Pius XII siehe Folien 24-28 Der Widerstand von Kirchen und Christen im 3.

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Pius XII siehe Folien 24-28
Der Widerstand von Kirchen und Christen im 3. Reich
Mein persönlicher Zugang
Mein Vater hat 1933 seinen Beruf
als Christlicher Gewerkschaftler
verloren, das war mein
Geburtsjahr.
Ich fand eine Bibel und las mit 11
Jahren die Apokalypse, ich
wusste wer das Untier war,
meine Mutter verbot mir, mit
anderen darüber zu sprechen,
das hätte tödlich sein können.
In Köln fuhr ich 1941 mit meinem
Onkel Franz im Auto durch die
Stadt, ich musste bei Besuchen
im Auto bleiben. Das waren
konspirative Besuche, mein
Onkel wurde am 1.3.1945 in
Plötzensee hingerichtet.
Onkel Franz mit seiner
Familie und seinem Auto,
dass die Kontakte mit
anderen aus dem Widerstand
erleichterte.
Um einigermaßen die Dämonie
des Systems zu begreifen sollte
man dieses Buch gelesen haben.
1
Der Widerstand von Kirchen und Christen
0.2. Was ist Widerstand? - Begriffsklärung
Bonhoeffer
Widerstand ist ein differenzierter Begriff. Ich wende ihn
hier auf drei Ebenen an. Widerstand bedeutet für mich in
diesem Zusammenhang:
1. Nicht anpassen
2. Dagegen reden und handeln
3. Änderung planen und nach Möglichkeit herbeiführen
Dabei wird dies auf Einzelne, Gruppen und Systeme
angewandt
2
Der Widerstand von Kirchen und Christen
1 Nicht anpassen
Die Katholiken zählten 20,2 Millionen (32,4 %)
von 62 Millionen Einwohnern. Schwerpunkte
waren das Rheinland, Bayern (ohne
Mittelfranken) und Oberschlesien.
Dieses ist die Karte des Wahlverhaltens von
1932. Unter dem Durchschnitt von 37,4% im
Reich, exakt unter 30% liegen die katholischen
Gebiete, diese Karte ist invers zur vorherigen.
Das Zentrum und die bayrische Volkspartei
konnten nochmals 8 Mandate zulegen
(insgesamt 98). Die NSDAP erreichte 230 von
607 Reichstagsmandaten. Dies war noch eine3
freie Wahl mit dem besten Ergebnis für Hitler
Wahlen Reichstag
7/1932
NSDAP
Zentrum
SPD KPD
DDP,DNVP+
DVP
„Rotes Dorf“
Niederhadamar
20,6%
31,8%
34%
7%
„Schwarzes Dorf“
Niederbrechen
2,2%
73,9
16,0
0,9%
Braunes Dorf
Heringen
83,2%
0,3%
13,0%
1,8%
Die Deutschnationalen waren braunen Dörfern (oft in evangelischen Gebieten) nahezu
verschwunden zugunsten der NSDAP, das gilt von anderen Orten mit Rechtsanteilen auch.
(Wahl Heringen 1920: SPD 28,9%, Zentrum 0%,
DNVP+DVP über 50%
In roten Dörfern geschah ähnliches, SPD/KPD und Zentrum bleiben stabil
In Schwarzen Dörfern bestand von jeher eine stabile Affinität zum Zentrum, diese bleibt erhalten,
Deutschnationale gab es kaum, deshalb geringer NSDAP-Anteil
Wahlen Reichstag
7/1932
Dietkirchen
(Für Dietkirchen gilt:)
NSDAP
Zentrum SPD KPD
5,9%
61,3%
27,6
DDP,DNVP+
DVP
0,4%
Bei der letzten freien Wahl bekam die NSDAP relativ wenig Stimmen. Diese hatten überwiegend
früher deutschnational gewählt. Erstaunlich ist der hohe Anteil der Linksparteien (vor allem
SPD), auch diese blieben stabil.
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1933 wurde Pfarrer Schüssler verhört wegen angeblicher Züchtigung
eines Hitlerjungen. 1937 erhielt er „wegen politischer Unzuverlässigkeit“
Unterrichtsverbot.
Auch die katholischen Vereine wurden bedrängt. So die KAB, im
Protokollbuch enden die Eintragungen 1935, am 27.Janaur wurde die
KAB im Bistum Limburg verboten, damit auch die KAB in
Lindenholzhausen. Das Banner ging in den Wirren der Zeit verloren.
„1941 wurden die kirchlichen Kindergärten aufgelöst und von den Nazis übernommen,
Die Dernbacher Schwestern wurden durch die "braunen Schwestern" ersetzt. Manche
erinnern sich an einen Kinderspruch aus dieser Zeit: "Händchen falten, Köpfchen
senken und an Adolf Hitler denken", habe das neue "Gebet" gelautet.
Die Dernbacher Schwestern (und einige andere) verloren im Bistum 112 Kindergärten
mit 6000 Kindern.
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Ab 1937 wurde der Religionsunterricht eingeschränkt, dann für Pfarrer ganz verboten.
Statt dessen war oft Pfarrstunde meist in Schwesternhäusern.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
•Es gab offensichtlich noch ein stabiles katholisches
Milieu. Dies war nach der Zeit der Säkularisation vor
allem von Laien gebildet worden. Dazu gehörten
katholischer Schulen, katholische Parteien, wie
Zentrum und bayrische Volkspartei,
•die Veröffentlichungen zur katholische Soziallehre
durch den Volksverein in Mönchengladbach (bis zu 5
Millionen Exemplare pro Veröffentlichung),
•die christlichen Gewerkschaften,
•die katholischen Verbände (wenn auch im 3. Reich in
unterschiedlicher Form) und vor allem auch eine
Pfarrerschaft, die Vorkämpfer dieses Milieus war. Sie
stand nahezu zu 100% gegen die NSDAP.
