TTIP - Bündnis 90/Die Grünen Kreis Harburg Land

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Transcript TTIP - Bündnis 90/Die Grünen Kreis Harburg Land

TTIP –
Transatlantic
Trade and
Investment
Partnership
Folgen für Landwirtschaft,
Energiepolitik, Verbraucherschutz und
Kultur
Miriam Staudte, MdL
verbraucherschutzpolitische Sprecherin der grünen
Landtagsfraktion
Gliederung
1) Was ist das TTIP? (Was ist Ceta?)
2) Exkurs: Handelshemmnisse
3) Wer ist beteiligt?
4) Wachstumsprognosen?
5) Investor-Staats-Klagen
6) Landwirtschaft
7) Verbraucherschutz
8) Energie
9) Kultur
10) Grüne Beschlusslage
11)Was kann man tun?
Was ist das TTIP?
Bilaterales Freihandelsabkommen
zwischen der EU und den USA
Verhandlungen laufen seit Juli 2013
Verhandlungen hinter verschlossenen
Türen
Ziele der Befürworter: Wachstum,
Arbeitsplätze, Wohlstand
Abbau von tarifären und nichttarifären
Handelshemmnissen zwischen der EU
und den USA
Folgen?
Was ist CETA?
Geplantes Freihandelsabkommen Kanada –EU
(Comprehensive Economic and Trade Agreement)
Ähnlich ACTA und TTIP
Exkurs „Handelshemmnisse“
 Tarifär
• Zölle
 Nicht-tarifär
• Kontingente (mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen)
• Ein- bzw. Ausfuhrverbote (z.B. Drogen, Waffen)
• regulatorische Vorschriften (technische Standards und Normen,
Gesundheits- oder Umweltschutzvorschriften, Verpackungs- und
Kennzeichnungs-vorschriften)
Wer ist beteiligt?
Wer verhandelt für die EU?
• Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission
 Unterstützt von TTIP-Beratungsgremium
 „berichtet“ Ausschuss für Handelspolitik
 Kein geregelter Zugang für ParlamentarierInnen, Zivilgesellschaft & Co
 Besonders kritisch: Zugang der USA zu geheimen EU-Dokumenten(NSA)
• Vorbereitungsgruppe der EU: 130 Gesprächsrunden
 davon 119 mit Industrieverbänden und 11 mit VerbraucherInnengruppen
.
Demokratische Legitimation?
Lediglich durch streng geheimes Verhandlungsmandat des Rates
(Handelsministerrat), geleakt durch grüne MdEP: http://www.ttip-leak.eu/
Wachstumsprognosen
Kritik: Wachstumsversprechen sind politisch aufgebauscht
(vgl. ARD Monitor 2014)

Jagdish Bhagwati: Vielen Studien zugrunde gelegte Annahmen sind in
der Nähe reiner Meinungsäußerungen
Befürworter*innen berufen sich auf Studien, die nur
Wirtschaftswachstum pro Jahr für die gesamte EU berechnen

Export nach USA für Deutschland untergeordnete Rolle

0,05%
Investor-Staats-Klagen



ISDS = Investor-State Dispute Settlement
Unternehmen sollen Staaten verklagen können, wenn sie z.B. durch deren
Umwelt- und Sozialstandards Gewinneinbußen erwarten können
Schiedsgerichte sind privat und international
Urteile sind unanfechtbar
bindendes Recht wäre nur der ausgehandelte Vertragstext des TTIP

Unterschied Eigentumsbegriff Grundgesetz

Ursprung: Unsichere Staaten ohne Rechtssystem
Verhandlungsmöglichkeit auf EU-Kommission übergegangen (LissabonVertrag)

