BAK von mehr als 1,1 %o

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Transcript BAK von mehr als 1,1 %o

Strafprozessuale
Vernehmungslehre
RiAG Gernot Hermann 2010
Literaturhinweise
• Advocom, Praxisseminar Fragen und Vernehmen
(Grünwald o.J.)
• Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage (4. Auflage,
München 2007)
• Bender, Nack, Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht
(3. Auflage, München 2007)
• Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung (6.
Auflage, München 2008)
• Meyer-Goßner, Strafprozessordnung (52. Auflage,
München 2009)
• Schulz von Thun, Miteinander Reden (3 Bände, Reinbek
1981)
RiAG Gernot Hermann 2010
Gliederung
1. Kommunikation
2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
3. Rechtliche Grenze: Täuschung
4. Durchführung einer Vernehmung
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
6. Geständnis
7. Beweiskraft
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Man kann nicht nicht kommunizieren.
(Paul Watzlawick)
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Communicare
= etwas gemeinschaftlich machen / etwas mit jemandem teilen (Mitteilen)
=> Verbales / Nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum
Austausch von Informationen
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Mündliche Kommunikation:
-
Das wechselseitige
aufeinander bezogene
Sprechen und Hören
von mindestens zwei Menschen,
die gemeinsam versuchen,
sich über etwas zu verständigen.
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
„Es steht ja gar keine Milch auf dem Tisch.“
Sache:
Person:
Beziehung:
Appell:
„Auf dem Tisch steht keine Milch.“
„Ich mag keinen schwarzen Kaffee.“
„Wir sind jetzt seit fünf Jahren verheiratet, und du weißt das immer
noch nicht!“
„Hol bitte die Milch!“
Jede Nachricht hat vier Seiten
- für den Sprecher
- und für den Hörer
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Wer gut zuhört,
-
-
signalisiert Interesse und Wertschätzung
ist besser und schneller über die Sache und die Denkweisen und Bedürfnisse des
Gesprächspartners informiert
kann damit strategisch geschickter handeln
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Verständlichkeit
-
zeigt Kompetenz
führt zur Überzeugung
erreicht man durch
-
Struktur
Prägnanz
Einfachheit im Ausdruck
Stimulanz
Holen Sie Ihren Gesprächspartner dort ab,
wo er steht!
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Professionelle Kommunikation
-
ist zielgerichtet,
rollenbewusst und
situationsangemessen
und setzt unterschiedliche Mittel
überlegt ein.
RiAG Gernot Hermann 2010
1. Kommunikation
Kommunikationsfähigkeit ist ein Schlüssel
zum beruflichen und privaten Erfolg.
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Der größte Feind der Wahrheit ist
nicht die Lüge,
sondern der Irrtum.
RiAG Gernot Hermann 2010
2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Irrtumsquellen:
•
•
•
•
Wahrnehmung
Speicherung
Erinnerung
Wiedergabe
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Wahrnehmung:
Sinnesreize -> Sinnesorgane
Webersches Gesetz
Die „Tatsache“ als solche gibt es nicht.
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Wahrnehmungsprobleme:
• Körperliche Verfassung
Auge
Ohr
Tastsinn
Geruchs- und Geschmackssinn
• Seelische Verfassung
Wahrgenommen / gespeichert wird (nur), was sich lohnt, behalten zu werden.
• Geistige Verfassung
-> Auswahl
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Sinngebung:
•
•
•
•
•
•
Ausfüllungsneigung
Schlussfolgerung
Gesetze der Gestaltpsychologie
Hofeffekt
Erwartungshorizont
Beeinflussung
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Speicherung
•
•
•
•
•
Angleichung / Nivellierung
Verfestigung
Verbindung
Ausfüllung
Zeitfolge
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Erinnerung
•
•
•
Ultra-Kurzzeitgedächtnis
Kurzzeitgedächtnis
Langzeitgedächtnis
RiAG Gernot Hermann 2010
2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
•
•
•
•
•
•
•
•
Keine Erinnerung an Reflexe / Sofortreaktionen
Verblassung
Anreicherungstendenzen
Verfälschung zum Zweckmäßigen
Verschmelzung
Retrograde Amnesie
Fixierung im Langzeitgedächtnis
Abwehrmechanismen
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis.