•Dieses Katholische Milieu war in der Weimarer Zeit
über das Zentrum und die Bay. Volkspartei erstmals
staatstragend geworden.
• Es blieb durch die ganze Zeit bei allen Einbrüchen
gerade zu Beginn des 3. Reiches und beim Beschluss
des Konkordates im Kern das größte ablehnende
Potential im 3. Reich in Deutschland.
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Kettelerwallfahrt Mainz
• Vor 1933 hatten die Bischöfe die Wahl der NSDAP
verboten, nach 1933 wollten sie im Konkordat Schutz
der Kirche und ihrer Einrichtungen erhalten.
•Bei Abschluss des Konkordates mussten die
Kirchen beflaggt werden, viel Pfarrer weigerten sich
und gingen ins Gefängnis, mein Vater ging nicht zum
Gottesdienst, er sagte: „Wo die Flagge Satans weht
habe ich nichts zu suchen.“
•In der Zerstörung dieses Milieus setzt der
Kirchenkampf des 3. Reiches an. Obwohl das
Zentrum und die Bayr. Volkspartei dem
Ermächtigungsgesetz zugestimmt hatten, wurde sie
aufgelöst. Die Christlichen Gewerkschaften wurden
verboten.
•Alexander Groß, der Sohn eines
Wiederstandskämpfers beschrieb die Situation wie
folgt: „Gehorsame Kirche und ungehorsame
Christen“. Aber schon 33 begannen die Bischöfe ihre
Haltung zu ändern, dies gipfelte in der Enzyklika „mit
brennender Sorge“ 1937. Aber das Taktieren,um
Schlimmeres zu verhüten blieb bei manchen
Die größte Wallfahrt Katholischer
Arbeiter fand dann am 30. Januar 1935 als Bischöfen.
•Die Verbände wurden auf innerkirchliche Themen
„Dreikönigen-Wallfahrt“ in Köln statt.
Dazu strömten mehr als 30.000 Arbeiter
eingegrenzt, Doppelmitgliedschaft verboten und vor
aus Westdeutschland und von der Saar
allem die KAB bekämpft und aufgelöst. Wallfahrten
7
zusammen.
wurden zu großen Protestdemonstrationen.
Die katholischen Jugendverbände wurden auf religiöse Fragen und den
Kirchenraum eingegrenzt.
Bald begann die Nadelstich- und brutalere Taktik der Nazis. Sie konnten es
z.B. nicht verkraften, dass 1935 sich am Tag der Jungmänner beim 700
Domjubiläum einige Tausend Jugendliche um den Dom sammelten und der
Kirche die Treue gelobten.
Selbst die Nazis mussten anerkennen, dass die Propaganda der Katholischen
Jugend dieser nutze, die Propaganda der Hitlerjugend aber eher dieser selbst
schade.
Bei der Abschlussfeier waren in Limburg 10.000 Gläubige, soviel hatte
Limburg an Besuchern noch nie gesehen. Wallfahrten, obwohl erlaubt,
wurden zu politischen Demonstrationen.
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1932 wurde von Ludwig Wolker, dem Präses des Jungmännerverbandes die
Zeitschrift „Junge Front“ gegründet. Steber von der Sturmschar ist Schriftleiter
und Maaßen Chefredakteur. Die Zeitschrift ist ein voller Erfolg. Sie wird bald
zweimal kurzfristig verboten, zuerst wegen des Artikels „Schreie die Wahrheit
19.2.33, in welchem das System als „autoritär“ angegriffen wurde.
Das Konkordat verunsicherte noch einmal.
Aber in der beginnenden Judenverfolgung standen Zeitschrift und Verband klar
zu den christlichen Werten und verteidigten die Juden. 1934 wurde der Stadt mit
Goliath verglichen, der die Juden verhöhnt, auch dies gab wieder ein Verbot. Die
Zeitschrift musste sich in „Michael“ umbenennen. 1936 wird die Zeitschrift
endgültig aus der Reichsschriftumskammer ausgeschlossen und damit verboten.
Den Jugendlichen wird von der HJ gesagt, „das Konkordat hat euch nicht getötet,
aber ihr werdet langsam abgemurkst. Die Auflage betrug damals 330.000
Exemplare und war die größte Jugendzeitschrift.
Den Jugendlichen wurde bei Nichtmitgliedschaft in der HJ eine Lehrstelle versagt.
Der große Widerstand im kath. Jugendbereich wurde systematisch abgemurkst
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Die Jugendverbände wurden verfolgt. Hier sehen wir Jugendliche, denen
man die Hemden ausgezogen hatte, weil sie eine verbotene Kluft sein
sollten. Als die Jugendverbände 1939 verboten wurden, waren die
meisten schon durch örtliche Maßnahmen zerstört die Polizei schaute
weg, oder mit Wohlgefallen der HJ zu, wenn sie die katholischen
Jugendlichen drangsalierte.
In Frankfurt St. Bernhard wurden mehrer Jugendliche verhaftet, einer
davon nahm sich das Leben, weil er dem Druck nicht mehr gewachsen
war und Angst hatte, bei Folterungen seine Freunde zu verraten.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
In der evangelischen Kirche gab es aus historischen Gründen
dieses Milieu nicht. Sie waren engere mit der Herrschaft
verbunden (Landesherr = oberster Bischof), das brach 1919 weg.
