Kann moderne Gülle ein medizinisches Risiko sein?

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Transcript Kann moderne Gülle ein medizinisches Risiko sein?

Kann moderne Gülle
ein medizinisches Risiko sein?
Bedenken aus medizinischer Perspektive
Grafschaft, Dezember 2013
Bürgerinitiative gegen industrielles Güllelager und
Massentierhaltung in Wohnortnähe e.V.i.G
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Mist ursprünglich…
• Der Mist kam praktisch immer aus einem Betrieb
• Tierpopulation eines Hofes mit ähnlichem bakteriellem und viralem
Spektrum
• Lokales „Naturfutter“, welches in Form von Gülle auf die gleichen
Felder zurückgebracht wird (traditionelle Kreislaufwirtschaft)
• Nur minimaler Antibiotika-Einsatz
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Gülle heute
• Mix aus diversen Betrieben (Herkunft)
• Unterschiedliche Tierpopulationen mit differenziertem Keimspektrum
• Mischfutter mit importierten Rohstoffen  Folge: Exkremente haben
andere chemische Zusammensetzung: dies begünstigt die
Lebensbedingungen für Bakterien
• Massentierhaltung ohne Einsatz von Antibiotika nicht möglich 
Folge: AB sind in den tierischen Ausscheidungen enthalten
• Muss erhitzt werden! Warum?  Folge: Natürliche „Desinfektion“
ist nicht mehr möglich
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Bakterien – Freund…
• In und an jedem lebendem Individuum kommen Bakterien vor
• In normaler, physiologischer Zusammensetzung sind sie für den
Menschen ungefährlich und lebenswichtig
• Bekannte Bakterien sind z.B. die Enterobakterien wie Clostridien,
Acinetobacter, Escherichia coli (E. coli) etc.
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… und Feind!
Wann sind oder können Bakterien gefährlich werden?
• Mutation ist Evolution: „Der Organismus mit der besten
Überlebensstrategie setzt sich durch“!
• Die Überlebensbedingungen für Bakterien haben sich geändert
(andere Gülle, immer mehr Antibiotika gegen Bakterien im Einsatz)
• Mutation wird durch Antibiotika beeinflusst  der damit
einhergehende Selektionsdruck ist deutlich größer
Die Situation hat sich deutlich verändert und verschärft, denn
Bakterien können heute mehr!!!
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Freund oder Feind?
Ein (bau)gleiches Bakterium kann ungefährlich sein, aber gefährlich
werden:
• Wie kommt das?
Durch Mutation  das mutierte Bakterium setzt sich durch „erlerntes
Wissen“ gegen andere Bakterien durch
• Beispiel aus letzter Zeit EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia
coli)  mutiertes E. coli: Hauptreservoir für EHEC sind Rinder
• Die untersuchten Sprossen waren nur durch diese Fäkalkeime
kontaminierte Träger
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Wozu führen Resistenzen?
• „Normale“ Antibiotika wirken nicht mehr  sie verschlimmern sogar
noch die behandelten Infekte
• Es müssen Reserve-Antibiotika eingesetzt werden
• „Einfache Infektionen“ sind nicht mehr wirksam durch Antibiotika
therapierbar; im schlimmsten Fall fallen wir auf den Zustand (wie)
vor der Entdeckung der Antibiotika selbst zurück, da letztere keine
therapeutische und heilende Wirkung mehr besitzen!
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Bakterielle Infektionen
• Führten vor der Entwicklung von Antibiotika häufig zum Tode, z.B.
bei der Pest, dem Wundstarrkrampf oder bei Durchfallerkrankungen
• Risikogruppen sind unter anderem
– Säuglinge und Kleinkinder
– immunkompromittierte Mitbürger, z.B. Diabetiker,
Krebspatienten, Asthmatiker und chronisch obstruktive
Atemwegserkrankungen (COPD)
– Menschen mit häufigem Kontakt zu Risikostellen:
medizinisches Personal, Facharbeiter und andere, insbesondere
aber auch Landwirte mit Vieh- und Exkrementkontakten
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MRSA und cMRSA (Fortsetzung)
• Mittlerweile zeigt der MRSA auch zunehmende Resistenzen auf
andere Reserve-Antibiotika
• Bereits heute ist ein enorm großer MRSA-Pool unter anderem in der
Schweinmast belegt und faktisch nachweisbar
• In der Schweinemast ist der MRSA besonders problematisch zu
betrachten, da sich ein Mikrofilm auf Oberflächen bildet, der beste
Überlebens- und damit Anpassungschancen für Keime bietet
• Außerdem können die MRSA-Keime auf vielen, auch nichtbiologischen Oberflächen überleben
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Weitere „Super-Keime“
Der MRSA ist inzwischen bekannter in der Öffentlichkeit, auch weil mit
diesem Keim die ersten „wahrnehmbaren“ Auswirkungen auf die
Gesellschaft verbunden sind, über die in den letzten Jahren in der
Fach- und zunehmend auch in der Publikumspresse berichtet wird.
