Literatur der 1950er Jahre

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Transcript Literatur der 1950er Jahre

Literatur der BRD
Vorlesung 18
Epochenabgrenzung, Begriffe
Stunde Null: eigentlich militärischer Ausdruck, er
suggeriert, dass die Literatur neu beginnt (eine
neue Zeitrechnung). Der Begriff ist jedoch nicht
ganz so klar, da rechte Schriftsteller weiterhin
publizierten und Preise erhielten. (zb. Max Mell)
1. Phase (1945-1950)
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Sogenannte Trümmerliteratur
Verarbeitung des Krieges
Hauptgattung: Kurzgeschichte
Autoren:
Wolfgang Borchert (1921-1947)
Heinrich Böll (1917-1985)
Wolfdietrich Schnurre (1920-1987)
Paul Celan (1920-1970)
Gruppe 47: lose Vereinigung engagierter Schriftsteller
Hans Werner Richter (1908-1993)
Alfred Andersch (1914-1980)
Walter Jens (1923)
Martin Walser (1923)
Ingeborg Bachmann (1926-1973)
Günter Eich 1907-1972)
2. Phase (50er Jahre)
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¨ Kritik an der Wohlstandsgesellschaft
· Verdrängung der NS - Vergangenheit
· manipulierten Kulturindustrie
· Verquickung der Kirche mit der Macht
¨ Formale Experimente
· Rückblende
· Innerer Monolog
· Montagetechnik
Literatur – Literaturgeschichte
Autoren:
· Heinrich Böll (1917-1985)
· Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)
· Max Frisch (1911-1991)
· Martin Walser (1927)
3. Phase (60er Jahre)
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Aufbrechen der unbewältigten Vergangenheit
Verlust der Selbstsicherheit der Aufbaujahre
Politisierung und Engagement vieler Schriftsteller
Autoren:
Alfred Andersch (1914-198O
Siegfried Lenz (1926)
Peter Weiss (1916-1982)
Günter Grass (1927)
Hans Magnus Enzensberger (1929)
Rolf Hochhuth (1931)
Uwe Johnson (1934-1984)
4. Phase (70 und 80er Jahre)
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Besinnung auf das eigene Ich
¨ Neue Subjektivität und Neue Innerlichkeit
¨ Autobiographisches Erzählen
¨ Distanz zum politischen Engagement
¨ Suche nach persönlicher und geschichtlicher Identität
¨ Autoren:
Thomas Bernhard (1931-1989) Walter Kempowski (1929)
Rolf Dieter Brinkmann (1940-1975) Heinar Kipphardt (1922-1982)
Friedrich Christian Delius (1943) Sarah Kirsch (1935)
Tankred Dorst (1925) Karin Kiwus (1942)
Ingeborg Drewitz (1923-1986) Ursula Krechel (1947)
Ulla Hahn (1946) Franz Xaver Kroetz (1946)
Peter Härtling (1933) Günter Kunert (1929)
Peter Handke (1942) Adolf Muschg (1934)
Ludwig Harig (1927) Arno Schmidt (1914-1979)
Helmut Heißenbüttel (1921) Wolfdietrich Schnurre (1920-1989)
Rolf Hochhuth (1931) Botho Strauß (1944)
1945-49
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Österreich und Deutschland bestand aus 4 Besatzungszonen (Russen,
Engländer, Franzosen, Amerikaner). Der Marshall-Plan unterstützte die
westlich besetzten Gebiete – also finanzielle Unterstützung von 17. Milliarden
Dollar.
Österreich: 1955 erreicht Ö. Souveränität durch den Staatsvertrag.
Kahlschlag: setzte auf Minimalisierung
Trümmerliteratur
Emigrantenstreit: Die Rückkehr der Emigranten ging sehr langsam vor sich,
sie kehrten nicht sofort nach Kriegsende wieder zurück. Unter „Literatur aus
der Schublade“ verstand man, die Romane der inneren Emigranten: die
Vergangenheitsbewältigung wurde mit mythologischen Mitteln geschrieben.
Oft Odysseus als äußerer Emigrant also als Kriegsheimkehrer – vor allem in
der Lyrik.
1949-1968
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Ausschlaggebend für diese zeitliche Eingrenzung ist die Adenauer-Ära (also
keine Experimente...). Dies führte zum
Konsumaufschwung/Wirtschaftwunder in Deutschland.
In Österreich waren ÖVP und SPÖ. In der 68er Studentenrevolution endet
diese Periodisierung.
Kalter Krieg: Koexistinz: eine Instanz die von den Hardlinern beider ...
bekämpft wurde (wichtig für Biedermann).
50er Jahre: Ankunftsliteratur – meint die realistische Darstellung in der Literatur.
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Kurzgeschichte, Hörspiel: vor allem Heinrich Böll steht für die Kurzgeschichte
60er Jahre
Die Literatur wird politisiert – es geht deutlich gegen die Schuldverdrängung der Nazizeit.
Das dokumentarische Theater (zb. Aussagen, Protokolle werden auf die Bühne gebracht.
Durch die Authentizität der Texte – über Verbrechen ect. wird ein Schock bei den Zusehern erzeugt
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1945-1949: Schreiben nach der Katastrophe
Die Politische Entwicklung
> Teilung Deutschlands nach dem Potsdamer Abkommen in vier
Besatzungszonen;
> drei westliche Besatzungszonen und die ‚Ostzone‘
> Aufbau kommunaler Selbstverwaltung;
> Zulassung politischer Parteien
> Gründung der Bundesländer im Westen (1. Schritt zur politischen Teilung);
Grundlegung des föderalistischen Systems, das bis heute besteht
> Beginn des Kalten Krieges und der Ost-West-Konfrontation
> Währungsreform im Westen zur Beendigung der Inflation
> Grundgesetz und 1949 Gründung der Bundesrepublik Deutschland;
> erste freie Parlamentswahlen, Sieg der CDU/CSU;
> Konrad Adenauer 1. Bundeskanzler;
> FDP-Politiker Theodor Heuß 1. Bundespräsident
Der Umgang mit der NS-Vergangenheit
> Befürchtungen der Alliierten, dass es zu einem militärischen Widerstand des NS
nach der Niederlage kommen könnte; sie erweisen sich rasch als unbegründet
> Frage nach Kollektivschuld und Schuld des Einzelnen (Karl Jaspers und andere)
> Re-education-Programme der Alliierten
> Entnazifizierungsverfahren (die ‚Persilscheine‘)
> Abwehr und Ausgrenzung des Widerstands; ‚displaced persons‘;
Verweigerung der Wiedergutmachung (z.B. an Sinti und Roma);
Verschwinden des jüdischen Lebens wird hingenommen
> Erneute Etablierung der alten Führungseliten in Staat und Gesellschaft
(Wirtschaft, Justiz, Verwaltung, Wissenschaft, Presse, Erziehungswesen,
dann Politik und später Militär)
> Verschweigen,Verdrängen
> Demokratie ohne Demokraten ?