Investor-Staats-Klagen
Weltweit gibt es heute bereits ca. 3000 Investitionsschutzabkommen
Die Erfahrung zeigt:
Chilling effects
Meist sind frühere Konzernanwälte Richter
Beispiel: Vattenfall verklagt Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro
wegen des Atomausstiegs (vgl. Eberhardt 2013)
> Aushebeln des Rechtsstaates, Unterhöhlen der Demokratie
Investor-Staats-Klagen
„Eine transatlantische Verfassung der Konzerne“
(Eberhardt 2013)
TTIP Verhandlungen zu ISDS sind ausgesetzt
Online-Konsultationsverfahren der EU-Kommission
ABER: Online-Konsultation im Prinzip nur für Handelsjuristen verständlich
UND: In allen anderen Bereichen laufen die TTIP-Verhandlungen fleißig weiter
Investor-Staats-Klagen
„Ein solches Schlupfloch würde die Errungenschaften von
150 Jahren Arbeiterbewegung, hundert Jahren
Frauenbewegung und 50 Jahren Umweltbewegung mit
einem Federstrich zerstören.“
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD)
TTIP - Landwirtschaft
EU und USA: Sehr verschiedene Agrarsysteme, es stehen sich ungleiche Partner
gegenüber (vgl. Börnecke 2013, S. 20ff)
Betriebsgrößen:
•„Die Durchschnittsgröße der Betriebe in den USA liegt bei 180 Hektar, in der EU-28 bei
gerade 12“
•Beispiel Milchviehhaltung: USA = Mega-Mega Höfe mit 37.000 Tieren, meistens mehrere
Tausend, Durchschnitt in Deutschland: 50 Kühe pro Betrieb (Nds: 75)
Monopolisierung in den USA:
•„Zwei Prozent der US-Farmen stehen für die Hälfte der Erzeugung“
•Europa:
Vergleichsweise
bäuerliche
Landwirtschaft,
handwerklich
Nahrungsmittelproduktion
geprägte
Landwirtschaft
„Handelsbarrieren schützen lokale Märkte – und das ist auch gut so!“ (Benning
2013, S. 34f)
Regional verankerte Unternehmen brauchen politischen Schutz
UN-Weltagrarbericht 2008: Lokale Anbieter, meist
Kleinbauern, sind das Rückgrat der Welternährung
> Was ist mit TTIP zu erwarten?
Kleinbäuerinnen
und
Beispiel Saatgut
Annäherung der USA an die Agrarstruktur der EU durch TTIP?
Theoretisch gut, aber jüngste Gesetzesentwürfe der EU-Kommission kommen deutlich der
US-Agrarindustrie entgegen.
USA:
•Two-crop-system: Mais und Soja
•Fast alles Saatgut gehört Monsanto
1996 enthielten 2% der Monsanto-Sojabohnen patentierte Gene, 2008 über 90%!
•Übliches Vorgehen von Monsanto (vgl. Film „Food Inc.“, Perfect Meal)
•Folgen: Krass gestiegener Pestizidverbrauch, Resistenzen, Bodenerosion, Abhängigkeiten,
Verlust der Biodiversität und Agrobiodiversität
Europa:
•In Deutschland immerhin noch 100 Saatgutzuchtunternehmen
•Mai 2013: Die EU-Kommission legt einen Entwurf für eine neue europäische
Saatgutverordnung vor (vgl. Zukunftsstiftung Landwirtschaft 2013)
> Entgegenkommen gegenüber Monsanto
•März 2014: Das EU-Parlament stimmt mit großer Mehrheit gegen den Entwurf
Ausblick:
Landwirtschaft
• Aggressives Lobbying von Monsanto ist auch für TTIP-Verhandlungen
anzunehmen
• Der EU-Kommissionsentwurf zur Neureglung des Saatgutrechts wirft seine
Schatten voraus
• Zwei unterschiedliche Systeme treffen aufeinander
Beispiel NAFTA:
• Seit 1994 in Kraft,
• Kleinbauern in Mexiko müssen aufgeben,
• Millionen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gehen verloren
> Eine ähnliche Entwicklung ist für die EU-Landwirtschaft mit TTIP zu
erwarten
Fazit:
Landwirtschaft
Mit TTIP ...
