecht (nicht vollendet nach 1953):
Veröffentlichung von Käthe Rüliche: ‚Hans Garbe Erzählt‘ (1952)
• Heiner Müllers Bearbeitung: ‚Der Lohndrücker‘ (1957)
Symbolik( bei Claudius):
Bauen: Aufbauen
Schmelzofen: Mann aus Eisen (Stalin)
Name: Hans Ähre
 typische Entwicklung
Autoren – Werke – Gattungen
Prosa: Der Aufbauroman
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Michael Scholochow: Neuland unterm Pflug
Franz Fühmann: Kabelkran und blauer Peter
Bernhard Seeger: Herbstrauch (1961)
Erwin Strittmatter
Willi Bredel (1901-1964)
Hans Marchwitza (1890- 1965): Die Kumiaks und ihre Kinder
(1959)
Otto Gotsche: Die Fahne von Kriwoj Rog (1959)
Bodo Uhse: Die Patrioten (1954)
Wolfgang Joho
Jurij Brĕzan
Franz Fühmann: Drei Kameraden
Dieter Noll: Die Abenteuer des Werner Holt (1961)
Franz Fühmann
Rokytnice nad Jizerou 1922Berlin (Ost) 1984; psychologisch
tiefgründige, teilw.
autobiografische Erzählungen
über Krieg und
Nationalsozialismus: Kameraden,
(1955), Das Judenauto (62).
Seit Anfang der 70er-Jahre auf
Distanz zur Realität der DDR: 22
Tage oder Die Hälfte des Lebens,
(1973), ein vielseitiges Werk um
Traum, Mythos und Utopie:
Prometheus, 1975; Übers: mit L.
Kundera: Die Glasträne (1966):
tschechische Lyrik des 20. Jhdts.
Literatur des Abschieds und der Ankunft
 Regina Hastedt: Die Tage mit Sepp Zach (1959)
 Brigitte Reimann: Ankunft im Alltag (1961);
Die Geschwister (1963)
 Karl Heinz Jakobs: Beschreibungen eines Sommers
(1961)
 Joachim Wohlgemuth: Egon und das achte
Weltwunder (1961)
 Erwin Strittmatter: Katzgraben
Motiv: Individuelle Ankunft im Sozialismus und
individuelle Gründe für die Entscheidung zum
Sozialismus („realer Sozialismus“). Hinwendung zum
Alltag.
Konfliktdarstellung: Anpassung an den Alltag ist nicht
so anstrengend wie die Flucht in den Westen (wo man
unters Rad kommt).
Erwin Strittmatter (1912-1994)
• Ochsenkutscher (1950)
• Tinko (1954)
• Der Wundertäter (1957)
Neue Autoren
 Christa Wolf
 Karl Heinz Jakobs
 Günter de Bruyn
 Erich Köhler
 Herbert Nachbar
 Joachim Wohlgemuth
 Dieter Noll
 Erik Neutsch
 Irmtraud Morgner
 Jurek Becker
 u.a.
Christa Wolf in der DDR
Landsberg an der Warthe 1929;
ideologische Prosa: Der geteilte
Himmel (1963): Liebe im geteilten
Deutschland; regimekritische
Romane: Nachdenken über Christa
T.: (Krebs als Somatisierung; 1968);
Kindheitsmuster (Aufarbeitung des
eigenen Kriegsfanatismus, 1976)
(Halb)verbotene Werke: Kassandra
(Mythos als ideologisches Mittel
patriarch. Gesellschaft, 1983);
existenzielle Ängste: Kein Ort.
Nirgends (Schreiben als
Lebensgefahr, 1979), Störfall,
(Atomunfall+Krankheit, 1987)
1980: Georg-Büchner-Preis
Christa Wolf nach der Wende
Gegen zu schnelle Vereinigung
Deutschlands, Nomination zum
Nobelpreis aus kulturpolitischen
Gründen zurückgezogen
Werke: Erz.Was bleibt (1979,
hrsg.1990: Psychogramm einer von
der Staatssicherheit überwachten
Frau); Roman Medea. Stimmen
(frauengerechte Umschreibung des
Mythos, 1996); Erz. Leibhaftig
