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Geburtshilfe
und feto-maternale
Medizin
ALLGEMEINES
KRANKENHAUS
DER STADT WIEN
Die menschliche Größe
„Forensische Aspekte“
Überlegungen eines
Sachverständigen
o. Univ.-Prof. Dr. Peter Husslein
Wien, 5. März 2011
ABTEILUNG FÜR
Geburtshilfe
und feto-maternale
Medizin
Zur strafrechtlichen Verurteilung (oder zur
Stattgebung einer zivilrechtlichen Klage) bedarf es:
• eines Schadens
• der Rechtswidrigkeit bzw. des Verschuldens
(Behandlungsfehler) und
• eines Kausalzusammenhangs zwischen
den beiden
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Die Frage der Kausalität ist oft die wichtigste
im Prozess.
Der SV muss die haftungsbegründende Kausalität des
Behandlungsfehlers mit einem
„für das praktische Leben brauchbaren Grad von
Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie
völlig auszuschließen“ bejahen können.
Während das Strafrecht einen Beweis
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
verlangt,
reicht im Zivilprozess eine
einfache Wahrscheinlichkeit aus.
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Jede ärztliche Maßnahme ist nur dann rechtsmäßig, wenn
der Patient seine Einwilligung gegeben hat.
Wirksam ist die Einwilligung nur, wenn der Patient weiß,
worin er einwilligt.
Versäumnisse bei der Risikoaufklärung führen
„grundsätzlich zur Unzulässigkeit der Behandlung“
und damit
„zur Haftung für ihr nachteiligen Folgen, auch wenn sie im
übrigen völlig fehlerfrei war“.
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Aufklärung ist ein Beitrag zum
Ausgleich des ungleichen
Machtverhältnisses zwischen Arzt und
Patienten und ein notwendiger Teil einer
korrekten Arzt/Patientenbeziehung, die
ein Dienstleistungsunternehmen wie die
moderne Medizin erfordert.
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Zunahme der Patientenautonomie
Der OGH geht in seinen Urteilen konsequent von der
Vorstellung aus, dass zwischen dem Wissensstand des
Arztes und dem eines Patienten/in ein starkes Gefälle
vorliegt, das über die Aufklärung weitgehend
auszugleichen ist.
Richtschnur der Aufklärung sollte sein, was ein
vernünftiger Arzt einem verständigen Patienten sagt,
damit dieser entscheiden kann, ob und wie er sich
behandeln lässt.
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Während den Behandlungsfehler der
Patient beweisen muss,
trägt die Beweislast für die
ordnungsgemäße Aufklärung der Arzt.
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Für den Fall der Verletzung der
Aufklärungspflicht trifft den Arzt die
Beweislast dafür, ob der Patient auch bei
ausreichender Aufklärung die
Zustimmung zur Operation erteilt hätte.
„Wenn ich das gewusst hätte,
hätte ich mir das nicht
machen lassen“....
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Sectioaufklärung
• Bei Basisrisiko Aufklärung über Behandlungsalternative Kaiserschnitt
nicht erforderlich.
• Wünscht die Schwangere eine solche Aufklärung, ist diese bei
fehlender medizinischer Indikation vorzunehmen (widrigenfalls man
auch bei lege artis Leitung der Geburt für potentielle Folgen einer
Bekannten – oder auch unerwarteten – Komplikation haftet).
• Liegt das Geburtsrisiko über dem „normalen Risiko einer Geburt“, ist
die Patientin über die Behandlungsalternative Sectio aufzuklären
(7 Ob 299/03 a – verkehrt rotierte Hinterhauptshaltung – Dammriss III.
Grades)
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Es ist nicht nachvollziehbar, warum ab Beginn des
Geburtsvorgangs schlechthin keine ärztliche
Aufklärungspflicht mehr bestehen sollte.
Auch andere Patientinnen werden sich häufig in
Ausnahmesituationen befinden, ohne dass deshalb eine
ärztliche Aufklärung jedenfalls sinnlos wäre.
5 Ob 162/03i
Wenn eine Schwangere nicht mehr einwilligungsfähig
erscheint, gilt ihr mutmaßlicher Wille.
Nachvollziehbare Dokumentation hilfreich.
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Ein hypoxischer Hirnschaden ist
anzunehmen, wenn ein „Cluster of Events“
vorliegt:
• pathologisches CTG
• missfärbiges Fruchtwasser
• pathologische Apgarwerte
• pathologische Blutgaswerte bei der Geburt (ev. MBU)
• Auffälligkeit in der Perinatalperiode
Kreislauf – Stoffwechselprobleme /
Zusammenbruch
Hirnödem - Auffälligkeiten im EEG oder in
bildgebenden Untersuchungen
• Typischer klinischer Langzeitverlauf
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Massnahmen, die die Wahrscheinlichkeit mit
einem Vorwurf einen kindlichen Hirnschaden
unter der Geburt nicht verhindert zu haben
reduzieren:
1. Medizinische Massnahmen:
•
Risikoadaptierte Betreuung / Überwachung
•
Absicherung eines pathologischen CTGs mittels Mikroblutgasanalyse – oder
großzügige Indikation zur Sektio
•
Großzügige Verwendung der Akuttokolyse
•
Einhalten der empfohlenen EEZ von unter 30 Minuten
•
Antizipierende Geburtshilfe in Abhängigkeit vom logistischen Umfeld
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Die Entscheidungs – Entbindungszeit ist
nur ein Parameter.
Wichtig ist auch die EreignisEntscheidungszeit…
Optimierung der möglicherweise suboptimalen Logistik
ab den Moment wo Auffälligkeiten des Geburtsverlaufes
ersichtlich werden (Einberufen des Anästhesisten,
Information des OP, Aufklärung der Patientin, Information
an den Neonatologen)
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Massnahmen die die Wahrscheinlichkeit mit einem
Vorwurf einen kindlichen Hirnschaden unter der Geburt
nicht verhindert zu haben reduzieren:
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2. Wahrung der Patientenautonomie:
•
Großzügige Diskussion der Behandlungsalternative Sectio (vor und während der Geburt)
insbesondere bei erhöhter Risikokonstellation, jedenfalls aber bei „Wunsch der
Schwangeren nach Sectio“
3. Dokumentation
•
penible Dokumentation insbesondere bei Risikokonstellationen
•
Nabelarterien und Venen-pH
•
Gegebenenfalls genaueste Dokumentation des Patientenwillens / gegebenenfalls der
Unkooperativität der Schwangeren
•
Gegebenenfalls korrekte Nachdokumentation
4. Offene Informationspolitik
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Trotz der drastischen Zunahmen der Anforderungen
- Autonomie der Schwangeren, Druck der öffentlichen
Gesundheitsorganisation, Zunahme der
Klagebereitschaft etc. bleibt die Geburtshilfe eines der schönsten und
befriedigendsten Teile des Faches Frauenheilkunde.
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