Gründung der BRD: Positive Momente
> Das Grundgesetz – ein Rahmen, der gefüllt werden muss
> Interessenverbände schaffen politisches Gleichgewicht; Kirchen , Gewerkschaften,
Vereine werden zu einem wichtigen Bereich im Nachkriegsdeutschland
> Eine kritische Öffentlichkeit entsteht (Freie Presse)
> Eine kritische Kultur entsteht
> Wirtschaftliche Intervention der Weltmächte: der ‚Marshall Plan‘ zum
Wiederaufbau eröffnet materielle Lebensperspektiven
Der Dritte Weg
Alfred Andersch (1914-1980)
Zeitschrift: ‚Der Ruf‘
„Das junge Europa formt sein Gesicht“
Programm eines sozialistischen Humanismus = wirtschaftliche Gerechtigkeit
+ individuelle Freiheit + Demokratie; durchaus religiös geprägt
Diese Verbindung prägt die Programme der politischen Parteien (auch der
CDU), nicht aber die ökonomische Wirklichkeit in den Westzonen
Intellektuelle Vordenker finden sich auch: Sartre, Camus
Die Innere Emigration
> Spielte eine entscheidende Rolle in der Nachkriegsliteratur
> Eigener Anspruch, in der Zeit des NS die ‚Dichtung‘ bewahrt und ‚reingehalten‘ zu
haben
> Diese Schriftsteller setzen sich in der Nachkriegszeit unmittelbar durch; sie sind
der Antimoderne zuzurechnen, pflegen eine gehobene Gesinnungsprosa und setzen
‚ihren‘ ‚Geist‘ gegen den ‚herrschenden Materialismus‘
> Zu nennen sind: Hans Carossa (1878-1956), Georg Britting (1891-1964), Josef
Weinheber (1892-1945), Gertrud von le Fort (1876-1971), Werner Bergengruen
(1892-1964) und Ernst Wiechert (1887-1950)
> Gründe ihres Erfolgs:
- das bildungsbürgerliche Publikum teilt ihre ästhetischen Normen
und Werte
- sie bieten ein größeres Identifikationspotential als die Exilautoren
- sie halten Verarbeitungsmuster bereit, die den Einzelnen
exkulpierten; NS wird der ‚Moderne‘ subsumiert
- sie leisten eine semantische Umcodierung (statt als „Verbrechen“ wird
der NS als „Krise des Abendlandes“ gedeutet usw.)
Innere Emigration und Thomas Mann
> Debatte um die Rückkehr Thomas Manns: Verlief nach einem bis heute
wiederkehrenden Muster der Aufrechnung von politischen Taten des NS gegen
persönlich erlittenes Unbill (das Mann nicht erlitten habe ...)
> Frank Thiess (1880-1977): Vertreter der Inneren Emigration; Gegner Thomas
Manns; Thiess schrieb: „Es war schwerer, sich hier seine Persönlichkeit zu
bewahren, als von drüben Botschaften an das deutsche Volk zu senden (...)“
> Thomas Mann antwortete, dass Bücher, die in Deutschland zwischen 1933 und
1945 veröffentlicht werden konnten, „weniger als wertlos und nicht gut in die Hand
zu nehmen“ seien
> Hermann Hesse stellte sich auf die Seite Th. Manns
Die Exilliteratur bleibt draußen
> Den Autoren, die das ‘andere Deutschland‘ repräsentiert hatten, wurde in den
Westzonen die Anerkennung verweigert
> Die meisten Exilautoren gingen nach dem Krieg nicht in die Westzonen, sondern in
die SBZ (B. Brecht, A. Seghers, H. Mann stirbt kurz vor der Abreise dorthin)
> Thomas Mann geht in die Schweiz, Alfred Döblin nach Frankreich
> 1946: Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse; sie zeigen die Uneinsichtigkeit
der Täter (sie berufen sich auf Gehorsamspflicht und Befehlsnotstand); die
Prozesse sind entmutigend für die Opfer wie auch für die Exilschriftsteller
Weitere Strömungen in der Nachkriegsliteratur
> Traditionalistische Konzepte
> Magischer Realismus
> Die junge Generation (Gruppe 47)
> Wiederkehr der Moderne:
a) amerikanische Literatur;
b) französischer Existentialismus;
c) die Paradigmatisierung Franz Kafkas
Traditionalistische Konzepte
Vertreter dieser Richtung:
Gottfried Benn
Ernst Jünger
Georg Friedrich Jünger
Erhard Kästner
Magischer Realismus
Autoren dieser Richtung:
Ernst Kreuder (1903-1972)
Hermann Kasack (1896-1966)
Elisabeth Langgässer (1899-1950)
Die junge Generation (Gruppe 47)
Autoren:
Alfred Andersch (1914-1980)
Heinrich Böll (1917-1985)
Wolfgang Borchert (1921-1947)
Walter Kolbenhoff (1908-1993)
Luise Rinser (1911-2002)
Wolfdietrich Schnurre (1920-1989)
Günther Weisenborn (1902-1969)
Wolfgang Weyrauch (1907-1980)
Sechs Strömungen der westdeutschen Nachkriegsliteratur
(SchriftstellerInnen - Überblick)
> Innere Emigration: Werner Bergengruen, Georg Britting, Hans Carossa, Gertrud von
le Fort, Frank Thiess, Josef Weinheber, Ernst Wiechert
> Exilliteratur: Alfred Döblin, Heinrich Mann, Thomas Mann
>Traditionalistische Konzepte: Emil Barth, Gottfried Benn, Ernst Jünger, Friedrich Georg
Jünger
> Magischer Realismus: Ernst Kreuder, Hermann Kasack , Elisabeth Langgässer
> Die junge Generation (Gruppe 47): Alfred Andersch, Heinrich Böll, Wolfgang
Borchert, Walter Kolbenhoff, Luise Rinser, Wolfdietrich Schnurre, Günther Weisenborn,
Wolfgang Weyrauch
> Wiederkehr der Moderne:
- Amerikanische Autoren: T.S. Eliot, William Faulkner, Ernest Hemingway, Eugen O‘Neill,
Ezra Pound, John Steinbeck, Thornton Wilder, Tennessee Williams, Thomas Wolfe
- Französischer Existentialismus: Albert Camus, Jean Cocteau, Jean-Paul Sartre
- Paradigmatisierung Kafkas in Themen und Stil dt. Autoren aus mehreren Strömungen
Personen auf einen Blick
Konrad Adenauer (1876-1967), Bundeskanzler von 1949-1963
Theodor Heuss (1884-1963), Bundespräsident von 1949-1959
Karl Jaspers (1883-1969), Philosoph
Gottfried Benn
(1886-1956)
Alfred Andersch (1914-1980)
Ernst Jünger
(1895-1998)
Alfred Döblin (1878-1957)
Werner Bergengruen
(1892-1964)
Thomas Mann (1875-1955)
Hermann Hesse (1875-1962)
Albert Camus (1913-1960)
Jean-Paul Sartre (1905-1980)
Georg Britting
(1891-1964)
Ernst Wiechert (1887-1950)
Josef Weinheber (1892-1945)
Hans Carossa
(1878-1956)
Theodor W. Adorno
• „ . . . Nach Auschwitz
ein Gedicht zu
schreiben ist
barbarisch. [. . .]