Das kann ich nicht getan haben, sagt mein
Stolz und bleibt unerbittlich.
Endlich – gibt das Gedächtnis nach.
(Friedrich Nietzsche)
RiAG Gernot Hermann 2010
2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
Wiedergabe:
•
•
Verfälschungen
Schätzungen
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2. Wahrnehmung, Speicherung, Wiedergabe
„Mit welcher Geschwindigkeit sind / haben
die Autos …?“
„zusammengekracht (smashed)“
„kollidiert (collided)“
„aufeinander gefahren (bumped)“
„zusammengestoßen (hit)“
„sich berührt (contacted)“
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40,8 m/h
39,3 m/h
38,1 m/h
34,0 m/h
31,8 m/h
3. Rechtliche Grenze: Täuschung
•
Begriff der „Täuschung“ i.S.d. § 136 a StPO ist zu weit gefasst und wird
einschränkend ausgelegt.
•
Abgrenzung: (zulässige) kriminalistische List <-> (unzulässige) Lüge
•
Maßgeblich: Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und –betätigung
des Vernommenen, der sich auf Grund falscher Vorstellungen zur Aussage
entschließt
RiAG Gernot Hermann 2010
3. Rechtliche Grenze: Täuschung
Unzulässig:
-
Bewusstes Vorspiegeln / Entstellen von Tatsachen (erdrückende Beweislage,
Aussage werde nicht zum Nachteil des Beschuldigten verwertet)
-
Täuschung über Rechtsfragen (Vorspiegelung einer Zeugenvernehmung, Pflicht zur
Aussage)
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3. Rechtliche Grenze: Täuschung
Keine Täuschung:
-
-
Vorspiegeln freundschaftlicher Gesinnung
Verschweigen bestimmter Punkte / den Beschuldigten über den eigenen
Kenntnisstand im Ungewissen Lassen
Ausnutzen vorhandener Irrtümer (nicht: Hervorrufen, Aufrechterhalten, Verstärken)
Unterlassen der Belehrung nach § 136 StPO
Fahrlässigkeit (str., soweit es um Rechtsfragen geht)
Fangfragen
Suggestivfragen?
RiAG Gernot Hermann 2010
4. Durchführung einer Vernehmung
Acht Regeln für den Vernehmer:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Kontaktsuche
Freundlichkeit
Interesse
Lob
Selbsteröffnung
Geduld
Verständlichkeit
Kompetenz
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4. Durchführung einer Vernehmung
Der Bericht:
-> Filterfrage
-> offene Fragen
-> Tendenz der Auskunftsperson gegenüber anderen Beteiligten erkennen
-> Klare Angaben oder Floskeln?
-> Auffällige Lücken?
-> Fragen für das Verhör vormerken
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4. Durchführung einer Vernehmung
Das Verhör:
-> erbringt die noch fehlenden Details
-> enthält weniger Lücken, aber mehr Fantasie als der Bericht
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4. Durchführung einer Vernehmung
Probleme:
-
Pygmalioneffekt
Gedächtnisverschluss
Beharrungstendenz
Othello-Effekt
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4. Durchführung einer Vernehmung
Fragetechnik:
-
-
Verständlich
Eindeutig
Personenbezogen fragen
Nur eine Frage zur Zeit stellen
Verschnörkelte Einleitungen vermeiden
Abmildernd (nicht provozieren)
Den Eindruck vermeiden, die Auskunftsperson müsste die Antwort
wissen
Unnötige Assoziationen vermeiden
Negative Ansprachen vermeiden
Vorwürfe nur in der Schlussphase (mit „Brücke zur Wahrheit“)
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4. Durchführung einer Vernehmung
Fragetaktik:
Nicht zu früh offenbaren,
welche Antwort man erwartet /
was man selbst schon weiß!
