Oldenburg_31_01_2011.. - Universität Oldenburg

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Ringvorlesung „Krise als Chance ?“
Logotherapie - ein Weg aus der Sinnkrise?
Oldenburg, 31. Januar 2011
Jörg Zimmermann
Logotherapie – ein Weg aus der Sinnkrise?
I.
Viktor Frankl
II. Anthropologische Grundlagen der Existenzanalyse
III. Der Wille zum Sinn
IV. Logotherapie als sinnorientierte Psychotherapie
Viktor Emil Frankl
* 26. März 1905
† 2. September 1997
1923
Medizinstudium
(Depressionen und Suizid Schwerpunktthemen)
Persönliche Kontakte zu Freud und Adler
1926
Vorträge auf Kongressen in Düsseldorf, Frankfurt, Berlin;
Einführung des Begriffs „Logotherapie“
1928
Gründung von Jugendberatungsstellen in Wien und anderen
Städten
1930
Kliniktätigkeit in der Wiener Psychiatrie „Am Steinhof“
Organisation einer Sonderaktion zur Zeit der Zeugnisausgabe
(zu der Zeit keine Suizide von Schülern)
„Vor allem wollte ich herausbekommen, wie der Patient es
anstellt, wenn sein Zustand sich bessert“
Viktor Emil Frankl
ab 1933
Leitung des „Selbstmörderinnenpavillons“, Psychiatrisches
Krankenhaus in Wien (Oberarzt, Behandlung von bis zu
3000 selbstmordgefährdeten Frauen pro Jahr)
1937
Praxiseröffnung
1938
Verbot, arische Patienten zu behandeln
1939
Aufsatz „Philosophie und Psychotherapie. Zur Grundlegung
einer Existenzanalyse.“
1940
Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals,
wo nur jüdische Patienten behandelt werden
1941
Heirat mit Tilly Grosser.
Viktor Emil Frankl
1942 bis 1945
Deportation ins Ghetto Theresienstadt
Internierung in mehreren Konzentrationslagern
Ermordung der Eltern, des Bruders und der Ehefrau
Stenographische Rekonstruktion der „Ärztlichen Seelsorge“
Befreiung im April 1945
1946
Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik [bis 1971]
Habilitation mit der rekonstruierten „Ärztlichen Seelsorge“
(in 9 Tagen) Diktat des Buches „Ein Psychologe erlebt das
Konzentrationslager“
[engl. Titel „Man‘s Search for Meaning“, 9 Millionen Exemplare]
Viktor Emil Frankl
1947
Heirat mit Eleonore Katharina Schwindt
1948
Promotion in Philosophie „Der unbewusste Gott“
1955
Professor für Neurologie und Psychiatrie, Universität Wien
Gastprofessuren an mehreren amerikanischen Universitäten
diverse Beiträge & Publikationen
II. Anthropologische Grundlagen der Existenzanalyse
Das Menschenbild in der Seelenheilkunde
„Jede Psychotherapie basiert auf
anthropologischen Prämissen – oder,
wenn sie nicht bewusst sind, auf
anthropologischen Implikationen“.
Frankl, V. E. (1959). Das Menschenbild in der Seelenheilkunde. Drei Vorlesungen zur
Kritik des dynamischen Psychologismus. Stuttgart: Hippokrates-Verlag.
Das Menschenbild der Existenzanalyse
Die drei Existentialien*:
1. Geistigkeit
2. Freiheit
3. Verantwortlichkeit
sind Voraussetzung der logotherapeutischen
Grundüberzeugung, dass der Mensch einen unbedingten
Willen zum Sinn hat.
*(vgl. Existenzialien bei Heidegger: u.a. Sorge und Angst)
Das Menschenbild von Karl Jaspers
Signa der Existenz
Geist
Freiheit
Reflexion
Existenzialien
„Verkehrung in Existenzwissen“
„Festlegung von Existenz“
Jaspers, K. (1973). Allgemeine Psychopathologie. Berlin: Springer.
Fintz, A. (2002). Frankl mit Jaspers verstehen. Logotherapie und Existenzphilosophie.
Universität Konstanz.
Das Menschenbild des Materialismus
1. Der Mensch ist nicht Geist,
sondern Materie.
2. Der Mensch ist als biologisches Wesen
determiniert.
3. Der Mensch ist für seine Handlungen
nicht verantwortlich zu machen.
Der Wille zum Sinn ist in einer rein materialistisch
konzeptualisierten Welt sinnlos!
