"Gib Acht, auf wen du schießt", von Hans Domenego geht es um den

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Transcript "Gib Acht, auf wen du schießt", von Hans Domenego geht es um den

Seminar „Sachliches Schreiben“ (WS 08/09)
7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur
Seminar „Sachliches Schreiben“ (WS 08/09 - Holoubek)
7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Konrad Lorenz: Das so genannte Böse (1963; Textauszug)
"Nur durch Abschirmung unserer Gefühle gegen alle sinnfälligen Folgen unseres Tuns wird
es möglich, dass ein Mensch, der es kaum fertig brächte, einem Kind eine verdiente
Ohrfeige zu geben, es sehr wohl über sich bringen kann, den Auslöseknopf einer
Raketenwaffe oder einer Bombenabwurf-Vorrichtung zu betätigen und damit Hunderte von
liebenswerten Kindern einem grässlichen Flammentod zu überantworten. Gute, brave
Familienväter haben Bombenteppiche gelegt."
Schreiben Sie zu diesem Text eine Inhaltsangabe:
In dem vorliegenden Textauszug aus ‚Das so genannte Böse‘ von Konrad Lorenz geht es um ...
Beispiele:
1. In dem vorliegenden Textauszug aus ‚Das so genannte Böse‘ von Konrad Lorenz
geht es um den Versuch, der Frage nachzugehen, warum die Menschen - angeblich
vernünftige Wesen - sich so unvernünftig verhalten und sich gegenseitig töten.
2.
In dem vorliegenden Textauszug aus ‚Das so genannte Böse‘ von Konrad Lorenz
geht es um den gezielten, rhetorisch-polemisch vor keinem Stilmittel
zurückschreckenden und überdies schon im Titel sich ankündigenden Versuch, ein
bestimmtes Menschenbild beim Leser durchzusetzen, dessen Vorurteilscharakter
sich als verhaltensbiologisches Urteil tarnt.
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Als Regeln für die Inhaltsangabe werden oft genannt:
1.
2.
3.
4.
soll kürzer sein als Ausgangstext
soll nur das Wesentliche enthalten
soll sachlich geschrieben sein (ohne Ausschmückungen und wörtliche Rede)
soll im Präsens stehen
Keine dieser Regeln ist unproblematisch!
Im Folgenden daher: einige didaktische Probleme der Aufsatzform Inhaltsangabe…
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
… soll nur das Wesentliche enthalten
… soll sachlich geschrieben sein (ohne Ausschmückungen und wörtliche Rede)
Irrige Vorstellung, die hier implizit enthalten zu sein scheint:
Text = Inhalt + Form
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Inhaltsangabe = Text - Form
??
Was ist „das Wesentliche“ eines Textes?
Hier kann es die eine richtige Antwort
nicht geben! (Vgl. Rezeptionsästhetik;
W. Iser: „Der implizite Leser“;
der Leser als Co-Autor!)
Eine Entscheidung darüber,
was das Wesentliche“ eines Textes ist,
ist immer auch eine Deutung.
Ein qualitativ guter Text zeichnet sich unter
andrem ja gerade dadurch aus, dass
nichts „überflüssig“ ist!
Gerade Details (wie etwas gesagt wird,
welche Stimmung herrscht etc.) machen
einen guten Text aus und sind das, wofür
im LU der Blick geschärft werden soll!
Es geht also nicht darum, „Unwichtiges“ wegzulassen, sondern darum, die Funktion entsprechender
Elemente anzugeben und explizit zu machen:
d.h. z.B.: ein Junge wird als „schüchtern“, ein Mann als „Betrüger“, ein Motiv als „Ehrgeiz“ gedeutet!
Das ist schwierig und erfordert wieder eine
Deutung!
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Daher kann eine Inhaltsangabe mitunter
sogar länger sein als die Vorlage!
Welche Funktion hat die Inhaltsangabe?
Fritzsche (1994, 148ff.) unterscheidet 3 Spielarten / Verwendungsweisen nach ihrer Funktion:
Argumentative Inhaltsangabe
Informierende Inhaltsangabe
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appellierende / wertende
Inhaltsangabe
Argumentative
Inhaltsangabe
vgl. auch Abraham 2006:
Inhaltsangabe = ein den Ausgangstext
klärendes Schreiben
Beginnt mit dem Resultat in
Form einer Behauptung
(„In der Geschichte … von …
geht es um…“),
der Rest ist Begründung
nötige Teilkompetenzen für Inhaltsangabe:
Interpretation!
