„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“ Die Bezugnahme auf die Naturwissenschaften in der personzentrierten Fachliteratur – Kritische Anmerkungen Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung.

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1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 2

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 3

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 4

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 5

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 6

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 7

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 8

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 9

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 10

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 11

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 12

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 13

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 14

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



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Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 15

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 16

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 17

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 18

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 19

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 20

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 21

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 22

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

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11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!




Slide 23

1

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“

Die Bezugnahme auf die
Naturwissenschaften
in der personzentrierten Fachliteratur –
Kritische Anmerkungen

Vortrag im Rahmen der Zusatzausbildung zur Erlangung der
Zusatzbezeichnung „Personenzentrierte Psychotherapie“
Forum Personzentrierte Praxis, Ausbildung und Forschung

Isaias Costa
Wien, 27. Mai 2010

2

Einführung


Persönlicher Standort



Die Motivation dieser Arbeit
» Högers Auftrag



Thesen
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Solche Texte versuchen auf diese Weise ein grundlegendes
Problem der Wissenschaft zu umgehen.



3

„So vorgehen wie die Physik“


Höger schreibt in „Die Entwicklung des Klientenzentrierten Konzepts“,
dass wir bei Begriffsdefinitionen so vorgehen sollen wie die Physik
bei der Definition der Kraft F = m . a



Was sind Definition, Axiom, Satz in der Physik?
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele, Winkel, ...
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz:
die Winkelsumme eines Dreiecks
beträgt 180°





„F = m . a“
ist der 2. Satz von Newton und keine Definition
Feynmann („Vorlesungen über Physik“, S. 174-190):
„Wenn Sie auf einer präzisen Definition der Kraft bestehen,
werden Sie diese nie Erhalten!“



4

Überblick


Beispiele aus der führenden zeitgenössischen Literatur



Rogers‘ Haltung gegenüber der Naturwissenschaft



Neue Perspektiven und das grundlegende
Problem der Wissenschaft.



5

In der zeitgenössischen Literatur


Ist die Aktualisierungstendenz ein Axiom?



Über die Häufigkeit von solchen Fehlern in der Literatur



Ein modernes naturwissenschaftliche Paradigma:
die Theorie der Dynamischen Systeme.



6

Höger zur Aktualisierungstendenz


Er behauptet in „Klientenzentrierte Persönlichkeitstheorie“:
» „Die Aktualisierungstendenz hat die Bedeutung eines Axioms. Das
bedeutet nicht, dass ihr die Funktion einer Erklärung zukommen
könnte “



relativiert es etwas später:
» „Wünschenswert hingegen wäre es, sie als übergreifendes Prinzip
in spezifische Einzelhypothesen aufzulösen und diese empirisch
zu überprüfen“



und stellt dann doch eine Erklärung in Aussicht:
» „Selbstorganisation [wie die Aktualisierungstendenz ist] in weiten
Bereichen der empirisch orientierten Wissenschaft Gegenstand
intensiver und umfangreicher Forschungsbemühungen“.

7

Axiome in der Physik


Die Wahl eines Axioms ist willkürlich, d.h. niemand würde auf die Idee
kommen, es zu erklären. Andere Axiome führen einfach zu anderen
Theorien:



Euklidische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Parallele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich nicht
» Satz: die Winkelsumme eines
Dreiecks beträgt 180°



Sphärische Geometrie
» Definition:
Punkt, Gerade, Paralele
» Axiom:
2 Parallelen kreuzen sich in 2 Punkten
» Satz: die Winkelsumme eines Dreiecks
>= 180°
.



8

Beispiel von Häufigkeit von Fehlern



9

Theorie der dynamischen Systeme im PZA


In „Offenheit und Vielfalt“ findet frau den Artikel von Kriz
„Aktualisierungstendenz - die notwendige systemische
Grundlage des Personzentrierten Ansatzes“.
» Die Theorie der Dynamischen Systeme ist aber eine mathematische
deterministische Theorie. Beispiel
» Und auch wenn er da etwas relativiert:
 „nicht um die Selbstorganisationsprozesse, wie sie in der Physik
beobachtet werden, geht, sondern um [solche], die in
menschlichen Entwicklungen beobachtet werden“
» läßt er den Eindruck zu, dass eine „systemtheoretische
Beschreibung der AT“ mehr als nur als Metapher wäre.



