Gegen die informationelle Fremdbestimmung

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Transcript Gegen die informationelle Fremdbestimmung

Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und
Informationsfreiheit
Freie
Hansestadt
Bremen
Gegen die informationelle Fremdbestimmung
Dr. Imke Sommer
Veranstaltungsreihe Neue Medien - Neue Demokratie
Forum Offene Wissenschaft der Universität Bielefeld
21. November 2011
Tätigkeitsbereich der
Landesbeauftragten
für Datenschutz und
Informationsfreiheit
Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und
Informationsfreiheit
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Bremen
• Datenschutzaufsichtsbehörde
– Für den öffentlichen Bereich (Verwaltung)
– Für den nicht-öffentlichen Bereich (Private, Wirtschaft, Verbände,
etc.)
• Informationsfreiheit
• Unabhängigkeit
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Informationsfreiheit Zentrales
elektronisches
Informationsregister
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Informationsfreiheit
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Datenschutz ist
Grundrechtsschutz
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Informationsfreiheit
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1. Grundrecht auf
Vertraulichkeit und Integrität
informationstechnischer Systeme
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Datenschutz ist
Grundrechtsschutz
Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und
Informationsfreiheit
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2. Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung,
„das Recht, selbst zu bestimmen, wer wann was über mich weiß“
„Darauf verzichtet, etwas im Netz erneut
nachzuschlagen, aus Angst, die Google-Mitarbeiter
könnten mich für doof halten.“
(Zitat / Tweet von Benjamin Nickel, veröffentlicht im Twitterbuch)
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Grundrecht auf
informationelle
Selbstbestimmung
•
•
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Freie
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Vom Bundesverfassungsgericht im „Volkszählungsurteil“ hergeleitet aus:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“
(Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz)
Allgemeines Persönlichkeitsrecht:
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“
(Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz)
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Grundrecht auf
informationelle
Selbstbestimmung
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Informationsfreiheit
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Bremen
• Eingriff in das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung?
– Tangiert der Eingriff den Schutzbereich des Grundrechtes?
– Umfasst ist schon der Schutz vor dem “diffusen Gefühl des
Beobachtetseins”
• Gerechtfertigt und daher keine Verletzung des Grundrechtes?
Rechtfertigungsmöglichkeiten für Eingriffe
1. Gesetzliche Grundlagen
2. Einwilligung der/des Betroffenen
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Grundrecht auf
informationelle
Selbstbestimmung
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Informationsfreiheit
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Bremen
Ist der Eingriff gerechtfertigt und liegt deshalb keine Verletzung
des Grundrechtes vor ?
Rechtfertigungsmöglichkeiten für Eingriffe:
1. Gesetzliche Grundlagen als Ausdruck der kollektiven
demokratischen Selbstbestimmung
im privaten Bereich gilt das Bundesdatenschutzgesetz
(§ 4: Datenverarbeitung ist nur zulässig, soweit dies ein
Gesetz erlaubt oder der/die Betroffene eingewilligt hat)
im öffentlichen Bereich gelten
Landesdatenschutzgesetze, Polizeigesetze,
Sozialgesetzbücher, Schulgesetze, (...)
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Grundrecht auf
informationelle
Selbstbestimmung
Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und
Informationsfreiheit
Freie
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Bremen
Ist der Eingriff gerechtfertigt und liegt deshalb keine Verletzung des
Grundrechtes vor ?
Rechtfertigungsmöglichkeiten für Eingriffe:
1. Gesetzliche Grundlagen als Ausdruck der kollektiven
demokratischen Selbstbestimmung
2. Einwilligung der/des Betroffenen als Ausdruck der
individuellen Selbstbestimmiung
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Einwilligung
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Informationsfreiheit
Freie
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Wirksamkeitsvoraussetzungen:
• Freiwillig
• Informiert
• Schriftlich
• Jederzeit widerruflich
• Vor der Datenverarbeitung
Fehlt eine der Wirksamkeitsvoraussetzungen, liegt keine den
Eingriff rechtfertigende Einwilligung vor und der Eingriff ist
rechtswidig.
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Google street view (1)
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• Was hat der Internetdienst Google street view mit dem
Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für den Eingriff in das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu tun?
• Die Google street view - Geschichte “Wie starke Wellen vom
flachen Deich gebrochen werden”
- “Anrollen” 13-Punkte-Papier - Vorabwiderspruch
- “Auftürmen” öffentliche Debatte,defensive Reaktion von google,
Gesetzentwurf des Bundesrates
- “Totlaufen” Geodatenkodex der Geodatenwirtschaft, “Rote-LinieGesetzentwurf” des Bundesinnenministers
- “Ein Problem mit dem Ausbremsen der öffentlichen Debatte
melden”
.
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Google street view (2)
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• Selbstregulierung “Widerspruchsrecht von Googles Gnaden” ist
nicht gleichzusetzen mit dem vom demokratische legitimierten
Gesetzgeber verabschiedeten Gesetz!
• Weder Einwilligungen noch Gesetze rechtfertigen den Eingriff in
das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
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facebook (1)
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Was hat der Internetdienst facebook mit dem Erfordernis einer
wirksamen Einwilligung für den Eingriff in das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung zu tun?
• Ausmaß der Datenverarbeitungen, Profilbildungen
• Datenverabeitungen von ahnungslosen Dritten wegen fehlender
Einwilligung klar rechtswidrig
• Datenweitergabe in die USA
• Gesichtserkennung und das Recht am eigenen Bild
• Identitätsklau
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facebook (2)
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• Keine gesetzliche Grundlage, daher Einwilligung erforderlich.
• Mark Zuckerberg: “Die Privatsphäre ist nicht mehr zeitgemäß”,
Zukunftskongress prognostiziert 2009, dass die Menschen 2019
keine Wertschätzung mehr für die Privatheit haben werden
• Wirksamkeit der Einwilligung erfordert unter anderem die
Informiertheit über die Datenverarbeitungen. Die fehlt bei
facebook.
• Wie beurteilen Sie die Freiwilligkeit von Einwilligungen?
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facebook (3)
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Problematik der Freiwilligkeit von Einwilligungen in
Datenverarbeitungen durch facebook
• von außen kommender Zwang (“ich kann nicht sagen, was ich
wirklich denke, weil ich dafür Nachteile zu erwarten habe”)
– Bewusste Kenntnis der Nachteile
– hierarchische Verhältnisse (klar vorhanden im Arbeitsverhältnis,
Universität?)
– Sozialer Zwang, der mir bewusst ist
• Innerer Zwang (äußere Strukturen bewirken einen Zwang, den
ich nicht erkenne und daher nicht reflektieren kann)
– Sozialer Zwang, der mir nicht bewusst ist
– Noch keine ausreichende Fähigkeit zur Reflexion entwickelt
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Gegen die
informationelle
Fremdbestimmung!
•
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Vorrang der kollektiven vor der individuellen Selbstbestimmung
– Gesetzliche Regelungen auf nationaler, europäischer und internationaler
Ebene
– Problematisch, wenn sie sich auf Gegenstände beziehen, in denen eine
Einwilligung wegen mangelnder Freiwilligkeit unwirksam wäre
(Arbeitsverhältnis)
•
Medienkompetenz - ohne erhobenen Zeigefinger
•
Fremdbestimmung erkennen
•
Selbstbestimmungsmut entwickeln
•
Auf das Fremdbestimmen verzichten - Respekt
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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Dr. Imke Sommer
Arndtstraße 1
27570 Bremerhaven
Tel. 0421/ 361-18106
E-Mail: [email protected]
www.datenschutz.bremen.de
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