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Musikgeschichte der
europäischen Neuzeit
Repertorium zur Vorlesung
Das Streichquartett
Das Streichquartett
• Das Streichquartett gilt seit dem Ende des 18. Jh.
als die anspruchsvollste kammermusikalische
Gattung.
• Befördert durch die Kompositionslehre des 19.
Jh. gilt das Streichquartett bisweilen gar als die
anspruchsvollste Kompositionsgattung
überhaupt.
• Als einzige Gattung neben der Symphonie bildet
das Streichquartett eine eigene Gattungsästhetik
sowie einen eigenen Kanon an für die
Kompositionspraxis relevanten Werken aus.
Das Streichquartett
Zur Gattungsästhetik
• Bedeutend für die Entwicklung der
Gattungsästhetik sind zwei Vorstellungen:
1. Die Vorstellung von der besonderen Würde
des reinen vierstimmigen Satzes aus
gleichberechtigten Stimmen
2. Die Vorstellung vom vierstimmigen
kammermusikalischen Satz als einem
Gespräch.
Das Streichquartett
Zur Gattungsästhetik
• Dabei geht die Vorstellung von der Würde des
vierstimmigen Streichersatzes zunächst auf die
Bedeutung des vierstimmigen reinen Vokalsatzes
zurück, wie er sich etwa in der Vokalpolyphonie
findet.
• Diese wiederum gründet sich auf der ma.
Vorstellung der besonderen Würde der Vierzahl
durch die Natur: 4 Elemente, 4
Himmelsrichtungen, 4 Jahreszeiten usw.
• Mit diesen Analogien begründet z.B. Heinrich
Glarean in seinem Dodekachordon von 1547 die
Vorrangstellung des vierstimmigen Vokalsatzes.
Das Streichquartett
Zur Gattungsästhetik
• Die zweite Vorstellung des Quartetts als Gespräch
entstammt der Konversationskultur der
französischen Salons des 18. Jh.
• Klassische Dicta finden sich von Johann Friedrich
Reichardt (1752-1814) und Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832):
Reichardt hatte „bei dem Quartett […] die Idee eines
Gesprächs unter vier Personen“.
Goethe 1829 an Zelter: „Man hört vier vernünftige
Leute sich untereinander unterhalten, glaubt ihren
Diskursen etwas abzugewinnen und die
Eigentümlichkeiten der Instrumente kennen zu
lernen.“
Das Streichquartett
Zur Gattungsästhetik
• Zur Gattungsästhetik gehört auch die
verhältnismäßig schnelle Bildung eines
Kanons mit für die Gattung mustergültigen
Werken, die nachgeahmt werden.
• Dieser Kanon beginnt sich in den 1780er
Jahren nach Haydns op. 33 (1782) zu
entwickeln.
• In den Folgejahren kamen die Quartette
Mozarts ab KV 387 hinzu,
• nach der Jahrhundertwende schließlich die
Quartette Beethovens.
Das Streichquartett
Zur Gattungsästhetik
• Die Hochschätzung der Gattung unter den professionellen
Musikern zeigt sich darin, dass zu Beginn des 19. Jh.
zahlreiche Quartettgesellschaften zum Studium der
Quartette Haydns, Mozarts und später Beethovens
bildeten.
• Der Hochschätzung des Quartetts verdanken wir zudem
die Erfindung der Taschenpartitur.
• 1801 brachte Pleyel in Paris Taschenpartituren von
Haydns, später von Mozarts Quartetten.
• Durch Haydns Biograph Griesinger ist belegt, dass die
Studienpartituren bereits 1802 in Konzerten zum mitlesen
verwendet wurden.
• Bislang wurden Quartette i.d.R. nur in Stimmen
veröffentlicht, was sich in der Folgezeit änderte.
Das Streichquartett
Zur Vorgeschichte
• Die Entstehung des Streichquartetts ist nicht
einlinig vorlaufen, es besitzt vielmehr
verschiedene Vorläufer:
- in Italien die Sinfonia und das Concerto a
quattro (z.B. v. Sammartini 1744 u. 1763-1767)
- in Frankreich Quatuor bzw. Sonate en quatuor
(keine direkte Linie zum Streichq.)
- in Norddeutschland die kontrapunktische
Quartettsonate (ebenfalls keine direkte Linie zum
Streichquartett)
- in Österreich das Quartett-Divertimento.
Das Streichquartett
Zur Vorgeschichte
• Besonders die österr. Quartett-Divertimenti sind
für die Ausbildung des Streichquartetts von
Bedeutung.