• Alle Kultur nach
Auschwitz, samt der
dringlichen Kritik sind
Müll.“
1945
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1945 – Kein Nullpunkt !?
- Die „Gruppe 47“
- Mitglieder und Bedeutung
- Lesestoff und die Rolle der Literaten
- Erschienene Werke
1945 – Kein Nullpunkt !?
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großer Wunsch nach Neuanfang in
Gesellschaft, Politik und Literatur
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keine „Stunde Null“ im kulturellen
Bereich → starke Verbundenheit
mit Vergangenheit
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Literaten fordern Aufarbeitung
der Vergangenheit → Kritik an
Bevölkerung, die sich der
Vergangenheit nicht stellt und
verdrängt → Kahlschlagliteratur
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Viele Autoren durch
Kriegserfahrungen traumatisiert,
z.B. Paul Celan
Die „Gruppe 47“
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Forum für literarische Diskussion
und Kommunikation sowie gesellschaftliche Reflexion in 20
Jahren Nachkriegsdeutschland
Jährliche Treffen bei denen
Lesungen z.T. unveröffentlichter
Manuskripte und anschließende
Kritik durch die
Gruppenmitglieder erfolgten
Ziele:
- Förderung von Autoren der noch
jungen Nachkriegsliteratur
- Neuanfang der Gesellschaft, Politik
und damit auch der Literatur
• 1977 Auflösung durch
Meinungsverschiedenheiten
innerhalb der Gruppe
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Gruppe aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrender Schriftsteller um Hans Werner Richter und
Alfred Andersch bildet Zirkel um die Zeitschrift „Der Ruf“ mit noch sehr politisch-kritischer
Ausrichtung und einigen sozialistischen (aber das Sowjetsystem ablehnenden) Tendenzen (Andersch
und einige andere waren ehemalige Kommunisten). Anliegen war vor allem:
§ Sich von der Propaganda- und Sklavensprache zu befreien
§ Nullpunktsituation von 1945 überwinden
§ Kritik und Toleranz wieder neu zu erlernen
§ Neue Themen und neue Werte finden und beschreiben
Wegen der Kritik am Besatzungsregime und wegen angeblich nihilistischer Tendenzen Verbot des
„Ruf“ durch die Amerikaner nach bereits 7 Monaten im April 1947. Trotzdem weiter gehende
schriftstellerische Tätigkeit von Andersch, Schnurre, Eich, Kolbenhoff u.a.. Überlegung, eine neue
Zeitschrift zu gründen.
September 1947 erste Tagung der „Gruppe“ unter dem patriarchalisch gehandhabten Mentorat Hans
Werner Richters (stets persönliche Einladung per Postkarte!) am Bannwaldsee: Lesungen der 17
versammelten Autoren und unmittelbar anschließende Kritik der anderen Autoren am Gelesenen, die
der Autor schweigend über sich ergehen lassen musste. Prozess der Sprachreinigung („KahlschlagLiteratur“). Geburtsstunde der literarischen Werkstatt „Gruppe 47“.
Vielfalt der Stile:
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Naturmagische Gedichte / hermetische Gedichte / Trümmerliteratur / neue
Formen des Realismus / Surrealismus / Existenzialismus / Nouveau Roman
Zunehmende Öffentlichkeit der Gruppe, zu der bis auf Koeppen, Kaschnitz und
Arno Schmidt alle bedeutenden Autoren in Westdeutschland Kontakt hatten
und in der alle neuen Talente (Bachmann, Grass u.v.a.) zu bekannten
Schriftstellern wurden. Die Folge waren eine zunehmende literarische Macht
der Gruppe sowie eine Professionalisierung der Kritik.
Der Teilnehmerkreis schwoll an; er umfasste bald Schriftsteller,
Literaturkritiker (Reich-Ranicki, J. Kaiser), Wissenschaftler (W. Jens, H.
Mayer), Verleger (E. Rowohlt, S. Unseld), Lektoren usw.
Zunehmend dienten die Treffen der Gruppe 47 der Vermarktung der Bücher,
der Werbung und der Vetragsbindung an Verleger. Unselds Suhrkamp-Verlag
konnte 30 der Schriftsteller unter Vertrag nehmen und drohte die Gruppe in
zwei Fraktionen zu spalten.
Zunehmendes politisches Engagement der Gruppe: Protesterklärungen zur
Ungarn-Intervention 1956, zur Atombewaffnung der Bundeswehr 1958, zum
Mauerbau 1961, zum Vietnam-Krieg 1966.
Literarische Phasen
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1. Kahlschlag, Sachlichkeit (beschreibende Prosa) um 1950
2. Surrealismus, magischer Realismus, Chiffren (Verweigerungspoesie) ab ca. 1952
3. Gesellschaftskritik, Groteske, Vergangenheitsbewältigung (Ende der 50-er Jahre)
4. Sprachkritik, „Konkrete Poesie“ (E. Gomringer!) und „Nouveau Roman (Anfang der 60-er Jahre)
5. Neuer Realismus, dokumentarische Literatur (Mitte der 60-er Jahre)
Die letzten Jahre der Gruppe 47 waren geprägt von einer Welle der Politisierung und z. T. der
Radikalisierung (Algerien-Krieg, Vietnam-Krieg, Persien. SPIEGEL-Affäre, Studentenproteste). Hierfür
steht vor allem das Werk von Peter Weiss.
Die Tagung in Princeton 1966 beschleunigt diese Entwicklung. Neben der Notwendigkeit einer
umstrittenen Stellungnahme zum Vietnam-Krieg wurde die Gruppe auch von innen kritisiert: Peter
Handke beschimpfte die Gruppe wegen ihrer „Beschreibungsimpotenz“ und wies den Weg zur „Neuen
Innerlichkeit“, der reflexiv-subjektiven Literatur.
Letzte Tagung der Gruppe in der Pulvermühle 1968 von Studentenprotesten gestört. Die für 1969 in Prag
in Aussicht genommene Tagung unterblieb aus Rücksicht auf die dortige politische Entwicklung.
