Wald und Krieg

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DFG - Graduiertenkolleg 1024 „Interdisziplinäre Umweltgeschichte“ – Teilprojekt C4
Wald und Krieg
Gerbrindennutzung
Holznutzung
Axel Bader – Max Krott
Fakultät für Forstwissenschaft, Burckhard-Institut
Professur für Forst- und Naturschutzpolitik und -geschichte
Leitfrage
Wie ändert sich die
Waldbewirtschaftung
in Kriegs- und
Krisenzeiten?
Positionierung
Militärgeschichte
Umweltgeschichte
13. April 2015
Forstgeschichte
Analyseaufbau
Rekonstruktion
Wahrnehmung und Deutung
Bewältigung
Erinnerung
Gliederung der Kapitel
Vorkriegszeit
Kriegszeit
Ausblick/Nachkriegszeit
Vorkriegszeit - Entwicklungstendenzen
• Umwandlung von Nieder- in Hochwälder,
• Weniger Nebennutzungen,
• Nutzholzproduktion steigt,
Brennholzproduktion sinkt,
• Holzimporte steigen,
• Weniger Waldarbeiter,
Umwandlung von Niederwäldern in Hochwälder
120
Quelle:
Endres, Max:
Forstpolitik,
Berlin 1922, S.
821.
100
80
%
60
40
20
0
1893
1900
1913
Prozentualer Rückgang der Eichenschälwaldfläche im Deutschen Reich bis 1913.
Mehr Nutzholz, weniger Brennholz
80
70
60
50
%
40
30
20
10
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
1891
1892
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
0
Anteil des Nutzholzes an (Nutzholzprozent) der gesamten Holzproduktion im Deutschen Reich. Der Anteil
an Brennholz sank analog von über 60 % (1884) auf nur noch knapp über 30 % (1912)[1]
[1]
Datengrundlage: Rubner, Konrad: Die Bewegung der Holzpreise in Deutschland vom Beginn des Weltholzhandels bis zum Weltkrieg,
Neudamm 1920, S. 92.
Brennstoffverbrauch in Berlin
18
Holzpreise in Deutschland
vor dem Ersten Weltkrieg
16
14
12
8
6
4
2
0
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
1891
1892
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
Mark
10
Nutzholz
Brennholz
13. April 2015
Eigene
Darstellung nach Rubner
Linear (Nutzholz)
Linear (Brennholz)
10
Holznutzung in Deutschland stieg vor
dem Krieg an
9
8
7
6
5
4
3
2
1
1884
1885
1886
1887
1888
1889
1890
1891
1892
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
0
Nutzholzanfall in preußischen Staatswäldern in Mio. fm vor dem Ersten Weltkrieg[1]
[1]
Datengrundlage: Rubner, Konrad: Die Bewegung der Holzpreise in Deutschland vom Beginn des Weltholzhandels bis zum Weltkrieg, Neudamm 1920, S. 92.
Rückgang der Arbeiterzahlen
• Statistische Nachweisungen erst ab 1903.
• Problemerörterung auf den Tagungen des
Deutschen Forstvereins 1882, 1887, 1892,
1901 und 1905.
• Diskussion in den Fachzeitschriften ab 1903.
Die „Arbeiterfrage“
• Einzelne Erörterungen ab 1891, Diskussion ab
1903
• Erklärungsansätze:
– Verlust der Waldgesinnung
– Materielle Anreize der industriellen Beschäftigung
Von 1868 – 1899 sind gestiegen
im Land
die Holzpreise
die Hauerlöhne
Preußen
52 %
15 %
Bayern
89 %
61 %
Württemberg
45 %
19 %
Quelle: Endres, Max: Forstpolitik, Berlin 1905, S. 82
Kriegszeit - Entwicklungstendenzen
•
•
•
•
•
Zusammenbruch des Imports: Ausfall > 30 %
Deutsche Holznutzung sinkt
Weniger Arbeiter, Fahrzeuge, Zugtiere
Holzpreise steigen
Holzverbrauch?