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4. Durchführung einer Vernehmung
Fragetypen (I):
-
Filterfrage -> Kann die Auskunftsperson aussagen? Hat sie eigene
Wahrnehmungen gemacht?
-
Offene Fragen -> i.d.R. „W-Fragen“, grds. vorzuziehen, da sie suggestionsfrei sind
und eine eigene Aussage ermöglichen
(-> Leerfrage, Anstoßfrage, Auswahlfrage)
-
Geschlossene Fragen -> sollten grds. nicht gestellt werden
(-> Alternativfrage, Ja-/Nein-Frage, Suggestivfrage, Gegensatzfrage,
Unmöglichkeitsfrage)
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4. Durchführung einer Vernehmung
Fragetypen (II):
-
-
Herausforderungsfrage -> soll die Auskunftsperson, die ihr Wissen bewusst
zurückhält, aus der Reserve locken (Gefahr: „Totstellreflex“)
Sondierungsfrage -> soll Unklarheiten beseitigen
Testfragen -> betreffen nicht das Aussagethema selbst, schaffen aber eine
Grundlage für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit)
(-> Situationsfragen, Thema-Wechsel-Frage, Überprüfung der Wahrheitswilligkeit,
Vorurteilsfreiheit oder Aussagetüchtigkeit)
Lenkungsfragen -> lenken die Vernehmung in eine bestimmte Richtung
RiAG Gernot Hermann 2010
4. Durchführung einer Vernehmung
Besondere Vernehmungsmethoden:
-
Mehrkanalmethode
Kognitives Interview
Zick-Zack-Verhör
RiAG Gernot Hermann 2010
4. Durchführung einer Vernehmung
Die Beschuldigtenvernehmung:
Ablauf:
-
Kontaktgespräch
Vernehmung zur Person
Eröffnung des Tatvorwurfs
Belehrungen
Vernehmung zur Sache
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4. Durchführung einer Vernehmung
Die Beschuldigtenvernehmung:
Grundsätze:
-
Vernehmungsort / -situation
Person des Vernehmenden
Rasche und gründliche Vernehmung
Gefährlichste Fehlerquelle ist die „eingleisige Anfangshypothese“.
Auch Unschuldige können lügen.
Gemeinsamer Rekonstruktionsprozess („Aushandeln“ / „Kampf“)
Geständnis
„Alles verstehen heißt nicht alles verzeihen.“
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Der Aussagende:
Nicht maßgeblich für die Beurteilung sind:
-
Prozessuale Stellung der Person (Beschuldigter, Zeuge)
„allgemeine Glaubwürdigkeit“ der Person
Maßgeblich ist allein die Qualität der Aussage.
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Nullhypothese:
Jede Aussage gilt solange als unwahr, bis diese Vermutung sich angesichts der
Zahl und der Qualität der Realitätskriterien in der Aussage nicht mehr
aufrechterhalten lässt.
(BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746)
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Widerlegung der Nullhypothese:
-
Subjektiv: Der Richter hält die Aussage für zuverlässig.
Objektiv: Für diese Bewertung existiert eine hinreichende Tatsachengrundlage.
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Gefährlichkeitskalkül:
Je geringer die Gefahr der Aufdeckung ist, desto leichter fällt die Lüge.
-> War das Geschehen heimlich oder öffentlich wahrnehmbar?
-> War es dauerhaft bzw. hat es Spuren hinterlassen oder war es flüchtig?
-> Sind andere Zeugen bzw. Beweismittel vorhanden oder nicht?
-> Ist das Geschehen komplex und schwer überschaubar oder einfach zu verstehen?
Kennt sich der Vernehmer auf dem Gebiet aus oder nicht?
