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Das Schmerzempfinden
von DialysepatientInnen
bei der Shuntpunktion
Auswirkungen durch
die Anwendung
von Kryotherapie
DGKS Monika Wagner MSc MSc
public health
Wer kennt das nicht?
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public health
Hintergrund I
Ca. 300 Punktionen/Jahr
Europäische
Patientencharta
GuKG
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Literaturrecherche I
Die Gefäßstudie (VASTUDY 2003) bezog sich auf
13.803 behandelte PatientInnen, 103 Zentren in
20 europäischen Ländern.
Die Punktionsmethoden verteilen sich wie folgt:
• 9,7% Knopflochpunktion
• 19,4% Strickleiterpunktion (lt. Literatur die zu
bevorzugende Methode!)
• 29% Arealpunktion
• 41,9% Auswahl des Punktionsortes direkt vor
der Punktion
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public health
Literaturrecherche II
Bei 47% der befragten Pflegepersonen
gehen nicht auf die
Schmerzempfindlichkeit des Pat. ein.
Was die Angst vor Schmerzen bei der
Shuntpunktion angeht, zeigen sich 67%
der Dialysepatienten unberührt. Bei 33%
dagegen spielt die Schmerzangst eine
große Rolle. (vgl. Feil et al., 2004, S.43ff).
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Das Schmerzerleben I
Wie Schmerz erlebt wird, muss nicht im
direktem Zusammenhang mit der Schwere
der Schädigung stehen.
„Schmerz ist das, was der Betroffene über die
Schmerzen mitteilt, sie sind vorhanden, wenn
der Patient mit Schmerzen sagt, dass er
Schmerzen hat“ (McCaffery et al., 1997, S.12).
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Das Schmerzerleben II
Schmerzbezüge
Körperliche
Aspekte
Kulturelle
Aspekte
Soziale
Aspekte
Faktoren,
die
das
Schmerzerleben
Thomann/Sandner-Kiesling, 2005, S.61)
Seelische
Kognitive
Aspekte
beeinflussen
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public health
(vgl.
Specht-
Punktionsschmerz I
• Beim Punktionsschmerz handelt es
sich um einen akuten Schmerz, meist
mit begrenzter Dauer.
• Dieser Schmerz hat meist einen
erkennbaren Auslöser und endet in
der Regel mit der Entfernung der
Punktionskanüle bzw. mit der Heilung
der Gewebeschädigung.
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Punktionsschmerz II
• Ein inadäquates Schmerzmanagement bei
einer Shuntpunktion kann über einen längeren
Zeitraum bis zu einer Ablehnung der
Nierenersatztherapie und damit verbunden zum
Tod der Patientin oder des Patienten führen.
• Schmerzen zu ertragen heißt, Energie und Kraft
gehen verloren, die dem Körper sonst für den
Bewältigungsprozess einer chronischen
Erkrankung zur Verfügung stehen würden.
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public health
Schmerztherapie
Nicht-medikamentöse Maßnahmen stellen ein
wichtiges Element des Schmerzmanagements
dar.
Diese Methoden sind eine wirkungsvolle
Begleittherapie, da sie die Schmerzweiterleitung
zum Gehirn unterbrechen oder zumindest positiv
beeinflussen.
Grundsätzlich sind zwei Wirkmechanismen der
nicht – medikamentösen Maßnahmen zu
unterscheiden: die peripher und die zentral
wirksamen Maßnahmen (vgl. Besendorfer,
2009, S.109ff).
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Kryotherapie I
Durch die Temperatursenkung wird die Sensitivität
herabgesetzt, wodurch die Haut und tiefer
liegende Körperstellen wie Muskel und Gelenke
nicht so schmerzempfindsam werden (vgl.
Hermann, 2009, S.539ff).
Eine besonders intensive Form
der Kälteanwendung,
die Schmerzen sehr rasch lindert,
ist die Eisanwendung
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Kryotherapie II
Kontraindikationen für die Kryotherapie:
•
•
•
•
peripheren vaskulären Krankheiten,
arterieller Insuffizienz, Raynaud Syndrom,
ausgeprägten Herzkrankheiten und
Kälteallergien
(vgl. Osterbrink, 2000, S.314).
• Besondere Vorsicht ist auch bei Diabetikern, bei
Polyneuropathie und Sensibilitätsstörungen geboten
(vgl.Nadler et al.,2004, S.397).
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Hypothese/Forschungsfrage
Ausgehend von der Hypothese, dass der Einsatz von
Kryotherapie das Schmerzempfinden bei der
Shuntpunktion reduziert, stellen sich folgende
Forschungsfragen:
1. Hat der Einsatz von lokaler Kryotherapie 5
Minuten vor der Shuntpunktion eine Reduzierung der
Schmerzintensität zur Folge?
2. Hat eine kontralateral angewandte Kryotherapie 5
Minuten vor und während der Shuntpunktion
eine Schmerzreduzierung zur Folge?
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Studiendesign
Für diese Studie wird ein Cross-over Design
verwendet, wobei drei Messungen über den
Schmerzgrad bei der Shuntpunktion
durchgeführt werden. Eine Messung erfolgte
ohne Kryotherapie, eine mit lokaler und eine mit
kontralateraler Kälteanwendung.