(schmerzliche Auseinandersetzung
mit der Rolle der Intellektuellen in
der DDR, 2002)
Drama
B. Brecht
• Turandot oder der Kongreß der Weißwäscher (1953, UA 1969)
• von 1949- 56 Inszenierung von 8 Brecht- Stücken
Insgesamt 21 am Berliner Ensemble
• Die Hofmeister (Lenz) 1950
• Der Prozess der Jeanne d‘ Arc zu Rouen (Anna Seghers) 1952
• Pauken und Trompeten (Farquahar) 1952
• Coriolan (Shakespeare) 1954
• Don Juan (Moliere) 1952
• Biberpelz – Der rote Hahn (Hauptmann) 1951
Bertolt Brecht: Leben
Augsburg 1898-Berlin (Ost) 1956;
studierte 1917-21 Philosophie und
Medizin in München (ohne
Abschluss), arbeitete 1924-26 an
M.Reinhardts Deutschem Theater
in Berlin, danach als freier
Schriftsteller; Brecht unterstützte
die Kommunisten, trat aber nie
der KPD bei; emigrierte 1933
(Dänemark, seit 1941 USA),
kehrte 1947 nach Europa, 1949
nach Berlin (Ost) zurück; seit
1949 in Berlin (Ost): Berliner
Ensemble, zusammen mit seiner
Frau H.Weigel eine weltberühmte
Experimentierbühne.
Brechts Schaffen in der DDR
In der DDR überwiegt praktische
Theaterarbeit nach der Methode
des epischen Theaters,
Modellinszenierungen im
Berliner Ensemble: Mutter
Courage und ihre Kinder (1939),
Das Leben des Galilei (19381953), Der kaukasische
Kreidekreis (1945)
Prosawerke:
Kalendergeschichten (1949),
Geschichten vom Herrn Keuner
(hrsg. 1958, ent. 1930-56); Lyrik:
Bukower Elegien (Gefühl der
Resignation; 1953)
Bert Brecht: Der Rauch
Das kleine Haus unter Bäumen am See.
Vom Dach steigt Rauch.
Fehlte er
Wie trostlos dann wären
Haus, Bäume und Seen.
Literatur des Abschieds und der Ankunft
GEGENWARTSSTÜCKE:
• HARALD HAUSER: AM ENDE DER
NACHT (1955)
• HEINER MÜLLER: DER
LOHNDRÜCKER (1956)
• HELMUT BAIERL: FRAU FLINZ
(1961)
• HELMUT SAKOWSKI: STEINE IM
WEG (1960)
• PETER HACKS (1928-2003)
Lyrik
• Erich Arendt (1903-1984)
• Franz Fühmann (1922-1984)
• Georg Maurer
• Johannes Bobrowski (1917-1965)
Sarmatische Zeit (1962)
Schattenland Ströme (1966)
Paul Wiens: Signale der Jugend
Unser Lied, das den Erdball erschüttert
und die Mauern der Kerker durchbricht,
unser Lied singt von Zeiten,
wie wir sie bereiten,
fröhlich und licht.
Unser Lied dröhnt im Hämmern der Werke,
singt als silberne Sichel im Feld,
unser Lied lehrt uns sehen
und dies zu verstehen:
jung ist die Welt.
Ja, Signale, der Jugend Signale,
seid dem Sturmtag des Herzens gesellt!
Alle sollen es wissen,
welche Fahne wir hissen:
Frieden der Welt!
Paul Wiens
Das schreibt und verkündet sein Unbehagen
und bläht sich mit Benn und Kafka und Proust
und fordert und konspiriert und schmust.
Und ist langweilig. Kaum zu ertragen,
gedankenarm, ohne eigenen Ton,
und schreit, wenn man‘s nicht druckt: „Inquisition!“
Und ist anspruchsvoll und produziert Ersatz
und sinniert sich eins ins Säuseln des Winds
und ist für die Katz und schreibt für die Katz.
Provinz, Provinz und nochmals Provinz!
Lektüreliste 50er Jahre:
 Apitz, Bruno: Nackt unter Wölfen. (1958) [2 Millionen