• Auch die frühen, um 1757 entstandenen HaydnQuartette gehören zu den Quartett-Divertimenti.
Sie haben vielfach zwei Menuette und einen
langsamen Mittelsatz, bisweilen auch einen
langsamen Kopfsatz (op. 1/3).
• Entscheidend ist die Loslösung des vierstimmigen
Satzes vom Generalbass und die Ablösung der
Violone durch das Violoncello.
Vorbemerkung
Die nachfolgenden Analysen geben zumeist
nur die wichtigen formalen Anhaltspunkte
wieder und sollen somit die eigene Analyse
unterstützen.
Joseph Haydn
Streichquartett in C-Dur
op. 33 Nr. 4 (olim 3)
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
• Die 1781 von Haydn nach zehnjähriger Pause
in der Quartettkomposition verfassten sechs
Streichquartette op. 33 gelten als Meilenstein
in der Gattung des Streichquartetts.
• In einem Brief vom Dezember 1781 hebt
Haydn die Bedeutung der Quartette selbst
hervor: „sie sind auf eine gantz neue
besondere art.“
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
• Haydns Quartett in C-Dur op. 33 Nr. 4 besteht
aus vier Sätzen:
1. Allegro moderato, C-Dur, C
2. Scherzo. Allegretto, C-Dur, 3/4
3. Adagio ma non troppo, F-Dur, 3/4
4. Rondo. Presto, C-Dur, 2/4
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Der Kopfsatz beginnt mit einem Sechstakter, der
seinerseits mit einem Takt aus Achtelrepetitionen
in Vl2 und Va beginnt.
• Noch ist die Tonart unentschieden, denn e‘ und
c‘‘ könnten Terz und Quinte von a-Moll oder eben
Grundton und Terz von C-Dur sein.
• Der Einsatz der Vl1 in T. 2 ergänzt die Terz zum CDur-Dreiklang.
• Bestätigt wird C-Dur als Tonart durch die beiden
Kadenzgänge T-D7-T in T. 4f und 5f, wozu auch
das Vc mit den Strukturtönen c, e und g von CDur einsetzt.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Während das Vc in Terzen und Quarten vom C zum c‘
aufsteigt, steigt die Vl1 in schneller Figuration vom g‘‘
zum g ab.
• Damit ist in den ersten 6 Takten die Tonart C-Dur
konstituiert.
• Nach der Generalpause in T. 6 setzen Vl2 und Va
nochmals wie in T. 1 an, diesmal jedoch mit d‘ und f‘.
• Naheliegend ist die Interpretation als Grundton und
Terz von d-Moll, Quinte und Septim eines G7 sind nicht
wahrscheinlich.
• Auch hier klärt die Vl1 durch ihr a‘‘ den Zweiklang zum
vollen Dreiklang, wie erwartet d-Moll.
• In T. 10ff wird d-Moll ebenso bestätigt wie C-Dur zuvor.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Nun stehen zunächst zwei gleich gebaute
Sechstakter mit bestätigenden Kadenzen
nebeneinander, einmal nach C-Dur, dann nach dMoll.
• Damit ist die Tonart des Quartetts unklar und die
Auftreten von C an erster Stelle noch kein
Argument für die Tonart als Haupttonart.
• Auch der dritte Anlauf in T. 13 bietet zunächst
keine Klärung, sondern vielmehr weitere
Unsicherheit: Vl2 und Va setzen mit d‘ und b ein,
d-Moll wie B-Dur sind möglich.
• Beide Tonarten sind im d-Moll-Kontext denkbar.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Wieder klärt die Vl die Tonart, nun nach g-Moll.
• So spricht zu diesem Zeitpunkt mehr für d-Moll als
für C-Dur.
• Dies ändert sich unmittelbar in den T. 16-18: In T.
17b erklingt G-Dur als Dominante von C-Dur, das in
T. 18 im forte erklingt – bestätigt durch das nun
einsetzende Vc.
• In den folgenden 9 Takten spinnt Haydn den Satz
weiter, allerdings ohne thematischen Rückgriff auf
den Beginn.
• In T. 26 bleibt der Satz auf einem G-Klang stehen.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Die nächsten 15 Takte von T. 27 bis 42 bilden die
Überleitung zum Seitensatz.
• Haydn zieht dazu das Hauptthema heran: Beginn
wieder in Vl2/Va mit Terzklang, diesmal a‘ und d‘‘.
