Theodor W. Adorno - Reflexion zur Klassentheorie

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Theodor W. Adorno
Reflexion zur Klassentheorie
Seminar: Hauptströmungen des
Marxismus
Gliederung
1. Theodor W. Adorno
2. Einordnung und Kontext der Reflexion zur
Klassentheorie
3. Reflexion zur Klassentheorie
4. Diskussionsfragen
Theodor W. Adorno
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Geboren als Theodor Wiesengrund-Adorno am
11.09.1903 in Frankfurt am Main
Von 1933-1949 Leben in der Emigration
(Großbritannien, USA)
1947: 'Dialektik der Aufklärung' (mit Horkheimer)
1949: Rückkehr nach Frankfurt, Aufbau des Instituts
für Sozialforschung mit Horkheimer
1960er: Einer der Hauptakteure im 'Positivismusstreit'
1966: 'Negative Dialektik'
Tod am 06.08.1969 in Visp, Schweiz
1975: 'Gesellschaftstheorie und Kulturkritik' erscheint,
darin: „Reflexionen zur Klassentheorie“
Einordnung und Kontext
• Erfahrung Faschismus und ins besondere
deutscher Nationalsozialismus: kann
Klassentheorie und Begriff des Proletariats nicht
unberührt lassen
• Bürgerliche Gesellschaft in der totalen
Vergesellschaftung aufgehoben: lässt sich mit
Klassentheorie der kapitalistischen Gesellschaft
nicht mehr fassen
• Widerspruch: Verhältnisse nach dem Stand der
Produktivkräfte (über)reif zur Veränderung und
trotzdem zugleich immun dagegen
Gesellschaftstheorie und
revolutionäres Subjekt
• Abschied vom Proletariat als revolutionärem Subjekt,
Gesellschaftstheorie und Revolutionstheorie hängen
nicht mehr unmittelbar zusammen
• Das was für Befreiung steht „ist nicht positiv,
unmittelbar vorhanden; […]. Solche Nichtidentität ist
keine 'Idee'; aber ein Zugehängtes.“(Negative Dialektik
S.189)
• Selbstkritik des Marxismus notwendig, um unter
veränderten Voraussetzungen weiter die Möglichkeit
einer emanzipatorischen Theorie zu erhalten
Reflexionen zur Klassentheorie
II:
• „Die systematische Einheit der Geschichte, die den
individuellen Leiden Sinn geben oder erhaben zum
zufälligen es degradieren soll, ist die Zueignung des
Labyrinths, in dem die Menschen bis heute gefront
haben, der Inbegriff des Leidens. Im Bannkreis des
Systems ist das Neue, der Fortschritt, Altem gleich als
immer neues Unheil.“ (9)
• Dynamische Momente bei den Produktivkräften,
statische Aspekte bei den Produktionsverhältnissen;
teilt nicht Ansicht, dass Produktivkräfte notwendig die
Produktionsverhältnisse sprengen
Reflexionen zur Klassentheorie
III:
• „Die totale Organisation der Gesellschaft
durchs big business und seine Gegenwärtige
Technik, hat Welt und Vorstellung so lückenlos
besetzt, daß der Gedanke, es könnte
überhaupt anders sein, zur fast
hoffnungslosen Anstrengung geworden ist.“
(10)
Reflexionen zur Klassentheorie
III:
• „Die klassenlose Gesellschaft der Autofahrer,
Kinobesucher und Volksgenossen verhöhnt nicht
bloß die draußen sondern die eignen Mitglieder“
(11)
• „Durch die Integration ist der objektive
Antagonismus nicht verschwunden. Nur seine
Manifestation im Kampf ist neutralisiert.“
(Soziologische Schriften/Anmerkungen zum
sozialen Konflikt heute: 184)
• Klassen sind aufgehoben in der
klassenübergreifenden, die Klassen negativ
aufhebenden Volksgemeinschaft
Reflexionen zur Klassentheorie
IV und V:
• „Die Interessengleichheit reduziert sich auf die
Partizipation an der Beute“ (12)
• Doppelcharakter der Klasse: „Er besteht darin,
daß ihre formale Gleichheit die Funktion
sowohl der Unterdrückung der anderen Klasse
hat wie die der Kontrolle der eignen durch die