Aufl. in der DDR; 3 Mill. Weltweit]
Arendt, Erich: Gesang der sieben Inseln (1957) [Lyrik]
Bobrowski: Sarmatische Zeit. (1961) [Lyrik]
Brecht, B.: Buckower Elegien. (1955) [Lyrik]
Fühmann, Franz: Kameraden. (1955)
Jakobs, Karl- Heinz: Beschreibung eines Sommers.
(1960)
Johnson, Uwe: Mutmaßungen über Jakob. (1956)
Müller, Heiner: Der Lohndrücker. (1958)
Noll, Dieter: Die Abenteuer des Werner Holt. (1960)
Seghers, Anna: Transit. (1951/ EA 1944)
Strittmatter, Erwin: Der Wundertäter. (1957)
Strittmatter, Erwin: Ochsenkutscher. (1951)
Heiner Müller
Eppendorf (Landkreis
Freiberg) 1929-Berlin 1995;
Dramatiker; seit 1992 Leiter
des Berliner Ensembles;
1990-93 Präsident der
Akademie der Künste Berlin;
1961 wegen Kritik der DDR
in seinen an Brecht
geschulten
Produktionsstücken (Der
Lohndrücker, 1957)
Ausschluss aus dem
Schriftstellerverband, 1988
Wiederaufnahme;
1985: Georg-Büchner-Preis;
1990: Kleist-Preis.
Heiner Müller: Werk
Als halbverbotener Autor:
antike und mythologische
Stoffe als Allegorie der
totalitären Gegenwart:
Philoktet, (Odysseus als
Manipulator und Lügner,
1965); Germania Tod in Berlin
(Verhältnis von Staat und
Gewalt, 1977); Poetik:
schockierende Bilder, die einer
Absage an vernunftorientierte
Geschichtsmodelle
entsprechen:
Hamletmaschine, 1978
Lyrik in der DDR
Wolf Biermann: *Hamburg 1936,
Liedermacher; 1953-1976 in der DDR; 1963
Ausschluss aus der SED, 1965
Auftrittsverbot: Lyriksammlung Die
Drahtharfe erschien in Berlin (West); Mit
Marx- und Engelszungen (1968);
Peter Huchel: Berlin 1903-Staufen im
Breisgau 1981; 1948-62 Chefredakteur von
Sinn und Form, seit 1972 in der BRD;
schlichte Naturgedichte: Gezählte Tage,
1972;
Reiner Kunze: *Oelsnitz/Erzgeb.1933;
ironisch u. knapp über Erfahrungen in der
DDR: Sensible Wege, 1969;
Zimmerlautstärke, 1972; Prosaband Die
wunderbaren Jahre (1976): Auschluss aus
dem DDR-Schriftstellerverband, 1977:
Emigration; Nachdichtungen tschechischer
Lyrik: Wundklee
Exilliteratur in der
DDR
 Bis Anfang der 50er Jahre
-wenig Konflikte
-Literatur der DDR galt offiziell als
Fortsetzung der klassischen deutschen
Philosphie
 Ab Anfang der 50er Jahre
-Autoren wurden zu Erfüllungsgehilfen der
Autoren
-mussten sich an die Richtlinien der SED für
künstlerische Erzeugnisse halten
 Reaktion der Autoren
-fühlten sich in ihrer Persönlichkeit
eingschränkt
-fühlten sich von der Regierung benutzt
Folge
2 große Ausreisewellen
 1. Ausreisewelle: Ende der 50er Jahre
 2.Ausreisewelle: Nach Ausbürgerung Biermanns
fachwissenschaftlicher Kontext
DDR-Exilliteratur
16.11.1976
Ausbürgerung Wolf
Biermanns
1976-1977 Stasi-Haft in
Hohenschönhausen
1977 Verkauf von Jürgen
Fuchs nach Westberlin
fachwissenschaftlicher Kontext
DDR-Exilliteratur
Appell der Dreizehn gegen die BiermannAusbürgerung
Sarah Kirsch, Christa Wolf, Volker Braun, Franz
Fühmann, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Gunter
Kunert Heiner Müller, Rolf Schneider, Gerhard
Wolf, Jurek Becker, Erich Arend (Fritz Cremer)
Johannes Bobrowski
Tilsit 1917-Berlin (Ost)1965;
zuletzt Verlagslektor; schrieb
Gedichte Sarmatische Zeit,
1961; Schattenland, Ströme,
1962, Erzählungen und
Romane Levins Mühle:
Geschichte des Antisemitisums
(1964); Litauische Claviere,
hrsg. 1966, die in hoher
Sprachkunst den kulturellen
Raum Osteuropas, die
Begegnungen zwischen
deutscher, jüdischer und
slawischer Kultur beschwören.
Biographie Bobrowskis
1917
9. April: Geburt in Tilsit
(heute Sowjetsk an
der Memel) als Sohn
des
Eisenbahnbeamten
Gustav Bobrowski.
1925
zieht die Familie nach Rastenburg im heute polnischen Masuren.
Bobrowski besucht das Gymnasium in Rastenburg.
1928
zieht die Familie nach Königsberg (heute Kaliningrad). Eintritt in
die Quinta des humanistischen Stadtgymnasiums. Bobrowski
arbeitet im „Bund Deutscher Bibelkreise“ mit, wiederholt die
Obertertia, lernt beim Domorganisten, gewinnt kurz vor dessen