Problem: Es gibt weitere Keime, die mindestens das gleiche die
Gesundheit gefährdende Potenzial besitzen, beispielsweise
Pseudomonaden, Klebsiellen und Clostridien. Auch bei diesen
Keimen haben wir es mit der gleichermaßen besorgniserregenden
Resistenzproblematik zu tun.
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Gibt es alarmierende Hinweise, dass Gülle
die Bildung von Resistenzen steigert ?
JA!
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Gülleproblematik – Auszüge aus aktueller Literatur
• „Gülle wurde zu einem Reservoir von resistenten Bakterien und
Antibiotikagemischen.“
(Antibiotic resistance gene spread due to manure application on agricultural fields; Heuer et al 2011 current Opinion in Microbiology 14:1-8)
• „…sehr wahrscheinlich, dass agrarwirtschaftlicher AntibiotikaGebrauch einen signifikanten Effekt auf die AntibiotikaResistenzentwicklung der menschlichen Gemeinschaft hat“.
(Antibiotic resistance gene spread due to manure application on agricultural fields; Heuer et al 2011 current Opinion in Microbiology 14:1-8)
• „Massiver Einsatz von Gülle in der Agrarwirtschaft leistet einen
Beitrag, um das Problem der Antibiotika-Resistenz in die Therapie
von menschlichen Infektionserkrankungen zu übertragen.“
(Manure and sulfadiazine synergistically increasedbacterial antibiotic resistance in soil over at least twomonths; Heuer und Smalla,
Environmental Microbiology (2007) 9(3), 657–666)
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Gülleproblematik – Auszüge aus aktueller Literatur (Forts.)
• „…das Aufbringen von Gülle wurde als potenzieller Risikofaktor für
das Ausbrechen von menschlichen STEC Infektionen identifiziert“
(Associations between Indicators of Livestock Farming Intensity and Incidence of Human Shiga Toxin-Producing Escherichia Coli
Infection; Valcour et al Emerg Infect Dis. 2002 March; 8(3): 252–257.)
• „Bei der Verfütterung therapeutischer ChlortetrazyklinKonzentrationen an Schweine konnte ein Anstieg der Gene (...) in
den Faeces nachgewiesen werden. Quantitative Untersuchungen
zum Vorkommen der Resistenzgene (…) in Praxisgülle zeigten
einen signifikanten Anstieg der Resistenzgen-Gehalte bereits im
Konzentrationsbereich ab 0,1 mg Tetrazyklin/kg Gülle“
(Hölzel, Christina (2006): Antibiotikaresistente Bakterien und Resistenzgene in Schweinegülle. Dissertation, LMU München)
• “Die Gülle, die durch die Tiere erzeugt wird, enthält Antibiotikaresistente Bakterien, (…) und wird zeitweise auf Felder ausgebracht,
so dass Bürger der Gefahr von Antibiotika-resistenten Infektionen
ausgesetzt werden.”
High-Density Livestock Operations, Crop Field Application of Manure, and Risk of Community-Associated Methicillin-Resistant
Staphylococcus aureus Infection in Pennsylvania. 2013 Nov 25;173(21):1980-90. doi: 10.1001/jamainternmed.2013.10408.
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MRSA – Zitierungen ausgewählter Literatur (1)
• „(…), dass die Dichte der Massentierhaltung ein beachtenswerter
Risikofaktor für die nasale Besiedlung mit …-MRSA ist, (…) und
zwar für Personen mit oder ohne direkten Tierkontakt“.
Livestock Density as Risk Factor for Livestock-associated Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus, the Netherlands (Emerg Infect
Dis. 2012 November; 18(11): 1841–1849.)
• „(…) MRSA wurde in Fleisch gefunden. Dafür könnte es wichtig
sein, auf solches Fleisch zu verzichten, um die Exposition der
Bevölkerung zu minimieren“.
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Dis. 2012 November; 18(11): 1841–1849.)
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MRSA – Zitierungen ausgewählter Literatur (2)
• „(…), dass die Dichte der Massentierhaltung ein beachtenswerter
Risikofaktor für die nasale Besiedlung mit …-MRSA ist, (…) und
zwar für Personen mit oder ohne direkten Tierkontakt“.
Livestock Density as Risk Factor for Livestock-associated Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus, the Netherlands (Emerg Infect
Dis. 2012 November; 18(11): 1841–1849.)