• Ab T. 28 exponiert die Vl2 die Liegetöne mit
Vorschlägen der Vl1 aus dem Hauptthema.
• Die Vl1 bietet eine neue Figuration.
• Die Harmonien wechseln zunächst halbtaktig:
||: G-Dur D-Dur :|| ||: g-Moll D-Dur :||
• Von T. 33-37 ganztaktig zwischen D- u. G-Dur bzw. gMoll.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• T. 38-42 wird G-Dur bestätigt, so dass in T. 42
nach der Generalpause der Beginn des
Seitensatzes angesetzt werden kann.
• Dieser exponiert keine durchweg neue
Thematik, auch wenn die Staccato-Achtel ein
neues Element darstellen.
• Aus dem Hauptthema sind die Noten mit
Vorschlägen bekannt.
• Bis T. 59 wird der Seitensatz zu Ende geführt.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Die Durchführung beginnt unspektakulär mit dem
Hauptthema in F-Dur (T. 60f C7 als Hinführung),
• darauf folgt in den T. 65-72 unter Verwendung des
Hauptthemas (Vl1!) der Gang durch die Tonarten B, g, d
und a (jeweils mit Dominante), in T. 73 ist schließlich EDur erreicht, das als Dominantklang den Startpunkt für
die Tonikaparallele a-Moll in T. 73 gibt.
• Damit ist der harmonische Fern- bzw. Zielpunkt der
Durchführung erreicht.
• Thematisch wird dieser Punkt durch die Verwendung
der Seitensatzthematik hervorgehoben.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• In den Folgetakten wird a-Moll nochmals angesteuert
(T. 81f), darauf folgt ab T. 85 eine dreitaktige G-DurFläche.
• Hier könnte die Durchführung durchaus zu Ende sein
und in T. 88 die Reprise mit dem Hauptthema in C-Dur
einsetzen.
• Die relativ knappe, unspektakuläre Durchführung wäre
dann der Ausgleich zum ungewöhnlichen Satzbeginn.
• Allerdings setzt in T. 88 nicht das Hauptthema ein, es
klingt nur an.
• Entscheidend ist zudem die Variantentonart c-Moll zu
C-Dur, die in 90f nochmals durch D-t-Schritt bestätigt
wird.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Von einer Reprise kann damit keine Rede sein.
• Nach d-Moll (T. 94) bleibt der Satz in T. 96f betont
auf E-Dur stehen, worauf in T. 97 wieder keine
Reprise erfolgen kann.
• Dennoch erklingen die charakteristischen Achtel
in Vl2 u. Va. Die Folgetakte zitieren die
Überleitung zum Seitensatz aus T. 27ff, führen
aber nicht zurück nach C-Dur, sondern nach eMoll.
• Auch das H-Dur der T. 103ff lässt beim
Themeneinsatz in T. 108 keine Reprise, sondern
das Thema in e-Moll erwarten.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• In dieser Tonart erklingt das Thema zunächst
auch (T. 109), wird dann aber in T. 110 durch
einen Dominantseptakkord auf G rabiat nach CDur umgewendet.
• Die Rückkehr in die Haupttonart wird durch die
beiden Kadenzgänge in T. 111-113 bestätigt.
• Mit diesem Überraschungseffekt, der an den
seltsam suchenden Satzbeginn anschließt, bleibt
sich Haydn treu.
• Weniger spektakulär, eher erwartbar, klingen
dann die beiden folgenden Themenansätze nach
d-Moll (T. 114ff) und g-Moll (T. 120f).
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Danach wird über G7-Akkorde C-Dur bestätigt,
insbesondere mit dem klassischen Kadenzgang S6D7-T in T. 137-138 nach der Generalpause.
• Das Seitenthema schließt sich in der Tonika an, die
Reprise wird zu Ende geführt, wobei Haydn die
Durchführung wiederholen lässt.
• Nach der Wiederholung führt die Reprise in die
zweite Klammer, die in den letzten sechs Takten ab
T. 163 noch das bislang fehlende Hauptthema in CDur nachliefert.
• Erst hier, mit dem Satzschluss, ist die Reprise auch
wahrhaft beendet.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Allegro moderato
• Der Kopfsatz zieht seine Bedeutung damit
weniger aus thematisch-motivischer Arbeit,
sondern vielmehr aus dem Spiel mit den
formalen Konventionen und damit vor allem aus
dem Spiel mit den formal entscheidenden
Harmonien bzw. Tonarten.