Produktionsausfälle während des Krieges
fm Holzanfall pro Jahr in braunschweigischen Staatsforsten
600000
500000
fm
400000
300000
200000
100000
1896
1897
1898
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
0
Eigene Darstellung, Datengrundlage: Mitteilungen über die Wirtschaftsergebnisse der
Braunschweigischen Forstverwaltung 1896 -1919, Braunschweig.
Arbeitermangel
Zahl der Waldarbeiter der braunschweigischen
Staatsforstverwaltung
5000
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
Anhalt
2500
2000
insgesamt
1500
Männer
Frauen
1000
Kriegsgefangene
500
1903
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
1919
1921
1924
0
Kinder
So viele Arbeiter wurden in den anhaltinischen Staatsforsten beschäftigt.
Eigene Darstellung, Datengrundlage: Anhaltinische Staatsforstverwaltung (Hg.): Die Zusammenstellung
der wichtigsten Wirtschafts-Ergebnisse in den Staatsforsten Anhalts, Dessau 1889 – 1923.
Zahl der kriegsbrauchbaren Pferde in Bovenden
90
80
70
60
50
40
30
20
10
1917
1916
1915
1914
1913
1912
1911
1910
1909
1908
1907
1906
1905
1904
1903
0
Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadtarchiv Göttingen: A Bovenden B III 5 Nr. 2
Holzverbrauch / -nachfrage / bedarf ?
Photo: Max Wipperling, Verlag: Emil Hartmann, Straßburg i.E.
Photo: Max Wipperling, Verlag: Emil
Hartmann, Straßburg i.E.
Feldpostkarte Verlag W. Springer Söhne,
Straßburg i.E.
Verlag A. Hoffmann, Berlin
Schützengrabensystem an der Westfront
System der Schützengräben an der
Westfront
Photo: Max
Wipperling
Verlag: Emil
Hartmann,
Straßburg i.E.
Verlag: H. Senetik,
Saarburg
Holzbarackenlager im Wald vor
Verdun
Eroberter deutscher Schützengraben Somme 1916,
http://www.stahlgewitter.com/jpg_16/jpg_somme/eroberter_deut
scher_graben1.jpg
Deutscher Schützengraben
Westfront 1917 ,
http://www.bundestag.de/geschichte/parlhist
/bilder/1871_5.jpg
Konjunkturen des Holzverbrauchs
• Bewegungskrieg
• Bau und Unterhalt von Baracken und
Schützengräben
• Stellungskrieg?
• Abnutzungsschlachten?
• Verstärkte Rüstung ab 1916
Angriffsphase
nach
Schlieffenplan
Kriegsausbruch
Stellungsbau
Schlacht an
der Somme
Schlacht um
Verdun
Dritte Flandernschlacht
Schlacht von
Cambrai
Schlacht an
der Aisne
70
60
Mark
50
40
30
20
10
0
Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep
1914
Mittel- und Unterland
1915
1916
FA Tuttlingen
Württembergischer Staatswald
Nadelholz-Stammholz 1. Klasse in Württemberg
1917
1918
Taxpreis
Angriffsphase
nach
Schlieffenplan
Stellungsbau
Schlacht an
der Somme
Schlacht um
Verdun
Kriegsausbruch
Dritte Flandernschlacht
Schlacht von
Cambrai
Schlacht an
der Aisne
70
90000
80000
60
70000
50
50000
30
40000
Mark
40
30000
20
20000
10
10000
0
0
Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep
1914
1915
1916
Preise
1917
halbjährlich gemittelte verkaufte Menge
Nadelholz-Stammholz 1. Klasse in Württemberg
1918
Festmeter
60000
Tätigkeit der Württ. Holzhauer-Abteilung
1400
1200
1000
Summe des
gefällten
Stammholzes,
in fm
800
600
Erzeugung von
Holzkohlen, in
Ztr.