Tod die Freundschaft des Dichters Alfred Brust (1891-1934), sucht
die Nähe der Bekennenden Kirche (in der die Familie 1936
Mitglied wird) und verbringt die Sommer bei den Großeltern.
1937
legt Bobrowski sein Abitur ab. Wenig später lernt Bobrowski
Johanna Buddrus aus Motzischken kennen. Pflichtdienst beim
Reichsarbeitsdienst. Im November Beginn des zweijährigen
Wehrdienstes als Funker in der Nachrichtenabteilung 41 in
Königsberg.
1938
zieht die Familie nach Berlin-Friedrichshagen. Bobrowski soll in
Berlin Kunstgeschichte studieren.
1939
Als Gefreiter nimmt Bobrowski am gesamten Krieg teil – in Polen,
Frankreich, in der Sowjetunion
1941/42
Studiensemester in Berlin. Im April 1943 heiratet Bobrowski
Johanna Buddrus. Ein zweites Studiensemester unter der
Bedingung, Offizier und Mitglied der NSDAP zu werden, lehnt
Bobrowski ab.
1945
Am Tag der Kapitulation der Wehrmacht geht Bobrowski am 8.
Mai in Kandau (Kandava) in sowjetische Gefangenschaft, beginnt
als Kohlenhauer bei Rostow, arbeitet in der Kulturbrigade mit.
1949
Besuch der Antifaschistische Zentralschule bei Gorki an der
Wolga.
1949
An Heiligen Abend kehrt Bobrowski zu seiner Frau nach BerlinFriedrichshagen heim.
1953
im Juni zieht Bobrowski mit den Eltern in eine Wohnung in Berlin.
1959
Beginn als (einziger) Lektor des Altberliner Verlags, einem
Kinderbuchverlag. Unter anderem gibt Bobrowski bei Lucie Groszer
„Die Sagen des klassischen Altertums“ nach Gustav Schwab neu
heraus und. Bearbeitung des „Volksbuch vom Hans Clauert“, dem
märkischen Eulenspiegel.
1961
Im Februar erscheint Bobrowskis erster Gedichtband „Sarmatische
Zeit“ bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart, im November
beim Union-Verlag, der die in Stuttgart gestrichene „Pruzzische
Elegie“ aufnimmt.
1962
Im März erscheint bei der DVA der Gedichtband „Schattenland
Ströme“ (im Mai 1963 folgt der Union-Verlag). Im Juli erhält
Bobrowski in Wien den Alma-Johanna-Koenig-Preis, im Oktober
den Preis der Gruppe 47.
1964
Im September erscheint gleichzeitig im Union-Verlag und im
Fischer-Verlag der Roman „Levins Mühle“, mit Vorabdruck in der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im August/September.
1965
Auszeichnung für „Levins Mühle“mit dem Heinrich-Mann-Preis der
Deutschen Akademie der Künste zu Berlin
Im Mai: Auszeichnung mit dem Internationalen Charles-VeillonPreis in Zürich.
1965
Im Mai erscheint bei Wagenbach das Quartheft „Mäusefest und
andere Erzählungen“. Ende Juli beendet Bobrowski das
Manuskript der „Litauischen Claviere“. Zwei Tage später wird
Bobrowski mit einem Blinddarmdurchbruch ins Krankenhaus
Köpenick eingeliefert.
2. September: Tod Bobrowskis
Er wird nahe seiner Wohnung Ahornallee 26 auf dem Friedhof der
Evangelischen Gemeinde in Friedrichshagen begraben.
Im selben Monat erscheint im Union-Verlag der Erzählungsband
„Boehlendorff und Mäusefest“
1966
Erscheint aus dem Nachlass im Union-Verlag der Roman
„Litauische Claviere“, 1967 im Wagenbach-Verlag.
Gedichtsinterpretation
JOHANNES BOBROWSKI: „HEIMWEG“
Blau
Die Lüfte
Der hohe Baum
den der Reiher umfliegt
Und das Haus
einst, wo nun der Wald
herabkommt
klein und weiß
Das Haus, und der grüne
Schimmer
Ein Weidenblatt
Wind. Er hat mich geführt
Vor der Schwelle lag ich
Er hat mich bedeckt. Wohin
sollt ich ihm folgen? Ich hab
Flügel nicht. Mein Mütze
abends
warf ich den Vögel zu
Allgemeines:
-
modernes Gedicht, bestehend aus 2
Strophen
freier Rhythmen, d.h. in ungebundener
Sprache
1. Strophe: Erinnerung an die verlorene
Heimat,ihre Schönheit(Blau, Reiher,
klein, weiß das Haus)
- Steigerung des Zeilen-und
Satzumfangs; 1 Wort:Blau; 2Wörter-die
Lüfte; Sätze hier ohne Subjekt- wirken
wie Erinnerungsfetzen Wiederholung:
das Haus-das Haus; Haus vielleicht
besonderes Symbol für die Heimat –
- natürliche,sympathische frische Farben
