4 Basis-Theorie der Humanwissenschaften, Power-Point

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Basistheorie der
Humanwissenschaften
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Definition:
Orientierungswissen, das Zusammenhänge zwischen
Einzelwissenschaften, Disziplinen und Schulen aufzeigt.
Mit dem Grundlagenwissen kann die interdisziplinäre
Diskussion, Lehre und Forschung strukturiert werden.
Schlüsselwörter: Basistheorie der Anthropologie, Theorie der Humanwissenschaften, Grundlagenwissenschaft, Anwendungswissenschaft,
Sozialwissenschaft, Philosophie, Humanethologie, Psychologie, Erziehungswissenschaft, Psychotherapie, Evolutionäre Erkenntnistheorie,
Gemeinsamkeit, Erhaltungsgründe der Spaltung, Dialog, Transdisziplinarität, Wissenschaftstheorie, Synthese, explanans, explanandum,
Lebensgeschichte, Ordnungsschema, Suchraster, Schlüsselfrage, Detailwissen, Erklärungswissen, Verständniswissen, Handlungswissen,
know how, Analogie, Homologie, Artenvergleich, Tier-Mensch-Vergleich, Empathie, Emphronesis, Environment of Evolutionary Adaptedness,
EEA, Bindungstrauma, Inzesttrauma, Metaphän, Interphän, Affektlogik, Instinkt-Kultur-Verschränkung, Aristoteles, Popper, Reduktionismus,
Leitdisziplin, Strukturwissenschaft, Impact, psychophysischer Parallelismus, Wechselwirkungshypothese, naturalistischer / moralistischer
Trugschluß / Fehlschluß,.
„Ein Heer von Hirnforschern wuselt ameisengleich um ein gigantisches Gehirn: So sieht der
Göttinger Grafiker Uwe Brandi die Versuche der Wissenschaftler, Details des Denkorgans zu
enträtseln. Wie aber fügen sich die Einzelheiten zu einer wirklichkeitsnahen Gesamtschau?“
© Uwe Brandi, Grafik und Text aus: GEO-Wissen Nr. 1, Seite 31, 1987.
Multidisziplinarität
in den Humanwissenschaften
 Kann man Interdisziplinarität in den
Humanwissenschaften strukturieren?
 Welches Wissen ist Grundlage für
welchen Fachbereich?
 Gibt es ein Verständigungsangebot an
Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften?
 Gibt es Ansätze zu einer gemeinsamen
theoretischen Basis (bzw. zu einer Basistheorie)?
Grundkonzepte und Rahmen der Diskussion
1) Wenn anhand des Rasters der Vier Grundfragen der
biologischen Forschung (Verursachungen, individuelle
Entwicklung,
Anpassungswert,
Stammesgeschichte)
gefragt wird und gleichzeitig die Bezugsebenen
(z.B. Zelle, Organ, Individuum, Gruppe) berücksichtigt
werden, auf die sich die Fragen richten, erschließt sich der
interdisziplinäre Umfang eines Themas.
2) Theorie der Grundfragen: Dias 7-21, • Theorie der Bezugsebenen: 22-28
3) Die farbig hervorgehobenen Konzepte sind mindestens
150 Jahre alt (Grundfragen: B. de Maillet, Ch. Darwin; s.a. K. Lorenz, N. Tinbergen).
4) Grundfragen
und
Bezugsebenen
sind
a. der transdisziplinär „kleinste gemeinsame Nenner“ und
b. Ausgangspunkt für die Entwicklung eines fächerverbindenden Konsens sowie einer „Basis-Theorie der
Humanwissenschaften“.
Das Periodensystem der Humanwissenschaften
Tabelle 1
Verursachungen
Ontogenese
Anpassungswert
Phylogenese
1 Molekül
2 Zelle
3 Organ
4 Individuum
5 Gruppe
6 Gesellschaft
Dem tabellarischen Rahmen der Basistheorie lassen sich alle
Humanwissenschaften (nächstes Dia, Absatz C), sowie ihre
Fragestellungen
(Absatz A) und
Ergebnisse
(Absatz B)
zuordnen und miteinander in Beziehung setzen.
