Umgang mit Widerstand im Beraterischen Prozess
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Transcript Umgang mit Widerstand im Beraterischen Prozess
Umgang mit Widerstand im Beraterischen Prozess
Ausarbeitung: ISS-Nordgruppe 2008-2010
Ulrike Brand-Seiß
Claudia Bull
Susanne Huchzermeier-Bock
Anne Kreutz
Andrea Linde
Anne-Katrin Wittern
Pia Zeiher
Sebastian Zollinger
Nicola Zulauf
Gliederung
1.
Begriff und Phänomen
(S. Huchzermeier-Bock & A. Linde)
- Murmelgruppen -
2.
Bedeutung für die Psychotherapie
(A. Kreutz & A. Wittern)
3.
Differenzierung innerhalb des systemischen Ansatzes
(P. Zeiher, N. Zulauf & U. Brand-Seiß)
- 10 Thesen -
4.
Gruppenarbeit
5.
Umgang des Beraters / der Beraterin mit Widerstand
(C. Bull & S. Zollinger)
1. Widerstand: Begriff und Phänomen
I.
Etymologie
II.
Physik
III. Neurobiologie
IV. Justiz
V.
Theologie
I.
Etymologie
These 1:
(1) Jede von einem Subjekt im beraterischen Prozess als Objekt
(Gegenstand) wahrgenommene Beobachtung kann als
Widerstand definiert werden:
Dinge, Personen, Situationen, Gefühle
II.
Physik
Thesen 2-4
(2) Widerstand (Stehen), Strom (Bewegung) und Spannung
(Potientialdifferenz) sind im übertragenen Sinn auch für
zwischenmenschliche und neurobiologische Prozesse die drei
wesentlichen Faktoren
(3) Je höher der Widerstand (das Stehen) auf der einen oder
anderen Seite im beraterischen Kontext, desto größer die
Spannung im gesamten Prozess
(4) Je größer der Strom (die Bewegung) auf der einen oder anderen
Seite im therapeutischen Gespräch, desto größer die Spannung
im gesamten Prozess
III. Neurobiologie
Menschliches Erkennen ist ein biologisches Phänomen und
nicht durch die Objekte der Außenwelt, sondern durch die
Struktur des Organismus determiniert.
Um eine strukturelle Kopplung mit einem lebenden System zu
erreichen, muss eine Information/ ein Reiz angemessen neu
und gleichzeitig wiedererkennbar sein.
Widerstand lässt sich auf dieser Ebene als Reaktion auf nicht
passende/ nicht ankoppelbare Informationen/ Reize verstehen.
Thesen 5 und 6
(5) Veränderung und Entwicklung können durch ein Gegenüber (=
Widerstand) - ein anderes Subjekt außerhalb meiner Selbst –
angeregt und in Gang gesetzt werden
(6) Kommunikation zwischen zwei Subjekten muss behutsam sein,
damit sie gelingt und keine die Kommunikation behindernden
Gefühle auslöst.
IV. Justiz
These 7
(7) Widerstand präsentiert sich auch im therapeutischen Prozess
als Menschenrecht
V.
Theologie
These 8
(8) Widerstand ist im Idealfall eine Ressource für
Veränderungsprozesse (Ich –Stärke)
Murmelgruppen
„Wenn Du Dich zurückerinnerst, welche Formen von Widerstand hast
Du in Deiner Biografie als förderlich erlebt?“
http://img.fotocommunity.com/Spezial/Aesthetik-der-Sichtbarkeit/Frauen-leisten-Widerstand-a18794644.jpg
2. Bedeutung für die Psychotherapie
I.
Psychoanalyse
II.
Verhaltenstherapie
III. Gestalttherapie
IV. Anfänge des Systemischen Denkens – Milton Erickson
I.
Psychoanalyse
Widerstand gegen das Aufdecken unbewusster
Zusammenhänge
Um Veränderung im Rahmen des therapeutischen Prozesses
herbeizuführen, müssen unbewusste Inhalte aufgedeckt werden.
Wenn bei dem Klienten Angst vor einer Veränderung besteht,
wird er mit Widerstand gegen das Aufdecken reagieren.
Zentrale Frage: Wie kann der Widerstand durch den
Therapeuten überwunden bzw. aufgebrochen werden, um
Veränderung zu ermöglichen?