... wird das Höfesterben in Europa beschleunigt
... werden die Chancen für eine sozial-ökologische,
multifunktionale Landwirtschaft in Europa minimiert
... erhalten Konzerne große Macht über
Nahrungsmittelsysteme in Europa
... werden die Menschen in Europa ihre
Ernährungssouveränität einbüßen
Verbraucherschutz
EU und USA: Grundverschiedene Auffassungen beim Verbraucherschutz
(vgl. Benning 2013, S. 31ff)
EU: Vorsorgeprinzip
USA: Gesetze erst, nachdem Schädlichkeit eines Produktes nachgewiesen ist
> Ethische oder kulturelle Aspekte spielen keine Rolle
Wir Grüne wollen eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, z.B. eine
europaweit vorgeschriebene Herkunftskennzeichnung von Fleisch und von Eiern
in verarbeiteten Produkten.
> Was ist mit TTIP zu erwarten?
Beispiel:
Klonfleisch
Wird TTIP die US-amerikanische Zivilgesellschaft bei ihren Bemühungen um höhere
Verbraucherschutzstandards unterstützen?
Theoretisch gut, aber jüngste Gesetzesentwürfe der EU-Kommission lassen eine
Absenkung europäischer Standards vermuten.
Beispiel: Klonfleisch
Große Probleme: Ethische Bedenken, Leiden der Tiere
USA:
•Patente auf Lebewesen sind zulässig
•Klonen zu Zwecken der Nahrungsmittelproduktion ist mittlerweile üblich
•Sperma, Embryonen sowie Milch und Fleisch von Klontieren und Nachkommen werden vermarktet
Europa:
•EU-Kommission legt Ende 2013 einen Gesetzesvorschlag zum Verbot des Klonens von Tieren zur
Nahrungsmittelproduktion vor
•dieser ist „windelweich“, Produkte von Nachkommen von Klontieren sollen in Europa vermarktet
werden dürfen
•EP-Vizepräsidentin Dagmar Roth-Behrendt wird durch die EU-Kommission gebeten, im Hinblick auf
TTIP zuzustimmen
•Der Umweltausschuss des EP lehnte den Gesetzesentwurf Anfang 2014 ab
Ausblick:
Verbraucherschutz
• Europäische Verbraucherschutzstandards sind eine wesentliche
Verhandlungsmasse für das TTIP, hier bestehen die größten
„Handelshemmnisse“ für US-Konzerne
• Diplomaten, die die TTIP-Verhandlungen führen, können fundamentale
Grundauffassungen zum Verbraucherschutz nicht einfach wegverhandeln
• Kennzeichnungspflichten werden aufgeweicht werden
Fazit:
Mit TTIP...
... droht eine Absenkung europäischer Verbraucherschutzstandards
... werden Bemühungen für mehr Transparenz und gegen Verbrauchertäuschung
konterkariert
... drohen Klonfleisch, Chlorhähnchen, GMO´s & Co europäischen
Verbraucher*innen untergejubelt zu werden
Themenbereich Energie- und Atompolitik
Energiepolitik
 Eine Klage gegen das Abschalten von Atomkraftwerken zeigt schon jetzt, wie
Investor-Staatsklagen künftig politische Entscheidungen in Frage stellen können
(Beispiel Vattenfall vs. BRD)
 In den USA sind die Fördermengen von Erdgas deutlich angestiegen, seit in den
Fördergebieten gefrackt wird. In Europa ist die Fracking-Technologie jedoch
umstritten. Die Grünen fordern strengere Umweltstandards für die Erdgasförderung
und ein Moratorium auf die Förderung unkonventioneller Gasvorkommen.
Wäre das mit TTIP noch umsetzbar?
 Sonnenenergie statt Atomkraft. Windparks statt Kohlekraft. Die
Energiewende mit EEG soll das Klima schützen und teure Energieimporte
überflüssig machen.
Doch ist die Förderung erneuerbarer Energien mit den Regeln von TTIP vereinbar?
Werden Umwelt- und Sozialstandards für ein