gewählt(blau-weiß-grün) für schöne
Erinnerung, vielleicht für
Frühling,Sommer);
- Personifizierung(d.h Dinge,
Gegenstände werden lebendig-zur
Person)hier:"wo nun der Wald
herabkommt„
- "einst"- verweist auf längst vergangene
Zeiten
- „der grüne Schimmer“ drückt Hoffnung
aus; entpuppt sich jedoch nur als Blatt
einer (Trauer-)Weide
Heimweg (Johannes Bobrowski, 1960)
Blau.
Die Lüfte.
Der hohe Baum,
den der Reiher umfliegt.
Und das Haus,
einst, wo nun der Wald
Herabkommt,
klein und weiß
Das Haus, und der grüne Schimmer,
Ein Weidenblatt.
Wind. Er hat mich geführt.
Vor der Schwelle lag ich.
Er hat mich bedeckt. Wohin
sollt ich ihm folgen? Ich hab
Flügel nicht. Mein Mütze
abends
warf ich den Vögel zu.
Dämmerung. Die Fledermäuse
fahren ums Haupt mir. Das Ruder
zerbrochen, so werd ich nicht sinken, ich
gehe
über den Strom.
2.Strophe:
- Wind personifiziert- „er hat mich geführt““er hat mich bedeckt“
- indirekte rhetorische Frage: „Wohin soll
ich ihm folgen?“(nirgendwohin vielleicht)“
- Inversion genannt: = Umkehrung des
normalen Satzbaus: „Ich hab Flügel
nicht“ - Wirkung: spannend, eindringlich).
- Inversion und Alliteration (d.h. Stabreim,
mehrere Wörter beginnen mit gleichem
Laut): „Die Fledermäuse fahren ums
Haupt mir“ (Wind: jener kann überall hin,
wie die Vögel- das lyrische Ich leider nicht
„Ich hab Flügel nicht“)
3. Strophe:
- "Dämmerung"- ist Tatsache,
- "Ich gehe über den Strom“ ( Bild: Jesus
ging über das Wasser) ein Mensch kann
das nicht lyr.Ich kann nicht nach Hause
- "das Ruder zerbrochen"- Lyrisches Ich
kann nicht in Heimat zurück- nur im
Traum, ist ein unerfüllbarer Wunsch
-
Heimkunft (Günter Kunert, 1970)
-
Was für ein Land ist das
das wie nirgendwo ist
besonders in den nächtlichen Grotten
vereinsamter Bahnhöfe.
Viel zu wenig Licht. Viel zu viel
Regen.
Habt ihr jemals beobachtet
wie sie den Abteilen entsteigen
enttäuscht über die Ankunft:
Wieder nichts als Kälte und Nässe
als Dunkel und Rauch.
Wieder nichts. Wieder ein Traum
misslungen.
Schon stolpern sie
über den eigenen Schatten davon
von keiner Penelope erwartet
in den Hades ihrer endgültigen
Heimat.
-
-
-
-
Frage ohne Fragezeichen: Am Beginn;
wiederholt sich"Habt ihr jemals...“)
Vergleich: „wie nirgendwo„
Metapher(übertragene Bedeutung) :
"ländlichen Grotten" Suche nach Heimat
„vereinsamter Bahnhöfe"- stehen für
Abschied/ Ankunft;
„vereinsamt“ drückt Einsamkeit des lyr.
Ichs aus; wird verstärkt durch "zu wenig
Licht"," zu viel Regen"( gibt hier auf die
zuvor gestellte Frage eine Antwort)
direkte Anrede: Habt ihr
jemals....Antwort: Wieder nichts-wieder
nichts -wieder:
Anapher(Aufeinander folgende Sätze
beginnen mit gleichen Wörtern):
letzte fünf Zeilen: tiefe Traurigkeit„stolpern“ (d.h. unsicherer Gang)
Penelope= Gattin des Odysseus; sie hat
die ganzen Jahre seiner Irrfahrt auf ihren
Mann gewartet- griechische Mythologie)
; hier wartet keiner
Hades= Totenreich- das wird ihre
"endgültige Heimat„: Einsamkeit ,
Warten, Dunkelheit, Traurigkeit
Inhaltliche Gemeinsamkeiten
Wortwahl: Dämmerung, zerbrochenes Ruder, nirgendwo,
vereinsamt, enttäuscht, Kälte, Nässe, Stolpern, Hades
 lyr. Ich zeigt Resignation- Verbindung mit Enttäuschung über
jenen Staat und seine Politik- enttäuschte Illusionen
Unerfüllte Erwartungen:
Entwicklung in der DDR - keine Kritik gewollt- Hoffnungslosigkeit
und Perspektivlosigkeit
- Fragen ohne Antworten wie im Gedicht
-
-  Lyrisches Ich kann nicht in die altbekannte Heimat
zurück. Es bleibt nur ein unerfüllbarer Wunsch oder eine
enttäuschende Heimkunft.
Die ersehnte, in greifbarer Nähe geglaubte Heimat
existiert nicht mehr!
Opposition in den 40er Jahren
1945-1948 die liberale Hochschulgruppe
Leitfigur: Hans Leisegang
 Ziel: Einfluss der SED-Kader auf die Uni und somit
Begrenzung der Bildungsinhalte
 Ergebnis: Verweis des Professors von der
philosophischen Fakultät; Flucht nach Westberlin