400
200
0
1917
1918
Jan Feb MärzApril Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb MärzApril Mai
Quelle: HStA Stuttgart M545/1.
„Wie ein Schützengraben mit Unterständen
ausgebaut wird, Frankreich 11.6.1915“
Feldpostkarte Verlag Emil Hartmann, Straßburg i.E.
Spezialsortimente
Holzgerippe eines Flügels um 1915,
http://www.fsv-howei.de/Festschrift/img/image011.jpg
Holzpropellerproduktion bei Anker in
Berlin 1915, http://www.collectorsedition.com/Holzpropeller/Anker-1.jpg
Gewehrschaft aus Nussholz,
http://www.baumdoctor.com/bild/baeume/baum-des-jahres-2008-5.jpg
Grubenholz
Zeche Viktor-Ickern in
Castrop-Rauxel um
1913,
http://www.victorickern.de/photogallery/Vict
or1-2.1/47.020.jpg
Indikator für Nachfragesteigerung
Brennholzpreis 1914 - 1917
30
25
Mark
20
15
10
5
0
Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul Sep Nov Jan Mär Mai Jul
1914
1915
1916
1917
Bewältigungsversuche
• Zu wenige Beamte: Verwaltungsvereinfachung,
Rückstellung von Pensionsanträgen,
• Zu wenige Arbeiter: mehr Frauen, Kinder, Alte,
Kriegsgefangene und Fronturlauber,
• Zu niedriger Holzeinschlag: transportgünstige
Kahlschläge, Technisierung: Motorsägen,
Zugmaschinen,
• Zu wenig Brennholz für Bevölkerung: kaum noch
Versteigerungen, Rationierungen, Leseholzscheine
Die in Schweden
entwickelte
‚Baumfällmaschine Sector‘
war die erste Motorsäge.
Aufnahme aus
Schweden von ca. 1917,
Bild, Holzknechtmuseum
Ruhpolding.
Vorführungen in allen
deutschen Staaten ab
Herbst 1917
Die „Bayreuther Anrückmaschine“ bei einer Vorführung
1917, Neblich S.117
Individuelle Bewältigungsversuche der Zivilbevölkerung
Leseholztransport Winter 1918,
http://rathaus-buerstadt.de/cgi-bin/baseportal.pl?htx=/rathausbuerstadt.de/geschichte/detailseite_daten&Id=3','560','680')
„Forstfrevel“ – Anzahl der Vergehen in Anhalt
300
250
200
150
100
50
0
1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1921
Eigene Darstellung, Datengrundlage: Anhaltinische Staatsforstverwaltung (Hg.): Die Zusammenstellung
der wichtigsten Wirtschafts-Ergebnisse in den Staatsforsten Anhalts, Dessau 1889 – 1923.
Ausblick
• Holzpreise fielen nach Kriegsende schnell
• Waldarbeit trotz Technisierung noch heute höchste
Unfallzahlen aller Berufsgruppen.
• Über 90% aller Waldarbeiter hatten mind. 2 schwere
Arbeitsunfälle im Laufe ihres Berufslebens
(Untersuchung 1992).
• Die im Krieg wieder eingeführten Nebennutzungen
wurden danach schnell wieder aufgegeben. Einige
der historischen Nutzungsformen werden heute
unter Naturschutzaspekten wieder diskutiert.
• Brennholz-Lesescheine heute für Harz IV-Empfänger
Quellen
• Abrechnungen, Korrespondenzen, Verkaufsberichte,
• Jahresabschlüsse,
• Statistische Jahresberichte der Länder Anhalt und
Braunschweig,
• Zeitgenössische Lehrbücher zur Forstpolitik und
Forstwirtschaft,
• Zeitgen. Fachzeitschriften: AFJZ, FWC, Silva,
• Tagungsmitschriften der Sitzungen des
Forstwirtschaftsrates 1916/17 und des Dt.
Forstvereins,
• Fotos/Bilder: Feldpostkarten.