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Lügner-Dilemma:
-
Glaubwürdigkeit erfordert: Details, Spontaneität
-
Gefährlichkeitskalkül und Mangel an Kompetenz bewirken: Detailarmut,
Verzögerung bei Ergänzungen
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Ausgangspunkt der
Glaubwürdigkeitsbeurteilung:
Denken in Alternativen
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Notwendige Bedingungen:
-
Logische Konsistenz (nicht „logisches Verhalten“)
Zahlreiche (qualitativ hochrangige) Details
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Detailreichtum:
-
Wieviel bleibt übrig, wenn man alle Details streicht, die nicht unmittelbar mit dem
Kerngeschehen zusammenhängen?
Wechselseitige Gespräche (außer das Gespräch ist selbst das Beweisthema)
Nebensächlichkeiten
Komplikationen
Nicht allgemein bekannte Deliktstypik
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Originalität
(insbesondere bzgl. Nebensächlichkeiten)
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5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Gefühle
für Echtheit spricht:
-
Originalität
Ambivalenz
Differenzierung
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Gefühle
Lügensignale:
-
-
Ausweichen von Fakten
Gefühlsschilderungen, die zielgerichtet das Beweisthema abstützen oder mögliche
Ungereimtheiten nicht erklären können
Stimmungsmache
Übersteigerter Gefühlsausdruck ohne Differenzierung („Eintönigkeit“)
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Strukturelle Kriterien:
-
-
Gleichgewicht zwischen den für die „Partei“ günstigen und ungünstigen Teilen der
Aussage
Gleiche sprachliche Struktur zwischen relevanten und unerheblichen Teilen der
Aussage
Gleiche Struktur wie frühere Aussagen der Auskunftsperson, von denen man weiß,
ob sie wahr oder falsch waren
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Nichtsteuerung:
-
Nebensächlichkeiten
Schnelle, spontane Ergänzungen
Inversion (Umkehrung)
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Homogenität:
-
Keine (unauflösbaren) Widersprüche
Psychologische Stimmigkeit
Gegenseitige Bestätigung der Vorgangsschilderung durch Einzelheiten
Es bleiben keine wesentlichen Teile unerklärt.
Schilderung von Eindrücken aus verschiedenen Sinneskanälen
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Weitere Kriterien:
-
Assoziationen
Unverständnis
Schilderung von Missverständnissen, Wiedergabe mehrdeutiger Äußerungen
Selbstbelastung
Entlastung des Gegners
Widerlegung der „Rachehypothese“
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Fantasiesignale:
-
Schwarz-Weiß-Malerei
„Verarmung“
Flucht
Problematisch:
-
Übertragung
Einbettung in ein (reales) Gesamterlebnis
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Konstanzanalyse:
-
-
Hinsichtlich des relevanten Kerngeschehens
Eher bedenklich bzgl. (fast) aller Nebensächlichkeiten
Insbesondere wenn die Auskunftsperson (auf Nachfrage) nicht in der Lage ist,
weitere Lücken zu füllen.
Erweiterungen, Verbesserungen, Präzisierungen sprechen für die Wahrheit.
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Kompetenzanalyse:
Ist die Auskunftsperson fähig, sich den geschilderten Sachverhalt auszudenken?
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Motivationsanalyse:
Motive zur Falschaussage:
-
Wunsch, jemandem helfen zu wollen
„selbstlose Lüge“
Arbeitsverhältnis
„Bier ist dicker als Blut.“ (§ 68 Abs. 4 StPO)
Völlige Neutralität gibt es praktisch nicht.