Literatur:
Grass, Günter: Das Treffen in Telgte
Richter, Hans Werner: Im Etablissement der Schmetterlinge. 21 Portraits aus der Gruppe 47
Mitglieder und Bedeutung der
„Gruppe 47“
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Mitglieder
Alfred Andersch • Heinrich Böll • Wolfgang Koeppen • Peter Weiss •
Ingeborg Bachmann • Johannes Bobrowski • Paul Celan • Hans Magnus
Enzensberger • Erich Kästner • Martin Walser • Wolfgang Weyrauch •
Günther Eich • Günther Grass • Marcel Reich-Ranitzki • Hans Werner
Richter (Initiator, Leiter)
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Bedeutung
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für viele junge Autoren häufig Anfang der Berufsliteratenschaft
Werbeträger und -forum, Marktplatz für ihre Publikationen
Vergangenheitsbewältigung
In einzelnen Werken Kritik an moderner westdeutscher
Konsumgesellschaft
Lesestoff und die Rolle der Literaten
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Autoren sind gegen weltweite Aufrüstung + behandeln diese Themen in ihrer
Literatur
Autoren sehen sich als „öffentliche Mahner“ + engagieren sich, nehmen an
Demonstrationen teil → veröffentlichen ihren Widerstand
Autoren als Außenseiter angesehen
Bestseller: Übersetzungen aus Ausland, Sachbücher, Triviales oft zu
zeitgenössischen Themen
Viel gelesen neben Weimarer Klassikern prominente Romanciers wie Franz
Kafka, Hermann Hesse, Thomas Mann, ferner Autoren der „Inneren
Emigration“ wie Ernst Jünger und Werner Bergengruen
politische Romane selten → Ausnahme: „Das Treibhaus“ von Wolfgang
Koeppen
ab 1950 Herausgabe von Taschenbüchern nach Vorbild der englischen
Pocket-Books
Erschienene Werke
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Wolfgang Koeppen
- 1951 „Tauben im Gras“
- 1953 „Das Treibhaus“
- 1954 „Der Tod in Rom“
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Paul Celan: 1952 „Mohn und Gedächtnis“
Friedrich Dürrenmatt: 1952 „Der Richter und sein Henker“
Ingeborg Bachmann: 1953 „Die gestundete Zeit“
Max Frisch: 1957 „Homo Faber“
Günther Grass: 1959 „Die Blechtrommel“
Heinrich Böll: 1959 „Billard um halb zehn“
Thomas Mann
Der Erwählte und der
Hochstapler
Vom Faustus
zum Erwählten (1951)
Professor Thomas Mann,
Pacific Palisades, 1945
Pacific Palisades:
Thomas Mann
und Joseph
Rückblick:
Doktor Faustus
(1943-1947)
Dazu Thomas Manns
Werkstattbericht:
Die Entstehung des
Doktor Faustus.
Roman eines Romans.
(1949)
Deutschland und die Deutschen (1945):
„Eines mag diese Geschichte uns zu Gemüte führen: daß es nicht zwei
Deutschland gibt, ein böses und ein gutes, sondern nur eins, dem sein Bestes
durch Teufelslist zum Bösen ausschlug. Das böse Deutschland, das ist das
fehlgegangene gute, das Gute im Unglück, in Schuld und in Untergang.“
(„Dreizeilenplan“, 7. Nb.,
Anfang 1904)
Zum Roman
Der syphilitische Künstler nähert sich von Sehnsucht getrieben einem reinen, süßen
Mädchen, betreibt die Verlobung mit der Ahnungslosen und erschießt sich dicht vor
der Hochzeit.
Novelle oder zu „Maja“ Figur des syphilitischen Künstlers: als Dr. Faust und dem Teufel
Verschriebener. Das Gift wirkt als Rausch, Stimulans, Inspi-
ration; er darf in entzückter Begeisterung geniale, wunderbare Werke schaffen, der
Teufel führt ihm
die Hand.
Schließlich aber
holt ihn der
Teufel: Paralyse.
Die Sache mit
dem reinen, jungen Mädchen, mit der er es bis zur Hochzeit treibt, geht vorher.
(7. Nb., Ende 1904)
Doktor Faustus als Geschichte vom…
• Teufelspakt der deutschen Kultur (als einer dominant musikali-schen) mit dem
Nationalsozialismus
• Teufelspakt des einen Künstlers, des „Tonsetzer“ Adrian Leverkühn
• Züge Friedrich Nietzsches –
und Thomas Manns selbst.
• Spiegelung, Umkehrung des „Faust“-Stoffs
(eher des frühneuzeitlichen „Volksbuchs“ als Goethes)
• deutsche ‚summa historica‘ von Luther bis zum 2. Weltkrieg
• Künstlerroman (von der Gregorianik bis zur Zwölftonmusik,
autobiographischer Künstlerroman, Nietzsche-Roman)
• Zeitroman über die Zeit von 1943-45
Serenus Zeitblom – erzählt von Adrian Leverkühn
Polyvalenz des Teufelspaktes
• physisch-medizinisch (Syphilis)
• politisch (Faschismus als Sympathie mit „den unteren Mächten“)
• theologisch und sozial (Gottferne und Lieblosigkeit,
Anti-Joseph)
• psychologisch (Projektion seelischer Störungen, Wahnsinn)
• künstlerisch (gesteigerte Produktivität, Exaltation, Verlöschen)
• kulturtheoretisch (Moderne und Modernitätskritik),
• in alldem „radikales Bekenntnis“ (Thomas Mann);
„radikale Autobiographie“, Heftrich 1977).
Doktor Faustus als modernes Roman-Experiment:
• „Montagetechnik“ (Thomas Mann)
• Literarische als ‚musikalische‘ Verfahren
• Allegorie – auch als ausgestellte Artifizialität; Kunst als
radikale Negation
Adorno
Joyce
Schönberg
TM
Faustus als
Anti-Märchen
HCA
Märchen als
Anti-Faustus?
„So sprach er mir von der kleinen Seejungfer in Andersens Märchen, das er
außerordentlich liebte und bewunderte“
(Serenus Zeitblom)
„meine Schwester in der Trübsal“
„meine Schwester und süße Braut“ (Adrian Leverkühn)
Leverkühns Gregorius-Puppenoper (Kap. 31)
als hoffnungsvolle Gegen-Erzählung
zur Erzählung vom Teufelsbündner:
„Der Teufel dachte uns zur Hölle zu führen, doch
Gottes Übermacht hat es verhindert.“ (VI, 425)
Erlösungs-Perspektiven im Faustus
• Erzählerkommentare:
Fürbittengebet des Erzählers um „Gnade“ am Ende – für „meinen Freund, mein Vaterland“
(vgl. Thomas Manns Fürbittengebet für Deutschland im „Bonner Brief“ 1938).
• Kontrastierung von Roman und Märchen:
Adaption von Andersens Märchen Tante Zahnweh (selbst-ironisches Künstler-Märchen mit der
Figur der Satania Infernalis) und der Kleinen Seejungfrau
• Kontrastierung von Roman und Legende:
Adaption der mittelalterlichen Heiligenlegende vom „guten Sünder“ Gegorius (in Leverkühns
Puppen-Oper)
Zwei Grundprobleme der Romankonzeption des „Faustus“
• politisch-moralisches Grundproblem:
Verschränkung von Künstler-Problematik
und Deutschland-Problematik,
Faschismus als irregeleitete
‚musikalische‘ Romantik:
reduktionistische
Faschismus-Deutung?
Vaget: Nein! Die Musik
ist schon politisch!
• kompositorisches
Grundproblem:
Konkurrenz (oder Durchdringung?) allegorischer
und ‚realistisch‘mimetischer Darstellung
Schreiben nach der
Apokalypse:
„nur noch Nachspiel
und Zeitvertreib“
?