Naturalismus: Was die Seele wirklich ist
„Sie, Ihre Freuden und Leiden,
Ihre Erinnerungen, Ihre Ziele,
Ihr Sinn für Ihre eigene Identität
und Willensfreiheit – bei alledem
handelt es sich in Wirklichkeit nur
um das Verhalten einer riesigen
Ansammlung von Nervenzellen
und dazugehörigen Molekülen.“
Crick, Francis H. (1997). Was die Seele wirklich ist. Die naturwissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins . Reinbek
b. Hamburg: Rowohlt.
Naturalismus: Was die Seele wirklich ist
„Sie, Ihre Freuden und Leiden,
Ihre Erinnerungen, Ihre Ziele,
Ihr Sinn für Ihre eigene Identität
und Willensfreiheit – bei alledem
handelt es sich in Wirklichkeit nur
um das Verhalten einer riesigen
Ansammlung von Nervenzellen
und dazugehörigen Molekülen.“
Crick, Francis H. (1997). Was die Seele wirklich ist. Die naturwissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins . Reinbek
b. Hamburg: Rowohlt.
Reduktionismus
„Geistige Zustände sind immer
Hirnzustände, also physikalische
Zustände.“
Hans Flohr, Neurobiologe
Die drei Existentialien:
1. Geistigkeit
Der Mensch von heute weiß zur Genüge, dass er
Triebe hat; was wir ihm – entgegen Freud – zu
zeigen haben,
ist eher das Gegenteil, nämlich, dass er auch
Geist hat
– Geist, Freiheit und Verantwortung.
Frankl
Die geistige Dimension
PSYCHO
SEELE
PHYSIKUM
KÖRPER
„Trotzmacht des Geistes“
Dimensionalontologie
Der Mensch besitzt eine leibliche, seelische und eine geistige Dimension.
„Wie es uns nicht einfällt zu behaupten, ein Trinkglas setze sich
zusammen aus einem Kreis und einem Rechteck, ebensowenig setzt sich
der Mensch zusammen aus Leib, Seele und Geist.“ (Frankl, 1982)
geistig
z.B. psychisch
z.B. leiblich
„Verschiedene Dinge aus ihrer Dimension heraus, in ein und dieselbe
Dimension hinein projiziert, die niedriger ist als ihre eigene, bilden sich auf
eine Art und Weise ab, dass die Abbildungen mehrdeutig sind.“
(Frankl, 1983)
Perspektivismus
Physische Denkform
Semantische Denkform
Phänomenale Denkform
Laucken, U. (2003) Theoretische Psychologie. Denkformen und Sozialpraxen. Oldenburg:
BIS-Verlag der Universität Oldenburg.
Perspektivismus
Physische Denkform „Geist kann als ein
Semantische Denkform
Phänomenale Denkform
physikalischer Zustand
verstanden werden,
genauso wie
elektromagnetische
Welle, Mechanik,
Wärme.“ (Roth, 1997)
Laucken, U. (2003) Theoretische Psychologie. Denkformen und Sozialpraxen. Oldenburg:
BIS-Verlag der Universität Oldenburg.
Perspektivismus
Physische Denkform
Symbolisierte Welt
Semantische Denkform Erkenntnisobjekte:
Bedeutung und Sinn
Phänomenale Denkform
Laucken, U. (2003) Theoretische Psychologie. Denkformen und Sozialpraxen. Oldenburg:
BIS-Verlag der Universität Oldenburg.
Perspektivismus
Physische Denkform
Semantische Denkform
Phänomenale Denkform Erkenntnisobjekt:
Subjektivität
Laucken, U. (2003) Theoretische Psychologie. Denkformen und Sozialpraxen. Oldenburg:
BIS-Verlag der Universität Oldenburg.
Die psychische Dimension nach Frankl
Wahrnehmung
KOGNITIVES
Intelligenz
Soziale Fähigkeiten
„Über-Ich“
PSYCHE
Gedächtnis
Lernfähigkeit
Triebe, bedingte
Reflexe
AFFEKTIVES
„Zuständliche“
Gefühle = Emotionen
Die geistige (noetische, noologische) Dimension
Spiritualität
(Glaube)
Fähigkeit zur
Selbstdistanzierung
Willensentscheidungen
Personale
Instanz
Entscheidende
Instanz
Ethisches
Empfinden
„Gewissen“
NOUS
Fähigkeit zur
Selbsttranszendenz
Stellungnehmende
Instanz
Intuition
Bewertende
Instanz
Fähigkeit zur Sinnfindung
Über-Ich
Humor
Die drei Existentialien:
2. Freiheit
Freiheit
„Unser Selbstverständnis sagt uns:
Wir sind frei (…).
