Hospizarbeit

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Hospizarbeit
Was lernen wir aus ihrer Geschichte
für unsere Zukunft?
Vortrag von Peter Godzik
am 3. Juni 2011 in Dresden
Sterbende: „Unter die Räuber gefallen“
Sterbende: Achtlos alleingelassen
Sterbesituation vor 50 Jahren
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Abstellkammer
Badezimmer
Spanische Wand
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Hospizarbeit: Aufmerksame
Zuwendung für Sterbende
Barmherzige Helferinnen
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Ars moriendi im Mittelalter
Barmherzige Schwestern in Irland
und England (19./20. Jahrhundert)
Cicely Saunders („rounded care“,
1967/1971)
Elisabeth Kübler-Ross („Interviews
mit Sterbenden“, 1969/1971)
…
Erneutes Vorübergehen der Experten
Expertenmeinungen 1978
Sterbekliniken verbunden mit:
 Abschiebung
 Verdrängung
 Nehmen der Hoffnung
 Schritt hin zur Euthanasie
 …
Zuwendung zu den Sterbenden
Anfänge in Deutschland
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1980: Helmut R. Zielinski („Hospiz“)
1983: Station für palliative Therapie an
der Chirurgischen Universitätsklinik Köln
1984: Ursula Lesny („Sitzwachen“),
Christoph Student (AG „Zuhause
sterben“)
1985: Christophorus Hospiz Verein
München, Petra Muschaweck und Franco
Rest („Omega - Mit dem Sterben leben“)
1986: Paul Türks und Heinrich Pera
1987: Daniela Tausch
Auf den Esel gehoben
Gerangel um den richtigen Esel
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1988: Deutsche Hospizhilfe
1992: BAG Hospiz
1994: DGP
1996: Deutsche Hospizstiftung
(jetzt: Patientenschutzorganisation)
2007: DHPV
2011: Deutsche Hospiz- und
Palliativstiftung
Auf dem Weg zur Herberge
Formen der Hospizarbeit
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Vorträge, Initiativen, Vereine
Ausbildungs- und Vorbereitungsmodelle
Einrichtungen
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ambulant
teilstationär (Tagespflege)
stationär (Hospize, Palliativstationen)
Hospizarbeit & Palliativmedizin
Merkmale guter Hospizarbeit
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Im Mittelpunkt: Der Sterbende und seine
Angehörigen (Zugehörigen)
Unterstützung durch ein interdisziplinär
arbeitendes Team
Einbeziehung freiwilliger HelferInnen
(ausgebildet nach dem „Celler Modell“)
Spezielle Kenntnisse in der Symptomkontrolle (Schmerztherapie)
Kontinuität in der Begleitung (auch:
Trauerbegleitung)
Finanzierung & Rahmenbedingungen
Gesetzliche Regelungen
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1997:
2001:
2007:
2009:
§ 39a SBG V
§ 39a Abs 2 SGB V
§ 37b SGB V
Patientenverfügungsgesetz
Hospiz: Eine Gemeinschaftsaufgabe
Arbeitsteilung im Hospizverein
Arbeitsteilung im Palliative Care-Team
Ressourcen: Der Zugang ist versperrt
Dem Sozialstaat aufs Dach steigen
Der ungewöhnliche Zugang:
10 % Eigenbeteiligung
Die Stabilität scheint gefährdet
Die Hospizbewegung geht ihrer Wege
Chancen & Gefährdungen
Seit 1980 hat sich die Hospizbewegung entfaltet. Wenn man so
will, ist hier zum ersten Mal ein fast flächendeckendes
Versorgungssystem nicht von oben herunter, sondern von
unten herauf, allein aufgrund freiwilliger Bürgerinitiativen
entstanden. Hier sind inzwischen mehr als 80.000 Bürger
tätig.
Sie widerlegen damit das einseitige Medienmenschenbild,
wonach wir angeblich Sterben und Tod verdrängen und
tabuisieren. Sie grenzen auch die Gültigkeit der Ergebnisse
der von Profi-Interessen nicht immer freien FreiwilligkeitsForschung ein, wonach Freiwillige heute meist nur an kurzfristigen Projekten interessiert sind; im Hospizbereich handelt
es sich in der Regel um sehr langfristige Engagements.
Man kann sogar sagen, dass die eigentlich für Sterben und Tod
verantwortlichen Profis, die Pflegenden und die Ärzte, von der
Hospizbewegung erst (über Pflegeversicherung und Palliativmedizin) geweckt worden sind, auch wenn die Bürger damit
selbst verschuldet haben, dass nun die Profis mit den
Hospizlern rivalisieren, was nicht ohne die Gefahr einer ReProfessionalisierung und einer Re-Institutionalisierung
abgehen kann.
Klaus Dörner, 2007
Kritisch ins Stammbuch
Statt mit Selbstbewusstsein darauf zu bestehen, dass die soziale
Einbettung der Sterbenden die wichtigste Voraussetzung für
ein würdiges Sterben ist, lässt sich die Hospizbewegung auf
das Stühlchen der Ehrenamtlichen am Bett setzen, die dem
medizinisch-pflegerischen Tun selbstverständlich die Priorität
einräumt. Statt davon auszugehen, dass sie das Eigentliche
hütet, buhlt sie immer mehr um die Anerkennung durch die
Palliativmedizin. …
Die Hospizbewegung ist in der Gefahr, ein Teil jenes Prozesses
zu werden, der das Sterben zur Planungsaufgabe werden
lässt. Sie ist aufgebrochen, um aus dem Ägypten eines kalten
und seelenlosen Krankenhaussterbens auszuziehen und
kommt nun nicht etwa im gelobten Land einer würdigen
Sterbekultur an, sondern findet sich plötzlich als Teil eines
Managementprojektes, das „Sterben“ heißt, wieder.
Die Hospizbewegung ist zu erfolgreich. Und sie droht an diesem
eigenen Erfolg zu Grunde zu gehen. In spätestens zehn
Jahren wird sie gestorben sein, wenn sie die Richtung nicht
ändert, oder sie wird so in die Palliativmedizin inkorporiert
sein, dass sie sich selbst nicht mehr wiedererkennt.
Reimer Gronemeyer & Andreas Heller, 2007
Sorgenvoll
Die palliativ verschluckte Hospizlichkeit wäre das erneute Ende der
Menschengemäßheit.
Franco H. Rest, 2010
Übertreibungen,
vor denen wir uns hüten sollten
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Institutionalisierung
Ökonomisierung
Professionalisierung
(Ehrenamtler als „clerus minor“)
Qualitätsnormierung
Segmentierung
Spezialisierung
Standardisierung
Zertifizierung
(Dokumentation vs. Zuwendung)
Wesensmerkmale guter Hospizarbeit
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das Bemühen um eine wirklich
individuelle Betreuung
eine Atmosphäre, die nicht aus der
Kontrolle, aus dem Standard, aus
dem Katalog für medizinischpflegerisches Equipment kommt
(Thile Kerkovius/ Reimer Gronemeyer, 2011)