II.
Verhaltenstherapie
„Widerstand“ neutral
Widerstand gegen die Veränderungsziele, gegen die
therapeutischen Mittel, die Interaktionsweisen in der Therapie
oder gegen das Modell vom Funktionieren des Menschen
richtet
Schutzfunktion des Widerstands für den Klienten
Verhaltenstherapeutische Mittel sind unanfällig für Widerstand
z.B. Desensibilisierung und Konditionierung.
Beim Auftreten von Widerstand im therapeutischen Prozess im
Bereich der verbalen Konditionierung, reagiert der Therapeut
individuell, so benötigen Klienten verschiedene Formen der
Verstärkung, um therapeutischen Erfolg zu erzielen.
Für einen Klienten wirkt eine positive Verstärkung als
Belohnung, für den anderen als Bestrafung.
III. Gestalttherapie
Widerstand gegen bestimmte Kontaktangebote bzw. gegen
Kontaktzwänge angesehen, die der Klient als schädlich für
sich empfindet.
Damit ist „Widerstand“ eine gesunde wachstumsfördernde
Haltung.
Widerstand als Schutzmaßnahme gegen einerseits innere
Bedrohung in Form von Angst, Unruhe, Schmerz, andererseits
als Bedrohung von außen in Form von zu großer Nähe des
Therapeuten nutzbar machen
Widerstand wird als unverrückbare Grenze des Klienten
verstanden.
Therapeutische Haltung des Gewährenlassens, die darauf
verzichtet, Veränderungen herbeiführen zu wollen
Die Paradoxie besteht im Verändern durch das Aufgeben der
Absicht, verändern zu wollen
IV. Anfänge des Systemischen Denkens – Milton Erickson
Widerstand wird als solcher nicht verstanden. Ausbleibende
Veränderung wird nicht dem Klienten angelastet, sondern dem
Therapeuten. So entsteht die Frage: „Was habe ich nicht
wahrgenommen und was war infolgedessen die falsche
Intervention?“.
Das, was der Klient mitbringt, nimmt der Therapeut an und
macht es nutz- und verwertbar (Utilisation).
Widerstand beim Klienten wird lediglich als Folge unerlaubter
Grenzüberschreitung des Therapeuten beschrieben.
Widerstand erscheint in der traditionellen
psychotherapeutischen Behandlungsmethodik als
unvermeidbares Nebenprodukt mit deutlich interpersonalem
Charakter. Diesem Phänomen entgeht Erickson durch
beschriebene Nutzbarmachung (Utilisation) jeglicher Angebote
von Klientenseite
These 9
(9) Widerstand im therapeutischen Prozess ist tendenziell sinnvoll
und eine Herausforderung an den Therapeuten.
3. Differenzierung innerhalb des Systemischen Ansatzes
I.
Verständnis von Widerstand im Systemischen Denken
II.
Klient: Anzeichen und Ursachen von möglichem Widerstand
III. Berater: Persönlichkeit, Beziehung, Setting
IV. Widerstand in einem System
I.
Verständnis von Widerstand im Systemischen Denken
Widerstand ist sinnvoll!
Interaktionsgeschehen und nicht oppostitionelles Verhalten
des/ der KlientIn
Widerstand ist kein Problem, sondern gehört zum
therapeutischen Prozess
II.
Anzeichen von möglichem Widerstand auf Seiten des Klienten
Zuspätkommen
Nichteinhaltung/wiederholtes Absagen von Terminen
Mimik, Gestik, Tonfall
Ablehnung von Interventionen
Verbrüderung/Machtkämpfe
„Mühsamer“ Prozess
Ausweichende Antworten
Ablenken
Nicht-verstehen-können
III. Mögliche Ursachen
Intervention vom Klienten nicht nachvollziehbar
Fehlendes Vertrauen in die Wirksamkeit
Emotionen
Unfreiwillige KlientInnen
IV. In der Person der Beraterin liegend
Eigene Befindlichkeit
Unsicherheit
Konfliktvermeidung
Professionalität
Eigene Betroffenheit
V.
