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Entwicklungsperspektiven der
neuen Seenreviere
Professor Dr. Heiner Haass
Forschungsgruppe Wassersport/Wassertourismus
Hochschule Anhalt (FH)
Hochschule für angewandte Wissenschaften
Wie kann die Entwicklung der Mitteldeutschen
Seen aussehen?
Inhalt:
• Aspekte der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung
• Naherholung vs. Tourismus
• Der europäische Blick: Gibt es ähnliches in Europa?
• Wie soll investiert werden?
• Welches sind die TOP-Investitionsbranchen?
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Wo liegen die neuen Seenreviere?
Hauptregionen:
• Leipziger
Neuseenland
• Lausitzer Seenland
Kleinere
Seeregionen:
• Harzes Seeland
• Erlebniswelt
Goitzsche
Flussregionen:
• Elbe
• Saale
• Mulde, Spree
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Aspekte der Siedlungs- und
Verkehrsentwicklung
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Der mitteldeutsche Raum hat eine tief greifende Funktionswandlung durchlaufen
•
Einst Agrardörfer, dann Tagebaue, jetzt „Tourismusorte“ Wandlungen innerhalb von
80 Jahren kaum möglich.
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Folgen für die Siedlungs-/Ortsstrukturen, für die Gestaltungen und für die
Verkehrsentwicklung sind gewaltig
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Wie gehen die Bewohner der Region mit der Wandlung um? Die Identität des
Industriearbeiters ist aufgebrochen. Existiert die Bereitschaft zum touristischen
Dienstleister? Kann man diese erzwingen? (→ Forschungsbedarf!)
•
Der aktuelle Wandlungsprozess ist bereits ein Teil des touristischen Geschäftes. Ist
dieses ausreichend attraktiv, um Gäste anzuziehen?
(→ Forschungsbedarf!)
•
Das aktuelle touristische Geschäft verläuft eher schleppend. Woran liegt das? Die
eigentliche Einmaligkeit der Region und der Entwicklung müssten doch viele
Neugierige anziehen; es ist zu fragen was hier bremst! (→ Forschungsbedarf!)
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Wo stehen wir aktuell in der Entwicklung?
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„eher am Anfang als mittendrin !“
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Einzelne Seen in der Nutzung
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Einige im Bau
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Einige in der Planung
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Einzelne in der Konzeption
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Anschein nach eher zufälligen Erfolgen/Misserfolgen
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Kaum Grundlagen/Vernetzungen/Vergleiche vorhanden
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FuE-Arbeiten nur sehr gering, aber dringend erforderlich!
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Keine produktiven Partnerschaften existent
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Unbekannte Zielvorgaben/-vorstellungen
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Oftmals überzogene Zielvorstellungen und Wünsche an die Entwicklung
•
Erwartungen an hohe Umsatzzahlen aus dem Tourismusgeschäft bleiben eher
unerfüllt
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Eine gesamtstrategische Grundlage ist nicht erkennbar!
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Naherholung vs. Tourismus
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Schrittweise Entwicklung ist sinnvoll; zuerst Naherholung, später Tourismus
Denken und Handeln in Generationenschritten
Vorrangig ist die Notwendigkeit der qualitätvollen Entwicklung der Naherholung
erkennbar. Abgemindert ca. 300T Einwohner aus der Region Leipzig als Potential
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (2004) zeigt:
Wassersportnutzungen nur auf Seen ab 30 ha Fläche sinnvoll
Befahren der Seen mit Verbrennungsmotoren sollte ausgeschlossen sein
Motorboote sollten Uferabstand von mind. 100 m einhalten
Kapazitäten der Seen beachten / ausschöpfen
Einmaligkeit der Entwicklung besser nutzen
geringere touristische Entwicklungsperspektiven (vgl. europ. Konkurrenzen);
Innovationstourismus, Konkurrenzen
Innovationstourismus im Wassersport als kurzfristige Perspektive
innovative FuE-Arbeit in Bootsentwicklung und -bau; Ansiedlung von Unternehmen;
Teststrecken, Sicherheitstrainings etc.
Regattabetrieb entwickeln; spezielle Trainingsformen, Themen „Sicherheit“ und
„Umwelt“
Wassersport publikumswirksam anbieten ( Matchraces, Training/Schulung, Alles
„zum Anfassen“)
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Der europäische Blick: Gibt es ähnliches in
Europa?
