MÜNDLICHKEIT UND SCHRIFTLICHKEIT

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MÜNDLICHKEIT UND SCHRIFTLICHKEIT
SPRACHE DER NÄHE –
SPRACHE DER DISTANZ
BEI PETER KOCH UND
WULF OESTERREICHER
Daniel Pauli
Universität Leipzig
SS 2011
Seminar: Varietätenlinguistik
Professor Carsten Sinner
GLIEDERUNG
1. Gesprochene / geschriebene Sprache
2. Medium / Konzeption
3. Sprache der Nähe / Sprache der Distanz
4. Fazit
1. Gesprochene / Geschriebene Sprache
Gesprochene und geschriebene Sprache sind auf dasselbe
System bezogen

Gesprochene Sprache bewahrt offenere Norm und nutzt
Möglichkeiten des Systems weniger intensiv

Geschriebene Sprache verengt die Norm und nutzt intensiver
Möglichkeiten des Systems

Extremsituation: Diglossie-Situation: Bsp.SchriftlateinVulgärlatein -> Unterschiede zwischen beiden Varietäten
verschärfen sich

Bilingualismus: ein Maß ist überschritten, versteinertes Idiom
bleibt bestehten -> Bsp. Latein

GESPROCHENE SPRACHE
GESCHRIEBENE SPRACHE
Rollenverteilung zwischen Komm.partnern
offen
feste Rollenverteilung
Rollenwechsel erfolgt ad hoc -> Dialogizität
Monologizität
Produzent und Rezipient sind verzahnt und
handeln Fortgang und Inhalt der
Kommunikation aus
Produktion und Rezeption voneinander abgekoppelt
Rezipient zeigt begleitende sprachliche und
nichtsprachliche Reaktionen und kann
jederzeit eingreifen
Produzent muss die Belange des Rezipienten von
vornherein berücksichtigen
Partner befinden sich in face-to-face
Interaktion (physische Nähe und
gemeinsames Handeln)
Rezipient oder Vielzahl von Rezipienten als anonyme
Instanz; Kommunikation hat öffentlichen Charakter
Oft ist gemeinsames Wissen bei Partnern
vorhanden
Elemente des situativen und soziokulturellen Kontextes
müssen versprachlicht werden ->sprachlicher Kontext
erhält größere Bedeutung
Unmittelbarkeit ermöglicht größere
Spontaneität, Planung weniger aufwendig
erhöhter Planungsaufwand -> Reflektiertheit
der aufgrund der Entkoppelung von Produktion und
Rezeption möglich wird
stärkere Expressivität und affektive
Teilnahme
weniger Expressivität und affektive Teilnahme
(Wulf/Oesterreicher 1985)
2. Medium / Konzeption

Ludwig Söll: Unterscheidung in Medium und Konzeption
Medium
= phonisch und graphischer Kode als
Realisierungsformen für sprachliche Äußerungen
Konzeption = Unterscheidung in gesprochen / geschrieben
•
Typische Kombinationen:
gesprochen + phonisch (Bsp. Vertrautes Gespräche)
geschrieben + graphisch (Bsp.Verwaltungsvorschrift)
• Verhältnis von phonischem und graphischem Kode im Sinne
einer strikten Dichotomie
• Polarität von gesprochen / geschrieben ein Kontinuum von
Konzeptionsmöglichkeiten
Medium / Konzeption
KONZEPTION
MEDIUM
gesprochen
geschrieben
graphischer
Kode
sp.:
¡decirme la verdad!
sp.:
¡decidme la verdad!
phonischer
Kode
[ de´θirmelaber´ðað]
[de´θiðmelabe´rðað]
(Koch/Oesterreicher 1985)
3. Sprache der Nähe / Sprache der Distanz
SPRACHE DER NÄHE
SPRACHE DER DISTANZ
Dialogisch
Monologisch
freier Sprecherwechsel
kein Sprecherwechsel
Vertrautheit der Partner
Fremdheit der Partner
face-to-face Interaktion
räumliche und zeitliche Trennung
freie Themenentwicklung
festes Thema
keine Öffentlichkeit
völlige Öffentlichkeit
Spontaneität
Reflektiertheit
starkes Beteiligtsein
geringes Beteiligtsein
Situationsverschränkung
Situationsentbindung
(Koch/Oesterreicher 1985)
Modell: Mündlichkeit – Schriftlichkeit / Nähe - Distanz
• Koch/Oesterreicher
sehen im
Nähe/Distanzkontinuum
ein universelles
Grundprinzip
sprachlicher Variation.
• Sie fügen den drei
klassischen
Varietätendimensionen
eine vierte Dimension
Nähe/Distanz hinzu
(Koch / Oesterreicher 1985)
4. Fazit
• Mit den Polen Nähe und Distanz lassen sich graduelle
Abstufungen zwischen konzeptionell mündlichen und
konzeptionell schriftlichen Äußerungsformen aufzeigen
• Diachrone Darstellungen der romanischen Sprachen lassen
sich anders lesen und schreiben, wenn man vom Fokus auf
Entwicklung des Schriftstandards abweicht
• Betrachtung von Sprachkontakt nicht nur horizontal zwischen
Schriftsprachen, sondern vertikal innerhalb einer Sprache
möglich
 Kritik am Nähe/Distanzmodell: die Nähe-/DistanzKommunikationsbedingungen sind kaum messbar zu machen,
da Parameter nicht trennscharf sind
Literatur:
Koch, Peter / Wulf Oesterreicher (1985): Sprache der Nähe - Sprache der
Distanz. Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Spannungsfeld von
Sprachtheorie und Sprachgeschichte. In: Romanistisches Jahrbuch 36.
Berlin / New York: Walter de Gruyter, 15-43.
Koch, Peter / Wulf Oesterreicher (1990): Gesprochene Sprache in der
Romania: Französisch, Italienisch, Spanisch. Tübingen: Niemeyer, 5-16.
Internetquellen (Stand 13.07.2011):
http://ethesis.helsinki.fi/julkaisut/hum/saksa/pg/kuukkanen/4sivu.html
http://www.uni-leipzig.de/~burr/Varieta/teaching/French/2005/Protokoll201.pdf
http://www.cornelia.siteware.ch/linguistik/muendlschriftl.html
http://www.koebes.uni-koeln.de/koebes06.pdf
http://www.ds.uzh.ch/lehrstuhlduerscheid/docs/.../protokoll_sms_110315.pdf