Der Erwählte
(1951)
Der Erwählte
„Thomas Manns
Mittelalter-Parodie“
(Karl Stackmann)
„Psychologisierung
des Mythos“.
Ödipus und Gregorius
religiöses Gleichnis
von „Erbsünde“,
„Buße“ und „Gnade“
märchenhaft-mythischer LegendenRoman
Gregorius bei Thomas Mann
• Erste Notizen im Münchner Collegheft (1894/95)
• Wilhelm Herz’ Vorlesungen und Lehrbuch
• Inzest in Wälsungenblut
• Auseinandersetzung mit Stigma und Erwähltheit
• auch einzelne Motive (in den Betrachtungen über das Glockenläuten in Rom in Hans
Pfitzners Palestrina-Oper usf.)
• schließlich Adrians Puppen-Oper im Faustus
Fragen und Einfälle aus Thomas Manns ersten Notizen
Hartmanns Gregorius, Anfang von Marga Bauers Übersetzung
Briefliche Antwort
von Samuel Singer
auf Thomas Manns
Erkundigungen
(mit Gruß von
Marga Bauer)
Zur Lage des Herzogtums
„Flandern-Artois“
(Skizze von TM, in den
Materialien)
Text-Quellen u.a.:
• Wolframs Parzival
• Gottfrieds Tristan
• Mariendichtungen
• Mysterienspiel von Adam und Eva
• Nibelungenlied
• Ferdinand Gregorovius’ Geschichte der Stadt Rom im
Mittelalter
• Sophokles‘ Ödipus
• Rückgriffe auf die Mythen-Deutungen Karl Kerényis
• auf die Psychoanalyse Sigmund Freuds
• die Archetypenlehre C. G. Jungs
Grigross
Sibylla und
Wiligis
Grigross als
Papst Gregorius
Grigorss als
junger Mönch
Segler bei Pitcairn – aus TMs Materialien
Sibylla als
Büßerin
Grigorss als
Beter
Zum Umgang mit den Quellen
„Die ‚Fabel’ ist ja unendlich gleichgültig, aber man muß doch eine haben, nicht wahr?“
Aber:
„Ich bemerke dabei, daß die Détails die Hauptsache
sind. Sie sind so anregend! […] Das Alles könnte ich
mir natürlich sehr gut selbst ausdenken, und es ist
wahrscheinlich, daß ich es mir, wenn ich die
Wirklichkeit in Händen habe, trotz ihrer anders
ausdenken werde. Ich rechne nur auf die stimulierende
Wirkung der Thatsachen […].“
(An Hilde Distel, 1902!)
Deutungsperspektiven: (1) Stigma und Erwählung
(2) Psychologie und Mythos
(3) Erzählung und Religion (a: narrativ, b: sprachlich)
Karl Kerényi:
Über den Mythos
von Mutter Erde
und ihrer Milch
(Anstreichungen
von Thomas Mann)
Audienz Thomas Manns
bei Papst Pius XII:
„Ich küsste den Ring des
Fischers.“
(„Die Kniebeuge
fiel ganz leicht.“)
„Mythisches
Analogon“
(Lugowski)
und
providentielles
Analogon
Thomas Mann über die Sprachen im „Erwählten“
„Da [nach den lutherischen und barocken / modernen Sprachmischungen im Faustus] sprang
eine Sprach-Idee auf;
[…]
und, gestützt von einiger Studien-Lektüre (bei weitem nicht so vieler wie im Falle des Joseph),
spielte ich ziemlich aus dem Handgelenk mein christlich-übernationales oder vornationales
Mittelalter in die Luft, –
Sprachkurzweil in erster Linie,
aber nicht ohne Herzensbeziehung zum Thema
erwählter Sündhaftigkeit.“
Sprachen im „Erwählten“:
• Latein
• Mittelhochdeutsch
• Mittelniederdeutsch
• Mittelenglisch
• zeitgenössisches Plattdeutsch
• Altfranzösisch – auch in der Brechung durch das
Mittelhochdeutsche
• dies alles gebrochen durch Modernismen,
teils auch frei erfundene Wendungen
Sprach-Spiele in Babylon
„Reden ist Übersetzen aus der Engelssprache“
(Hamann)
babylonische Sprachverwirrung als Strafe für die
menschliche Sünde der Hybris
potenzierte Sprachmischung als
Suche nach der „Sprache über den Sprachen“,
die „der Geist“ ist (Thomas Mann)
-> Legenden-Parodie und parodistisches Sprachspiel
als Wiederannäherung an die „Engelssprache“
Kunst –
Religion„Kunstreligion“
von Bilse und ich
bis zum
Erwählten
Meine Zeit, Vortrag in Chicago im Mai 1950, kurz vor dem Abschluss der Arbeit am
Erwählten:
„Ich las neulich, daß in Deutschland […] ein geistliches Gremium meinem Lebenswerk jede
Christlichkeit abgesprochen habe. Das ist schon Größeren geschehen, es weckt allerlei
Erinnerungen. Aber für den eigenen Fall habe ich besondere Zweifel, – die sich weniger auf den
Inhalt meiner Schriften als auf den Impuls beziehen, dem sie ihr Dasein verdanken. Wenn es
christlich ist, das Leben, sein eigenes Leben, als eine Schuld, Verschuldung, Schuldigkeit zu
empfinden, als den Gegenstand religiösen Unbehagens, als etwas, das dringend der
Gutmachung, Rettung und Rechtfertigung bedarf, – dann haben jene Theologen mit ihrer
Aufstellung, ich sei der Typus des a-christlichen Schriftstellers, nicht so ganz recht.
Denn selten wohl ist die Hervorbringung eines Lebens – auch wenn sie spielerisch, skeptisch,
artistisch und humoristisch schien – so ganz und gar, vom Anfang bis zum sich nähernden
Ende, eben diesem bangen Bedürfnis nach Gutmachung, Reinigung und Rechtfertigung
entsprungen, wie mein persönlicher und so wenig vorbildlicher Versuch, die Kunst zu üben.
Vermutlich erachtet die Theologie die künstlerische Bemühung garnicht als ein
Rechtfertigungs- oder Erlösungsmittel, und vermutlich hat sie sogar recht damit. Man würde
sonst wohl mit mehr Genugtuung, mehr Beruhigung und Wohlgefallen auf das getane Werk
zurückblicken. In Wirklichkeit aber setzt der Prozeß der Schuldbegleichung, der – wie mir
scheinen will, religiöse – Drang nach Gutmachung des Lebens durch das Werk sich im Werke
selbst fort, denn da gibt es kein Rasten und kein Genüge, sondern jedes neue Unternehmen ist
der Versuch, für das vorige und alle vorigen aufzukommen, sie herauszuhauen und ihre
Unzulänglichkeit gutzumachen. …
Da wird … nur ein Trostgedanke bleiben: der an
die Gnade, diese souveränste Macht, deren Nähe
man im Leben schon manchmal staunend
empfand, und bei der allein es steht, das
Schuldig-gebliebene als beglichen anzurechnen. –
“
1960er Jahre
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1. 1968 – Vor. und Nachgeschichte
Begriffe:
Vietnam
Bürgerrechtsbewegung
Hippiebewegung
Studentenrevolte: gegen die Atomwaffenausrüstung Deutschlands. Beginn 68 in Paris.
