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Fastnachtspiel-Tradition in
Nürnberg (4)
Jacob Ayrer (1544-1603)
Jacob Ayrer (1544- 26.3.1605)
Lit. Killy, 2. Aufl.; J. Haustein, J.A., in: Deutsche Dichter der frühen Neuzeit, hg.
von Stephan Füssel, 1993, S. 575-588
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1544 in einer Steinmetzfamilie mit Bürgerrecht im
protestantischen Nürnberg geboren.
Ausbildungsgang unbekannt, aber der Besuch der Lateinschule
ist für den weiteren Lebensweg Voraussetzung.
Offenbar autodidaktische Weiterbildung. –
Heirat: 11 Kinder, von denen zwei Juristen werden.
Als Protestant um 1570 Übersiedlung ins katholische Bamberg:
Tätigkeit als Gerichtsprokurator und Prozeßvertreter.
Ab Dezember 1593 wieder in Nürnberg: Prozessprokurator,
Genannter des Rats und kaiserl. Notarius.
Jacob Ayrer: literarisches Werk
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Chronik der Stadt Bamberg (1570; mehrfache Überarbeitung,
unterschiedliche Fassungen);
versifizierte Bearbeitung von Luthers Psalmen-Übersetzung
(unediert).
Dramen: erkennbar wird ein großer Einfluss der englischen
Komödianten, die seit dem Ende des 16. Jh. auf dem Festland
mit großem Erfolg auftraten.
z.T. mit Motivverwandtschaft zu Dramen Shakespeares.
Bemerkenswert: musikal. Einlagen, z.T. sind Ayrers Dramen
auch ganz als Singspiele verfasst: stroph. Text, bekannte Melodie.
Ab 1592 entstehen etwa 100 Dramen: Fastnacht- und Singspiele;
davon sind 66 erhalten (30 Dramen, 36
Fastnachtspiele/Narrenspiele; gesammelt in einer postumen
Druckausgabe von 1618).
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1593 lernt Ayrer eine Wandertruppe englischer Schauspieler
unter der Leitung von Robert Brown kennen.
Beginn des großen Einflusses der englischen Schauspieltruppen
auf dem Festland (Texte englisch mit einzelnen dt.
Versatzstücken; stark pantomimisch geprägt; musikalische
Einlagen).
Neuerungen für die Bühne in Ayrers Stücken: oft ausführliche
Bühnenanweisungen; vielfach auch aufwendige Bühnentechnik,
Kostüme und Kulissen.
Überlieferung: handschriftliche Streuüberlieferung. - postumer
Druck von 66 Dramen: Opus theatricum, Nürnberg 1618.
Insgesamt sind „Tragödien“, „Komödien“ (s. o. zu Sachs) und
36 Fastnachtspiele erhalten geblieben, die Ayrer mehrfach als
Narrenspiele bezeichnet.
Jacob Ayrer, ‚Die Erziehung der bösen Frau‘
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(Wuttke, Nr. 20)
Ein schon im Mittelalter beliebtes Thema: die Frau, die ihren
Ehemann drangsaliert, am Schluss aber besiegt wird (s. die
Schwanknovelle ‚Die böse Adelheit‘ [VL]). Auch mehrfach im
Fastnachtspiel als Thema gewählt.
Wirksames Thema bis in die frühe Neuzeit (s. Shakespeare, ‚The
Taming of the Shrew‘, dt. ‚Der Widerspenstigen Zähmung‘).
Figuren: Bauernehepaar, ein besonnener Freund, der Doktor
(vgl. die Arztspiele in der Nürnberger Tradition). –
Aufschlussreich die Bezeichnung der Figuren am Schluss der
Stücke, die dem Leser die einschlägige Bewertung mitgeben:
- Knörren Cuentzlein: der reich versuffen Bauer
- Lampa: seinb Fauls, böß Weib
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Form: strophisch-sangbare Komposition, zu singen auf eine weit
verbreitete Melodie, die das ganze Stück hindurch gleich bleibt.
Sprecherwechsel mehrfach innerhalb der Strophe (Str. 6, 16, 19,
39, 53, 60.
Szenenwechsel nicht markiert, so zwischen Str. 21/22; 27/28;
48/49; 49/50.
Keine Angaben zu einer (möglichen!) instrumentalen Begleitung.
Jacob Regnart (um 1540/45-1599)
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Flämischer Komponist vorwiegend geistlicher Werke (erhalten:
37 Messen, 195 Motetten; dazu weltliche Lieder nach Art der
„welschen“ (= italienischen, d.h. neapolitanischen) Villanellen),
die von mehreren bedeutenden Komponisten bearbeitet wurden,
u.a. Leonhard Lechner.
Geboren um 1540/45 in Douai, im französischsprachigen
Flandern.
Entfernte Verwandtschaft mit Orlando di Lasso.
Sänger in der kaiserlichen Hofkapelle, später deren Leiter in Prag
und Wien unter Kaiser Maximilian II.; ab 1582 auf am
Erzherzogshof Ferdinands II. in Innsbruck.
1595 zurück nach Prag als Vizekapellmeister der kaiserlichen
Kapelle; dort auch 1599 gestorben.
Eine der Villanellen: ‚Venus du und dein kind‘ (3stimmiger Satz
mit Refrain).
Thema: Liebe ist blind und kann dem Menschen schaden.
J. Regnart, Tenorlied ‚Venus, du und dein Kind‘, Melodie zu Ayrers singests Spil (Wuttke Nr. 20)
Jacob Ayrer, Der verlorene Jann Posset
(Wuttke, Nr. 19)
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Thema: ein alter Mann heiratet eine junge Frau, die sich einen
Liebhaber nimmt.
Auch Gegenstand zahlreicher humanistischer Traktate und
Dialoge: An viro seni uxor sit ducenda (‚ob ein alter Mann noch
einmal heiraten soll‘) sowie der Novellistik (u.a. Boccaccio,
‚Decamerone‘).
Ebenso das Motiv der Eifersucht, siehe auch Sachs, ‚der groß
Eyferer‘ (Wuttke, Nr. 15).
Charakteristik der Rollen a) durch die „Namen“ (Simplicius,
Duplicia, Amator; dazu als bekannter „Typ“ in den englischen
Komödien: Jan Posset); b) durch Angaben wie: der alt einfältig,
reich Burger; sein jungs, falsch Weib.
Jan Posset: Figur des Narren in den englischen Komödien.
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Eröffnung und Abschluss ohne Precursor/ Ausschreyer.
Offenbar Anzeichen für eine vom Aufführungstext sich
entfernende Verwendung als Lesetext.
Bedeutung der Textbezeichnung der verlohrene Jann: s. v. 500f.
Eingangsmonolog des Simplicius als Problemaufriss des
folgenden Spiels.
Tragende Motive:
Wortwitz, Mißverständnis/falsches Wortverstehen (haus halten, v.
34+38; 77-78; 496);
szenischer Gag: geht wegk – kommt balt wider, v. 90f.; 292f.; 301f.),
Personenverwechslung (v. 321ff.: ‚Amphitryon‘-Motiv: Komödie
des Terenz, auch als mal. Elegienkomödie bearbeitet); s. auch
v. 348ff.; 382f.; 458f.; 465.
Verwechslung des Hauses (beliebtes Novellenmotiv [u.a. bei
Boccaccio], vielfach bei Trunkenheit eingesetzt);
Einsatz von Requisiten: Verkleidung des Amator; Ausstecken
eines Zeiger (Wirtshausschild).