Der Naturwissenschaftler kann
als solcher immer nur Determinist sein.“
Neurobiologie der Willensfreiheit
Freiheit
Existenz gehört nicht zum Bereich
der Tatsachen, sondern zum
Bereich der Freiheit.
Die existentielle Freiheit
hat keine Ursache.
Hersch, J. (1999). Karl Jaspers. München: Piper.
Freiheit
Die Biologie bietet nur relative Freiheit.
Die drei Existentialien:
3. Verantwortlichkeit
Existenzanalyse
„Die Existenzanalyse spricht
den Menschen nicht frei,
ohne ihn zur gleichen Zeit
auch verantwortlich zu sprechen.“
Die Konzeption vom Menschen als entscheidendes Wesen.
Freiheit und damit Verantwortlichkeit werden durch die
geistige Dimension ermöglicht.
Reduktionismus
"Die Annahme ..., wir seien voll
verantwortlich für das, was wir
tun, weil wir es auch anders
hätten tun können, ist aus
neurobiologischer Sicht unhaltbar.“
Singer, W. (2000). Wer deutet die Welt? Streitgespräch zwischen Wolf Singer und Lutz
Wingert. Die Zeit, 50, 7.12.2000, 43-44.
Antwort auf den Reduktionismus
Freiheit, Verantwortlichkeit und Geistigkeit
erscheinen nur in der phänomenalen Perspektive
bzw. der geistigen Dimension und sind
„Signa der Existenz“.
III. Der Wille zum Sinn
Bedeutungen von Sinn
• Bedeutung von „Richtung“
(Uhrzeigersinn)
• Bedeutung von Wahrnehmung
(„mit allen Sinnen“)
• Bedeutung in einem axiologischen Verständnishorizont
(Sinn einer Handlung, Sinn der Geschichte; Wertbezogenheit)
• Bedeutung mit Verweis auf die Teleologie
(Zielgerichtetheit)
• Bedeutung in einem funktionalen Verständnis
(ein Teil gewinnt durch seine Funktion im Ganzen Sinn)
• semantische Verwendung
(„Schriftsinn“, „meaning“)
Sedmak, C. (2005). Die Sinnfrage als Movens philosophischer Reflexion. In D. Batthyány & O.
Zsok,Viktor Frankl und die Philosophie. Wien: Springer.
Der Sinn des Lebens
„Die Frage nach dem Sinn des Lebens
speist sich aus dem axiologischen
und dem teleologischen
Bedeutungsstrang.“
Sedmak, C. (2005). Die Sinnfrage als Movens philosophischer Reflexion. In D. Batthyány & O.
Zsok,Viktor Frankl und die Philosophie. Wien: Springer.
Der Sinn des Lebens
„Die Frage nach dem Sinn menschlichen
Lebens ist eine Frage, die auf Fragen der
Selbstkontextualisierung und der
Bestimmung des Kontexts
des eigenen Lebens verweist.
Die Frage nach dem Kontext des Lebens
kann auch als Frage nach dem Regelwerk,
in das das Leben eingebettet ist,
verstanden werden.“
Sedmak, C. (2005). Die Sinnfrage als Movens philosophischer Reflexion. In D. Batthyány & O.
Zsok,Viktor Frankl und die Philosophie. Wien: Springer.
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben
und nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes Pseudoproblem
(Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte Folge eines
Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
Christentum
Sinn ist objektiv vorhanden,
Gott gegeben.
Richtung und Ziel sind vorgegeben:
eine gottgefällige Lebensführung.
»Du sollst den Herrn, deinen Gott,
lieben mit deinem ganzen Herzen
und mit deiner ganzen Seele und
mit deinem ganzen Denken«.
»Du sollst deinen Nächsten lieben
wie dich selbst«.
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben und
nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes
Pseudoproblem (Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte Folge eines
Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
Existenzialismus
„... la vie n’a pas des sens, a priori.
Avant que vous ne viviez, la vie,
elle, n’est rien, mais c’est à vous de
lui donner un sens, et la valeur
n’est pas autre chose que ce sens
que vous choisissez.“
„[...] das Leben hat a priori keinen
Sinn. Ehe Sie leben, ist das Leben
nichts; es liegt bei Ihnen, ihm
einen Sinn zu verleihen, und der
Wert ist nichts anderes als der
Sinn, den Sie wählen.“
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben und
nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes Pseudoproblem
(Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte
Folge eines Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
1. Wiener Schule - Lustgewinn
„Im Moment, da man nach dem
Sinn und Wert des Lebens fragt, ist
man krank, denn beides gibt es ja
in objektiver Weise nicht; man hat
nur eingestanden, daß man einen
Vorrat von unbefriedigter Libido
hat, und irgend etwas anderes muß
vorgefallen sein, eine Art Gärung,
die zur Trauer und Depression
führt.“
Freud, S. (1937). Brief aus Grinzing an Marie Bonaparte.