10

Rogers‘ Haltung zur Naturwissenschaft


Die naive Lösung: Formel über die Persönlichkeit (1959)



Das Dilemma: Therapeut oder Wissenschafter?



Die Autoritäten Prigogine, Capra



Das Symbolisieren: Man and the science of man (1968)



Die Freiheit: Brauchen wir eine Wirklichkeit?

(1961)

(1980, 1963)

(1977).

 

11

Rogers‘ Formel der Persönlichkeit


Aus dem Kapitel „Spezifizierung funktionaler Beziehungen“ in
der Theorie der Persönlichkeit
» „Es ist Ausdruck der Vorläufigkeit dieser Persönlichkeitstheorie, daß
zumeist nur generelle Beschreibungen dieser funktionalen
Beziehungen möglich sind. Wir sind bisher nicht in der Lage,
Gleichungen zu formulieren.“



12

Rogers - Therapeut oder Wissenschafter?


Aus dem Kapitel 10, „Mensch oder die Wissenschaft“ aus der
„Entwicklung der Persönlichkeit“:
» „Je mehr ich mich der aufregenden, lohnenden Erfahrung der
Psychotherapie widmete,
und je mehr ich wissenschaftlich daran arbeitete,
desto deutlicher wurde mir die Kluft zwischen diesen beiden
Rollen.“



13

Rettung in der Not


Aus dem Kapitel 3, „Die Grundlage eines Personzentrierten Ansatzes“,
von „Der neue Mensch“:
» „An diesem Punkt werden mir sicher viele Leser die Gefolgschaft
aufkündigen. Aber bevor sie sich ganz von mir abwenden, möchte ich
mir aus unerwarteten Ecken Unterstützung für solche Auffassungen holen“
(S. 81)
» „Es ist ihm [dem Chemiker Prigogine] gelungen, den mathematischen
Beweis zu erbringen, dass die belebte Natur nicht ausschließlich
deterministisch sondern probabilistisch ist“ (S. 81)
» „Aus den Fachbereichen der theoretischen Physik und der Chemie wird
somit die Gültigkeit von Erfahrungen bestätigt, die transzendent,
unbeschreibbar, unerwartet und transformatorisch sind“ (S. 83)

Beispiel von Texten von Prigogine.



14

Das Tao der Physik


Aus dem zitierten Kapitel („Der neue Mensch“):
» „Der bekannte Physiker Fridtjof Capra hat gezeigt, dass die
theoretische Physik fast mit allen festgefügten Vorstellungen von
unserer Welt aufgeräumt hat.“



Leon Lederman (Direktor vom Fermilab) schreibt über Capra:
» „Ausgehend von einer vernünftigen Beschreibung der
Quantenphysik konstruiert er aufwendigen Erweiterungen, völlig
der Einsicht darüber beraubt, wie sorgfältig Experiment und
Theorie zusammen gewoben werden, und wieviel Blut, Schweiß
und Tränen in jedem schmerzhaften Fortschritt [der Physik]
eingehen.“



15

Man and the science of man


Rogers initiiert 1967 diese Konferenz, um mit ExpertInnen aus
anderen Feldern über die Frage zu diskutieren:
» “Muss unser Verständnis der Wissenschaft verändert werden,
wenn das Thema der Wissenschaft der Mensch ist?” (S. 154)
» “Um solches zu erreichen, ist eine drastische Änderung der
Sichtweise unerlässlich, nicht nur seitens der Wissenschafter,
sondern der ganzen Kultur.” (S. 201)



16

„Brauchen wir eine Wirklichkeit?“


Kapitel 9 aus: „Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit“:
» „Die einzige Wirklichkeit, die ich überhaupt kennen kann, sind die
Welt und das Universum so, wie ich sie wahrnehme und in diesem
Augenblick erlebe
» Die einzige Wirklichkeit, die Sie überhaupt kennen können, sind die
Welt und das Universum so, wie Sie sie in diesem Augenblick
erleben
» Und die einzige Gewißheit ist die, daß diese wahrgenommenen
Wirklichkeiten verschieden sind
» Es gibt ebenso viele »wirkliche Welten« wie es Menschen
gibt!“.