Die kursiv geschriebenen Kategorien sind auch Gegenstand der
Psychotherapie und von kulturwissenschaftlichen Disziplinen.
Zur Theorie von Grundfragen und Bezugsebenen
Fragen nach den unmittelbaren Zusammenhängen
[Fragen nach den proximaten Ursachen oder nach den Nahursachen]
Fragen nach den grundlegenden Zusammenhängen
[Fragen nach den ultimaten Ursachen oder nach den mittelbaren oder Letztursachen]
(1) Verursachungen (Ursachen-WirkungsBeziehungen bei den Funktionsabläufen)
(2) ontogenetische Zusammenhänge
(3) A n p a s s u n g s w e r t
(a) ökologisch
| (b) innerartlich
(4) phylogenetische Zusammenhänge
Wie „funktionieren“ Erleben und Verhalten auf der
chemischen, physiologischen, neuroetho-logischen,
psychischen und sozialen Ebene - und
Was bewirken wann/welche (a) inneren
Programmschritte u (b) Umwelteinflüsse? Mit anderen Worten:
Wozu sind die einzelnen Leistungen der Wahrnehmung, des subjektiven Innenlebens, des Lernens
und des Verhaltens da? Beispielsweise:
Warum sind strukturelle Zusammenhänge stammesgeschichtlich "so und
nicht anders" geworden? Konkret:
• wie sehen die Bezüge zwischen den Ebenen aus?
• Wie sind biologische Programmierungen
[z.B. "instinktive" Antriebe und Hemmungen],
Lernen, Intellekt und Kultur, sowie Können,
Wollen und Sollen miteinander verschränkt und
• gibt es dabei Unterschiede in Abhängigkeit von
Spezies, Alter, Geschlecht u. Verhaltensbereich?
• Welche Bezüge haben Wahrnehmung, subjektives Innenleben und Verhalten zur Umwelt?
Was sind die ontogenetischen Grundlagen von Verhalten und Lernen? Z.B.:
Welche Auswirkungen haben
• Hormone und • Reafferenzen für
• Reifungsprozesse und
• prägungsähnliche Schritte?
• Welchen Einfluß haben diese Prozesse
auf Lernleistungen?
• Was wird gelernt?
Was sind die Kosten, was ist der Nutzen einer
Verhaltensweise - etwa
• Welche Merkmale waren phylog. Vorbedingung welcher neuen Merkmale und
• welche Folgen haben ältere Merkmale
für weitere Entwicklungen - z.B. für
• Hormon- und Transmitter-Funktionen,
• neuroanatomische Strukturen und
• Verhaltensmerkmale?
• Welche Merkmale sind homolog und
welche analog?
(B) Verhaltensbeispiele
• Der Endorphinspiegel steigt bei Sender und Empfänger während der sozialen Fell- und Hautpflege.
• Freundliche Verhaltensweisen sind Gegenspieler
der Aggression, sie können kulturell gefördert
werden. Unattraktive Verhaltensweisen - z.B.
destruktive Formen d. Aggression - können
kulturell gehemmt und unterdrückt werden.
• Kinder erkennen sich mit ca. 20
Monaten im Spiegel. Das ist eine der
Grundlagen für soziale Kognition: z.B.
für erste einfache Perspektivenübernahmen als Voraussetzung für
kognitiven Altruismus und
Kooperation.
• Soziale Zusammenschlüsse sind
zweckvoll z.B. bei
• dem Schutz vor
Beutegreifern,
• kollektiver Jagd,
• Bautätigkeiten.