Stärksten“ (13)
• Anonyme Herrschaft des Kapitals ist zur
Diktatur der Führer der Cliquen und Gangs
geworden
Reflexionen zur Klassentheorie
VI:
 Die Klassentheorie ist seit Marx nicht
ausreichend weiterentwickelt worden, weshalb
sie Schwächen aufweist
 Die bürgerliche Soziologie ist so in der Lage,
Belege gegen die Klassentheorie zu sammeln und
die Existenz von Klassen in Frage zu stellen
 „Die Theorie, die an der Lage heute lernt, die
Banden in den Klassen zu identifizieren, ist die
Parodie auf die formale Soziologie, welche die
Klasse leugnet, um die Banden zu verewigen.“
(17)
Reflexionen zur Klassentheorie
VII:
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Am anfälligsten für Kritik innerhalb der marxistischen
Klassenlehre ist die Verelendungstheorie

Gegen diese ließe sich jegliche Statistik ins Feld führen,
denn der Lebensstandard der Proletarier hat sich
verbessert
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Voraussetzung für die Verelendungstheorie ist der
ungestörte, autonome Ablauf des
Wirtschaftsmechanismus – dieser ist unterm Monopol
jedoch nicht mehr gegeben
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Verbesserung des Lebensstandards der Proletarier durch
'außerökonomische' Mittel
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„Der Schauplatz des kryptogamen, gleichsam zensurierten
Elends aber ist die politische und gesellschaftliche
Ohnmacht“ (20)
Reflexionen zur Klassentheorie
VIII:
 Die objektive historische Tendenz ist insofern
Täuschung, wie sie nicht ohne weiteres mit den
subjektiven Interessen der Herrschenden
harmoniert
 „Geschichte ist Fortschritt im Bewusstsein ihrer
[der herrschenden Cliquen] eigenen Freiheit
durch die historische Objektivität hindurch und
diese Freiheit nichts als das Reversbild der
Unfreiheit der anderen. Das ist die wahre
Wechselwirkung der Geschichte und der
Banden“ (21)
Reflexionen zur Klassentheorie
IX:
 Der (marxistischen) Theorie ist der Gedanke der
Ohnmacht nicht fremd, er taucht unter dem Begriff
„Entmenschlichung“ auf
 Die Industrie droht das Bewusstsein der Arbeiter zu
deformieren: Brutalisierung der Arbeiter, wachsende
Entfremdung vom mechanisierten Arbeitsprozess
 „Von einer Verdummung des Proletariers, der den
eigenen Arbeitsprozess nicht mehr begriffe, kann gar
keine Rede sein.“ (23) – an der Ohnmacht ändert dies
jedoch nichts
 So sehr das System der Entmenschlichung Einhalt
geboten hat, so sehr produziert das System das
Proletariat
Reflexionen zur Klassentheorie
IX:
 Totalität der Gesellschaft: ihre Mitglieder werden nicht
nur mit Haut und Haaren beschlagnahmt, sondern sie
werden nach dem Ebenbild der Gesellschaft
geschaffen
 „Entmenschlichung ist keine Macht von außen, keine
wie immer geartete Propaganda, kein
Ausgeschlossensein von Kultur. Sie ist gerade die
Immanenz der Unterdrückten im System, die einmal
wenigstens durch Elend herausfielen, während heute
ihr Elend ist, dass sie nicht mehr herauskönnen.“ (25)
 „Die Pseudomorphose der Klassengesellschaft an die
klassenlose ist so gelungen, dass zwar die
Unterdrückten aufgesaugt sind, alle Unterdrückung
aber manifest überflüssig geworden ist.“ (25)
Diskussionsfragen
Aktualität von:
• Rackets, Cliquen Banden: Freiheit der
Herrschenden oder subjektloser Systemzwang
(später Nietzsche zitiert: Kein Hirt und eine
Herde)?
• Durchlöcherung Marktökonomie?
• Aufgabe des Proletariats als revolutionäres
Subjekt, weil total in die klassenlose
Klassengesellschaft integriert?