• Lesekompetenz: (Re)konstruktion von
Textbedeutung (= Deutung / Interpretation)
• Schreibkompetenz: absichtsgeleitete
Reformulierung des Originals
Ziel: besseres
Textverständnis; zwingt zum
Nachdenken über
Gelesenes, da abstrakter als
Nacherzählung
Für das Textverständnis wäre es richtig, die
Inhaltsangabe als Zwischenstation bzw. als
Ausgangstext anzusehen, über den dann die
Verständigung (im Dialog) über den Textsinn
erfolgen kann)
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Informierende
Inhaltsangabe
Vorteil:
Funktion (scheinbarer) klarer;
Leser und dessen Interesse
vorstellbar;
z. B. Einträge in
Literaturlexika
aber:
zwingt noch mehr als die
argumentierende
Inhaltsangabe zu Distanz;
erzwingt eine distanzierende
Lesart; verdirbt Lesefreude;
und:
Funktion mag bei längeren
Romanen einleuchtend sein;
bei Kurzgeschichten dürfte
die Inhaltsangabe bei
gleicher Relation aber nicht
länger als ein Satz sein!
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
appellierende / wertende
Inhaltsangabe
Vorteil:
Funktion (scheinbarer) klarer;
Leser und dessen Interesse
vorstellbar;
z. B. Klappentext /
Buchempfehlung / Rezension
aber:
zu oben genannten
Schwierigkeiten kommt die
Aufgabe, werbestrategisch
sinnvoll auszuwählen und
wegzulassen
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Zusammenfassung:
• Die Inhaltsangabe ist immer schon Interpretation (auch bei Sachtexten, umso mehr bei
poetischen Texten)
• Bestimmte stilistische „Zusatzhandlungen“ sind Teil des Inhalts! (Wer z.B. Ironie oder
Übertreibung in einem Text nicht erkennt, hat den „Inhalt“ des Textes nicht verstanden!)
• Inhaltsangabe erfordert:
Textverständnis (=Inhalts- und Stilverständnis)
+ Interpretation
+ Distanzierung / "Objektivierung"
+ Abstrahierung
+ Stiltransfer
Lesekompetenz
Schreibkompetenz
Das Schreiben einer Inhaltsangabe ist schwieriger, als man denkt!
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
Didaktische Konsequenzen:
• Integratives Vorgehen! Verortung im Kontext „Umgang mit Texten“ / Literaturunterricht!
• Zunächst andere (einfachere) Formen der Textwiedergabe einüben!
 Paraphrasierung (zur Sicherung des Textverständnisses)
 Stilübungen
 Precis
 Aufwertung / Abwertung
• Zerlegung in Einzelschritte!
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
1. Formuliere das Wesentliche des Briefinhalts in einem Satz!
Hannover, 5. Juli
Hallo Nicole!
Lange nichts von dir gehört! Hast du nicht gemerkt, dass ich jeden Tag
sieben Mal an dich denke? (Ich will mich schämen, wenn’s nicht stimmt)
Es wird also höchste Zeit, dass wir wieder einmal die Nächte durchquasseln.
Du hast es schon erraten: Ich komme bald und zwar am nächsten
Wochenende.
Deine Eltern werden doch nichts dagegen haben?!!
Bis bald. Tschüß!
Anja
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2. Formuliere die zwei wichtigsten Informationen!
Salzgitter, 6. Juli
Hallo Anja!
Einfach riesig, dass du mich besuchst!
Und ob du kommen kannst, das ganze Haus gehört uns, meine Eltern fahren am
Wochenende zu Bekannten in den Schwarzwald. Wir lassen eine tolle Party steigen
und laden ein paar gute Typen ein, die du eigentlich kennen müsstest.
Ich zähle die Stunden bis du kommst.
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
3. Fasse dieses Telefonat knapp zusammen!
Tanja
Tommy
Tanja
Tommy
Tanja
Tommy
Tanja
Tommy
Tanja
Tommy
Tanja
Tommy
Tanja
Hallo, Tommy, hier ist Tanja!
Ah, Tanja, du bist es! Wie geht’s dir so ?
Gut - wenn die Schule nicht wäre!
Wieso? Hat’s Ärger gegeben?
Ach, du weißt ja: Mathe! Wenn ich diesmal nicht aufpasse, krieg ich die Kurve nicht. Wir
haben zur Zeit Gleichungen mit zwei Unbekannten, das kapier’ ich einfach nicht.
Gleichungen mit zwei Unbekannten, da bin ich groß, das kann ich dir erklären.
Toll!
Komm doch einfach bei mir vorbei.
Wann denn?
Heute Nachmittag, ich würde sagen, so um fünf.
Mensch Tommy, du bist Klasse, das find’ ich echt nett von dir.
War ich nicht schon immer ein dufter Typ? Aso bis später. Tschüß!
Tschüß!