(C) Beispiele f.
wissenschaftliche Fachgebiete mit Hinweisen auf die
Bezugsebenen:
Atom-, Molekül-, Zell-, Gewebs-, Organ-,
Individuums-,
Gruppen- Gesellschaftsebene
At, Mol: Biochemie,
Ze, Gew, Org: Neurophysiologie, N.-biologie,
Org, Ind: Neuroethologie, N.-psychologie,
Neurologie, Verhaltensphysiologie, V.-genetik,
V.-endokrinologie, V.-immunologie, Chronobiologie, Psychosomatik, Psychiatrie,
Ind, Gr: Humanethologie, Soziobiologie, Verhaltensökologie, Psychologie, Pädagogik, Theorien der Psychotherapie, Urgeschichte,
Ges: Sozio- u. Politologie, Rechts-, Wirtschafts-,
Geistes-, Geschichts- u Kulturwissenschaften
Tabelle 2
(A) Beispiele
für Fragestellungen aus
der Ethologie
und ihrer
Nachbardisziplinen
• hinsichtlich Energieaufnahme und
Verbrauch?
• in Abhängigkeit von
Verwandtschaftsgrad &
• sozialer Attraktivität?
• Welche Veränderungen ergaben sich an bestehen
gebliebenen stammesgeschichtlich älteren
Merkmalen des Verhaltens unter den Selektionsbedingungen jüngerer Verhaltensmerkmale?
• Freundl. Verhalten
hilft Bindungen zu stiften u. zu erhalten als
Basis für gegenseitige
Unterstützungen, z.B.
bei Brutpflege oder bei
Auseinandersetzungen
Ze, Gew, Org: Neurobiologie,
Org, Ind: Neuroethologie,
Org, Ind: Entwicklungsneurologie, Neurobiologie,
Ind, Gr: Humanethologie,
Entwicklungspsychologie,
Theorien der Psychotherapie
• Die Brutpflege und das Eltern-KindBand waren Vorbedingungen für soziale
Bindungen. Elemente des Brutpflegeverhaltens fanden im Rahmen dieser Entwicklung Verwendung als sozial freundliches Verhalten, z.B. Kuß u. Schnäbeln
und soziale Fell- und Gefiederpflege.
Ind, Gr: Humanethologie, Verhaltensökologie, Sozioökologie.
Ind, Gr: Humanethologie, Soziobiologie
Ind, Gr: Humanethologie
Die rot gedruckten Fragen gelten mutatis mutandis für Biowissenschaften, Psychologie, Sozial- und
Kulturwissenschaften (= „life sciences“). Die gezeigten Textfelder zu den 4 Grundfragen und den Absätzen A
und B werden im folgenden in leserlicher Größe projiziert.
Biologie als Wissenschaft vom Leben (1)
Die Fragen nach der Ontogenese und den
Funktionsabläufen werden als Fragen nach den
unmittelbaren (proximaten) Zusammenhängen
zusammengefaßt.
Untersucht werden Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
Die Fragen ähneln denen der Physik und Chemie
(wenn man zunächst Aspekte des schichtspezifischen Novums
und der biogenetischen Regel außer Acht läßt; s. Dia 17, 18 & 24).
Physik und Chemie sind Grundlagendisziplinen der (Verhaltens-) Biologie.
Biologie als Wissenschaft vom Leben (2)
Die Fragen nach der Phylogenese und dem
Anpassungswert von (Verhaltens-) Merkmalen
werden in der Ethologie als Fragen nach den
grundlegenden (ultimaten) Zusammenhängen
bezeichnet und zusammengefaßt.
Diese Fragen sind kennzeichnend für die
Biologie, weil es nur bei Lebewesen phylogenetisch gewachsene Phänomene1 gibt:
Funktionsprogramme, Baupläne & ihre Zwecke.
Phylogenetische Zusammenhänge
Beispiele
für Fragestellungen aus
der Ethologie
und ihrer
Nachbardisziplinen
Warum sind strukturelle Zusammenhänge stammesgeschichtlich "so und
nicht anders" geworden? Konkret:
 Welche Merkmale waren stammesgeschichtliche Vorbedingung welcher
neuen Merkmale?
Junge Tupajas lecken den
Speichel
der
Mutter,
möglicherweise um da-durch
(vor dem „Ein-schießen“ der
Milch) Nahrung oder / und
Immunglobuline
aufzunehmen (D.v. Holst).
