Interkulturelle Vermitt

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Transcript Interkulturelle Vermitt

Interkulturelle
Vermittlungsmethodik mit Bezug
auf deutsche Kurzgeschichten
Bedeutung und Relevanz
beim DaF-Unterricht an
Indische Lerner
Anvaya Sardesai
Einleitung
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Literaturvermittlung heißt
Kulturvermittlung.
Zugang zur Sprache und Text
wird im kulturellen Kontext
erzielt.
Was ist Kultur und ihre
Vermittlung?
Kultur ist eine Gruppendynamik; "Kultur umfasst
die Lebens-, Verhaltens-, Glaubens-, Denk- und
Ausdrucksweisen einer bestimmten Gruppe im
Prozeß (...) Verschiedene gemeinsame kohäsive
Faktoren wie Nation, Sprache, Religion, Region,
Beruf, Schicht, Alter, politische Einstellung u.a.
kommen bei jedem Menschen in verschiedenen
Konstellationen zusammen"(Vibha Surana)
Kulturkonstitutiv ist vermittlungsrelevant.
Interaktionsprozeße, bei denen „kultureller
Differenz zwischen Symbolisierungsformen als
kulturkonstitutiv“ vorkommt, sind für die
interkulturelle Vermittlung bedeutsam. (Ortrud
Gutjahr)
Warum interkulturelle statt
intrakultureller Vermittlung?
Fremdheit ist wegen der Sprache
und Kultur.
 Fremdkulturelle Leserrezeption
ist unterschiedlich
 Identifizierung mit dem Text
problematisch
 Kulturangemessene Erschließung
schwierig.
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Was bedeutet Interkulturalität?
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Interkulturalität-ein relationaler
Begriff. Setzt zwei oder mehr
Kulturen voraus- die einander
abgrenzen, einander öffnen und
voneinander lernen.
Sucht zuerst nach Gemeinsamkeiten
und dann nach Unterschieden.
Inter= mit, zwischen, Reziprozität.
Interkulturalität
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Basiert auf der Konstruktion einer
Relation von Eigenem und Fremdem
Das Fremde erst als Differenz zum
Eigenen vorstellbar und umgekehrt;
Das Fremde ist das Andere des
Eigenen.
Der Methodischer Ansatz
von Dietrich Krusche
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Die Relevanz der Rezeptionsästhetik und
Wirkungsästhetik
Referenzstruktur wichtig
Relevanz der Referenzschemata oder Vorwissen
Lesen-ein Erfahrungsprozeß, in welchem
mögliche Textbedeutungen sich überhaupt erst
konkretisieren.
Kultursemantisch angemessene Entschlüsselung
der Leerstellen beim Lesen- für fremdsprachige
Leser schwierig aber nötig.
Der Lesevorgang- disjungierendes Deuten
vorgeschlagen.
Was ist eine Leerstelle?
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Die Leerstelle als Grundbegriff der
Rezeptionsästhetik wurde vom Anglisten
Wolfgang Iser in die Literaturtheorie eingeführt.
Iser knüpfte damit an das Konzept der
Unbestimmtheitsstellen von Roman Ingarden an.
„Immer dort, wo Textsegmente unvermittelt
aneinanderstoßen, sitzen Leerstellen, die die
erwartbare Geordnetheit des Textes
unterbrechen.“ (Iser: Der Akt des Lesens, S.
302) An diesen Stellen ist der Leser gefordert,
denn er muss die Textsegmente in eine
Beziehung zueinander setzen.
Vorteile der Interkulturellen
Vermittlungsmethodik
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Didaktische Unterstützung
Der DaF-Leser liest sinnbildend! Kann den
Text entschiedener konkretisieren.
Evokative Impulse werden erweckt.
Entdeckendes Lesen.
Leser wird rezeptionsoffen.Texthorizont
erweitert sich.
Ästhetische Erfahrungen in einer
Fremdsprache sind einprägsamer als die in
einer Muttersprache.