Evangelische Christen standen aus ihrer Tradition eher der
deutsch-nationalen Bewegung nahe und waren für solche Ideen
empfänglicher
Trotzdem gelang es durch den Widerstand vor allem der
bekennenden Kirche letztlich nicht, ein „deutsches Christentum“
mit einem vom Führer „gewollten“ Reichsbischof dauerhaft
aufzubauen. Obwohl diese Kirche als frühe Maßnahme den
Arierparagraphen (keine Nichtarier im Kirchendienst) für sich
akzeptierte.
So gab es z.B. auch Pfarreien, die sich weigerten Pfarrer zu
akzeptieren, die NSDAP-Mitglied waren.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Ab 1934 verschwand die mancherorts
entstandene wohlwollende Beurteilung des neuen
Systems weithin in der katholischen Bevölkerung.
Die kritische Einstellung bekam wieder
überwiegend Vorhand.
Das zeigte sich in einer geringeren Bereitschaft,
nationalsozialistischen Organisationen
beizutreten. Kampf gegen die Bekenntnisschulen,
den Religionsunterricht und Schulenteignungen,
Auflösung von Vereinen, und
Verleumdungskampagnen gegen den Klerus
hatten daran ihren Anteil.
Aber auch im evangelischen Volksteil verstärkte
sich in einigen Kreisen im Verlaufe der Zeit der
innere Widerstand. Das begann schon 1933, als
die neuen Machthaber der evangelischen Kirche
sich weithin gleichschalteten und viele beliebte
Amtsträger in die Wüste schickte, um sich selbst
an ihre Plätze zu setzen. Die Barmer Erklärung
gab dafür den Hintergrund ab.
Bischof Sproll von
Rottenburg, die Gestapo
wurde sein ständiger
Begleiter bis er 1938 aus
seinem Bistum verbannt
wurde
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
2. Dagegen reden
2.1 Priester und evangelische Pfarrer
Trotzdem wurde in engen kirchlichen Kreisen im vertrauten Umfeld viel
dagegen geredet. Mancher hat dafür mit Gefängnis und schlimmeren
rechnen können. Besonders beobachtet wurden ja die Pfarrer.
Ich habe in Köln erlebt, dass unser beliebter Pfarrer nach dem Hochamt
abgeholt wurde, er hatte Glück. Er wurde nur aus dem Erzbistum Köln
verbannt.
Oder eine anderer Pfarrer, der in der Katechese den Kinder sagte: Ich
habe die Kirchenchenzeitung (wegen Gleichschaltung) abbestellt, sagt
das daheim. Wegen dieser und anderer Äußerungen kam er ins KZ. So
ist es vielen gegangen.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
In einer im Sommer 1996 erschienenen
Untersuchung werden über 38.000
Maßnahmen (Verhör, Verwarnung, Geldund Freiheitsstrafen, Ausweisung, KZHaft z.B.) gegen Priester und
Ordensgeistliche und mehr als 26.000
"Vergehen" dokumentiert.
Die Masse der Konflikte ergab sich dabei
aus dem seelsorglich motivierten
Beharren der Geistlichen auf
uneingeschränkter Verkündigung und
Dienst an der Gemeinde, gelegentlich
auch aus der Hilfe für Fremdarbeiter und
Juden.
Mehr als 40 % der "Fälle" hatten ihren
Ursprung in der regulären Ausübung der
priesterlichen Tätigkeit: beim
Gottesdienst, in der Seelsorge, in der
Schule oder in der Vereins- und
14
Jugendarbeit.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Im KZ Dachau gab es einen eigenen Priesterblock.
Insgesamt waren 2720 Priester inhaftiert (2579
katholisch, 109 evangelisch, 22 griechischorthodox, 8 altkatholisch, 2 muslimisch). Den
größten Anteil stellten die 1780 polnischen Priester.
Von ihnen überlebten 868 die Haft nicht. Weitere
Nationalitäten (Tote in Klammern): Deutsche 447
(94); Franzosen 156 (10); Tschechoslowaken 109
(24); Holländer 63 (17); Belgier 46 (9); Italiener 28
Pater Kentenich in Dachau
(1); Luxemburger 16 (6). Insgesamt starben 1034
Geistliche im KZ Dachau
In Polen wurden etwa ein Fünftel der Priester von den
Besatzern ermordet. 1760 polnische Priester waren in
Dachau, 860 starben, darunter 3 Bischöfe.
Karl Leisner wurde
in Dachau heimlich
geweiht
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
1933 erklärte der evangelische
Generalsuperintendent von
Brandenburg Otto sagte, dass die
meisten Pfarrer am 8.3.1933 Hitler
gewählt hätten. Trotzdem
entwickelt sich schon 1933
intensiver Widerstand.
In Dachau starben auch 350
evangelische Pfarrer. Die meisten
deutschen dürften aus dem
Pfarrernotbund und der
„Bekennenden Kirche“ gewesen
sein.
Die autobiographischen
Aufzeichnungen Jean
Bernards aus dem Jahre
1945 geben in klarer,
eindrucksvoller Sprache,
ohne Pathos und
Wehleidigkeit, ein
erschütterndes Zeugnis
vom Leben und Sterben
im Konzentrationslager 16
Dachau.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
2.2 Kirchenleitende Amtsträger
Vor 1933 hatten die Bischöfe die Wahl der NSDAP
verboten
Mit dem Konkordat 1933 schien die Selbstverwaltung der
Kirche gesichert, die Bekenntnisschulen durften weiter
bestehen, das Bekenntnis sollte frei sein.