RAF (Rote Armee Fraktion): „Deutscher Herbst“ 1977 – Panisches Fahndungsklima in
Deutschland
In Österreich verspätet und weniger drastisch.
Der Wiener Aktioniostmus protestierte mit drastischen Mitteln gegen das Regime
(Kotze...)
1971 wurde die Interessensgemeinsschaft der Autoren (IGAutoren) etc gegründet.
2. Literarische Vorgeschichte von 1968
das kritische Volksstück – richtete sich ans Volk
Literatur der Arbeitswelt/Gruppe 61 (waren gegen die Gruppe 47)
die Sozialreportage – mit Enthüllungsjournalist: Günter Wallraff
1960er Jahre
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3. Das literarische 1968: „Tod der Literatur“?
im Laufe der 60er Jahre engagierte sich Literatur immer stärker sozial – die Frage war, welche Rolle
spielt die Literatur – hat sie als bürgerliche Kunst abgedankt, oder lässt sie sich nicht
funktionalisieren? Enzensberger sagte: die Autoren müssen mit dem Bewusstseinswandel des Lesers
arbeiten (ist nicht für den Tod der Literatur)
4. Neue Subjektivität:
Das Jahrzehnt nach den 60ern brachte eine Desillusionierung – also eine „neue Innerlichkeit“ (= das
literarische Geschehen auf Selbsterfahrung, autobiographische Tendenz der Literatur)
5. Individuum und Geschichte:
Väterliteratur = wird oft vorgeworfen, der Gesellschaft den Rücken zu kehren – es waren
autobiographisch gefärbte Bücher der jüngeren Generation – nicht die Idylle von
Verwandtschaftsverhältnissen
6. Sprach und Ideologiekritik
Die Poesie setzte sich sehr wohl mit der Politik auseinander (Erich Fried mit seinen
Vietnamgedichten)
1960er Jahre
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Zweite Frauenbewegung – Frauenliteratur
die Frauenbewegung, die durch die Nazis zum Erliegen gekommen war,
erstand also wieder auf (1969 kam es zur politischen Formation) machten sich
stark für Gleichberechtigung, Abtreibung und Gehälter. Der umstrittene
Begriff „Frauenliteratur“ tritt auf (die Auseinandersetzung mit der
gesellschaftlichen Situation der Frau)
a) Frauenforschung etablierte sich, verschaffte den Frauen, die durch den
Literaturkanon gefallen waren, Geltung
.
Ingeborg Bachmann
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a) Lyrik der 60er Jahre
Bachmanns Schaffen lässt sich in 2 Perioden einteilen. Erhielt in den 70ern den Preis
der Gruppe 47 den Preis für ihr Werk: die gestundete Zeit. In den 60ern versiegte B.
lyrische Produktion – denn B. war gegen die atomare Aufrüstung und Frauen durften
zwar schreiben, jedoch keine politische Meinung haben.
b) Todesarten Projekt: B. wollte in ihrem Projekt Todesarten die verschiedenen
Morde im Alltag aufzeigen – geschildert wurde weibliches Leiden (die Zeitgenossen
waren gegen diese) Todesartenprojekt ist Textprozess, ein Verweben von Texten und
außerdem ein Prozess, der der Gesellschaft gemacht wird, gegenüber tagtäglich
ausgeübter Gewalt.
c)Rezeption
1. zeitgenössische negative Rezeption und die 2. sehr positive: Frauen, die von ihren
Männern verraten werden. In den 70er und 80er Jahren fand diese 2. Rezeption statt.
Der Fall Franza
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a)„Opfer“ Frau:
F. ist Opfer, weil sie todkrank ist
Klassische Symptome der Hysterie waren Sprachstörungen und unvollständige
Sätze (dies zeigt sich im Schreiben B. wider)
Der Fall Franza könnte als freudsche Deutung gelesen werden. Aber Franzas
Krankheit rührt nicht nur vom Unbewussten her – sondern vor allem von
ihrem Mann her, der sie verschwinden lassen will
b) Zeichen und Bedeutung
Der Roman arbeitet stets mit Zeichen (zb. Telegramm)
Undine geht (1961)
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ist eine Ich-Erzählunhg und erhebt den Anspruch eine autonome Stimme zu sein, sie ist ein Wasserwesen, das den
Männern die Liebe bringt aber sie ist auch der Untergang des Wassers, dass sie den Männern bringt (die Welle).
Die Kritik an diesem Mythos: Aneignung dieses Mythos - Aspekte:
1. die Kunstfigur der Undine erhält eine eigene Stimme
2. sie kann als Replik auf die kulturgeschichtliche Tradition gesehen werden ‐ sie enthüllt sich als Liebesverrat.
Bachmanns Undine wurde v.a. durch die Undine von Friedrich de la Motte Fouqué vertreten. Undine wird verstoßen
und übt Rache, sie erscheint als ungezogenes Geisterfräulein, dass sich entwickelt, sie ist ein Sehnsuchtsbild einer
unzivilisierten Natur. Auch Hans Christian Andersen hat dieses Element der Undine in seiner kleinen Meerjungfrau
aufgegriffen.
Der Name Hans, den Undine den Männern allgemein gibt, leitet sich her von dem Ritter Hans von Wittenstein, der so
bei Giraudoux heißt. Er vertritt den Typus des Menschenmannes (Zitat G.) Inntertextuell antwortet "Undine geht" von
Bachmann als ein Einspruch und gleichzeitig
Widerspruch.
Zitat Fouqué: einen schön geschmückten Ritter, der Undine eine menschliche Seele geben soll„ eine Seele aber kann
unseres gleichen aber nur bei Bachmann sind die Menschen Ungeheuer und Montsren
3. Bachmanns Text affirmiert die vorausgegangenen romantischen Konzepte, da Undine selbstständig ist
(=antibürgerliches Plädoyer, sie ist die vorzivilisatorische Lockung) diese Undine entspricht aber einem Gegensatz:
männlich ist zivilisiert. weiblich:emotional...
Undines Protest geht gegen den Männergeist (der sehr traurig ist und zu keinem Brauch bestimmt ist) sie sagt: denk,
du siehst zwar das andere aber.. dieser Anspruch ist jedoch utopisch, denn Sie beansprucht eine Fusion von
männlichen und weiblichen Merkmalen.