Opposition in den 50er Jahren
• 17.Juni.1953 Volksaufstand
• 1954-1958 Eisenberger Kreis




Ort: Eisenberg und Jena
Ziel: gegen die SED-Diktatur
Leitfigur: Thomas Ammer, Johann Frömel
Ergebnis: Verhaftung der Mitglieder; insgesamt zu
114 Jahren Zuchthaus
 Einfluss: die größte und aktivste Widerstandsgruppe
der 50er Jahre in der DDR
Opposition in den 60er Jahren





1967/68: Gründung einer Gruppe von bis zu 20
Studenten der Uni Jena
Tätigkeiten: Demonstration durch Kleidung,
Frisuren und Auftritte
Ziel: gegen „sozialistischen Menschenbild“
Endziel: Ablösung der SED
Ergebnis: bis Nov. 1973 Exmatrikulation der
Studenten aus diesem Kreis
Opposition in den 70er Jahren
Arbeitsgruppe Lehrlinge







Hintergrund: mangelnde kulturelle Infrastruktur, somit
die Beschränkung der Freizeitmöglichkeit
Leitfigur: Jochen Anton Friedel
Ziel: Reform der DDR, Verlangen nach einem besseren
Sozialismus
1973 Anfang mit der Lehrlingsarbeit
1974 Gründung der Jenaer Jazztage
Tätigkeiten: Arbeit in Lehrlings- und Studentenklub
(Rosenkeller), das Studentenkabarett und
Singergruppen
1983 Ausreise von Friedel aus der DDR
Opposition in den 70er Jahren
Der Arbeitskreis Literatur (1)
• Mitglieder: Jürgen Fuchs, Lutz Rathenow etc.
• Tätigkeit:
- Wöchentliches Treffen von 30 jungen Menschen
aus allen Schichten
- Diskussion / Lesung eigener Lyrik und Prosa
- Erhitzung an ihrem Ideal, dem Prager Frühling,
und an der Wirklichkeit, dem Zentralismus und der
Meinungsmanipulation
• Ziel: Verbesserung des Sozialismus
Der Arbeitskreis Literatur
(2)
• 1975 Selbstauflösung
• Ursache: Kontrolle der „staatliche Mitarbeiter Kultur“; Sabotage der
Diskussionsrunden bei allen Veranstaltungen
• Ergebnisse:
- Nach der Auflösung des Arbeitskreises Literatur werden die ehemaligen
Mitglieder vom MfS Jena heimlich überwachtet
- Die Exmatrikulation von Jürgen Fuchs
- Einberufung von vier Leuten (Graf, Makowski, Scheer, Sonntag) zur
NVA







1950 geb. in Reichenbach/
Vogtland
1968 Abbruch des Studiums
aus politischen Gründen,
Armeedienst
1970 Psychologiestudium in
Jena
Seit 1971 literarische
Veröffentlichungen in
Zeitschriften und
Anthologien der DDR
1975 Zwangsexmatrikulation
1976 –77 Stasi-Haft
1977 Gedächtnisprotokolle,
Internationaler Pressepreis
•1988 "Das Ende einer
Feigheit". Kritikerpreis
für Literatur
•Seit 1989/90 Mitarbeit in
Bürgerkomitees zur
Auflösung des DDRGeheimdienstes
Jürgen Fuchs
(1950-1999)