Dieses
Speichellecken
könnte eine evolutionsbiologische Vorbedingung des
Bindungsverhaltens adulter
Paare
gewesen
sein.
(=Brutpflege Vorbedingung
von Bindung, reziprokem
Altruismus [z.B. grooming])
und beim Menschen Liebe.)
•
Warum zeigen Tupajas ihre
„Zuneigung“ so und nicht anders?
© Fotos: Dietrich von Holst, Universität Bayreuth.
Phylogenese
• Durch reine Verhaltensbeobachtung können
stammesgeschichtliche Zusammenhänge meist
nur in Bezug auf kleinere taxonomische
Einheiten festgestellt werden: das betrifft z.B.
Ordnungen, Familien und Gattungen.
• Die Verhaltensphylogenese in Bezug auf die
Großsystematik bleibt hypothetisch.
Phylogenetische Zusammenhänge
Verhaltensbeispiele
In Bezug auf die Großsystematik gibt es Hypothesen
zu:
1. Kognitiven Aspekten, sowie Freiheitsgraden in
Abhängigkeit von der Höherentwicklung (Lorenz,
Medicus) • evol. Erkenntnistheorie, • Kulturtheorie
2. Geschlechterdifferenz (Medicus & Hopf)
3. Umgang mit Ressourcen und Besitz (Hammerstein,
Kummer, Medicus)
4. Wurzeln der Humanität und Moralfähigkeit
(Darwin, Bischof, Eibl-Eibesfeldt, Medicus)
Auf der Ebene des Individuums und der Gruppe gilt es bei der (Arten-)
vergleichenden Untersuchung von Verhaltensleistungen - unter Berücksichtigung von Aspekten der Höherentwicklung - die Verschränkungen
zwischen stammesgeschichtlich unterschiedlich alten Leistungen nicht
außer Acht zu lassen. Die Rekonstruktion der Verhaltensphylogenese in
Bezug auf die Großsystematik bietet hier eine Orientierungshilfe.
Phylogenetische Zusammenhänge
Verhaltensbeispiel
• Reziproker Altruismus (auf „instinktiver“ Basis*) kommt wahrscheinlich nur bei Arten vor, die
Brutpflege (= einseitiger Altruismus)
zeigen oder deren Vorfahren in der
Phylogenese Brutpflege getrieben
haben.
[*Altruismus infolge Empathie gibt es bei
Menschenaffen und Menschen - siehe Notizenseite]
Anpassungswert
a: ökologisch
Beispiele für
Fragestellungen
aus der
Ethologie und
ihrer Nachbardisziplinen
 b: innerartlich
Wozu sind die einzelnen Leistungen der Wahrnehmung, des subjektiven Innenlebens, des Lernens
und des Verhaltens da? Beispielsweise:
Was sind die Kosten, was ist der Nutzen einer
Verhaltensweise - etwa
 hinsichtlich Energie in Abhängigkeit von
aufnahme und Verbrauch? Verwandtschaftsgrad und
(Physik & Chemie Leitdisz.)  sozialer Attraktivität?
Anpassungswert
a: ökologisch
Beispiele für
Fragestellungen
aus der
Ethologie und
ihrer Nachbardisziplinen
 b: innerartlich
Wozu sind die einzelnen Leistungen der Wahrnehmung, des subjektiven Innenlebens, des Lernens
und des Verhaltens da? Beispielsweise:
Was sind die Kosten, was ist der Nutzen einer
Verhaltensweise - etwa
 hinsichtlich Energie in Abhängigkeit von
aufnahme und Verbrauch? Verwandtschaftsgrad und
(Physik & Chemie Leitdisz.)  sozialer Attraktivität?
ontogenetische Zusammenhänge
Fragestellung
Was bewirken (a) wann / welche inneren
Programmschritte und (b) wann /
welche Umwelteinflüsse?