1970er Jahre
1980er Jahre
Krankheit oder Moderne Frauen 80er Jahre
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das ökologische Jahrzehnt: = es entstand ein Bewusstsein für die globale
Umweltverschmutzung ‐ Eklat Tschernobyl.
grüne Parteien
Neoliberalismus
die Ära der Ministerpäs. Thatcher (UK) u Reagon (USA). Im Westen entstanden
rechtsradikale Strömungen. Haider und Waldheimaffäre.
no future = geschichtliche Stagnation und Aussichtslosigkeit, keine Jobs etc.
posthistoire ist eine These und bedeutet wörtlich übersetzt: Nachgeschichte und besagt,
dass nur noch Informationen gesammelt werden, nichts neues passiert
Postmodernismus: jeder kann glauben was er will, keine gemeinsamen Übereinkünfte in
den Gesellschaften über Fortschritt... was in der Moderne noch Klage ist, wird in der
Postmoderne klar dargelegt, dass es sich immer schon um vorher erfundene und
produzierte Kunst handelt, also es wird kein Anspruch an Originalität gestellt, es wird
kopiert und montiert.
1. Lyrik - Ökologie und Geschichte:
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zu Kirschs Erdreich:
Titel: es geht um mehr als den Humus, sondern der menschliche Kontrast zur utopischen
Atmosphäre. die Raupe ist sowohl Tier, als auch Planierfahrzeug. Der Kuckuck gibt die Lebenszeit
an, die gebackenen Beete schildern die beeinträchtigte Natur. Der Garten des Vaters ist biblisch
gemeint und zeigt das Paradies Eden, der Engel erscheint hier als Schädlingsbekämpfer. 27
Rosenstöcke deuten auf Attribute der Madonna hin und müssen gerettet werden ‐ wenn das
Ungeziefer vergast wird, ist dies eine Anspielung auf den Holochaust. Celans Mandel‐Metapher im
letzten Absatz weist auf diese Situation der Juden hin. Walter Benjamin sagt über den Engel: der
Engel sieht eine einzige Katastrophe... =die Menschheitsgeschichte. Das was wir den Fortschritt
nennen, ist dieser Sturm. Die Natur wird bei Kirsch immer im Verhältnis zur Geschichte gezeigt.
Zu Dürs Grünbein: Was alles klar wird:
2. Dramatik - Heimat- und
Vergangenheitskritik
• Der Theatermacher und Heldenplatz
zeichnen sich aus durch in sich kreisende
Sätze, zeigen die
• Dummheit der Menschen.
3. Epik - postmoderne Erzählungen
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Krankheit oder moderne Frauen
a) Gattung:
Sprache wird inszeniert und diese vor allem über die Frau, sowohl Text als auch Nebentext sind
Diskursfragmente und Kunstzitate.
Das Drama ist also nicht in die klassische Dramenanalyse einzuordnen.
Grand Guidnol: Großes Kasperltheater, soll heißen, dieses Theater hat Schauerstücke in Paris
aufgeführt.
die Heidelandschaft ist eine Satire auf die Schauernatur.
gothic sitcom: 1. Szene, 2. Teil , denn durch die Anweisung wird eine Art Sitcom inszeniert. Emely
und Carmilla sind wie Goldengirls in Transilvanien. Außerdem unterhält sich Jelinek ironisch mit
den Regisseuren
Weibliches Doppelwesen wird inszeniert.
b) Figuren: Vampirismus
• Die Carmilla geht zurück auf Carmilla (erster Vampir in der Literatur)
• Emely kommt von dem Roman: Sturmhöhe und der Name Heidekliff
ist übersetzt von Heathkliff
• sind also literarische Zitate.
• Die Frau zeigt sich durch Reproduktionstätigkeit (also putzen...)
• Die Metapher der Mutterschaft zeigt Jelinek durch den Gynstuhl.
(Fesselmotiv) Die Mutter frisst
• außerdem die Kinder auf, sie saugt sie aus.
• Das Monster/Emely spottet der männlichen Natur
• Die Revolte der Frauen wird jedoch von den Männern niedergestürzt,
der Pfahl zeigt den Tod.
c) Sprache: Intertextualität:
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Die Texte kommunizieren nur durch sich selbst miteinander und sind zeitlos.
Die Zitate von Jelinek sind aus: Schillers: Das Lied von der Glocke (Der Samen will hinaus aus
seinem Häuschen (Jelninek)/Der Mann muss hinaus ins Leben und drinnen waltete die züchtige
Hausfrau(Schiller)
Rene Descartes: Cogito ergo sum = Ich bin krank daher bin ich (Carmilla), da sie eine Krankheit
braucht um sich existierend zu fühlen.
Bachmanns: Das Buch Franza (feministische Literaturwissenschaft)
Franza endet mit der Vergewaltigungsszene, Jelinek karikiert hier die Rolle des Psychiaters und dass
sich Emely des Diskurses durch plötzliches Verschwinden entzieht. Jelinks Texte könnten also nur
vorgegebene Diskurse zerhacken und entstellen. Aber Jelinek macht nicht beliebig alles wertlos, aber
sie richten sich als Satire, auch gegen diese Entwertung ‐ dies ist also kein postmoderner Effekt.
Der postmoderne Effekt besteht im ironischen und dem gleichzeitigen Lachen des Rezipienten, das
durch das komische Moment im Stück hervorgerufen wird.
Deutschsprachige Literatur in der
Schweiz nach 1945
Vom Experiment zur Identitätssuche
DADA
Entstanden unter dem Eindruck
des Ersten Weltkrieges;
In Zürich (1916-18) gründeten
H.Ball, R.Huelsenbeck, T.Tzara,
H.Arp u.a. das Cabaret Voltaire
- aus Protest gegen ästhetische
Wertmaßstäbe des
(Bildungs)bürgertums
provokative Antiprogramme mit
Geräuschkonzerten,
Lautgedichten, literarischen
Montagen; Zersetzung und
Neuzusammensetzung der
Sprache
Konkrete Poesie
ordnet die Textelemente nach
visuellen und/oder semantischen
Gesichtspunkten an, die die
kreative Mitarbeit des
Rezipienten fordern.
Inspiration: Dada
Eine Nebenform; akustische
Dichtung
Eugen Gomringer als
Theoretiker: Konstellationen,
Kurt Marti; Wiener Gruppe,
E.Jandl, H.Heissenbüttel,
Friederike Mayröcker, F.Mon.
Spezifika der deutschsprachigen
Literatur aus der Schweiz
Sprachliche Problematik: Deutsch als eine der vier
Amtssprachen und zugleich Fremdsprache
Thematische Problematik: fragliche Neutralität der
Schweiz im Zweiten Weltkrieg, Motiv der
Identitätssuche, Schuldfrage (Andorra, Biedermann
und die Brandstifter, Der Besuch der alten Dame)
Friedrich Dürrenmatt: Poetik
Konolfingen (bei Bern) 1921Neuenburg 1990; Studium der
Philosophie und Theologie
Thema: Frage der Schuld
Bevorzugte die Komödie als »die
einzig mögliche dramatische
Form, heute das Tragische
auszusagen«
Dramen, Kriminalromane und
Hörspiele; seine Helden haben
keine Illusionen über die
Veränderbarkeit der Welt
Friedrich Dürrenmatt: Werk
Dramen: Der Besuch der alten
Dame, 1956-Claire Zachanassian
als Rachegöttin; Die Physiker,
1962-Aufopferung für eine
verlorene Welt; Achterloo, 1983historische Allegorie: Walensa als
Hus, Jaruzelski als Napoleon
Kriminalromane: Infragestellung
der Täter/Opfer-Rollen: Der
Richter und sein Henker, 1952Kampf gegen das Böse mit
ungerechten Mitteln; Der
Verdacht, 1953
Max Frisch: Poetik
Zürich 1911-1991;
ursprünglich Architekt.