1952 geb. in Jena
März 1977 politische
Exmatrikulation aus der Uni
September 1977 Übersiedlung
nach Berlin
1980 kurzzeitige Verhaftung;
Erreicht DDR- Öffentlichkeit
überwiegend durch Lesungen in
Kirchen und Wohnungen
Kuriertätigkeit zwischen Berlin
und Jena, Verbreitung der
Materialien von Jürgen Fuchs
und anderen in der DDR
Lutz Rathenow
Leiter des Arbeitskreises
Literatur
Opposition in den 70er Jahren
Jena und die Biermann Ausbürgerung 1976
• 16.11.1976 Protest und Treffen der Jugendlichen im
•
•
•
•
•
Hinterhaus in der Jungen-Gemeinde Jena
17.11.1976 Mitteilung der Schriftstellerpetition von Jurek
Becker auf seiner Buchlesung in Jena
18.11.1976 Junge-Gemeinde-Abend: 80 Leuten, Lesung,
Diskussionen, Unterzeichnung des Schriftstellerpetition
Ab 19.11.1976 Eine Reihe von Verhaftungen
21.11.1976 Freilassung der Verhafteten
Ergebnisse: Exmatrikulation von Lutz Rathenow und Sybille
Havemann aus der Uni
1936 geb. in Hamburg
 1953 Übersiedlung in die DDR
 1955-1957 Studium der
politischen Ökonomie an der
Humboldt-Universität Berlin
 1965 Erscheinen seines
Gedichtbandes "Die Drahtharfe"
und seiner ersten Langspielplatte
in der BRD; Auftritts- und
Publikationsverbot durch die
DDR-Behörden.
 16. 11. 1976 die Ausbürgerung
aus der DDR. Begründung: Sein
Programm in der Bundesrepublik
richtete sich gegen die DDR und
den Sozialismus

Wolf Biermann (1936 - )
Liedmacher
Die Ausbürgerung Biermanns
-Nach einem Auftritt Biermanns in Ost-Berlin 1965 schritt die
politische Führung der DDR ein.
Publikations- und Aufführungsverbot Biermanns. Ihm wurde
„anarchistische“, „liberalistische“ und „pornografische Neigungen“
vorgeworfen.
-Aufgrund seiner konsequenten Orientierung am Marxismus war
Biermann für die DDR-Behörden ein großes Ärgernis. Er galt als
Verräter sozialistischen Gedankenguts.
-Durch Fortschreiten der Revolution sowie Demokratisierung und
Entstalinisierung des sozialistischen Alltags trat er für die
existenziellen Bedürfnisse des einzelnen ein.
„Die zuständigen Behörden der DDR haben
Wolf Biermann, der 1953 aus Hamburg in die
DDR übersiedelte, das Recht auf weiteren
Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen
Republik entzogen... Mit seinem feindseligen
Auftreten gegenüber der DDR hat er sich
selbst den Boden für die Gewährung der
Staatsbürgerschaft der DDR entzogen.“
Folgen
Darauf folgt ein gewaltiger öffentlicher Protest in der
DDR. Zwölf prominente Schriftsteller verfassen eine
Protestresolution, der sich innerhalb weniger Tage über
hundert weitere Künstler, Intellektuelle, Arbeiter und
Studenten anschließen.
Für viele endet der Protest mit Verhaftung, Parteistrafe,
Ausschluss, Ausreise, Ausbürgerung oder Berufsverbot.
-Obwohl Biermann in der DDR nie ein Buch oder eine
Schallplatte veröffentlichen konnte galt er als
bekanntesten literarischen Kritiker
Deutschlands
Opposition in den 80er Jahren
1982/83 unabhängige Friedensbewegung(1)
Eine außerhalb kirchlicher Räume unabhängig
agierende politische Basisgruppe ohne Leitung und
ohne eingeschriebene Mitglieder
 Hintergrund: Zunehmende Militarisierung in der DDR,
zunehmende Tendenz zur Wehrdienstverweigerung
 14. 11.1982 Ein Schweigekreis für den Frieden von
70 jungen Leuten auf dem Zentralen Jenaer Platz
 Nov. 1982 Entstehung der Jenaer Friedensforderungen

 Inhalt: Abschaffung des Wehrkundeunterrichts; Abzug
der Besatzertruppen aus Osteuropa und beiden
deutschen Staaten
Opposition in den 80er Jahren
1982/83 unabhängige Friedensbewegung(2)





Offizielle Gründung der Friedensgemeinschaft nach
den Haftentlastungen
Tätigkeiten: Offene Briefe, Appelle, Flugblätter,
Klebeaktionen und fotografische Dokumentationen
18/19.03.1983 Demonstrationen mit Schildern
18.03.1983 ein beim Friedensgottesdienst von 96
Teilnehmern unterzeichneter Protestbrief an
Honecker
Vom 19.05.1983 „Gegenschlag“ von der Stasi,
„Übersiedlungsaktion“

Mitglieder der Jungen
Gemeinde und der
Friedensgemeinschaft auf
dem Weg zur staatlichen
Friedensbekundung.
Frieden
schaffen ohne
Waffen