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben und
nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes Pseudoproblem
(Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte Folge eines
Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
2. Wiener Schule – Vollkommenheit
„Die Individualpsychologie steht
ganz auf dem Boden der Evolution
und sieht alles menschliche Streben
im Lichte derselben als ein Streben
nach Vollkommenheit.“
"Leben heißt, Anteil zu nehmen an
den Mitmenschen. Teil des Ganzen
zu sein, nach Kräften zum Wohl der
Menschheit beizutragen."
Adler, A. (1933). Der Sinn des Lebens.
2. Wiener Schule – Vollkommenheit
Drei ungeeignete Versuche
Vollkommenheit zu erreichen
… über andere herrschen zu wollen
… sich auf andere zu stützen
… die Aufgaben des Lebens ungelöst
zu lassen, um sichere Niederlagen
zu vermeiden
Adler, A. (1933). Der Sinn des Lebens.
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben und
nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes Pseudoproblem
(Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte Folge eines
Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
Analytische Psychologie
„Das gibt inneren Frieden, wenn
Menschen das Gefühl haben, daß
sie ein symbolisches Leben führen,
daß sie Schauspieler im göttlichen
Drama sind. Das ist das einzige,
was dem menschlichen Leben
einen Sinn verleiht; alles andere
ist banal und man kann es beiseite
lassen.“
Thesen zum Sinnbegriff
1. Sinn ist die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen im Leben und
nach dem Tod (Christentum)
2. Sinn ist nicht existent, sondern ein selbsterzeugtes Pseudoproblem
(Sartre)
3. Sinn ist eine subjektive Wunschvorstellung als krankhafte Folge eines
Triebkonflikts (Freud)
4. Sinn ist der Vollkommenheit näher zukommen, indem die
Minderwertigkeit des Menschen überwunden wird (Adler)
5. Sinn ist eine archetypische Erfahrung des Selbst (Jung)
6. Sinn ist die objektiv gegebene Möglichkeit einer zielgebenden
Werteerfahrung (Frankl)
Existenzanalyse
„Die Frage nach dem Sinn des
Lebens […] ist als eine eigentlich
menschliche Frage zu bezeichnen.“
„Der Wille zum Sinn ist eine
Grundgegebenheit
Menschlichen Daseins.“
„Sinn ist die objektiv gegebene
Möglichkeit einer
zielgebenden Werteerfahrung.“
Logotherapie - ein Weg aus der Sinnkrise?
Der bedingungslose Glaube an den unbedingten Sinn:
• Erkenntnis ist nicht moralisch, sondern
phänomenologisch
• Der letzte Sinn kann nicht in Frage gestellt werden, „weil
bei dem Versuch, die Frage nach dem Sinn von Sein zu
beantworten, das Sein von Sinn immer schon
vorausgesetzt ist“. (Frankl: „Ärztliche Seelsorge“)
• Sinnfindung statt Sinngebung
Drei „Hauptstraßen“ für die Erfahrung von Sinn:
1. Schöpferische Werte
Arbeitsfähigkeit
2. Erlebniswerte
Liebesfähigkeit
3. Einstellungswerte
Leidensfähigkeit
1. Schöpferische Werte:
ein Werk schaffen bzw. eine Tat vollbringen
Arbeitsfähigkeit
Matthias Steiner, Gewichtheber
Europameister und Olympiasieger
2. Erlebniswerte:
sich von Erlebnissen berühren lassen
Liebesfähigkeit
Steiner widmet den Olympiasieg 2008
seiner tödlich verunglückten Frau.
3. Einstellungswerte:
die richtige Einstellung finden
Leidensfähigkeit
Biografie:
„Das Leben erfolgreich stemmen.“
Tragische Trias: Leid – Schuld - Tod
Leid, Schuld und Tod
können in etwas Positives verwandelt werden:
Leid
Schuld
Tod
in
in
in
Leistung,
Wandlung (Sühne, Reue),
Ansporn zum Leben,
Ansporn zu verantwortetem Tun.
(nach Frankl)
IV.
Logotherapie als sinnorientierte Psychotherapie
Logotherapeutische Neurosenlehre und
„Ärztliche Seelsorge“
Die Hauptkategorien von Krankheiten nach Frankl
Hauptkategorie
Ätiologie
Symptomatologie
1. „Banale“ organische
Erkrankungen
organisch
organisch
2. Psychosen
organisch
psychisch
a) somatogene
Pseudoneurose
psychisch
organisch
b) paraklinisch
überindividuell
gesellschaftlich
psychisch
c) „echte“ Neurose
psychisch
psychisch
d) Noogene Neurose
noologisch
(geistig-existentielle
Konflikte)
psychisch
3. Neurosen
Dimensionalontologie: Insgesamt betont Frankl, dass die kategoriale
Einordnung nie absolut ist sondern eher den Ursachenschwerpunkt darstellt!