Freihandelsabkommen aufgeweicht, schrumpft der
Gestaltungsspielraum in der europäischen
Energiepolitik!
Kultur und Medien
Zentrale Fragen:
• Kann man Kultur nach ökonomischen Kriterien bewerten?
• Was bedeutet TTIP für die kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa?
Auswirkungen der TTIP sind zu befürchten in folgenden Bereichen:
 Buchhandel (Buchpreisbindung, ermäßigter Mehrwertsteuersatz für
gedruckte Bücher)
 Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter und Presseerzeugnisse
 Europäisches Urheberrecht
 Film- und Kulturförderung
Dank der tatkräftigen Gegenwehr Frankreichs wurde der audio-visuelle
Bereich als einziger aus den Verhandlungen ausgenommen – aber auch
diese Ausnahme steht auf unsicheren Füßen.
TTIP – Grüne Beschlusslage
BDK Oktober 2013 fordert, den Agrar- und Lebensmittelbereich aus dem TTIP
auszuklammern, auf die Gefahren in anderen Bereichen wird hingewiesen
BDK Februar 2014 fordert, die TTIP-Verhandlungen auszusetzen und mit einem
transparenten Verfahren und neuem Verhandlungsmandat neu zu starten
LDK Niedersachsen, Mai 2014 in Hameln:
•LDK-Leitantrag: keine Absenkung von Schutzstandards, keine GVOs
•Antrag GJN „Für eine faire und ökologische EU-Handelspolitik“: Stopp der Verhandlungen
TTIP
Wie positioniert sich rot-grün in Niedersachsen?
Entschließungsantrag im Landtag:
•Verzicht auf ISDS
•Keine Verschlechterung von Schutzstandards
•Erhalt der bäuerlichen Strukturen in Niedersachsen
•Verbesserte Transparenz und umfassende Beteiligung der Parlamente und der
Zivilgesellschaft
•Evaluation
•Möglichkeit der einseitigen Vertragskündigung
TTIP – Was kann man tun?
• Je größer der zivilgesellschaftliche Protest, desto größer die Chancen das
TTIP zu stoppen
> Beispiel ACTA-Proteste, MAI-Abkommen
• Information der Öffentlichkeit, Veranstaltungen organisieren
• Vernetzung der TTIP-Gegenbewegung: TTIP-Unfairhandelbar
• Mobilisierung zu Massenprotesten zu den Ja/Nein-Abstimmungen im EP und
im Bundesrat am Ende der Verhandlungen
• Unterstützung der BI „STOPP TTIP“
Aktuelle Situation STOP TTIP
15. 07.2014: die 47. Europäische Bürgerinitiative (EBI) hat ihren Antrag auf
Registrierung bei der Europäischen Kommission gestellt.
Die Initiative „Stop TTIP“ fordert die EU-Kommission auf, dem EU-Ministerrat
zu empfehlen, das Verhandlungsmandat über die Transatlantische
Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) aufzuheben und auch das
umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) nicht
abzuschließen. In Deutschland sind attac, Campact, Mehr Demokratie,
NABU, BUND, Umwelt Institut München usw. beteiligt. Insgesamt beteiligen
sich rund 120 Organisationen an der EBI. Die Europagruppe Grüne
unterstützt die EBA.
Veranstaltungen
30.08.2014: Grüne NRW-Konvent der LAGen, offen für
Grüne Mitglieder ebenso wie Nichtregierungsorganisationen & alle
Interessierten
Samstag, den 30. August 2014, von 10:30 bis 17:00 Uhr.
Wo: Christuskirche Bochum, An der Christuskirche
Um Anmeldung wird bis zum 30.07. per E-mail an [email protected] gebeten.
September 2014: Start der Unterschriftenaktion von STOP TTIP
1 Million Unterschriften werden benötigt! (aus insgesamt min. sieben Ländern)
Fernsehtipp
heute-show 02.05.2014
(Mediathek)
Miriam Staudte, MdL
Das war´s.
Danke für die Aufmerksamkeit!