12.6.1957 geb. in Görlitz
ab 1975 Angehöriger der
Jungen Gemeinde Jena StadtMitte
November 1976 Beteiligung
am Protesten gegen die
Biermann-Ausbürgerung;
Unterzeichnung einer
Protestresolution von
Künstlern
10.04.1981 Verhaftung im Zug
nach Berlin
12.04.1981 gestorben in der
U-Haft des MfS (Die Ursache
bleibt bis heute ungeklärt.)
Matthias Domaschk
(1957-1981)






14.7.1953 geb. in Jena
1975 Studium der
Wirtschaftswissenschaft an
der FSU Jena
1976 Kritik an die
Ausbürgerung von Biermann
an der Uni , anschließend
Exmatrikulation
01. 09. 1982 Verhaftung
wegen "Missachtung
staatlicher Symbole"
März 1983 Mitbegründer der
unabhängigen
Friedensgemeinschaft Jena
Juni 1983 gewaltsame
Ausbürgerung
Gegen seine Exmatrikulation
protestierte Roland Jahn mit
diesem Foto
1982/83 unabhängige Friedensbewegung(3)
1983 Jenaer Weißer Kreis
• weiße Blusen und weiße T-Shirts, gewaltfreie
Demonstration
• Tätigkeit: Demonstration am 18. und 25. 06.1982
morgens um neun Uhr auf dem Zentralen Jenaer Platz
der Kosmonauten (heute: Eichplatz)
• Ergebnis: Etwa 70 Personen bekamen gleich ihre
Entlassung aus der Staatsbürgerschaft
Hannelore und Rüdiger Studanski (im Vordergrund)
führten 1982 den Weißen Kreis
Jenaer Markt
1983 Jenaer Weißer Kreis
Abkürzungen:









DDR:
FDJ:
FSU:
KD:
MfS:
NVA:
SED:
Stasi:
U-Haft:
Deutsche Demokratische Republik
Freie Deutsche Jugend
Friedrich – Schiller- Universität Jena
Kreisdienststelle des MfS
Ministerium für Staatssicherheit
Nationale Volksarmee
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
Staatssicherheitsdienst
Untersuchungshaft
Das Ende der DDR

Veränderungen in der Sowjetunion
 1985 Michail Gorbatschow Generalsekretär des
ZK der KPdSU
○ Perestroika (Umbau): Veränderungen in Wirtschaft,
Politik und Gesellschaft, mehr freie Marktwirtschaft,
mehr Demokratie
○ Glasnost (Öffentlichkeit): offene Diskussion in der
Gesellschaft, in den Medien, Möglichkeiten der
Mitsprache
○ Sowjetunion gab den Anspruch auf, unter allen
kommunistischen Ländern die Führung innezuhaben
Das Ende der DDR
Bürgerrechtsgruppen (civil rights
campaigners)
 Am 4. September 1989 in Leipzig erste
Montagsdemonstration nach einem der
traditionellen Friedensgebete (prayers for
peace)
 Herbstrevolution in der DDR, nach der
Kundgebung auf dem Alexanderplatz am 4.
November
 9. November 1989 Fall der Mauer

Politische Entwicklung 1989
„Wir sind das Volk“ – ja?

Slogan bei Montagsdemonstrationen in
Leipzig
 Mitbestimmung, demokratische Rechte
Das Neue Forum
 Demokratie Jetzt

 „Thesen für eine demokratische
Umgestaltung in der DDR“
"Wir sind ein Volk"
Wir waren das Volk...
Wir sind kein Volk?


Symbol der
Ostalgie:
Ampelmännchen
Wiedervereinigung
gescheitert?
Ostalgie


Verharmlosung?
Kommodifizierung –
oder Gedächtnis?
Good Bye Lenin!
Fußnote in der Weltgeschichte...
“Es hat eine Revolution stattgefunden –
getragen von zwei Kräftegruppierungen:
Die eine wollte eine bessere DDR, und die
andere wollte gar keine DDR. Die eine hat
die Revolution unter grossem Risiko
gemacht, dann kam die andere in den
Vordergrund – und die hat gesiegt. Es wird
keine DDR mehr geben. Die DDR wird
nichts sein als eine Fußnote in der
Weltgeschichte”
Stefan Heym März 1990
DDR – humoristisch gedeutet
Der Diener Russlands
 Deutscher Distrikt Russlands
 Demokratie der Russen
 Dawaj, dawaj rabotaj(tje)

 sinngemäß „Los, los! Arbeiten!“ (ebenfalls in
Anlehnung an russ. „dawaj“ = „Los!“, „Beeile
dich!“, „Spute dich!“, „Mach hin!“, „Vorwärts!“
+ „rabotat'“ = arbeiten)

Dumm Doof Rettungslos