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4. Formuliere die Einleitung zu dieser Inhaltsangabe zu „Die Möhre“ von Peter Härtling:
Otto ist mit seiner Mutter und seinen Geschwistern auf der Flucht. In seinem Dorf findet die
Familie notdürftig Unterkunft. Die Erwachsenen (weniger die Kinder) erleben angstvoll den
Einmarsch der russischen Armee. Die Menschen werden von Hunger gequält. Allerdings ist
das Schicksal, hungern zu müssen, recht ungleich verteilt. Manche Leute besitzen Gärten
und können sich Vorräte halten. So auch der Besitzer des Hauses, in dem Otto mit seiner
Familie wohnt. An einem Abend, als russische Soldaten in diesem Haus ein Fest feiern,
schleicht sich der hungernde Junge in den Garten, um eine Möhre zu stehlen. Dabei wird er
vom Hausbesitzer ertappt und zutiefst gedemütigt. Der Hausherr gestattet ihm nicht einmal,
die Möhre zu essen.
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7. Sitzung: Die Inhaltsangabe
5. Überprüfe diese Einleitungen zur Inhaltsangabe zu „Gib Acht auf wen du schießt“ von Hans Domenego:
1.
In der Erzählung von Hans Domengo geht es um einen jungen Mann, der nach Weststadt kommt
und Quartier im Haus des Konsuls nimmt.
2. Daniel schießt mit einem Schreckschussgewehr auf einen unbeliebten Mann der Stadt, der sich
dann bewusstlos stellt.
3. Die Erzählung von Hans Domenego beschreibt ein Ereignis, indem ein junger Mann, der als
Fremder in eine Stadt zieht, aufgrund seiner anderen Lebensauffassung von den Ortsansässigen
von Anfang an abgelehnt wird.
4. In der Erzählung "Gib Acht auf wen du schießt," geht es um einen Mann, der nach Weststadt
kommt und in das Haus des Konsuls zog, doch die Leute in Weststadt konnten ihn wegen seines
Aussehens und seines Verhaltens nicht leiden.
5. In der Erzählung geht es um einen Mann, der einem Jungen klar machen will, dass man mit einem
Gewehr nicht auf Menschen schießt.
6. In der Erzählung "gib acht, auf wen du schießt" von Hans Domenego geht es um einen Mann, der
sich einen bösen Scherz erlaubt.
7. In der Erzählung "Gib Acht, auf wen du schießt", von Hans Domenego geht es um den
siebenjährigen Daniel, der mit seinem Spielzeuggewehr auf einen jungen Mann, der von den
anderen Weststädtern nicht akzeptiert wird, schießt.
8. In dieser Erzählung "Gib acht auf wen du schießt von Hans Domenego geht es um einen jungen
Mann, der in der Weststadt in das Haus des Konsuls einzieht und von den ganzen Menschen
verachtet wird, auch weil er mit dem 7-jährigen Daniel spielen wollte, doch die Bewohner finden das
nicht und der junge Mann denkt, dass man kleine Kinder nicht mit Gewehren spielen lässt.
9. In der Erzählung "Gib Acht, auf wen du schießt" von Hans Domenego geht es um ein Kind namens
Daniel, das mit einem Spielzeuggewehr auf einen Mann schießt, der sich danach tot stellt.
10. In der Geschichte "Gieb acht auf wen du schießt" von H. Domenego geht es um einen Mann, der
auf eine besondere Weise zu zeigen versucht, dass Gewehre keine guten Spielzeuge sind.
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Stiltransfer!
Erzählung
Inhaltsangabe
Unterhaltung, Belehrung ...
Intention
Information
(meist) Vergangenheit
(es geht um ein Geschehen, das
abgeschlossen ist)
Zeitstufe
Gegenwart
(es geht um den Text, der jetzt vor
uns liegt)
(oft) Nähe, Eingebundenheit,
emotionale Färbung und / oder
Kommentierung des Geschehens
durch den Erzähler
Haltung zum Geschehen /
Perspektive
sachliche Distanz / Neutralität;
emotionslose und unkommentierte
Wiedergabe des Geschehens
(kein Ich!)
(oft) ausführlich, anschaulich,
Spannung erzeugende Elemente
(„Plötzlich ...“; wörtliche Rede; ...);
(oft) umgangssprachliche Elemente
Stil
knapp, nüchtern, sachlich;
Standard- bzw. Hochsprache;
indirekte Rede
Darstellung lebt oft von detaillierter
Beschreibung und
Stimmungserzeugung
(„konkret“)
Darstellung
Darstellung erfasst die
Handlungsschritte und deren
Abhängigkeit voneinander sowie die
Bedeutung von beschreibenden
Passagen („abstrakt“)
(manchmal) sprunghaft: Einstieg „in
medias res“; Rückblenden; Vorgriffe
etc.
Reihenfolge der
Handlungsschritte
Rekonstruktion der chronologischen
Reihenfolge
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Milena Moser: „Mein vierter Mord“
Strukturskizze
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Kurt Marti: „Neapel sehen“
Strukturskizze
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