Anwendbarkeit dieser
Methodik auf eine
Kurzgeschichte als
Beispiel:
Schönes goldenes Haar
von Gabriele Wohmann
"Sie hat
hübsches
Haar",
sagte sie.
"Wie Seide,
wie Gold."
Er
schnickte
die Seiten
in ihre
gekniffte
Form
zurück.
"Na klar",
sagte er.
Entschlüsselung
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Inhalt-Fabel
Titel-Anspielung auf die LoreleisageReferenzstruktur
Historischer HintergrundReferenzschemata
Ästhetisches Verfahren
Gattungsmerkmale
Vergleich kultureller Perspektive
Inhalt
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Ein Ehepaar im Wohnzimmer. Ein
Alltagsausschnitt.
Sie strickt braune Wollsocken und ist unruhig,
aufgeregt. Versucht ein Gespräch mit ihm. Er
liest Zeitung scheint gleichgültig über ihre
Tochter Laurela, die oben über ihnen mit ihrem
Freund (wahrscheinlich Sex treibt) Richtige
Opferlämmer sind Frauen,sagt sie. Seine
Gleichgültigkeit über die eigene Tochter versteht
sie nicht und sie selber hat sowie Mitleid als auch
verwundert stolz die Tochter, die ein blaues Kleid
trägt und hübsches Haar hat wie Seide wie Gold.
Er reagiert nicht außer ein Na, klar über das
wiederholte Schwärmen der Mutter über die
Schönheit der Tochter.
Sie starrte seine kurzen festen Finger an, die sich am Rand ins Papier krampften:
fette Krallen, mehr war nicht von ihm da, keine Augen, kein Mund. Sie rieb die
Fingerkuppe über die Wollrunzeln.
Referenzstruktur
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Als Referenzstruktur oder außertextliche
Wirklichkeit im Sinne von Krusche: der
kulturspezifische Anteil der Loreleisage-ohne
dessen warum und was die Mutter an der
Schönheit ihrer Laurela befürchtet, schwer zu
begreifen ist.Was ist eine Volkssage? Tragen auch
Volkssagen zum indischen kulturellen Gedächtnis
bei?
Die schöne Nixe Lorelei, die auf dem gleichnamigen aktuellen
Felsen im Rhein sitzt und ihre wie Gold glänzende lange blonde
Haare mit einem goldenen Kamm kämmt und auf die Rheinschiffer
verführerisch wirkt und Unfälle verursacht bewirkt eine negative
Energie. Hier benutze ich auch die Ballade Lorelei von Heine als
Einstiegsphase in diese Geschichte.
17971856
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Lore-Lei
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl, und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldenes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei,
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
die Lore-Lei getan.
Apsaras – Gandharvas im
Hof von Indra.
Unterhalten und
manchmal verführen
Götter, Weisen und
Menschen
Pururavas und
Urvashi
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Verführt den König Pururavas.
Eine ganze Hymne im Rigveda
dieser Liebe gewidmet. Liebe
verflucht vom Weisen Bharat.
Urvashi, Rambha, Menaka,
Tilottama
Verführerische Schönheit
Beim Tanz u. Musik begabt
Referenzschemata
Entstehungszeit dieser Geschichte 1968 ist
als Referenzschemata wichtig. historischer
Hintergrund 1968- Zeit der
Studentenbewegung-. Zerfall der Familie
als Institution und Anfang der Hippikultur
so wie wir sie in Indien kennen.
Verweigerung der eigenen Beteiligung an
der Nazi Vergangenheit auf Seite der Eltern
die Ursache. Konflikte und
Kommunikationsmangel vor allem
innerhalb der Familie auch zwischen
Ehepartnern wie wir hier sehen.
Die Frau redet. Der Mann steckt hinter Zeitung, die als Wand
und Schirm dient. „Richtige Hühner die Frauen ewiges
Gegacker“, denkt er. Seine Hände sieht sie immer wieder als
fette Krallen an.