Der politische Katholizismus fand aber damit ein Ende,
denn die Arbeit der Verbände musste sich im
Wesentlichen auf religiöse Fragen beschränken.
Aber schon im Herbst 1933 stellten die Bischöfe fest, dass Der Apostolische
das NS-Regime das Konkordat fortwährend brach. Für die Nuntius
Pacelli auf dem
Kirche brachte das Konkordat wenig, aber dem NS-Staat Eugenio
Weg zu Reichspräsident
völkerrechtlich größere Anerkennung.
Hindenburg, 1929
Die Kirche lebt auch in der ständigen Sorge, dass zu
forsches Auftreten zur Aufkündigung des Konkordates
durch den Staat führen könnte.
Nach dem Konkordatsabschluss änderte sich die Haltung
der Bischöfe, sie hatten schon früher ihrer Verbote
aufgeben. Jetzt waren sie um Kooperation bemüht.
Er betrieb als
Kardinalstaatssekretär
den Abschluss des
Konkordates im
Vatikan, Abschluss 20.
Juli 1933
17
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Ab 1935 wurden in einer Verleumdungskampagne
zahlreiche katholische Geistliche wegen
angeblicher Sittlichkeits- und Devisenvergehen
angeklagt und verfolgt.
„Die Proteste der Bischöfe waren erfolglos..
Daraufhin erschien 1937 die päpstliche Enzyklika
„Mit brennender Sorge“, in der Papst Pius XI.
(1857-1939) die Konkordatsbrüche anklagte. Die
Vorbereitung lief mit deutschen Bischöfen in Rom,
vor allem Kardinal Faulhaber.
Nach Unterzeichnung durch den Papst am
Passionssonntag, dem 14. März 1937, gelangte der
Text der Enzyklika in der Auflage von je einem
Stück für jedes Ordinariat durch Kurier zur
Nuntiatur nach Berlin. Von Berlin wurden die
Exemplare wiederum durch Kurier in die einzelnen
Bistümer versandt.
18
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Die Gestapo muss auf Hochtouren gearbeitet haben.
In der Nacht auf Sonntag um 5½ Uhr folgte ein zweiter
Funkspruch:
„Das nunmehr gegebene Rundschreiben des Papstes
enthält hochverräterrische Angriffe gegen den
nationalsozialistischen Staat. Alle katholischen
Kirchen sind zu überwachen. Soweit Kundgebungen
im Druck erschienen sind, sind alle außerhalb der
Kirchen und Pfarrhöfe greifbaren Exemplare zu
beschlagnahmen.
Soweit Personen außerhalb Kirchen und Pfarrhöfe
Rundschreiben verteilen und es sich nicht um
Geistliche handelt, sind diese sofort zu verhaften. Ihre
Entfernung aus Partei, ihren Gliederungen und
angeschlossenen Verbänden, Deutsche Arbeitsfront,
Handwerkskammer u. dgl. ist sofort zu veranlassen.
Sie sind sofort zur strafrechtlichen Aburteilung dem
Gericht zu überstellen. Eine Veröffentlichung in
kirchlichen Amtsblättern ist zunächst nicht zu
unterbinden.“
19
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Im Bistum Limburg zum Beispiel hatte jeder Pfarrer zwei
Exemplare der Enzyklika erhalten, von denen das eine z.T.
im Tabernakel aufbewahrt wurde. Darum konnte auch dort,
wo die Enzyklika nach dem Morgengottesdienst
beschlagnahmt worden war, zur Überraschung der Polizei
ihre Vorlesung am Nachmittag fortgesetzt werden“
Dafür mussten dann wieder viele Priester und Laien ins KZ
und Gefängnis. Laien vor allem, wenn man annahm, das Sie
bei der Verteilung mitgeholfen hätten. Auch Hans Wagner,
der spätere Bürgermeister von Hochheim. Mit ihm im
Frankfurter Raum 5 Personen
Nach Wagner in: Ernst Leuninger Arbeit und Solidarität,
Limburg 2004 S. 323 ff
„Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die
Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere
Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung die
innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und
ehrengebietenden Platz behaupten aus dieser ihrer
irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm
aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit
Götzenkult verherrlicht, der verkehrt und fälscht die
gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der
Dinge.“(Zitat)
20
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Die Rache folgte auf dem Fuße: der NS-Staat enteignete die beteiligten
Druckereien, verschärfte die antikirchliche Propaganda, verhaftete
noch mehr Geistliche und bekennende Katholiken. Auch der Kampf
gegen die katholischen Schulen nahm zu - 1938 wurden sie
zwangsweise aufgelöst. 1941 folgte der "Klostersturm", also die
entschädigungslose Enteignung von Klöstern und deren
Bildungseinrichtungen durch die braunen Machthaber. Die Kirche, die
als Anwalt der Entrechteten auftrat, wurde erbarmungslos verfolgt.
Bei der vorgesehenen Erstürmung der Wohnung von Kardinal
Faulhaber sang die SA:
„Die alte Judenschande
ist endlich ausgefegt. Die schwarze Lügenbande
wühlt weiter unentwegt. Du deutsches Volk, sag: muß das sein?
Daß dich bespuckt das schwarze Schwein?
Wenn nicht. so drisch doch drauf!
Daß Funken fliegen hoch hinauf.
Deutsche Männer deutsche Frauen!
Jetzt ist's genug mit der Faulhaberei!
Deutsche Männer, deutsche Frauen!
Haut das schwarze Lumpenpack zu Brei!