17

Perspektiven


Eine aktuelle Polemik
» Finkes Position
» Reaktionen
» „Brief über den ‚Humanismus‘“



Neue Wege:



Buchholz,



Wiltschko,





Heidegger

Der Bedarf nach einem tieferen Verständnis des Problems


Die Krise der Wissenschaft



Die Seinsvergessenheit:



das ist das Thema meines nächsten Vortrages,
zu dem ich Euch gern einlade... ;)



18

Polemik über Naturalismus


Finkes Position
» „So muss unter einer humanistischen Perspektive auch der
Versuch Referenzen bei den Naturwissenschaften zu suchen, als
problematisch erscheinen“
» „Selbstregulationsprozesse in der Physik taugen aber natürlich
höchstens als Metapher, um das, was in den Human- und
Kulturwissenschaften mit Selbstbestimmung und
Autonomieentfaltung gemeint ist, gewissermaßen gleichnishaft zu
veranschaulichen“
» „Zwar wird durch gelegentliche Verweise auf die biologische
Forschung noch kein Naturalismus etabliert, aber gerade wo ein
solcher nicht intendiert wird, ist der Sinn solcher Verweise zu
erläutern“



Es folgen – zum Teil sehr emotionelle – Antworten von:
Kriz, Eckert, Zurhorst, Fehringer und Finke.



19

„Brief über den ‚Humanismus‘“


Dort schreibt Heidegger:
» „Die Verirrung des Biologismus ist dadurch noch nicht
überwunden, daß man
. dem Leiblichen des Menschen die Seele [aufstockt ] und
. der Seele den Geist und
. dem Geist das Existentielle aufstockt
und lauter als bisher die Hochschätzung des Geistes predigt, um
dann doch alles in das Erleben des Lebens zurückfallen zu lassen,
mit der warnenden Versicherung, das Denken zerstöre durch
seine starren Begriffe den Lebensstrom.“

Heidegger, M. (1946/2004). Brief über den "Humanismus". In
Wegmarken (S. 313–364). Frankfurt am Main: Klostermann, S. 324,



20

Neue Wege


In „Das Können des Unbegrifflichen“ schreibt Buchholz:
» „ohne Formeln, ohne Formulierbarkeit scheint sich nichts begreifen
zu lassen, und doch war es einst eine der wesentlichen
psychoanalytischen Ansichten, dass Buchholz, Michael B. (2007). Das Können des
das Unsagbare nicht Unsinn sei“ Unbegrifflichen. http://www.dgpt.de/

dokumente/PNL-59.pdf (10.10.09). (S. 2, meine H.)



Wiltschko in seiner „körperbezogenen Philosophie“:
» „Die Konzepte, die [in der Philsophie und in der Wissenschaft]
benutzt werden, sind so grob im Vergleich zu dem, was man an
Spezifischem und Subtilem vom Felt Sense bekommt!“



Im „Was heißt denken?“
Heidegger
Wiltschko,schreibt
J. (2008). Focusing
und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die
Praxis körperbezogenen Philosophierens. Wien: Facultas. (S.76., meine H.)

» „Wir gelangen in das, was Denken heißt, in dem wir selber
denken.“

Heidegger, M. (1952/2004). Was heißt Denken? In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl.
(S. 123–138). Stuttgart: Klett-Cotta, (S. 123)



21

Die Krise der Wissenschaft


Der Widerspruch
» Die Wissenschaft versucht, den Widerspruch zu verdrängen
» In den Worten Galileos:




Messen, was messbar ist;

Messbar machen, was nicht messbar ist!

Selbstbezug
» „Dieser Satz ist falsch“

» Gödel:
Jede Theorie enthält
zumindest einen
unentscheidbaren Satz.



22

„Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters“
(Pietschmann 1980)



Schlußfolgerung
» Die Zitation von naturwissenschaftlichen Ergebnisse in der PZA
Literatur ist aus naturwissenschaftlicher Sicht oft inkorrekt
» Sie ist ausserdem oft irreführend und reduktionistisch
» Und ist oft der Versuch der Umgehung der tiefen Krise, in der die
Wissenschaft sich befindet.

Pietschmann, H. (1980). Das Ende des naturwissenschaftlichen
Zeitalters. Wien: Zsolnay.



23

Ende

Vielen Dank für das Zuhören
und ich freue mich auf die Diskussion!!