Einige exemplarische Vergleichsregionen:
Oberitalienische Seen
Natürliche Seenlandschaft mit traditionellem Tourismus
Lagegunst (Berge und Seen) und Klimagunst
→ Kaum vergleichbar
Alpenseen (Östereich und Schweiz)
Natürliche Seenlandschaften mit touristischem Teilsegment
→ kaum vergleichbar
Fränkisches Seenland
Künstliche Seenlandschaft (Wasserwirtschaft) mit vorwiegend Naherholung, begrenzter
Tourismus; kaum Funktionswandel in der Region
→ bedingt vergleichbar
Ville-Seen
Künstliche Seenlandschaft (Braunkohleabbau) mit vorwiegend Naherholung, kein
Tourismus
Erhebliche Veränderung der Region und Identität
→ vergleichbar
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Der europäische Blick: Vergleich mit den VilleSeen
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40 Seen mit ca. 400 ha Fläche (0,4 bis 74 ha Größe)
Entstehung ab 30er Jahre, hauptsächlich 60er Jahre (→Langzeiterfahrungen!)
Rekultivierung und Braunkohleabbau sind vergleichbar
- Zunächst Ufer / Landschaft vegetationsfrei
- Vegetation und Erholung anfangs ohne Konzept, „wild“
- Zunehmender Freizeitdruck auf die Seen mit punktuellen Konzepten
- Problem ist Erhaltung der Wasserqualität auf viele Jahre
- Freizeitnutzung stellt sich größer ein als verträglich
•
Langzeiterfahrungen zeigen, dass die wirtschaftliche Nutzung nicht alles ist
- Kann in 50 – 60 Jahren nur noch funktionieren, wenn Wasser und Landschaft auch funktionieren
- Wichtigste Quintessenz eines Vergleiches:
- Langfristiges Entwicklungsziel ist erforderlich
- Teilschritte der Umsetzung
- Wasser und Landschaft sind existentielle Voraussetzungen
- Gesamtnutzungskonzept und –zusammenhänge berückrücksichtigen
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Der europäische Blick: Sind Vergleiche
möglich und sinnvoll?
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Vergleiche sind immer risikoreich, da jede Situation ihre eigene Individualität hat.
Diese ist nicht übertragbar!
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Ein großer Fehler wäre Strukturen zu übertragen und nachzuahmen.
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Vergleiche sollten lehrreich und hilfreich sein. D.h. nicht kopieren, sondern
interpretieren!
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ggf. aus Fehlern lernen und Erfahrungen aufgreifen und analysieren (vgl. Ville-Seen)
•
Vergleichsregionen zu Partnern machen! (Strukturen, Organisationen,
Effekte/Nutzen, Marketing etc.)
•
Partnerschaften gemeinsam vermarkten und gemeinsame Stärken suchen und
entwickeln. Gegenseitiger Profit
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Wie soll in den Seenregionen investiert
werden?
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Schrittfolge: 1. Naherholung - 2. Tourismus
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Erst später touristische Investitionen suchen; diese auf Basis der ersten Erfolge aus
Naherholung entwickeln; Imagevorschuss, Innovationsvorschuss,
Attraktivitätsvorschuss
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Verbindungen und Gemeinsamkeiten beider Bereiche suchen (z.B. Gastronomie und
Wassersport)
•
Schlüsselrolle der Gastronomie in Naherholung und Tourismus erkennen.
Gastronomie mit thematischem und funktionalem Bezug zum Wasser suchen.
Ganzjähriger Betrieb.
•
Innovative Naherholungsmodelle entwickeln (z.B. Verein als Dienstleister, neue
Vereinsmodelle, offener Verein etc)
•
Als erstes vorwiegend Branchen der Naherholung entwickeln. Das bedeutet
geringere Investitionen und kurzfristigere Erfolge
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Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Investitionen in Naherholung sind die Basis
für Folgeinvestitionen
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Bsp. 1. Jahr
Bootsverleih im Nebenerwerb
(Invest ca. 30 T €) 10 Ruderboote als Familienbetrieb
3. Jahr
Erweiterung um Kiosk;
(Invest ca. 20 T €) 1 Saisonkraft
5. Jahr
Erweiterung um Sportbootschule
(Invest ca. 25 T €) 2 Saisonkräfte
ca. 8. - 10. Jahr
Umwandlung in Vollexistenz mit Bootsservice, Reparaturbetrieb, Verkauf, Marina. 3 5 Vollzeitkräfte
Dieses ist in allen tourist. Branchen wie Gastronomie, Wassersport etc. möglich
Return muss innerhalb des 1. Jahres messbar sein (Naherholer kommen sofort oder
gar nicht!)
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Einige Beispiele für Seen/Standortempfehlungen in der Region Leipzig
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Werbeliner See: Badesee und begrenzte Bootsnutzung
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Schladitzer See: ruhige landschaftsbezogene Erholung
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Kulkwitzer See: intensive Erholungsnutzung
•
Ammelshainer/Naunhofer See: Natursee, Angelsee
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Hainer See: intensive Erholungsnutzung
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Groitzscher See: intensive Erholungsnutzung
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Bockwitzer See: Naherholung, Baden
•
Haselbacher See: intensive Erholung, Baden, Bootssport, Wasserski
•
Cospudener See: intensive Erholung, Bootssport
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Flüsse in der Region:intensive Erholungsnutzung
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Vorhandene Seen nochmals auf ihre Nutzungen überprüfen (Controlling)
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Quelle: Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Wassertourismus der Region Leipzig, 2004
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Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Welche Verträglichkeiten müssen beachtet
werden?