21
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Der antikirchliche Hass der Nazis war erklärbar, denn keine andere
Institution (Einrichtung) zeigte soviel Mut wie der Vatikan. Allein
von 1933 bis 1939 gab es 55 päpstliche Proteste bei der
Reichsregierung. NS-Außenminister von Ribbentrop erklärte den
Richtern im "Nürnberger Prozess" 1945, es habe eine ganze
Schublade päpstlicher Proteste gegeben.
Der berüchtigte NS-Verbrecher Heinrich Himmler, Reichsführer der
SS, stellte in seinem Lagebericht für 1938 fest, dass "die
projüdische Haltung der Kirchen jede antijüdische Propaganda bei
der Masse der Kirchengläubigen wirkungslos macht.
Wie steht es mit dem "Schweigen" der katholischen Kirche zu den
NS-Verbrechen gegen die Juden? Die Nationalsozialisten hatten
schon vor der „Machtergreifung“ Hitlers 1933 ihre antisemitischen
Hetztiraden verbreitet. Die Glaubenskongregation des Vatikans in
einem Dekret vom 25.03.1928:
„Wie der Heilige. Stuhl allen Hass und alle Feindschaft unter
den Völkern verwirft, so verurteilt er ganz besonders den
Hass gegen das Volk, das Gott in seinen uralten Tagen zu
dem seinen erwählt hat - nämlich jenen Hass, den man
üblicherweise als Antisemitismus bezeichnet.“
22
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Als Hitler im Mai 1938 Italien besuchte stand auf der 1. Seite des
Osservatore Romano der des Papstes gegen die „Irrlehren des
Rassismus“. Als Mussolini die Rassengesetze 1938 in Italien
einführen wollte hielt Pius XI. drei große Reden, die Mussolini zu
Wutanfällen erregten. Er betonte, dass die Menschheitsfamilie
aus einer Rasse besteht, dem Menschen. Das ist für den Papst
der wahre Rassismus. Er las in einer Audienz ein Gebet vor in
dem stand: „Der Antisemitismus ist eine abstoßende
Bewegung, an der wir Christen keinen Anteil haben
können…Wir sind im geistlichen Sinne Semiten.“
Eingehen möchte ich auch auf die Frage, warum neben den
Protesten auf diplomatischen Weg fast versteckten Redeanteile
nicht deutlicher gegen die Judenverfolgung gesprochen wurde.
Edith Stein hatte den Vatikan schon 1933 dazu aufgefordert. Das
von zwei Jesuiten im Auftrag der Glaubenskongregation
entwickelte Verwerfungspapier ist nicht erschiene. Offensichtlich
war die Sorge zu groß, dass die Kirche mit in diesen Strudel
gerissen werden könnte. Man verließ sich eher auf die
Rechtsbasis der zwei Konkordate. Auch war Pius der XI. schwer
krank und starb 1939 überraschend. Danach war es zu spät.
23
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Von Antisemitismus im Vatikan kann heute nicht mehr
gesprochen werden, die Bezugspunkte von Goldhagen
haben sich als nicht zuverlässig oder sogar Fälschungen
herausgestellt. Man wollte wohl nicht die deutsche
Kirche mit in den Abgrund ziehen, der von den Nazis
eine enge Verbindung zum Weltjudentum nachgesagt
wurde, der Vatikan wollte neutral bleiben, er war ja zum
Schluss des Krieges völlig von deutschen Truppen
umgeben.
Es war ja auch schon auf vielen Wegen der
Antisemitismus verurteilt worden.
Für später gibt eine Erinnerung der Schwester Pascalina
einen Hinweis: Der Papst Pius XII: kam in die Küche
seiner Wohnung und sagte zu Schwester Pascalina "Ich
möchte diesen Bogen vernichten. Es ist mein Protest
gegen die grauenhafte Judenverfolgung. Heute Abend
sollte er im „Osservatore Romano“ erscheinen. (Es
handelt sich um die offizielle Vatikan Zeitung). „Wenn der
Hirtenbrief der holländischen Bischöfe 40.000
Menschenleben kostete, so würde mein Protest vielleicht
200.000 kosten. Das kann und darf ich nicht
verantworten.“
24
Der Widerstand von Kirchen und Christen
„Pius XII. hat aus Mitgefühl für die Juden schweren Herzens auf
einen öffentlichen Protest verzichtet. Er wollte die Nazis nicht zu
Rachemaßnahmen veranlassen, wie es in den Niederlanden
geschehen war. Die verleumderische Behauptung, der Papst
habe den Judenmord stillschweigend gebilligt, wie man in der
veröffentlichten Meinung immer wieder hört, widerspricht den
geschichtlichen Tatsachen.“
Er hat aber in vielen Reden sich deutlich von Rassismus
distanziert. So z.B. als die Faschisten ihrer rassistische Erklärung
abgeben am 15. Juli 1938: „dass er gerade an diesem Tag etwas
Schwerwiegendes erfahren habe: Es handelt sich von nun um
eine regelrechte Form der Apostasie (Glaubensabfall). Es handelt
sich von nun an nicht mehr um die eine oder andere falsche Idee,
sondern der ganze Geist der Lehre steht im Gegensatz zum
Glauben an Christus.“
Nunitus Orsenigo trag bei Hitler persönlich die Fragen der Juden
vor, da beendete Hitler mit dem Zerschmettern eines Glases das
Gespräch. Als man der jüdischen Gemeinde in Rom androhte sie
zu zerstören, wenn sie nicht sofort Unmengen von Gold zur
Verfügung stellen würde, erklärte sich der Vatikan bereit, der
Gemeinde auszuhelfen.
25
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Durch die Aktionen der Kirche sollen 700 – 860.000
Juden gerettet worden sein. Auch wenn die Zahlen
bei manchen umstritten sind, sie stammen von
Pinchas Lapide, ist der Vatikan und die katholische
Kirche der Staat und die Organisation weltweit
gewesen, die die meisten Juden gerettet hat.