Verhaltensbeispiele
 ad (a) z.B.: Bedeutung des Alters beim
Einsetzen der Pubertät.
 ad (b) z.B.: Bedeutung des Alters und
der Art des Partners bei den ersten
sexuellen Erfahrungen.
Die „biogenetische Regel“ hat aus folgenden Gründen
keine Relevanz für die Verhaltensontogenese:
1. Argument: Die morphologische Ontogenese wiederholt z.T. „veraltete“ Merkmale der Phylogenese meist
nicht wegen ihrer ursprünglichen Außenanpassung1,
sondern wegen ihrer stammesgeschichtlich neueren
Induktionsfunktion2 während der Embryogenese
(Innenanpassung3). Bsp.: Kiemenbögen.
Gibt es Hinweise auf „veraltete“ Verhaltensmuster als
Innenanpassung?
Welchen Zweck sollen sie erfüllen?
Die „biogenetische Regel“ hat aus folgenden Gründen
keine Relevanz für die Verhaltensontogenese:
2. Argument: Nach einer Morphogenese des
Nervensystems gemäß der biogenetischen Regel
ist ein zeitlich getrennter zweiter Abschnitt einer
funktionell- psychischen Reifung entsprechend
dieser Regel unwahrscheinlich.
Verursachungen
Beispiele
für Fragestellungen aus
der Ethologie
und ihrer
Nachbardisziplinen
Wie "funktionieren" Erleben und
Verhalten auf der chemischen,
physiologischen, neuroethologischen,
psychischen und sozialen Ebene?
Verursachungen
Verhaltensbeispiele
• Endorphin- & Oxytocinspiegel steigen
bei Sender und Empfänger während der
sozialen Fell- und Hautpflege
• Freundliche Verhaltensweisen sind
Gegenspieler [= Antagonisten1] der
Aggression, sie können kulturell gefördert
werden. Unattraktive Verhaltensweisen
(z.B. destruktive Formen der Aggression)
können kulturell gehemmt und unterdrückt
werden [= kulturelle Förderung und Hemmung zum
Teil „Instinkt/Kultur-Verschränkungen“].
1
„opposed instincts“ bei Darwin (1871)
Verursachungen
Beispiele
für Fragestellungen
aus der
Ethologie
und ihrer
Nachbardisziplinen
Wie "funktionieren" Erleben und
Verhalten auf der chemischen,
physiologischen, neuroethologischen,
psychischen und sozialen Ebene - und
wie sehen die Bezüge zwischen den
Ebenen aus?
Gibt es beim Versuch die Neurokybernetik des Bewußtseins zu verstehen ein Zirkularitätsproblem? (Dia 29)
Bezugs- / Komplexitätsebenen
Wir kategorisieren, um die
Komplexität der Welt
einigermaßen erfassen
zu können.
R. Riedl hat Disziplinen ihren Bezugsebenen zugeordnet,
aber in seine
Abbildungen den
Aspekt der Grundfragen nicht hineingenommen. Es ist
sein Verdienst, die
Verschränkung der
aristotelischen
Urgründe im
Schichtenbau der
realen Welt verdeutlicht zu haben;
sie können den Grundfragen zugeordnet
werden.
Schichtungsgesetze bei Nicolai Hartmann, 19643.Aufl., p. 432
1 Gesetz der Wiederkehr: Niedere Kategorien kehren in den höheren
Schichten als Teilmomente höherer Kategorien ... wieder (p 431: Ineinanderstecken der Kategorien; ... dieses Verhältnis kehrt sich nie um;
p 438: durchgehende / begrenzte Wiederkehr.
2 Gesetz der Abwandlung: Die kategorialen Elemente wandeln sich bei
ihrer Wiederkehr in den höheren Schichten mannigfaltig ab.
... von Schicht zu Schicht neue Überformung.
3 Gesetz des Novums: ... [die] höhere Kategorie ... [ist] aus einer
Mannigfaltigkeit niederer Elemente zusammengesetzt ... [sie] enthält
ein spezifisches Novum, ... das ... [nicht] ... in den niederen
Elementen enthalten ist ... .
