Sozialwirtschaft

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Transcript Sozialwirtschaft

Michaela Neumayr
Abteilung für Nonprofit Management
Wirtschaftsuniversität Wien
[email protected]
Ökonomische Wirkungen der
Sozialwirtschaft in Österreich
Sozialwirtschaft als produktiver Wirtschaftsfaktor
Salzburg, 31. Jänner 2012
Sparen, sparen, sparen…
„Wie lange wird sich der Staat die Arbeit der
Sozialwirtschaft noch leisten können und wollen?“
 Welche wirtschaftliche Bedeutung hat die
Sozialwirtschaft in Österreich
 Wie haben sich die Sozialausgaben in den letzten
Jahren entwickelt
 Welche Beschäftigungs- und Konjunktureffekte gehen
von der Sozialwirtschaft aus
 Was lässt sich daraus folgern
SEITE 2
Sozialwirtschaft
 Organisierte Bereitstellung sozialer Dienstleistungen
 Schwer abgrenzbar: gewinnorientierte, öffentliche und
zivilgesellschaftliche Organisationen
 Überschneidung mit dem Nonprofit-Sektor (organisierte
Zivilgesellschaft)
 Der größte Teil des Nonprofit-Sektors ist im Sozial- und
Gesundheitsbereich tätig
 In Statistiken: meist nur Annäherungen
 Daten v.a. aus Berechnungen der ÖNACE ‚Dienstleistungen des
Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen‘
SEITE 3
Mutmaßung Nr. 1
„Die Sozialwirtschaft ist ökonomisch
irrelevant“
SEITE 4
Beitrag der Sozialwirtschaft
zur Wertschöpfung in Österreich
Sozialwirtschaft unter den 4 bedeutendsten ÖNACE - Sektoren die
zur Bruttowertschöpfung betragen
Grundstücks- und Wohnungswesen
24.51
9.5
Großhandel
18.99
7.3
Bauwesen (Hoch-, Tiefbau und sonstige)
17.71
6.8
Gesundheits- und Sozialwesen
6.3
Öffentliche Verwaltung
15.33
5.9
Erziehung und Unterricht
14.38
5.6
Beherbergung, Gastronomie
12.65
4.9
Einzelhandel
4.8
5.91
Energieversorgung
16.19
12.37
2.3
3.64
Metallerzeugung und Bearbeitung
1.4
3.1
Herstellung von Kraftwagen u.…
1.2
2.01
Interessensvertretungen und Vereine
0.8
0.36
Mineralölverarbeitung 0.1
0.0
SEITE 5
Quelle: Statistik Austria 2011a, VGR
5.0
in Mrd. Euro
in % an
Gesamtwertschöpfung
(=259 Mrd. Euro)
10.0
15.0
20.0
Bruttowertschöpfung in Mrd. Euro
25.0
30.0
Beitrag der Sozialwirtschaft zur
Beschäftigung in Österreich
 Handel: 15,3% aller
 Herstellung von Waren: 15,2% aller
 Gesundheits- und Sozialwesen: 9,4% aller
 Bau: 8,4% aller Beschäftigten in diesen Bereichen tätig
SEITE 6
Beschäftigte in
‚Soziale Dienstleistungen‘
Subbereiche
‚soziale
Dienstleistungen‘
Alten- und
Pflegeheime
Beschäftigte
absolut
Öffentlich
(in %)
NonProfit
(in %)
ForProfit
(in %)
28.887
56,6
28,5
14,9
7.237
20,1
54,2
25,7
Sozialwesen a.n.g.
34.042
12,6
77,4
10,0
Hauskrankenpflege
2.241
1,0
89,8
9,2
33.087
68,8
29,0
2,2
105.494
42,5
47,5
9,9
Sonstige Heime
Kindergärten
GESAMT
Quelle: Schneider/Trukeschitz (2005): Arbeitsstättenzählung 2001
SEITE 7
Sozialwirtschaft als wesentliche
Arbeitgeberin für Frauen
SEITE 8
Beitrag der Sozialwirtschaft
zur Beschäftigung in Salzburg
Einzelhandel
Erziehung und Unterricht
Beherberung
Großhandel
Bau
Gesundheitswesen
Gastronomie
Frauen
Heime
Männer
Sozialwesen
Herstellung Kraftwagen
0
2000
4000
6000
8000 10000 12000 14000 16000 18000 20000
 Insgesamt 230.718 unselbständig Beschäftigte (2010)
 Sozialwesen & Heime: 3,5%
SEITEGesundheitswesen:
5,9%
9
Irrglaube Nr. 2
„Die Sozialausgaben steigen so rasch, dass
sie bald nicht mehr finanzierbar sein
werden.“
Insgesamt ca. € 86,9 Mrd. (2010)
30,4% des BIP
SEITE 10
Entwicklung der Sozialquote
in Österreich
Quelle: Statistik Austria 2011: Sozialquoten
Berechnung gemäß ESSOSS
Entwicklung der Sozialquote,
des BIP und der Sozialausgaben
SEITE 12
Quelle: Statistik Austria 2011: Sozialquoten
Berechnung gemäß ESSOSS
Entwicklung der Sozialquoten
in Europa 1998 - 2009
40.0
1998
35.0
30.0
2000
2005
29.5
30.8
2008
25.0
2009
20.0
15.0
10.0
5.0
0.0
EU-Schnitt: EU-25 für 2000, EU-27 ab 2005
Finanzierung der Sozialausgaben
2010
Einnahmen
Arbeitgeberbeiträge
Arbeitnehmerbeiträge
Selbstständigenbeiträge
Pensionistenbeiträge
Allgemeine Steuermittel
Sonstige Einnahmen
Insgesamt
Mio. Euro
31.338
17.939
2.311
2.025
30.143
1.539
85.295
Anteil in %
36,7
21,0
2,7
2,4
35,3
1,8
100,0
1990 - 2010
Veränderung
Anteil
-2,6 %-P.
0,0 %-P.
0,6 %-P.
0,7 %-P.
0,7 %-P.
0,6 %-P.
-
- Hoher Anteil an Beitragsfinanzierung (in A, D, F, NL)