Methoden der Logotherapie
Entfaltung der personalen Freiheit als eine zentrale Voraussetzung zur
Sinnfindung und -verwirklichung.
Ziele:
Vorhandenen Lebenskräfte aktivieren
Willen zum Sinn mobilisieren (und nicht etwa Aufdrücken!)
 Moderner psychotherapeutischer Begriff: Ressourcenaktivierung.
Erfühlen und Erkennen persönlicher Werthaltungen.
Einsicht in sinn- und werthemmende Reaktionsweisen.
Logotherapeutische Methoden
(nach Elisabeth Lukas)
Paradoxe
Intention
stärkt die Fähigkeit
zur
Selbst-Distanzierung
Dereflexion
stärkt die Fähigkeit
zur
Selbst-Transzendenz
Einstellungsmodulation
fördert den
„Willen zum Sinn“
und die
„Trotzmacht des Geistes“
distanziert
von psychogenen Auslösern
und macht sie unwirksam
reduziert Egozentrierung
und Hyperreflexion
und deren Auswirkungen
(a) verbessert die
Einstellung zu Positivem
und ermöglicht dessen
Ausschöpfung
(b) verbessert die
Einstellung zu Negativem
und ermöglicht dessen
Bewältigung
Logotherapeutische Interventionen
• „Der Mensch ist der vom Leben
gefragte, er hat zu antworten“;
durch die Tat
Aktivitätsaufbau
• Dereflexion I:
„Aufmerksamkeitsverlagerung“ weg
von vergangenen Fehlern hin zu
aktuellen Aufgaben
• Dereflexion II von der
Selbstbefangenheit zur
„Selbstvergessenheit“
Verhaltenspläne
Achtsamkeit
Das existentielle Vakuum
Wenn eine bestimmte Person in einer bestimmten
Situation keine Möglichkeit mehr sieht, Sinn und
Werte zu verwirklichen, droht:





Langeweile
Orientierungslosigkeit
Verantwortungslosigkeit
Hoffnungslosigkeit
Initiativlosigkeit
nach Elisabeth Lukas
Drogenkonsum
Existentielle Frustration
Gewalt
Selbstmord
Inneres Leeregefühl
Gleichgültigkeit, Apathie
„Midlife Crisis“
„Empty Nest Depression“
„Arbeitslosigkeitsdepression“
„Rentendepression“
Narzisstische Störungen
„Burn-Out“
Noogene
Neurose
Chron. Sinnlosigkeitsgefühl
Persist. Langeweile, Überdruss
Jagd nach Lust, Konsumabhängigkeit, div. Süchte
modifiziert nach E.Lukas: Lehrbuch der Logotherapie, 1998, S. 163
Therapie der noogenen Neurose
„Sofern die noogenen Neurosen als solche …aus dem
Geistigen entstanden sind, liegt es auf der Hand, dass sie
auch eine Psychotherapie vom Geistigen her erfordern. Als
solche nun versteht sich selbst die Logotherapie“
(Frankl, 1968).
Die Logotherapie soll andere Formen der
Psychotherapie nicht ersetzen, sondern
ergänzen. Sie soll dem Menschen bei der
Auseinandersetzung mit dem Leiden am
sinnlosen Leben und bei der Sinnfindung helfen.
Einstellungsmodulation
Wozu bin ich begabt?
Woran hängt mein
Leben?
Warum trauere ich?
Ressourcenaktivierung
Was ersehne ich?
Sinn
und
Werte
Was ist mir wichtig?
Genusstraining
Worum habe ich
Angst?
Kognitive
Umstruktur.
Was macht mir
Freude?
Wofür bin ich
dankbar?
Bild: Viktor Frankl Privatarchiv
„Sobald der Mensch erwacht, will er nicht bloß dahinleben, sondern für
etwas da sein. Er will einen Sinn seines Lebens erfahren. Daher ist die
Welt ihm nicht bloß erlittene Umwelt, sondern Aufgabe der Gestaltung […].
Er erfüllt sich, wenn er in einer Welt zu sich kommt, die er selbst mit
hervorgebracht hat.“ (Karl Jaspers)
„Der Wille zum Sinn bestimmt unser Leben!“ (Viktor Frankl)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
www.karl-jaspers-klinik.de