Autorenvita- Gabriele Wohmann
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Geboren 1932 in Darmstadt, lebt dort
mit zahlreichen Literaturpreisen
ausgezeichnet u.a. dem Hessischen
Kulturpreis, dem Bremer
Literaturpreis, dem Großen
Bundesverdienstkreuz
ist die unbestrittene Chronistin
unserer deutschen Bürgerlichkeit .
Sie wird das Gewissen unserer
mühsam gezimmerten bürgerlichen
Existenzen bleiben.
Sie wird den Gefühlen auf den Spur
bleiben. Unseren Sentimentalitäten,
Einbildungen, Entwürfen.
Schonungslos, erfrischend bissig aber
liebevoll.
Eine unbestechliche Beobachterin.Die Zeit
Textanalyse
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Die Lorelei ist eine Nixe also übermenschlich, himmlich
nicht irdisch. Laurela dagegen mit ihrer vergleichbarer
Schönheit bleibt letztendlich Mensch mit menschlichen
Schwächen, und trotz des blauen Kleids eng unterm Busen
und auch wenn das Blau zum Haar passt, hat die Mutter
Angst für sie. Sie bewundert und befürchtet die Folgen
dieser Schönheit für die Tochter wegen der
Loreleisage,während sie an die eigenen jugendlichen Zeiten
denkt.
Daher auch die immerwieder Gegenüberstellung der
Farben Blau- das Himmlische und Braun- das Irdische oder
die Begrenztheit des Menschen anschaulich Machendes in
dieser Geschichte. Braune Wollsocken, Brauner Wollfilz,
auch das braunliche Dösen des Wohnzimmers. Auch das
Bohren des Stopfnadels im Wollfilz zeigt die kritische Sicht
der Mutter.
Hauptmerkmale einer
Kurzgeschichte
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Der unmittelbare Eintritt ins GeschehenIns Monolog mütterlicherseits und ihr
Kummer über die junge Tochter-an
spezifisch deutschkulturellem Hintergrund
angeknüpft; ein Eintritt ohne Einstieg und
mit Pronomina er und sie die Haupfigurenein Alltagsgespräch Hauptmerkmale einer
modernen deutschen Kurzgeschichte sind
hier ohne weiteres zu sehen, sogar mit der
klischeehaften Rollenverteilung Stopfen
und Zeitunglesen- als Inder können wir
damit gut identifizieren. Und das Ende
wird dem Leser offengehalten.
Entdeckendes Lesen
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Als ästhetisches Verfahren dient doch das Leitmotiv Laurela
aber hauptsächlich stilistische Mittel wie die Lautmalerei,
Wiederholung und Personifikation. Das knistern und
hinknüllen der Zeitungswand sowie das tappen und packen
auf das Bierglas seinerseits und schmatzen und schlucken
bringt den Leser zum Nachdenken,ob er als Vater wirklich
gleichgültig sei oder eine resignierende Haltung aus
Hilfslosigkeit oder auch aus Sachlichkeit annimmt.
„Der Schirm bedruckter Seiten tuschelte.“
Vielleicht um den unangenehmen Gedankengang zu
dämpfen, während die Frau immernoch weiterredet, steht
er rasch auf und dreht das Radio an. „Die Musik schreckte
das Wohnzimmer aus seinem bräunlichen Dösen“, als ob
die Musik eine Person wäre und ein plötzlicher Abbruch der
Gelassenheit wird angezeigt.
Zusammenfassung
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Aussuchung von kulturellen Gemeinsamkeiten während des Leseund Lehrvorgangs
Erkennisgewinn
bleiben der kulturellen Andersheit offen also lernen von neuen
oder andersartigen und stellen damit die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten zwischen unseren Kulturen fest.
Die deutsche Kurzgeschichte bleibt damit nicht fremd sondern nur
anders, neugier erweckend.
mit deutscher (neuer Sicht) schauen wir unsere eigene Kultur an.
Damit entdecken wir unsere eigene Kulturelle Identität neu oder
machen es fragwürdig.
Der Vergleich miteinander, Unterschiede und Gemeinsamkeiten
zwischen einander und dann das Lernen von einander oder
Reziprozität nachvollzieht also die Interkulturalität der
Vermittlungsmethodik.