Die PatientInnen werden randomisiert und das
Votum der Ethikkommission der Medizinischen
Universität Graz wurde eingeholt.
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Experimentelle Intervention
Experimentelle Intervention:
1. 5 Minuten vor der Shuntpunktion und während der
Shuntpunktion mit einem Eisakku, welcher in der
nichttragende Shuntextremität (kontralateral) gehalten wird.
Shuntpunktion von einer im Vorfeld instruierten und erfahrenen
Pflegefachkraft
Unmittelbar und nicht unter Einsicht der PunkteurIn wird die
Schmerzintensität von der Forscherin ermittelt.
2. Messung der Schmerzintensität mit lokaler Kryotherapie.
Hier wird direkt am Shunt 5 Minuten vor der Punktion ein Eisakku
aufgelegt und anschließend erfolgte die Messung des
Schmerzwertes unter gleichen Bedingungen wie oben.
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Kontrollintervention
Die Schmerzintensität wird nach der Shuntpunktion ohne
Kälteanwendung unter denselben Voraussetzungen
gemessen.
Die Abfolge der Interventionsart
wird randomisiert.
Explorativ wurde noch erhoben:
Alter und Geschlecht, die Lokalisation des Shunts, die
Stärke der Punktionsnadel, die Schliffrichtung bei den
Punktionen, der Schmerzmittelkonsum der Probanden,
die Punktionstechnik und ob die Teilnehmerin oder der
Teilnehmer Information über schmerzreduzierende
Maßnahmen erhalten hat.
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Biasminimierung
• Punkteurin oder der Punkteur muss über eine hohe
professionelle Kompetenz verfügen.
• Die Nadelstärke wurde nicht festgelegt.
• Es werden keine neuen Punktionsstellen verwendet.
• Die punktierende Fachkraft wird ausführlich instruiert.
• Die Abnahme des Schmerzwertes
wird sofort nach der Punktion und
nicht unter Einsicht
der/des Punktierenden
durchgeführt.
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Selektion der Probanden
Multicenterstudie:
• Dialysestation Universitätsklinik
für innere Medizin
• Dialyseinstitut Prim. Gießauf
• Dialyse Graz-West
Das Einverständnis der jeweiligen ärztlichen Leiter und der
Pflegeleitung für die Durchführung der Studie wurde
eingeholt und die PatientInnen von den Ärzten vor Ort
nach Ein- und Ausschlusskriterien rekrutiert.
44 Dialysepatienten (Fallzahlberechnung)
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Einschlusskriterien
• Alter über 18 Jahre,
• Patientinnen und Patienten mit
einem problemlosen arteriovenösen,
nativen Shunt an Ober- oder Unterarm,
welcher bereits länger als
sechs Monate punktiert wird.
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Ausschlusskriterien
•
•
•
•
•
•
•
•
Diabetes mellitus,
Polyneuropathie,
peripheren vaskulären Erkrankungen,
arterieller Insuffizienz,
Raynaud Syndrom,
Kälteallergien,
kognitive Beeinträchtigungen,
zartlumiger Shunt und häufige
Punktionsprobleme
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Erfassen der Schmerzintensität
• Zur Selbsteinschätzung der Schmerzintensität wird eine
Skala verwendet, die auf der einen Seite eine
visuelle Analogskala (VAS) und auf der anderen
Seite die
numerische Ratingskala (NRS) zeigt.
Nutzt eine Patientin oder ein Patient die VAS, dreht man
die Skala einfach nur um und liest den Wert auf der NRS
ab.
• Beide Schmerzskalen sind standardisiert und weisen
eine hohe Validität und Reliabilität auf. Ein weiteres
wichtiges Merkmal dieser Assessmentinstrumente sind
die Einfachheit und Verständlichkeit sowie die hohe
Sensitivität.
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Dropout Rate
Zwei randomisierte Probanden konnten nicht an
der Messung teilnehmen,
• ein Patient wurde erfolgreich transplantiert und
• die andere Teilnehmerin wurde
wegen einer Shuntthrombose stationär
aufgenommen.
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Darstellungen der Stichprobe I
• 14 Teilnehmer – Universitätsklinik. Graz,
• 13 Teilnehmer – Dialyseinstitut Gießauf,
• 15 Teilnehmer – Dialyse Graz-West
• 18 weibliche (43%) und 24 männliche Probanden (57%)
• Alter der TeilnehmerInnen (20-84 Jahre), die Dauer der
Hämodialysebehandlung (7-324 Monate) und die Dauer
der Shuntpunktion (7-246 Monate)
• 78,5% Oberarm Shunt, davon 57,1% an der linken
Körperhälfte.
• Schmerzmittelkonsum 9,5% täglich Schmerzmittel,
26,2% manchmal
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Darstellungen der Stichprobe II
• 28% der TeilnehmerInnen hatten eine Information über
die Reduktion des Punktionsschmerzes
• 30 PatientInnen Arealpunktion 12 Befragte die
Strickleiterpunktion
• Knapp die Hälfte aller Probanden hatte einen
aneurysmatischen Shunt, wobei bei 19 Teilnehmern
auch in das Aneurysma punktiert wurde.