Seine Dramen sind vielfältig
in der Form (Farce, Moritat,
Komödie) und behandeln oft
gleichnishaft die jüngste
Vergangenheit.
In seinen Romanen geht er
der Frage der Schuld und der
Identität nach
Max Frisch: Werk
Dramen: Herr Biedermann und die
Brandstifter,1958-Typus des
Mitläufers; Andorra,1961Manipulierbarkeit einer Gesellschaft
am Beispiel des Antisemitismus
Romane: Identitätsfrage: Stiller,
1954-Neuanfang?; Homo faber,
1957-Mythos X Logik; Mein Name
sei Gantenbein, 1964-poetologisch;
Die Spätwerke - Erzählung
Montauk, 1975; Der Mensch
erscheint im Holozän,1979: Altersu. Todesbewusstsein.
Max Frisch: Biedermann und
die Brandstifter (1958)
• Genre und Aufbau: Burleske,
Lehrstück
• Burleske meint, eine derbe
Komödie mit kritischen und
karikativen Zügen. Das
• Anspruchsvolle mit dem
Menschlichen führt zum
Komischen.
• Der Typus des Protagonisten ist
eine Art Karikatur
• Der Chor erinnert an den Chor
der Antigone.
Max Frisch: Biedermann und
die Brandstifter (1958)
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Die Handlung – die überdeterminierte
Vorausdeutung schwebt ab der ersten Szene
mit (beim Anzünden der Zigarette
Biedermanns), dazu kommt es zur
immerwährenden Vorausdeutung.
Darüberhinaus, gibt es im Stück keine
Wendung und einen geradlinigen Verlauf –
der Klimax besitzt 0 Finalspannung.
Biedermann „dissimuliert“, da er vortäuscht,
er erkennt die Brandstifter nicht. Er leugnet
die Tatbestände stets. Er wirkt sogar noch
mit, sein Haus in eine Zündkapsel zu
verwandeln.
Max Frisch: Biedermann und
die Brandstifter (1958)
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Deutungen
1. Antifaschismus:
Max Frischs Auseinandersetzung mit dem NS – dies zeigt sich aus dem Tagebuch aus 1948, das als frühe Burleske gesehen
werden kann. Biedermann verschließt also die Augen vor dem Offensichtlichen und hilft somit, den Massenmord zu
gewährleisten.
2. Antikommunismus: Warnung der kommunistischen Unterwanderung (heute weitverbreitete Rezeptionsart)
Dies stellt eine Gegenthese zu 1. dar und bezieht sich auf den kalten Krieg. Max Frischs Stück könnte sich auf den
gegenwärtigen stalinistischen Staat beziehen. Der Unterschied zwischen 1 und 2 ist: dass der NS von einer angeblich
naturgegebenen Ungleichheit ausgeht, der Kommunismus hingegen von einer ungerechten Verteilung zwischen arm und
reich ausgeht. Der Dr. Phil. Distanziert sich erst im letzten Moment von der komm. Unterwanderung – und mit dem Dr. Phil
ist der Zuseher gemeint.
Lehrstück ohne Lehre – hat zum Brechtschen Lehrstück Bezug. Die heutige Lesart: Frisch warnt uns vor kommunistischer
Unterwanderung (so in
29 der BRD) in der DDR jedoch wurde es als Antifaschismus-Kritik gesehen. Wieso kommt es zu diesen 2 Lesarten? Frisch
sagt, die beiden Figuren sind eigentlich Verkörperungen von Angst und destruktiven Tendenzen.
3. Tiefenpsychologie
Die Antwort auf diese Frage und somit 3. Lesart bietet die Tiefenpsychologie: Hier wird Biedermann als Schuldiger gesehen
und die beiden Figuren verkörpern seine Angst, sein Verdrängen, seine Aggression.
Eine weitere Möglichkeit sieht der freudianische Ödipuskomplex vor: Schwächen der Argumentation von Vonmatz: die
Lesart bezieht sich nur auf Männer. Diese Interpretation nimmt jedoch dem Stück die Schärfe. Die Unprägnanz macht das
Stück zur idealen Nachkriegsliteratur, denn statt politischer Analyse wird zeitgenössische Verdrängung gezeigt.
Peter Bichsel
* Luzern 1935; Prosaautor und
Journalist; schlichte
Erzählungen: Eigentlich möchte
Frau Blum den Milchmann
kennenlernen (1964):
karikierende Geschichten aus
dem kleinbürgerlichen Alltag;
Kindergeschichten (1969),
Irgendwo anderswo (1986);
Kolumnen: Im Gegenteil (1990),
Gegen unseren Briefträger kann
man nichts machen (1995)
Peter Bichsel
* Luzern 1935; Prosaautor und
Journalist; schlichte
Erzählungen: Eigentlich möchte
Frau Blum den Milchmann
kennenlernen (1964):
karikierende Geschichten aus
dem kleinbürgerlichen Alltag;
Kindergeschichten (1969),
Irgendwo anderswo (1986);
Kolumnen: Im Gegenteil (1990),
Gegen unseren Briefträger kann
man nichts machen (1995)
Paul Nizon
*Bern 1929, lebt seit 1977 als
freier Schriftsteller in Paris;
variiert die Themen der inneren
Freiheit und der Selbstfindung:
Romane Canto (1963),
Untertauchen. Protokoll einer
Riese (1972), Das Jahr der
Liebe, (1981); Erzählungen: Im
Hause enden die Geschichten
(1971-expressionistischer
Umgang mit dem Raum), Im
Bauch des Wals. Caprichos
(1989), Hund. Beichte am
Mittag (1998).
Adolf Muschg
*Zollikon 1934; Prosaautor,
Dramatiker, Essayist u.
Literaturhistoriker; Themen:
Entfremdung, Sprachlosigkeit,
Schuld. Romane: Im Sommer
des Hasen: Japanroman
(1965); Albissers Grund:
psychoanal. Krimi (1974); Der
rote Ritter. Eine Geschichte
von Parzivâl (1993); auch
Ironie u. schwarzer Humor: O
mein Heimatland! 150
Versuche mit dem berühmten
Schweizer Echo, 1998.
Markus Werner
*Eschlikon 1944; seine Werke
zeichnen sich durch bittere
Ironie aus; variiert den Typus
des Antihelden, der den
Ausbruch aus der
Wohlstandsgesellschaft nicht
schafft; Romane: Zündels
Abgang (1984): verschollener
Lehrer; Die kalte Schulter:
tragische Liebesgeschichte
(1989); Bis bald (1992);
Festland: Bekenntnisse eines
Stiefvaters (1996)