• Die Dramaturgie dieses Kopfsatzes endet beinahe
buchstäblich erst mit seiner letzten Note.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Scherzo. Allegretto
• Das Scherzo ist ein Satz von überschaubarer
Länge, der zunächst aus dem Klangkontrast
zwischen tiefem, vollstimmigem Scherzo und
hohem zweistimmigen Trio lebt.
• Ein weiterer Kontrast liegt in der Artikulation
(Legato vs. Staccato) und in der Linienführung
(Sekundschritte vs. Sprünge).
• Beide Satzteile stehen in C-Dur.
• Nur das Scherzo erlaubt sich im zweiten Teil
Ausweichungen (T. 15 B-Dur, T. 18 d-Moll usw.).
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Adagio ma non troppo
• Der langsame Satz steht in der
subdominantischen Tonart F-Dur.
• Der Satz ist als dreiteilige Reihungsform angelegt
(vgl. Schmidt-Beste, Sonate, S. 102f).
• Allerdings steht der Mittelteil nicht in der
Dominante, sondern beginnt ebenfalls auf der
Tonika F-Dur.
| T -> D || T -> D + „Durchf.“+D || T -> T |
A
A‘
A‘‘
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Adagio ma non troppo
• Der A-Teil exponiert als Thema einen schulmäßig
gebauten Achttakter mit einer Zäsur zur Dominante in
T. 4.
• T. 5 in der Vl1 wiederholt die Motivik von T. 1 eine
Sekunde tiefer, vgl. auch die Korrespondenzen – und
Differenzen – mit T. 3 und 6.
• Auch die Fortführung in T. 9 bezieht sich auf die
Motivik des Themas, zugleich kommt die
Doppeldominante ins Spiel.
• Die nun schnell erreichte Dominantregion wird in T. 12
durch Ausweichung nach As-Dur und Des-Dur
unterbrochen.
• Ab T. 14 beginnt eine neue Motivik, hier in der DD, die
man als Seitensatzmotiv bezeichnen könnte.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Adagio ma non troppo
• Der Satz verbleibt in der Dominante C-Dur und bildet
damit den Ausgangspunkt für den A‘-Teil, der in T. 30 in
der Tonika F-Dur einsetzt.
• Im folgenden wird der A-Teil bis T. 57 lediglich durch
Verzierungen verändert wiederholt.
• Mit T. 58 setzt ein kurzer durchführungsartiger
Abschnitt ein, der jedoch nur sieben Takte umfasst.
• Die Tonart wechselt in die Molldominante c-Moll,
worauf vier Septakkorde über Es, C, F und D folgen,
wobei nur der letzte seine „Tonika“ G-Dur erreicht, die
wiederum Doppeldominantisch über C-Dur zum Beginn
des A‘‘-Teils in der Tonika F-Dur in T. 65 leitet.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
Adagio ma non troppo
• Die Grundtöne der Es-, C- und F-Septakkorde [also As, f
und B] werden nicht erreicht, doch erinnern diese an
die Ausweichung nach As-Dur in T. 12 bzw. 41.
• Der A‘‘-Teil ist verkürzt und weicht innerhalb des
zweiten Themenviertakters ab.
• Der Grund ist, dass der Satz in der Tonika bleiben und
somit der Überleitungsabschnitt abgeändert werden
muss.
• Das Seitensatzmotiv erklingt so ab T. 75 in der
Dominante, nicht der Doppeldominante.
• Mit leichten Veränderungen wird der Satz dann in der
Tonika zu Ende geführt.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
(Finale) Rondo. Presto.
• Den Finalsatz hat Haydn ausdrücklich als Rondo
bezeichnet.
• Das Thema beruht auf einem kroatischen
Tanzlied, einem „Kolo“ (dt. „Rad“, vgl. Georg
Feder, Haydns Streichquartette, München 1998,
S. 61).
• Der harmonische und motivische Bau ist einfach.
• Anstelle der meist drei Couplets finden sich bei
Haydn nur zwei in T. 23-71 und T. 93-124.
• Beide verwenden dieselbe Motivik, die sich durch
Legato-Bögen vom Staccato des Refrains absetzt.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
(Finale) Rondo. Presto.
• Allerdings findet in den Couplets auch das
Thema Verwendung (ab T. 37 bzw. 107) bzw.
wird sogar durchführungsmäßig verarbeitet.
• Das erste Couplet steht in der Mollvariante aMoll, das zweite in der Mollvariante c-Moll.
• Der erste Refrain erklingt in T. 72-92, der
zweite in T. 125-145.
• Ab T. 146 schließt sich eine Coda an.