4 Gesetz der Schichtendistanz [Gesetz von der Abgrenzbarkeit der Schichten]:
Wiederkehr und Abwandlung schreiten nicht kontinuierlich fort,
sondern in Sprüngen.
24
Bezugsebene
Vor allem bei der Untersuchung von Verursachungen sind
„basale“ Bezugsebenen eine Voraussetzung für ein
Verständnis „darüberliegender“ Ebenen.
Daraus ergibt sich der Konnex der erwähnten Leitdisziplinen.
Die Kenntnis von Gesetzen basaler Ebenen (z.B.
Zellphysiologie)
reicht
aber
nicht
aus,
komplexe
Verhaltensmuster oder ein persönliches Erlebnis zu
verstehen.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Jede Bezugsebene ist
prinzipiell gleich wichtig.
In der derzeitigen wissenschaftlichen Praxis
erfolgt eine Unterbewertung komplexer Ebenen
sowie von Orientierungswissen ...
Terminologie und Bezugsebene
 Viele Konzepte und Begriffe sind nur in
bestimmten Bezugsebenen nützlich und
stiften Verwirrung, wenn sie in der falschen
Bezugsebene verwendet werden.
 Die sogenannte „niveauadäquate Termino-
logie“ ist ein Aspekt der Fachsprachenforschung / Wissenschaftslinguistik / Begriffsgeschichte.
Attributionen von Freiheiten in der
transdisziplinären Diskussion
• Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Vorstellungen von
Freiheit in Abhängigkeit von der fokussierten Bezugsebene,
etwa die vergleichsweise deterministischen Vorstellungen
vieler Neurophysiologen und Neurobiologen, die sich mit denen der Psychologen und Soziologen, die von größeren
Freiräumen ausgehen, nur schwer zusammenführen lassen.
• Jede
Bezugsebene
hat
(als
„Novum“)
eigene
Gesetzmäßigkeiten und Freiheitsgrade, die nicht unbedingt
direkt von den basaleren deduzierbar sind.
• Aus evolutionärer Perspektive entstehen im Rahmen der
Höherentwicklung Leistungen, die neue Freiheiten eröffnen.
Zur Verursachung der Spaltung der Fakultäten
• Der Weg von der äußeren Realität zum inneren
Bild ist nicht direkt überprüfbar.
• Diese Tatsache bildet sich im Materie-Geist- bzw.
Leib-Seele-Problem und in der Trennung der
Fakultäten in Natur- und Geisteswissenschaften ab.
• Die Spaltung hat bis heute erhebliche methodischtheoretische Auswirkungen, z.B. hinsichtlich des
Umgangs mit Empirie und Theorie.
Orientierungsrahmen für Interdisziplinarität
in den Humanwissenschaften
Tabelle 1
Verursachungen
Ontogenese
A/B
Anpassungswert
A/B
Phylogenese
Molekül
Zelle
Gewebe / Zytoarchitektur / Kybernetik
Organ
Individuum
Familie
Gruppe
Gesellschaft
Mit Hilfe des Strukturmodells lassen sich problemorientiert
Fragen stellen.
Die Übersicht soll anregen, traditionelle Fächergrenzen zu
überwinden und helfen, den transfakultären Wissensfluß zu
erleichtern und das vorhandene Wissen zu integrieren.
„Härte“ von Daten und Theorien
• Prinzipiell gilt es, Daten und Theorien so gut wie möglich
abzusichern und zu überprüfen:
Reproduzierbarkeit, Gegenhypothesen, statistische Aspekte
und Konsistenzen mit den Ergebnissen von
Nachbardisziplinen spielen dabei eine wichtige Rolle.
• Daten und Theorien können in Abhängigkeit vom
fokussierten Feld des Strukturmodells (Tab. 1) unterschiedlich „hart“ sein. Die verschiedenen „Härten“ ergeben sich
aus der unterschiedlich komplexen Vielfältigkeit der
Ursachen etwa in Abhängigkeit von der betrachteten
Bezugsebene (Molekül, Zelle, Organ, Individuum, Gruppe).