Die deutschen Bischöfe haben zuerst nichtarischen
Katholiken geholfen z.B. über das Raphaelswerk,
bis es zwangsaufgelöst wurde oder der Bischof von
Berlin über die Caritas. Es waren weder die
Schweiz, noch die USA und auch nicht Argentinien
und Brasilien bereit größere Anzahlen
aufzunehmen.
Die eigentliche Hilfe wurde in Absprache mit dem
Vatikan von diesem geleistet.
Sehr aktiv war dabei
in Bulgarien
Nuntius Roncalli
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Als Papst Pius XII. 1958 verstarb, schickte die
Außenministerin des Staates Israel, Golda Meir,
folgendes Beileidstelegramm:
"Wir trauern mit der Menschheit um das Hinscheiden
seiner Heiligkeit Pius XII. In einer Generation, die von
Krieg und Zwietracht heimgesucht war, hielt er die Ideale
des Friedens und des Mitleids hoch. Als unser Volk
während des Naziterrors ein furchtbares Martyrium
durchlitt, erhob der Papst seine Stimme für die Opfer."
Die Rettungsaktionen des Papstes für die Juden
versetzten den jüdischen Oberrabbiner von Rom, Israel
Zolli, in solche Bewunderung, dass er nach dem Krieg
gemeinsam mit seiner Frau in die katholische Kirche
eintrat. Aus Dankbarkeit nahm Zolli den Taufnamen des
Papstes an (Eugenio). Über Plus XII schrieb er „Kein
Held der Geschichte hat ein vortrefflicheres und stärker
bekämpftes Heer angeführt, als Pius XII. es im Namen
der christlichen Nächstenliebe getan hat.
“ Der Papst hatte ja sogar in Synagoge in Rom mit dem
Siegel: „Exterritorial, Gebiet des Vatikan“ versehen
lassen
27
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Moshe Sharett, der spätere Ministerpräsident des Staates Israel,
berichtete am 22.04.1945 über ein Gespräch mit Papst Pius XII.:
„Ich sagte dem Papst, meine erste Pflicht sei es, ihm und der
katholischen Kirche im Namen der jüdischen Öffentlichkeit für
all das zu danken, was die Kirche in den verschiedenen Ländern
unternommen hat, um Juden zu helfen ... Wir sind der
katholischen Kirche tief dankbar für das, was sie getan hat,
damit unsere Brüder gerettet werden können.“
Aufschlussreich auch das Interview, das der bekannte jüdische
„Nazi Jäger" Simon Wiesenthal der Zeitschrift "Kirche intern"
vom März 1988 gab. Darin stellt er fest: "Für die Nazis waren
Juden und Christen gleichermaßen Feinde.“
Über die Haltung der katholischen Geistlichkeit in der NS-Zeit
äußert sich Wiesenthal ebenfalls: "Der Klerus hatte von den
Kanzeln sehr wohl gegen die Nazis gepredigt. Über viertausend
Priester wanderten in die KZs!“
Interessant ist auch, dass der Film „Assisi Underground“, der
über die Rettung der Juden durch die Kirche in Assisi von einer
jüdischen Organisation der Kirche aus Dankbarkeit gewidmet
wrude.
28
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Ein Protest der deutschen Bischöfe wurde am 12. September 1943 in
einem Hirtenwort über die christlichen Zehn Gebote als Lebensgesetz
der Völker von der Kanzel verlesen. Darin hieß es deutlich: Tötung ist in
sich schlecht, auch wenn sie angeblich im Interesse des Gemeinwohls
verübt würde: An schuld- und wehrlosen Geistesschwachen und kranken, an unheilbar Siechen und tödlich Verletzten, an erblich
Belasteten und lebensuntüchtigen Neugeborenen, an unschuldigen
Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen
fremder Rassen und Abstammung. Auch die Obrigkeit kann und darf nur
wirklich todeswürdige Verbrechen mit dem Tode bestrafen.
Der Bischof von Limburg Antonius
schrieb 1941einen Brief an den
Reichsminister der Justiz wegen
der Euthanasie in Hadamar. Der
Löwe von Münster (Links) Bischof
Clemens August von Galen
predigte dagegen.
29
Der Widerstand von Kirchen und Christen
3. Änderung planen
3. 1 Am Beispiel der Katholischen ArbeiterBewegung (KAB) und Kolping
Schon am 6. Februar 1933: Notverordnung in Preußen
einschließlich einer Pressezensur. Die WAZ (Zeitung der
KAB) wurde am 18. März 1933 für 3 Wochen verboten, da
sie am 13. März geschrieben hatte: „Wir stehen mitten im
Kampf um das Recht. Nicht nur im Kampf um unser Recht,
sondern im Kampfe um das Recht überhaupt.“
Der Verbandssekretär Bernhard Letterhaus regte an, die
durch den Vorstand des Westdeutschen Verbandes
beschlossenen Wallfahrten als „Glaubensfahrten des
katholischen Werkvolkes“ zum Auftakt einer
Werbekampagne zu machen, „weil es kaum in unserer
Geschichte eine Zeit gegeben hat, die im ganz Großen für
die Eroberung heute noch abseits Stehender, Halt- und
Stütze suchenden katholischen Arbeiter so geeignet ist
wie die unsrige. Wir dürfen diese Stunde nicht
verpassen.“
Außerdem sollten diese Veranstaltungen nicht nur rein
religiösen Charakter tragen.