Haydn: Streichquartett in C op. 33/4
• Haydns Streichquartett zeichnet sich durch eine
bewusste Dramaturgie der Sätze bzw. der
Satzfolge aus:
- Auf den ersten Satz mit seinem Spiel mit der
Form folgt das relativ einfach gehaltene Scherzo.
- Als dritter Satz zeichnet sich das Adagio durch
seinen harmonischen Ausdruck (Neapolitaner)
aus.
- Mit dem Rondo beschließt wiederum ein
„einfacherer“ (aber nicht leichtgewichtiger) Satz
das Quartett.
Wolfgang Amadeus Mozart
Streichquartett in C-Dur KV 465
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
• Die sechs Streichquartette in G-Dur, d-Moll, BDur, Es-Dur, A-Dur und C-Dur komponierte
Mozart als Reaktion auf Haydns Streichquartette
op. 33.
• Mozart führte die Werke am 15. Januar 1785
Haydn vor, der von den Kompositionen sehr
beeindruckt gewesen sein muss.
• Leopold Mozart zitiert Haydn in einem Brief an
Nannerl: „Ich sage Ihnen vor Gott, als ein
ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte
Componist, den ich von Person und Namen nach
kenne; er hat Geschmack, und überdieß die
größte Compositionswissenschaft.“ (vgl. NMA
VIII/1/2, S. IX.)
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• Das Quartett beginnt mit einer langsamen Einleitung,
die ihm den Beinamen „Dissonanzen-Quartett“
verschafft haben.
• Besonders die gut hörbaren Querstände zwischen Va
und Vl1 in T. 2 (as-a‘‘) und T. 6 (ges gegen g‘‘) haben
die Zeitgenossen irritiert.
• In T. 4 ist die Dominante G-Dur erreicht, sie wird jedoch
umgehend vermollt und das des‘‘‘ in T. 5 erklingt
unerwartet.
• Ab T. 6 folgen die Anfangstakte einen Ton tiefer auf b.
• In T. 9 wird As erreicht.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• In T. 12 endet der schrittweise Abstieg des Vc auf Es.
• Die folgenden drei Takte zeichnen sich durch
chromatische Stimmführung aus, bis in T. 16 schließlich
mit der Dominante G-Dur fester Boden unter den
Füßen erreicht ist.
• Die Dominante wird in den Folgetakten bestätigt.
• In T. 23 setzt das Hauptthema im piano und ohne Vc
ein, ein regulärer Achttakter.
• Der vollstimmige Einsatz in T. 31 im forte wirkt
bestätigend, der in T. 38 die Dominante betonter
ansteuert (DD-D), wobei diese ihren
Dominantcharakter aber noch behält (G7 in T. 39).
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• So endet der erste Abschnitt der Exposition in T. 44
noch deutlich in der Haupttonart C-Dur.
• Ab T. 44 schließt sich die Überleitung in Richtung
Seitensatz an, unter Verwendung des Hauptthemas, die
in T. 55 mit einem D-Dur-Akkord als „Doppelpunkt“
endet.
• Trotz des pointierten Forte-Einsatzes in G-Dur in T. 56
beginnt hier noch nicht der Seitensatz, sondern ein
weiterer Überleitungsteil, der in T. 70f mit einer G-DurKadenz endet.
• In T. 71 setzt nun der Seitensatz mit dem achttaktigen
Seitenthema ein.
• Triolen und die Verlangsamung des Pulses (Viertel
anstatt Achtel) bilden den Gegensatz zum Hauptthema.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• Ab T. 79 folgt eine schrittweise Rückkehr zum Charakter
des Satzes vom Satzbeginn unter Verwendung des
Hauptthemas.
• In T. 107 beginnt die Durchführung mit dem
Hauptthema jeweils um einen Takt versetzt in Vl1 und
Va.
• Nach dem Sekundakkord führen Vl1 und Va das Thema
versetzt über den Repetitionstönen des Vc durch C, A
etc. durch, bis in T. 117 F-Dur erreicht ist.
• In aller Kürze (Umdeutung es = dis) moduliert Mozart
nach E-Dur, worauf in T. 121ff eine a-Moll-Episode im
piano unter Verwendung des Hauptthemas erklingt.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• Nach dem modifizierten Hauptthema im Vc in T. 125
werden in den Folgetakten Achtelgruppe und Vorhalt
abgespalten und als Einzelmotiv zwischen Vl1 und Vc
durchgeführt.