Beispiele für erkenntnistheoretische Positionen
nützlich oder/und notwendig
z.B. in folgenden Bereichen
1: theoretische Vernunft: nur zwingende Argumente und kompromisslose Gewißheitsansprüche zählen
Logik, Mathematik [Inhalte richtig und wahr,
2: praktische Vernunft: Kompromisse
zwischen Theorie & Empirie; das Ziel:
Wahrheitsähnlichkeit der Vorstellungen
Naturwissenschaften, Grundlagenwissen von z.B. Medizin und Technik
3: praktische Vernunft der Anwendungswissenschaften („Machbarkeitsparadigma“): wahr ist, was funktioniert
theoretisch unzureichend, aber bez.
Anwendungen hinreichend[1] fundierte
Bereiche von Medizin und Technik
4: Metaphysik und Glaube an religiöse
Mythen: ohne Überprüfungsmöglichkeiten
Beiträge zu Moral und Ethik[2]
gilt z.B. für mathematische Beweise - und infolge hoher
Vernetzungsgrade zwischen Wissenschaften auch für
die Lehre von der Deszendenz]
[Zusammenhänge oft nur „einleuchtend“]
Bsp. dazu gibt es von allen Religionen animistischen, mono- und polytheistischen
ad 1-3: unterschiedliche erkenntnistheoretische Positionen sind in Abhängigkeit
vom Untersuchungsbereich mit ganz bestimmten Vor- und Nachteilen verbunden.
Folgen von transfakultär unterschiedlichen Bewertungen von
Theorie und Empirie, theoretischer und praktischer Vernunft
Wenn ohne Empirie versucht
wird, die Welt zu verstehen,
sind die einzigen Prüfsteine
der Wahrheitsähnlichkeit
(logische) Konsistenz und das
eigene Ermessen.
- Der Erklärungswert kann
damit gering sein.
Naturwissenschaft nützt beharrlich
Widersprüche zwischen Theorie
und Empirie und kann auf der Basis
von Analysen immer mehr Details
zu immer kleineren Bereichen der
Welt erklären
- z.T. um den Preis des Überblicks
Zwei Extrempositionen:
Gute Wissenschaft steht zwischen
Theorie und Empirie.
Wegen dieses Zwiespalts ihr
Kompromiß und Erfolgsrezept:
So wenig Spekulation und Fiktion
und so viel Konsistenz und
Gewißheit wie möglich.
1. zu hohe Konsistenz- und
Gewißheitsansprüche
einzelner Wissenschaftler und
2. kritiklose Fiktionen von
Hellsehern/Abergläubischen
(Fiktionen, die nicht als Arbeitshypothesen taugen)
„... sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr“
zu den interfakultären Barrieren
• psychische Barrieren & Abwehrmechanismen
nach Kuhn1 werden neue Paradigmen mit überholten bekämpft
• wie wird institutionell mit Widerspruch umgegangen?
– Die Gruppendynamik in Instituten und Fachgesellschaften
ähnelt der von Stammesgesellschaften (betr. Beziehungsarbeit
sowie Konformitätsdruck hinsichtlich der herrschenden Paradigmen)
– Wissenschaftler zwischen den Fakultäten sind „Außenseiter“
• wissenschaftspolitische Engpässe
– transfakultäre Identifizierung von Grundlagenwissen und seine
Vermittlung sind nicht institutionalisiert (vergleiche Frage / Dia 2)
– Personaleinsparungen trotz Explosion des Wissens Ist ein partieller Wissensverlust zu befürchten?
Jeder von uns gleicht einem dieser Sehbehinderten: Transdisziplinär „gibt es
niemanden, der dem ... ‚Sehenden‘
entspricht, der ... den Überblick behält.“
Die basistheoretischen
Eckpfeiler können eine
Orientierungs- und
„Sehhilfe“ sein.