Durch den Kontakt zum Klienten ausgelöst
Antipathie/Sympathie
Spiegelung des KlientInnenwiderstands
Kein Vertrauen in die Fähigkeiten des Gegenüber
Fehlende Passung/„Wellenlänge“
VI. Im Beratungssetting begründet
Vorwissen zum Klienten/zur Klientin
Berateranliegen ungleich Klientenanliegen
Ethik
VII. Widerstand in einem System
Widerstand in Veränderungsprozessen von sozialen Systemen
ist gängiges Phänomen
„Gate keeper“ Funktion:
schützt vor zu viel, zu schneller Veränderung
zeigt Bedürfnisse des Systems an
dient der Überlebensfähigkeit und damit der Weiterentwicklung
und Erneuerung
VII. Widerstand in einem System
Mögliche Gründe: Ängste
Gewinn durch Veränderung nicht ausreichend verstanden
Mangelnde Identifikation
Unzureichende Informationen
VII. Widerstand in einem System
Ursache für Widerstand: Angst
VII. Widerstand in einem System
Mögliche Zeichen von Widerstand:
Vermeidung bzw. Negierung des Konflikts
Dominantes Verhalten, Ärger, Ungeduld
Methoden statt Inhalte werden diskutiert
Arbeitsanweisungen werden ignoriert
Nebensächliches wird endlos besprochen
„Ersatz Projektion“ auf den/die Berater/in, den Change-Manager
Scheinbare Zustimmung ohne Engagement für die Umsetzung: „Ja, ja,
das mache ich schon“
Schuldzuweisung auf die Anderen / „die da oben“
These 10
(10) Im Systemischen Denken sind an dem Phänomen Widerstand sowohl
der Klient oder das Klientensystem als auch der Berater beteiligt.
4. Gruppenarbeit
Gruppe Orange „Unfreiwillige Klienten“
Gruppe Rot „Widerstand in Veränderungsprozessen von
Organisationen“
Gruppe Grün „Widerstand des Therapeuten“
Gruppe Gelb „Widerstand beim Klienten“
5. Reaktion des Therapeuten auf Widerstand und Umgang
I.
Systemischer Umgang
II.
Utilisationsprinzip
III. Konfusionstechniken
IV. In Zwangskontexten (Conen)
V.
Umgang mit Widerständen bei Veränderungen in
Organisationen
I.
Systemischer Umgang
Vertrauensbasis notwendig
Interesse für Situation und für Meinungen der Betroffenen
(Konstruktive) Fragen:
-
Was ist für die Betroffenen besonders wichtig?
-
Was könnte passieren, wenn man wie vorgesehen vorgehen
würde?
-
Was wären annehmbare Alternativen?
II.
Utilisationsprinzip (Milton Erickson)
Strategien und Interventionen werden ganz individuell und an den
Erfordernissen der Situation ausgerichtet, um der Einzigartigkeit
der Bedürfnislage eines Individuums gerecht zu werden.
Spiegeln (NLP)
Beim Spiegeln passt sich die Beraterin an verbale oder nonverbal
Teile des beobachteten Verhaltens einer Person an. Dies kann ein
Zusammengehörigkeitsgefühl, Sympathie und Vertrauen
vermitteln.
http://www.stolzverlag.de/media/orig/november/zunge-raus.jpg
III. Konfusionstechniken: Paradoxe Intervention
Eine paradoxe Intervention besteht in der Aufforderung, etwas
zu tun oder geschehen zu lassen, was man zwar tut, was man
aber eigentlich nicht tun will.
→ Beispiel: Herr M., „der Schweiß muss rinnen“
„Er kann Widerstand gegen die Therapie nur leisten, wenn er
sein Symptom aufgibt und kann das Symptom nur behalten,
wenn er den Widerstand aufgibt.“ (Simon/Stierlin)
Provokative Therapie (Frank Farelly)
Verwirrung, dann Lachen und dann Erleichterung.
Überraschungen, emotionaler Erregung und neuen
Blickwinkeln führen zu dauerhaften Veränderungen
Ziel ist die Stärkung der Selbstverantwortung
IV. In Zwangskontexten (Conen)
V.
Umgang mit Widerständen bei Veränderungen in Organisationen
Antennen ausfahren – in Dialog treten, Ursachen erforschen
Zeitnahes und transparentes Informieren aller Beteiligten über
Entscheidungen, Maßnahmen, Planungen ( auch der Leitungsebene)
Gemeinsame Absprachen – Vorgehen neu festlegen
Danke für eure Aufmerksamkeit!
Anna