30
Der Widerstand von Kirchen und Christen
Am 20. Juli 1944 erfolgte der missglückte Tyrannenmord. Joseph
Joos schreibt (ab Seite 90): „Zu den Männern der
Widerstandsbewegung gehörten von Anfang an Prälat Dr. Otto
Müller, der Verbandspräses der KAB Westdeutschlands, ihr
Verbandsvorsitzender Joseph Joos, Generalsekretär Prälat Dr.
Hermann-Joseph Schmitt, Verbandssekretär Bernhard
Letterhaus, Verbandsredakteur Nikolaus Groß und Sekretär
Gottfried Könzgen, Duisburg, sowie vom Süddeutschen Verband
u.a. Rektor Alfred Berchtold und Diözesansekretär Hans Adlhoch
...
Viele der Eingeweihten wurden von Nationalsozialisten dem Tod
überliefert. Am 12. Oktober 1944 starb Prälat Dr. Müller nach
qualvollen Leiden im Gefängnis Berlin-Tegel. Bernhard
Letterhaus . wurde am 14. November 1944 in Berlin-Plötzensee
hingerichtet ... Am 23. Januar 1945 erlitt Nikolaus Groß den
gleichen grausamen Tod ...
Dr. Hermann-Joseph Schmitt entging diesem Schicksal nur
dadurch, dass man ihn in das KZ-Dachau eingeliefert hatte, aus
dem er als todkranker Mann von den Amerikanern befreit wurde.
Gottfried Könzgen, der ebenfalls nach dem 20. Juli ins KZ
gebracht wurde, fand einen elenden Tod. Hans Adlhoch starb
nach seiner Befreiung aus dem KZ Dachau im Feldlazarett 1945.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Kolping
Zuerst sah die Kolpingleitung
Möglichkeiten der Kooperation, wie auch
manche Bischöfe.
Das Verbot der Doppelmitgliedschaft in
Arbeitsfront und Kolping, die erzwungene
Reduktion auf rein religiöse Themen bis
hin zu konkreten Verfolgungsmaßnahmen
und Blutzeugen sprachen eine andere
Sprache.
Etwa 22 Laien und Priester fanden den
Tod durch die Nazis.
Viele Vereine mussten unter dem Druck
des Staates ihre Arbeit einstellen.
Die führenden Leute der Zentrale in Köln
gehörten auch zum Kölner Kreis (Die
Anfänge des so entstehenden Kölner
Kreises lagen in Gesprächsrunden von
KAB- und Kolping-Vertretern, ehemaligen
Christlichen Gewerkschaftern,
Zentrumspolitikern im Kettelerhaus.)
z.B. Kaplan Johannes Flintrop
(1904-1942)
Bezirkspräses in Mettmann. Er
wurde denunziert, weil er nicht an
den Endsieg glaubte und den
Nazis ebensoviele Schandtaten
zutraute wie den Russen. Am 1.
Mai 1942 in das KZ Dachau
überstellt, starb der junge
Seelsorger bereits am folgenden
28. August, an Phlegmone, wie die
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offizielle Mitteilung lautete.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
So der Generalsekretär Theodor Babilon
Theodor Babilon erblickte am 26. Februar 1899 in Köln das Licht
der Welt, wo er auch aufwuchs und zur Schule ging..
Im Jahre 1919 trat Babilon in den Dienst des Kolpingwerkes und
wurde deren Geschäftsführer.
In der Vermutung, daß sich in der Kolpingzentrale
Gleichgesinnte trafen, verhaftete die Gestapo am 15. August
1944 mehrere führende Männer des Kolpingwerks, unter anderen
Theodor Babilon und Dr. Leo Schwering. Fünf Tage lang wurden
sie in den berüchtigten Kellern des EL-DE-Hauses in der Kölner
Innenstadt verhört.
Nach einem Aufenthalt im Kölner Gefängnis Klingelpütz sowie
dem KZ-Außenlager Köln-Deutz wurden Babilon und
Kolpingpräses Richter auf den Weg in das KZ Buchenwald
gebracht, was einem Todesurteil gleichkam.
Babilon schmuggelte einen Zettel aus dem Zug, der bei seiner
Familie ankam. Darauf stand geschrieben: „Wir sind auf dem
Weg nach Buchenwald, denkt weiter an uns und betet für uns”.
Über das Todeslos von Babilon war viele Jahre nichts Sicheres
bekannt. Nachgewiesen war, daß er verhungert und
durchgefroren war und daher in das Krankenrevier eingeliefert
worden ist. Nach offiziellen Angaben ist er am 11. Februar 1945
an Gehirnhautentzündung gestorben.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Am 1. März 1945 wurde Franz Leuninger - ein christlicher
Gewerkschafter –aus Mengerskirchen WW. in BerlinPlötzensee hingerichtet. Am 26.2.1945 wurde er durch den
Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Er hatte auch
Kontakte zum Kölner Kreis.
Mit ihm gingen zwei ehemalige Gewerkschaftskollegen aus
Breslau in den Tod. Es waren Fritz Voigt, der ehemalige
Polizeipräsident von Breslau und Oswald Wiersich,
ehemaliger Bezirkssekretär des ADGB (Allgemeiner
Deutscher Gewerkschaftsbund) in Schlesien.
Franz Leuninger war für das Amt des Oberpräsidenten in
Schlesien vorgesehen (oder hatte Lukaschek für dieses
vorgeschlagen), das führte zu seiner Verurteilung nach
dem Scheitern des 20. Juli.