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Es muss nicht alles an jedem See sein!
Die richtige regionale Verteilung der Angebote und Spezialisierungen der Seen ist
wichtig. Keine Universalrezepte für Seen möglich!
•
Nicht jeder See eignet sich für alles!
Vorgaben und Bedingungen der einzelnen Seen beachten (Naturseen, Angelseen, →
Badeseen, Segelseen, Tauchseen, Modellbootseen, Wohnseen, eventseen etc)
•
Kapazitätsgrenzen und Verträglichkeiten einzelner Seen beachten!
Seen können über - oder untergenutzt sein. Wichtig sind Bootsarten, -größen und dichte. S. Beispiel Leipziger Seen
•
Keine Seekonkurrenzen schaffen. Besser sind Austausch/Vernetzungen der Seen
untereinander. Kooperationen, Diversifikationen etc
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Motorboote auf Binnenseen – ein Novum! In Deutschland sind Motorboote auf
Binnenseen generell nicht erlaubt. Man könnte dieses noch einmal hinterfragen
(→ Forschungsbedarf) und ggf. eine Alleinstellung schaffen. Langfristige Wirkungen,
Risiken.
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Thema „Kultur“ kann wichtig für die Alleinstellung einzelner Seen werden. Seebühnen
für Aufführungen. Themensuche wie Bach, Händel, Schiller etc.
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Beispiel: Nautische Kapazitätsberechnungen
Leipziger Seen
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Beispiel: Nautische Kapazitätsberechnungen
Leipziger Seen
Beispiel: tatsächliche Belegung (2004)
Cospudener See
Kulkwitzer See
IST
SOLL
zugelassen
max. 200 Boote
1.128 Boote
60 Boote
504 Boote
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Welches sind die TOP-Investitionsbranchen?
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Als besonders aussichtsreich und zukunftsträchtig erscheinen Branchen/Angebote,
die sowohl für Freizeit/Naherholung wie auch für Tourismus geeignet sind.
Inhaltlich dreht sich alles um das Wasser. Attraktivität des Wassers und der Trend
zum Bootssport sollten die Grundlagen sein.
6 TOP-Investitionsbranchen erkennbar:
1. innovativer Bootsbau (FuE) und -verkauf (Teststrecken, Kauf zum Anfassen)
2. innovativer Bootsservice
3. maritimer Einzelhandel (indoor, outdoor)
4. touristische Dienstleistung
5. maritime Dienstleistung (Schulung, Sicherheit, Regatten etc)
6. Immobilienmarkt am Wasser
Die Alleinstellung ist wichtig aus völlig neuartigen, innovativen und unkonventionellen
Angeboten (z.B. Leipzigboot, Gläserne Werft, maritimer Freizeitpark o.ä.)
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Investititonsgrundlagen Leipziger Region /
Seen
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Geschätzter Investitionsbedarf für die Region Leipzig ca. 75 Mio. €,
öffentlich/gewerblich
Ansiedlung von 80 – 100 Betrieben unterschiedlicher Branchen
Ziel sind ca. 270 direkte Arbeitsplätze, ca. 1.900 indirekte Arbeitsplätze
(Bauhandwerk/Bootsbau/Service/Reparatur/Versorgung/EZH/Bekleidung/Elektronik/Z
ubehör/Gastronomie/Transport/ÖPNV/Management/Verwaltung/Dienstleistung/Campi
ng/Souveniers etc)
Geschätzter Jahresumsatz an den Leipziger Seen bei ca. 1,8 Mio. € - Kosten ca. 1,2
Mio. €
Jahresroherträge nur sehr begrenzt!
Effekte an den Flüssen ähnlich
Quelle: Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Wassertourismus in der Region Leipzig,
2004
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere
Investititonsgrundlagen Leipziger Region /
Seen
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Gross-Investitionen (> 1 Mio. €) wie Hotels, Restaurants, Marinas, Bootsbetriebe etc.
mit 30 % öffentlicher Förderung nur punktuell erforderlich/sinnvoll durch
Gewerbe/Kommunen zu realisieren.
Mittlere Investitionen (< 1 Mio. €) wie Gastronomie, Bootsbetriebe, Dienstleistung etc.
durch Private und Gewerbe zu realisieren
Kleine Investitionen (< 200 T €) wie Bootsverleih, Kiosk, Bootsschule, etc. „Rückgrat“
der Infrastruktur als Nebenerwerb möglich; Saisonbetriebe; durch Private/Vereine zu
realisieren
Professor Dr. Heiner Haass
Entwicklungsperspektiven der neuen Seenreviere