• „(…) MRSA wurde in Fleisch gefunden. Dafür könnte es wichtig
sein, auf solches Fleisch zu verzichten, um die Exposition der
Bevölkerung zu minimieren“.
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Dis. 2012 November; 18(11): 1841–1849.)
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MRSA – Zitierungen ausgewählter Literatur (3)
• Jeder MRSA-Stamm bei Schweinen bildete robuste Biofilme, gleich
zu menschlichen, klinischen Isolaten.“
Livestock-Associated Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus (LA-MRSA) Isolates of Swine Origin Form Robust Biofilms; PLoS One.
2013 August 29; 8(8): 10.1371/annotation/6b2dd528-d9e8-41e1-ae58-db15f5936f2e
• Seit 2006 testen niederländische Krankenhäuser bei Aufnahme von
Personen, die um oder auf Bauernhöfen leben, auf (…)-MRSA.
(MRSA May Move From Livestock to Humans JAMA. 2012;308(17):1726. doi:10.1001/jama.2012.14814)
• …“Ausbringen von Gülle auf Felder (…) ist assoziiert mit MRSA
Haut- und Weichteilinfektionen.“
High-Density Livestock Operations, Crop Field Application of Manure, and Risk of Community-Associated Methicillin-Resistant
Staphylococcus aureus Infection in Pennsylvania. 2013 Nov 25;173(21):1980-90. doi: 10.1001/jamainternmed.2013.10408
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Gibt es Unbedenklichkeitsbeweise?
Nach eingehenden Recherchen und Nachforschungen zu
einschlägigen Quellen und bekannten Datenbanken – seit September
2013 – ist festzustellen:
In der internationalen Literatur ist bis heute nichts dargelegt
beziehungsweise auffindbar, was die beschriebenen Effekte und
Folgen für die menschliche Gesundheit eindeutig widerlegt!
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Was macht ein Güllesee brisant ?
• Zusammensetzung der Gülle
aus vielen Betrieben
 hoher Pool an mutierten Bakterien
• Unterschiedliche Gülle bleibt
lange an einem Ort
 viel Zeit zur Entwicklung
• Nährboden ist im Gegensatz zu Mist fast ideal.
• Die „selbstdesinfizierende“ Wirkung vom klassischen Mist ist nahezu
nicht mehr vorhanden.
• Naturgewalten
 „steriler See“ kann von außen mit
Erregern be-impft werden. Diese
Erreger sind schon auf den Boden
aufgebracht (überdimensionierte
Petrischale).
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Schlussfolgerungen (1)
• Die mögliche Gesundheitsgefahr durch resistente Keime und deren
Verbreitung durch Gülledüngung ist zurzeit eher wahrscheinlich
UND wurde bis heute sicher NICHT widerlegt!
• Antibiotika-Resistenzen bedrohen die Bevölkerung und sind in ihrem
gesamtgesellschaftlichen Bedrohungspotenzial (Epidemien,
Pandemien) ungleich gefährlicher als z.B. terroristische Akte!
• Unverzügliche Gegenstrategien sind überlebenswichtig:
– Besonnener Einsatz von Antibiotika
– Keine Antibiotika zur Produktivitätssteigerung in der Tierzucht
– Forschung und Personal aufstocken
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Schlussfolgerungen (2)
Grundsätzliche Frage:
Ist die Massentierhaltung in Anbetracht ihres enormen und
beschriebenen Gefährdungspotenzials auf Dauer überhaupt haltbar
und müssen wir nicht ALLE unseren Lebensstil – insbesondere
unseren Fleischkonsum – fundamental überdenken und nachhaltig
ändern?
Eine nachhaltige Landwirtschaft – zurück zum Prinzip des stofflich
weitestgehend geschlossenen Kreislaufs auf einem Hof
beziehungsweise innerhalb eines Landwirtschaftsbetriebes – erscheint
als die zur Zeit einzig sichtbare und vernünftige Alternative zur
industriellen und vorwiegend profitorientierten Agrarproduktion.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Verantwortlich für den Inhalt:
Reinhold Hermann
1. Vorsitzender der „Bürgerinitiative
gegen industrielles Güllelager und
Massentierhaltung in Wohnortnähe“
Auf dem Damm 5
53501 Grafschaft-Gelsdorf
T: +49 (0) 2225 10434
E: [email protected]
Anmerkung:
Dieses Dokument dient nur zu Präsentations- und Informationszwecken. Im Falle einer gewünschten Weitergabe an
Dritte oder Vervielfältigung wenden Sie sich bitte direkt an die Bürgerinitiative.
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