Er war Kolpingmitglied
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
4. Blick auf Dietkirchen
Pfarrer Breithecker
Wilhelm Breithecker, war 30 Jahre lang Pfarrer
und Dekan von Dietkirchen. Er war im
Konzentrationslager und wurde später
Ehrenbürger von Dietkirchen. Heute ist eine
Straße in Dietkirchen nach ihm benannt.
Er wurde am 31. Januar 1897 in Ellar geboren. Er
besuchte das Gymnasium in Hadamar. Nach
seinem Abitur war er noch 2 Jahre Soldat im 1.
Weltkrieg. 1922 wurde er in Limburg zum Priester
geweiht.
Zuerst war er Subregens im Bischöflichen Konvikt
Hadamar, danach Kaplan in Wiesbaden und vom
August 1929 bis 31. Januar 1939 Regens in
Montabaur. Am 1. Februar wurde er Pfarrer von
Dietkirchen.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Verhaftet wurde er am 7. März 1939 um 20. Uhr
im Konvikt in Monatabaur.
Als Verhaftungsgrund war die Weiterführung
der verbotenen Jugendorganisation
Neudeutschland im Konvikt. Letztlich ging
es um die Zerstörung der Konvikte um auch
diesen Einfluss der Kirche auf Jugendliche
auszuschließen. Breithecker wusste nichts
davon, zwei Theologiestudenten hatten diese
Gruppe heimlich weitergeführt.
Über die Gefängnisse Frankfurt, Kassel, Halle
und Berlin kam er 1940 in das KZ
Sachsenhausen, am 13. November kam er
nach Dachau. Am 28. März wurde er zu seiner
Überraschung entlassen und schlug sich
nach Dietkirchen durch. In einer feierlichen
Prozession vom Bildstock aus wurde er
abgeholt und zur Kirche geführt.
Bischof Wilhelm ernannte ihn 1955 zum
Geistlichen Rat und Dietkrichen zum
Ehrenbürger.
Das Kreuz in der Schule wurde über
die Zeit gerettet und hängt jetzt im
Pfarrhaus.
Im Alter von 85 Jahren starb er am 4. Juli 1982
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in Ellar.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
5. Ergebnisse
Nach Hochhut und Goldhagen kommt heute wieder
ein positives Bild des Widerstandes der Kirchen
(vor allem der katholischen) zustande.
Da katholische Milieu hat trotz allem Auf und Ab
gestanden. Deshalb versuchten ja die Nazis auch
den Rahmen dieses Milieu zu zerstören. Aus ihm
erwuchs ein erheblicher Widerstand. Für
Äußerungen der Kirche mussten vor allem Priester
bezahlen.
Viele Laien aus den Verbänden waren in der
Widerstandsbewegung aktiv und zahlten mit ihrem
Leben dafür. Sie beriefen sich dabei bewusst auf
ihre religiösen Überzeugungen und ihr Gewissen.
Roncalli, der später Papst
der XXIII wurde, war
Keine andere Institution oder Staat hat soviel Johannes
quasi ein Botschafter des Vatikans
Juden gerettet, wie die katholische Kirche undin der Türkei, in Istanbul zwischen
vor allem da der Vatikan (7-800.000).
1935 und 1945, er verhandelte er
im Interesse der jüdischen
Auf eine eigene Enzyklika in dieser Frage
die in die Türkei
wurde verzichtet, um das Los der Betroffenen Flüchtlinge,
geflüchtet waren, mit der
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nicht noch schlimmer zu machen.
türkischen Regierung.
Der Widerstand von Kirchen und Christen
•Die Internationalität der kath. Kirche war
in all diesen Fragen eine große Hilfe.
•1940 sagte schon Albert Einstein, dass
nur die Kirche protestiere.
•Der Dank jüdischer Politiker und
Organisationen an PIUS XII. spricht eine
eigene Sprache.
•Man kann wohl sagen, das die
katholische Kirche die Institution war,
die am meisten in der Ablehnung des
Nazistaates bewirkte.
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Etwas schwieriger war die Situation in der
evangelischen Kirche. Für sie hatte der Staat eine
größere Bedeutung, das ja bis Ende 1918 der
jeweilige Herrscher faktisch Oberhaupt der
Kirche (Summepiskopat) war. Hier war der das
deutschnationale Gedankengut verbreitet, das
1933 zu einem Überschwenken auf breiter Front
führte.
Im Pfarrernotbund und in der bekennenden
Kirche baute sich dann ein Widerstand auf,
der das Konzept der Nazis einer
einheitlichen Reichskirche unter
Vormundschaft der Nazis zerstörte.
Viele Pfarrer wurden in Haft genommen und
kamen ins KZ.
Wichtige Gestalten des Widerstandes sind
Bonhoeffer und Niemöller.
Martin Niemöller
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Der Widerstand von Kirchen und Christen
Wir waren schon als Kinder (ich war 11) der sicheren
Auffassung: „Jetzt sind die Juden verfolgt, wenn Hitler
den Krieg gewinnt, dann sind die Katholiken dran.“
Dass dies nicht ganz aus der Luft gegriffen war,
beweist eine Tischrede Hitlers von 1941: „Ich würde in
den Vatikan einmarschieren und die ganze Gesellschaft
herausholen! Und würde dann sagen: ‚Verzeihung, ich
habe mich geirrt.’ Aber sie wären weg.“
(Picker Hg, Hitlers Tischgespräche, Ffm 1993, S 108)
Der Papst war ja auch nach Deutschland „eingeladen“
worden. Er sagte zu einem deutschen Offizier: „Sagen
Sie ihren Auftragebern, der Papst habe keine Angst vor
dem KZ.“
Es ging also ums Ganze.
Dankbar können wir heute sein, dass Christen
sich gewehrt haben.
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