Unangenehme Folgen für den Zeugen
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Fehlerquellenanalyse:
-
Anamnese
Suggestion
RiAG Gernot Hermann 2010
5. Glaubwürdigkeitsbeurteilung
Gesamtschau:
-
Einfügung in ein Koordinatensystem
Alternativkriterium
-
Feststehende Tatsachen
Andere Aussagen
RiAG Gernot Hermann 2010
6. Geständnis
-
Inhalt: Täterschaft, subjektive Tatseite, Schuldfähigkeit, eigene Worte des
Beschuldigten
Beweismittel wie jedes andere auch -> Beweiswürdigung nach § 261 StPO
Abstützung der Glaubwürdigkeit
-> Motiv, überprüfbares Täterwissen, Dokumentation der Öffentlichkeitsarbeit,
gezielte Nachermittlungen (möglichst Sachbeweise)
RiAG Gernot Hermann 2010
6. Geständnis
Hauptmotive für echte Geständnisse:
-
Strafmilderung
Reue
Pflichtbewusstsein
RiAG Gernot Hermann 2010
6. Geständnis
Hauptmotive für falsche Geständnisse:
-
Psychische Krankheiten, Depressionen
Schock
Druck (Untersuchungshaft)
Suggestion
Erschöpfung / Resignation
Renommiersucht, Wichtigtuerei
Verdeckung
Ablenkung
Begünstigung
Rache
Kronzeugen-Geständnis (§ 31 BtmG)
Vorteile
RiAG Gernot Hermann 2010
6. Geständnis
Widerruf eines Geständnisses:
-
Keine Vermutung der Wahrheit oder Unwahrheit
Hinterfragung
Faustregel:
-> Kurzes Geständnis und ausführlicher Widerruf sprechen für die Richtigkeit des
Widerrufs.
-> Umfangreiches Geständnis und knapper Widerruf sprechen für die Richtigkeit
des Geständnisses.
RiAG Gernot Hermann 2010
6. Geständnis
Dokumentation eines falschen
Geständnisses:
Bender, Nack, Treuer, Rdnr. 1124 ff.
RiAG Gernot Hermann 2010
7. Beweiskraft
-
Haupttatsache = zu beweisende rechtserhebliche Tatsache
Indiztatsache = Tatsache, von der auf die Haupttatsache geschlossen wird
Beispiel Alcotest:
Wenn 100 Probanden mit einer BAK von mehr als 1,1 %o in das Teströhrchen blasen, verfärbt
es sich 95 mal. 5 mal zeigt es keine Reaktion.
Wenn 100 nüchterne Personen in das Teströhrchen blasen, zeigt es 99 mal keine Reaktion. 1
mal verfärbt es sich.
Im Rahmen einer Kontrolle bläst ein Autofahrer ins Röhrchen. Dieses verfärbt sich. Wie groß
ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Autofahrer eine BAK von mehr als 1,1 %o hat?
RiAG Gernot Hermann 2010
7. Beweiskraft
-
Wie häufig kommt das Indiz (Verfärbung des Teströhrchens) bei der
Haupttatsache (BAK von mehr als 1,1 %o) vor?
Wie häufig kommt das Indiz (Verfärbung des Teströhrchens) bei der NichtHaupttatsache (Nüchternheit) vor?
Wo kommt das Indiz häufiger vor?
abstrakte Beweiskraft = Verhältnis, wie viel mal häufiger oder seltener das Indiz
bei der Haupttatsache als bei der Nicht-Haupttatsache vorkommt
hier -> 95 : 1
Entscheidend ist aber, wie wahrscheinlich die Haupttatsache ist, nachdem das
Indiz vorliegt (Belastungswahrscheinlichkeit).
RiAG Gernot Hermann 2010
7. Beweiskraft
Fortsetzung des Beispiels Alcotest:
Z. Zt. der Kontrolle kommt auf 1.000 Autofahrer 1 Autofahrer mit einer BAK von
mehr als 1,1 %o.