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Auswertung
(Per- Protokoll-Analyse)
TeilnehmerIn, PunkteurIn und Forscherin
waren nicht verblindet, jedoch erfolgte
die Auswertung der Studienergebnisse
verblindet.
Bei der Schmerzmessung (VAS) ohne Kryotherapie
wurde ein Mittelwert von 3,0 eruiert,
bei der lokalen und der kontralateralen Kryotherapie
konnte dieser Mittelwert auf 2,2 reduziert werden.
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Auswertung
(Per- Protokoll-Analyse)
Bezugnehmend auf die Forschungsfrage kann somit
eine signifikante Reduzierung der Schmerzintensität
von DialysepatientInnen bei der Shuntpunktion durch
den Einsatz von Kryotherapie (lokal und kontralateral)
erreicht werden.
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Explorative Auswertung
• Die Punktionsnadelstärke und die Punktionstechnik
zeigten signifikante Auswirkungen auf die
Schmerzintensität der Probanden.
• Weder der Schmerzmittelkonsum noch die Lokalisation
des Shunts hatten in vorliegender Arbeit eine
Auswirkung auf den Schmerzwert.
• Das Geschlecht, ob eine Patientin oder ein Patient
Information über die Möglichkeit der Schmerzreduktion
bei der Shuntpunktion erhalten hat, oder die Punktion in
ein Aneurysma erfolgte, hatte keinen Einfluss auf das
Schmerzempfinden.
• Zwischen den einzelnen teilnehmenden Zentren wurden
keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf den
Schmerzwert gefunden
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Diskussion I
Vorliegende Arbeit konnte zeigen,
dass das Schmerzempfinden bei
der Shuntpunktion teilweise als sehr
hoch (VAS Werte bis acht) identifiziert
wurde.
Daraus leitet sich die Wichtigkeit
eines Schmerzmanagements und einer
systematischen Schmerzeinschätzung
in Dialyseeinheiten für die Pflege ab.
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Diskussion II
Vielen DialysepatientInnen könnten
Punktionsschmerzen erspart bleiben,
wenn die Erkenntnisse der modernen
Schmerztherapie umgesetzt würden.
Mögliche Gründe für ein inadäquates
Schmerzmanagement bei der Shuntpunktion sind:
• Thema Punktionsschmerz findet zu wenig
Berücksichtigung
• Mangelndes Wissen und Überzeugung von Seiten der
Pflege
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Diskussion III
• Fehlende Abklärung der Schmerzerfahrung und keine
Diskussion über Schmerzlinderung im Vorfeld
• Fehlinterpretation der Schmerzeinschätzung durch
Beobachtung des Verhaltens oder Ausdruck der
Patientin oder des Patienten.
• Beruhigen und Verweisen darauf, dass der
Punktionsschmerz im Laufe der Zeit besser wird –
Gefahr der Chronifizierung!
• Schmerz wird von Betroffenen ertragen – „ein Stich tut
weh“ – und der Schmerz wird nicht geäußert.
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Diskussion IV
Als eine Möglichkeit der Schmerzreduktion konnte
in dieser Studie die Anwendung von Kryotherapie
als eine ökonomische und effiziente Maßnahme
aufgezeigt werden.
Trotz kurzer Appliaktionsdauer konnte eine
Schmerzreduktion erzielt werden.
Die Kryotherapie ist eine gute Alternative zu den
häufiger verwendeten anästhesierenden Salben.
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Fazit
Einerseits sind Punktionsschmerzen
relevanter
als angenommen,
andererseits spielt die
Identifikation und die Behandlung
von Schmerzen bei der
Shuntpunktion eine eher
untergeordnete Rolle.
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Literatur
Besendorfer, A. (2009): Interdisziplinäres Schmerzmanagement. Praxisleitfaden zum
Expertenstandard „Schmerzmanagement in der Pflege“. Verlag: Kohlhammer GmbH,
Stuttgart.
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), (Hrsg.), (2004):
Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege, Entwicklung- Konsentierung –
Impflementierung, 2.Auflage, Osnabrück.
Figueiredo, A.E., Viegas, A., Monteiro, M., Poli-de-Figueiredo, C.E. (2008): Research
into pain perception with arteriovenous fistula (AVF) cannulation, Journal of Renal
Care.
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie, Leitlinie Shuntchirurgie
(2008), URL http://www.awmf.org
Park, J.S. (1994): The effect of cutaneous stimulation on AV fistula puncture pain of
haemodialysis patients. Taehan Kanho, 33.
Pflege 18.
Osterbrink, J. (2006): Schmerzmanagement in der Pflege. Österreichische
Krankenpflegezeitschrift 12/06, Österreichischer Gesundheits- und
Krankenpflegeverband, Wien.
Sabitha, P.B., Khakha, D.C., Mahajan, S., Gupta, S., Agarwal, M., Yadav, S.L. (2008):
Effect of cryotherapy on arteriovenous fistula puncture-related pain in haemodialysis
patients. Indian Journal of Nephrology 18 (4).
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