- Beiträge der AG nehmen eher ab, die der geschützten Personen eher
zu
Mutmaßung Nr. 3
„Die Sozialwirtschaft verursacht nur Kosten
und ist überhaupt nicht produktiv.“
SEITE 15
Multiplikatoreffekte
 Multiplikatoren geben an, wie sich die Erhöhung
der Nachfrage (nach einem bestimmten Gut, d.h.
in einem bestimmten Wirtschaftsbereich) um 1
Mio. Euro auf die gesamte Wirtschaftstätigkeit
auswirkt
 Sie bilden die Verflechtungen der einzelnen
Wirtschaftsbereiche ab
 Wertschöpfungsmultiplikator (welche Wertschöpfung wird direkt und indirekt ausgelöst)
 Beschäftigungsmultiplikator (wie viele
Arbeitsplätze werden gesamtwirtschaftlich
geschaffen)
SEITE 16
Wertschöpfungsmultiplikator
Die Erhöhung der Nachfrage nach ... um 1 Mio. Euro löst eine
Wertschöpfung von ... aus
Mineralölerzeugnisse
219,100
Kraftwagen- und Kraftwagenanteile
374,600
Energie/DL der Energieversorgung
618,500
Bauarbeiten
765,400
Einzelhandelsleistungen
916,000
882,600
877,100
791,100
913,700
872,400
873,000
870,300
917,100
Beherbergungs-und Gaststätten-DL
DL des Kredit- und Versicherungshilfswesens
Forschung- und Entwicklungsleistungen
DL der öff. Verwaltung, Verteidigung u.…
DL. d. Gesundheits-, Veterinär- u.…
DL v. Interessenvertretung u. Kirchen
Kultur-, Sport- und Unterhaltungs-DL
Sonstige Dienstleistungen
0
SEITE 17
Quelle: Statistik Austria 2011
100,000 200,000 300,000 400,000 500,000 600,000 700,000 800,000 900,000 1,000,000
Produktionsmultiplikator
Wird die Nachfrage nach DL des Gesundheits- und Sozialwesen im Wert von
1 Mio. € erhöht , wird dadurch eine Produktion von 1,69 Mio. € induziert
Mineralölerzeugnisse
2.74
Kraftwagen- und Kraftwagenanteile
3.26
3.42
Energie/DL der Energieversorgung
Bauarbeiten
2.29
Einzelhandelsleistungen
1.75
1.82
Beherbergungs-und Gaststätten-DL
DL des Kredit- und Versicherungshilfswesens
2.59
Forschung- und Entwicklungsleistungen
2.16
DL der öff. Verwaltung, Verteidigung u.…
1.58
1.69
1.85
1.84
1.61
DL. d. Gesundheits-, Veterinär- u.…
DL v. Interessenvertretung u. Kirchen
Kultur-, Sport- und Unterhaltungs-DL
Sonstige Dienstleistungen
SEITE 18
Quelle: Statistik Austria 2011
0.00
0.50
1.00
1.50
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
Beschäftigungsmultiplikator
SEITE 19
Quelle: Statistik Austria 2011
Multiplikator der
ArbeitnehmerInnenentgelte
Eine Erhöhung der Nachfrage nach DL des Gesundheits- und Sozialwesens
um 1 Mio. € induziert ArbeitnehmerInnenentgelte im Höhe von 621.000 €
Mineralölerzeugnisse
85,300
Kraftwagen- und Kraftwagenanteile
187,700
231,100
Energie/DL der Energieversorgung
Bauarbeiten
391,500
Einzelhandelsleistungen
498,900
401,900
450,400
Beherbergungs-und Gaststätten-DL
DL des Kredit- und Versicherungshilfswesens
Forschung- und Entwicklungsleistungen
688,000
659,800
621,300
571,900
DL der öff. Verwaltung, Verteidigung u.…
DL. d. Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesens
DL v. Interessenvertretung u. Kirchen
Kultur-, Sport- und Unterhaltungs-DL
432,800
447,300
Sonstige Dienstleistungen
SEITE 20
Quelle: Statistik Austria 2011
0
100,000
200,000
300,000
400,000
500,000
600,000
700,000
800,000
Warum also in die Sozialwirtschaft
investieren?
SEITE 21
Fazit
 Sozialwirtschaft ist wichtiger Wirtschaftsfaktor – sowohl
was Beitrag zum BIP als auch Anteil der Beschäftigten
betrifft
 Sozialausgaben sind in den letzten Jahren nicht
überproportional gestiegen
 Investitionen in Sozialwirtschaft schaffen viele Arbeitsplätze
– im Vergleich zu anderen Branchen hat Sozialwirtschaft
einen der höchsten Beschäftigungsmultiplikatoren
 Heimische Wertschöpfung der Sozialwirtschaft
vergleichsweise sehr hoch, weil wenige Vorleistungen
importiert werden
 Sozialwirtschaft erstellt professionelle Dienstleistungen,
deren Nachfrage wenig krisen- und konjunkturabhängig ist
SEITE 22
Herausforderungen &
Prognosen
 Bevölkerungsentwicklung: Anteil der älteren
Bevölkerung nimmt zu -> größerer Bedarf an
Gesundheits- und Sozialleistungen
 Höhere Arbeitslosenraten als Folge von
Wirtschafts- und Finanzkrise
 Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter
steigt bis 2020
 Bereitschaft von Frauen durch unbezahlte CareArbeit als ‚soziale Airbags‘ zu fungieren nimmt
vermutlich ab
SEITE 23
Der Ausbau
der Sozialwirtschaft...