-
Die Kontrolle der 1.000 Autofahrer ergibt:
989 nüchterne Autofahrer -> keine Verfärbung des Teströhrchens
10 nüchterne Autofahrer -> Verfärbung des Teströhrchens
1 alkoholisierter Autofahrer -> Verfärbung des Teströhrchens
Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Autofahrer, bei dem sich das Röhrchen
verfärbt, eine BAK von mehr als 1,1 %o hat, beträgt ca. 9 %.
RiAG Gernot Hermann 2010
7. Beweiskraft
Eine Mehrzahl von Belastungsindizien kann den notwendigen Beweis erbringen,
auch wenn ein Indiz allein für den Beweis noch nicht ausreicht.
Beweisring: Mehrere voneinander unabhängige Indizien sprechen für die
Haupttatsache.
-> Die Gesamtbeweiskraft erhöht sich auf das Produkt der Beweiskraft der
einzelnen Indizien.
Beweiskette: Mehrere hintereinander geschaltete Indizien sprechen für die
Haupttatsache.
-> Die Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache reduziert sich auf das Produkt der
Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Beweistatsachen.
RiAG Gernot Hermann 2010
7. Beweiskraft
Zur Belastungswahrscheinlichkeit bei der DNA-Analyse vgl. BGHSt 38, 320.
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Was spricht dagegen?
• Legalitätsprinzip
• Amtsermittlungsgrundsatz
• Schuldgrundsatz
Das (deutsche) Strafrecht ist grds.
„vergleichsfeindlich“.
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Was spricht dafür?
• Arbeitsbelastung der Gerichte; Kosten
• Interesse der Verteidigung am Ergebnis
• Opfer- / Zeugenschutz
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Grundlegende Entscheidungen:
BGH, NJW 1998, 86 = BGHSt 43, 195
BGH (GS), NJW 2005, 1440 = BGHSt 50, 40
Fazit: Verständigung im Strafverfahren ist grds. zulässig,
bedarf aber bestimmter Einschränkungen
und sollte gesetzlich geregelt werden.
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Einschränkungen:
•
•
•
•
•
Mitwirkung aller Verfahrensbeteiligten und Öffentlichkeit
Protokollierung
Keine bestimmte Strafe, nur Obergrenze
Keine Bindung bei Änderung der Umstände
Ein Geständnis muss überprüft werden.
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Gegenstand darf nicht sein:
• Schuldspruch
• Maßregeln der Besserung und Sicherung
• Rechtsfolgen, auf die das Gericht keinen Einfluss hat
(Strafvollstreckung)
• Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts vor Urteilsverkündung
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Seit 04.08.2009 gesetzliche Regelung durch das
Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren
-> „Verständigung“ statt „Absprache“
-> keine „vertragliche“ Bindung
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§§ 160 b, 202 a, 212, 243 IV, 257 b, 257 c, 273 I 2, I a,
267 III 5 StPO
-> Erörterungen in allen Verfahrensabschnitten
-> Mitteilung in der Hauptverhandlung
-> Protokollierung
-> Angabe in den Urteilsgründen
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§ 257 c StPO
Abs. 1: Verständigung <-> Untersuchungsgrundsatz
Abs. 2: Gegenstände der Verständigung:
Rechtsfolgen, Maßnahmen im zu Grunde liegenden
Erkenntnisverfahren, Prozessverhalten -> ja
Geständnis -> soll
Schuldspruch, Maßregeln, Rechtsmittel -> nein
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§ 257 c StPO
Abs. 3: Zustandekommen
Abs. 4: Bindungswirkung
Problem: Fernwirkung des Verwertungsverbots?
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§ 273 I a StPO
-> Protokollierung
-> Negativattest (§ 273 I a 3 StPO)
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§ 267 III 5 StPO
-> Urteilsgründe
RiAG Gernot Hermann 2010
Verständigung im Strafverfahren
Regelungsinhalte:
§ 302 I 2 StPO
-> kein Rechtsmittelverzicht
-> Belehrung (§ 35 a S. 2 StPO)
RiAG Gernot Hermann 2010
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
RiAG Gernot Hermann 2010