• Die Mittelstimmen präsentieren unruhige Synkopen.
• Über E-Dur wird in T. 129 A-Dur und in T. 130 d-Moll
erreicht, dieses dominantisiert, worauf in T. 137 nach
G-Dur als Dominante c-Moll erreicht wird.
• Nach weiteren Zwischenstationen wird in T. 147 mit
Rückgriff auf T. 121 wieder G-Dur betont und so der
Rückweg zur Reprise beschritten, die in T. 155 einsetzt.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Adagio-Allegro
• Die Reprise ist gekürzt und variiert (bereits zu
Beginn Variationen), in T. 191 schließlich
erklingt der Seitensatz in der Tonika.
• In T. 227 folgt eine Coda, die den Beginn der
Durchführung aufnimmt.
• Ab T. 235 wird in extenso nochmals C-Dur
ausgebreitet.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Andante cantabile
• Das Andante ist ein zweiteiliges Stück.
• Der A-Teil reicht von T. 1-39, worauf nach einer
Überleitung von fünf Takten ab T. 45 die variierte
Wiederholung des A-Teils.
• Das Hauptthema besteht aus einem Achttakter 4+4,
der zwar in T. 8 in der Tonika endet, durch die
Melodieführung der Vl aber doch offen bleibt.
• Ein weiterer Nachsatz schließt sich an, der in T. 12 in
die Überleitung zum Seitenthema weitergeführt wird.
• Die Überleitung baut sich langsam aus dem piano zum
forte auf und geht wieder ins piano zurück.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Andante cantabile
• Vl1 und Vc dialogisieren zur Begleitung der
Mittelstimmen.
• In T. 26 setzt der Seitensatz im Pianissimo quasi
fugatisch ein.
• Der A‘-Teil wird verschiedentlich variiert.
• In T. 75 beginnt der Seitensatz nun in der Tonika,
in T. 85 wird er ein weiteres Mal wiederholt,
diesmal in f-Moll.
• In T. 100f ist wieder F-Dur erreicht, die Coda
schließt sich unmittelbar an.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Menuetto. Allegro
• Das Menuett exponiert zunächst einen
dynamischen Kontrast,
• Im zweiten Teil wird mit d-Moll ein
Tonartenkontrast erzielt.
• Das Trio steht in der Variantentonart c-Moll.
• Bemerkenswert ist die Verlegung der
kantablen Melodie ab T. 28 ins Vc.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Allegro molto
• Das Finale steht im kurzgliedrigen 2/4-Takt.
• Am Beginn stehen zwei Achttakter, deren Thematik ab
T. 25 mit Auftakt wieder aufgenommen wird.
• Dazwischen steht eine Piano-Episode, die über den
markanten Zweiachtel-Auftakt mit dem Hauptthema
verbunden ist.
• Ab T. 34 beginnt die Überleitung, der Seitensatz in GDur in T. 55 – wieder mit einem Zweiachtel-Auftakt.
• In den Folgetakten wird G-Dur weiter ausgebreitet, der
Satz ist nunmehr Oberstimmenbetont: Vl1+Begleitung.
• Bemerkenswert ist die Es-Dur-Episode ab T. 89.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Allegro molto
• Die Durchführung beginnt in T. 137 mit dem
Hauptthema in c-Moll.
• Nach einer Generalpause setzt das Hauptthema in T.
152 in Es-Dur an, jedoch nur für etwas mehr als zwei
Takte, in T. 158 folgt in gleicher Weise ein f-MollEinsatz.
• Schließlich wendet sich der Satz in die Kreuztonarten,
so wird in T. 166 über H-Dur e-Moll, in T. 168 über FisDur h-Moll und in T. 172 cis-Moll erreicht.
• Nach einer Kadenz auf H-Dur in T. 180 setzt in T. 182
das Hauptthema zuerst in E-Dur, dann in T. 186 in eMoll ein – in einem C-Dur-Satz denkbar weit entfernte
Tonarten.
W. A. Mozart: Streichquartett in C-Dur
KV 465
Allegro molto
• Schließlich wendet sich der Satz nach G-Dur und
in T. 199 beginnt die Reprise.
• In T. 157 beginnt der Seitensatz nun in der Tonika
C-Dur.
• Die bereits in der Exposition verwendeten
Ausweichungen werden verstärkt: As-Dur (T. 292)
und dann geht es über Es-Dur bis nach Des-Dur in
T. 308ff.
• Wieder schließt sich eine Coda an, die diesmal
mit 47 Takten recht umfangreich ausfällt.