... kurbelt das Wirtschaftswachstum an (Wertschöpfung)

... schafft im Vergleich zu anderen Bereichen eine hohe
Anzahl an Arbeitsplätzen (Beschäftigungsmultiplikator)

… hebt dadurch die Haushaltseinkommen, die Kaufkraft und
ggf. die Lohnsteuereinnahmen

... schafft auch in strukturschwachen Regionen Jobs

... ermöglicht es v.a. Frauen, sich von privaten
Pflegeverpflichtungen (für Kinder und pflegebedürftige
Angehörige) frei zu spielen (unbezahlte Care-Arbeit)

... ermöglicht vielen Menschen die gesellschaftliche
Teilhabe und hat damit eine stabilisierende Funktion

Sozialwirtschaft stellt zukunfts- und ausbaufähigen Bereich dar
SEITE 24
Fazit fürs Selbstverständnis
der Sozialwirtschaft
Sozialwirtschaft und darin beschäftigte Personen
können und sollen
 nicht als Bittsteller
 sondern als selbstbewusster Beschäftigungs- und
Konjunkturmotor auftreten und verhandeln
SEITE 25
Referenzen
 Dimmel, Nikolaus (2007): Sozialwirtschaft in der Sozialordnung. In: Das Recht Sozialwirtschaft. Hrsg.
Referenzen
Dimmel, Nikolaus. Neuer wissenschaftlicher Verlag. Wien, Graz.

Eurostat(2011): Europe in figures. Eurostat yearbook 2011. European Comission. Luxembourg:
Publications Office of the European Union.

Amt der Salzburger Landesregierung /AK Salzburg (2010): Unselbständig Beschäftigte nach
Regionen und Wirtschaftsbereichen. Salzburg.

Meyer, Michael, Leitner, Johannes (2006): Keine Gewinne, keine ökonomische Relevanz? Über die
wirtschaftliche Bedeutung der Nonprofit-Organisationen in Österreich. In Das Recht der Non-ProfitOrganisationen, Hrsg. Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht, 1-24. Wien: Linde.

Schenk, Martin (2009): Wann wenn nicht jetzt! Soziale Dienstleistungen als Konjunkturmotor. Pflege
und Kinderbetreuung stabilisieren die Wirtschaft und sorgen für Wachstum und sozialen Ausgleich, in:
Diakonie. Themen Nr. 152-3/09.

Schneider, Ulrike, Trukeschitz Birgit (2005): Definitionen und Dimensionierungen des ‚Sozialsektors‘
in Österreich. Institut für Sozialpolitik, WU. Wien.

Schneider, Ulrike. 2008. Dimensionen der Wertschöpfung durch Nonprofit-Organisationen. In In
Soziales investieren - Mehr Werte schaffen. ConSOzial 2007, Hrsg. Joachim König, Christian Oerthel,
Hans-Joachim Puch, 117-138. München: Allitera Verlag.

Statistik Austria (2011): Input-Output-Tabelle 2007, inklusive Aufkommens- und Verwendungstabelle,
Wien.

Statistik Austria (2011a): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1995 - 2010, Hauptergebnisse.
Wien.

Statistik Austria (2011b): Arbeitskräfteerhebung 2010. Ergebnisse des Mikrozensus. Wien.

Statistik Austria (2011c): Sozialschutz nach EU-Konzept. Finanzierung der Sozialausgaben.

Wendt, Wolf Rainer (2003): Sozialwirtschaft – eine Systematik. Nomos. Baden-Baden.
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