Krank durch Chemie?

Download Report

Transcript Krank durch Chemie?

INSTITUT UND POLIKLINIK FÜR
ARBEITS-, SOZIAL- UND UMWELTMEDIZIN
DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK
Krank durch Chemie?
Grenzwerte (BAT, HBM)
Schwermetalle (Blei, Quecksilber, Platin)
Organische Stoffe (Benzol, Hexan, PCB)
Dr. rer. nat. Rudolf Schierl
SS 2012
Lernziele
Sie sollen nach der Vorlesung in der Lage sein,
 unterschiedliche Expositionsbedingungen gegenüber chemischen
Noxen am Arbeitsplatz und in der Umwelt zu beurteilen.
 einzuschätzen, wo die Stärken und Schwächen der Diagnostik von
äußeren und inneren Belastungen liegen.
 Referenz- und Grenzwerte bei innerer und äußerer Belastung richtig
anzuwenden.
 anhand von Beispielen zu benennen, welche arbeits- und umweltmedizinischen Gefährdungen es durch Metalle (z. B. Pb, Cd, Hg) gibt.
 anhand von Beispielen zu benennen, welche arbeits- und umweltmedizinischen Gefährdungen durch organische Stoffe (z. B. Hexan,
Benzol, aromatische Amine) möglich sind.
! Unterschiede von Arbeits- und Umweltmedizin
Exposition
Dauer
Risikogruppen
Ärztliche
Untersuchung
Erfassung
Arbeitsplatz
Umwelt
hoch
niedrig
40 y / 220 d / 8h
= 70400 h
nein
80 y / 365 d / 24 h
= 700800 h
ja
ja
nein
Berufskrankheit: ja Umweltkrankheit:
nein
AGW-Werte 2010
Gefahrstoff (mg/m³)
n-Heptan
Ethylacetat
Aceton
Ether
1,1,1-Trichlorethan
Ethanol
Toluol
n-Hexan
Arbeitsplatz
2100
Hörsaal!
0,045
1500
1200
1200
0,05
< 0,01
< 0,01
1100
960
190
0,026
< 0,01
0,065
180
< 0,01
1,1,2-Trichlorethan
55
0,020
Anilin
8
< 0,01
Tetrachlormethan
3 sind am 0,002
Die
erlaubten Gefahrstoffkonzentrationen
Benzol
Arbeitsplatz
meist wesentlich höher als
in der Umwelt!
„1“
0,002
Biologisches
Effektmonitoring
Biomonitoring
Blut
Zielzelle
Zielorgan
Rezeptor
Exposition
Umgebungsmonitoring
DNA etc.
Suszeptibilitätsmarker
Biologische
Effekte
Erkrankung
Grenzwerte für Luft
• Arbeitsplatz
• AGW: Arbeitsplatzgrenzwert (gesetzlich)
• MAK: Maximale Arbeitsplatz Konzentration (DFG)
(NOAEL; no observed adverse effect level)
• Umwelt
• Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)
• Europäische Kommission (EU)
• Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Biologisches Monitoring
• Arbeitsmedizin
Gesetzlich: BGW Biologischer Grenzwert
DFG setzt weiterhin fest:
BAT (Biologischer Arbeitsstoff Toleranzwert)
EKA (Expositionsäquivalent für kanzerogene Arbeitsstoffe)
Umweltmedizin
HBM (Human Biomonitoring) Werte
Referenzwerte („Normalwerte“)
! Matrices für Biomonitoring
• Blut (Vollblut, Serum, Plasma)
• Urin (24h, Spontan)
• Haar (Gewinnung, „Reinigung“)
• Muttermilch
• Speichel, Atemluft
• Zähne, Gewebe (Biopsie, Lavage)
Haaranalysen eignen sich nicht zur
- Feststellung von Schwermetallbelastungen
- Beurteilung der Versorgung mit Spurenelementen
(„Ernährungsberatung, Belastungsstatus“)
Haaranalysen eignen sich zur
- Feststellung von hohen Belastungen (z.B. MeHg)
- Erfassung von Nikotin bei großen Kollektiven
Referenzwert-Konzept
5%
95%
Human-Biomonitoring
(HBM)-Werte
Noxe
Gesundheitsgefahr
unbedenklich
Handlungsbedarf
kein Handlungsbedarf
HBM I
nicht ausreichend
ausgeschlossen
- Kontrolle der Werte
- Suche nach spezif.
Belastungsquellen
- ggf. Verminderung der
Belastung
HBM II
möglich
- umweltmed. Betreuung
- akuter Handlungsbedarf
- Reduktion der Belastung
Referenzwerte und Human-Biomonitoring (HBM)-Werte
Blei (Pb) im Vollblut
Referenzwerte
HBM I
HBM II
Kinder u. Frauen <45J.
60 µg/l
100 µg/l
150 µg/l
Männer u. Frauen >45J.
120 µg/l
150 µg/l
250 µg/l
Cadmium (Cd) im Urin
Referenzwerte
HBM I
HBM II
Kinder
0,5 µg/g Krea
1 µg/g Krea
3 µg/g Krea
Erwachsene
(Nichtraucher)
1,0 µg/g Krea.
2 µg/g Krea
5 µg/g Krea
Quecksilber (Hg) im Urin
Gesamtbevölkerung
Referenzwerte
HBM I
HBM II
1,4 µg/l
7 µg/l
25 µg/l
Referenzwerte und Human-Biomonitoring (HBM)-Werte
(Stand 2006)
Pentachlorphenol (PCP)im Serum
Allgemeinbevölkerung
Referenzwerte
HBM I
HBM II
12 µg/l
40 µg/l
100 µg/l
Pentachlorphenol (PCP) im Urin
Allgemeinbevölkerung
Referenzwerte
HBM I
HBM II
6 µg/g Krea
20 µg/g Krea
30 µg/g Krea
Derzeit liegen über 95% der Bevölkerung
unter HBM I
BLEI
Exposition:
• Bleifarben
Mennige
Bleiweiß
• Keramiken
Bleikristall
• Autoabgase
Antiklopfmittel
Pb (Et)4
• Arbeitsplatz
Glashütten
Batterieherstellung
Bleihütten
Bleilegierungen
BLEI
Aufnahme:
• Atemluft
50 - 80%
• GI-Trakt
< 10% (Kinder 50%)
Bleisaum
Indikatoren:
• Vollblut
Hintergrund:
HBM I: 150(100) µg/l
HBM II: 250(150) µg/l
Arbeitsplatz:
BAT: 400 (100) µg/l
• Urin
ð-Aminolävulinsäure
BLEI
Zielorgane:
• Erythropoetisches
System
Depotkompartiment:
• Knochen
t1/2 = 10 - 15 Jahre
• Glatte Muskulatur
BK 1101
• Peripheres und
zentrales Nervensystem
2009: 7 von 62
Seit 2007: Blei als kanzerogen eingestuft (2A)
Lernfall zur Vertiefung des Vorlesungsstoffs:
Bauchkrämpfe und Anämie
Vorgehen bei akutem Abdomen und Anämie,
interdisziplinäre Zusammenhänge
Hg 2+
Hg 0
Hg 0
Hg 0
Hg 2+
Hg 0
Hg 2+
Hg 0
Hg 0
Hg 2+
Hg 0
Hg
2+
Aus Amalgamfüllungen wird Hg vor allem
über die Lunge resorbiert!
Hg 0
Hg 2+
Quecksilberkonzentrationen im Urin
95 % - Konfidenzbereich der geometrischen Mittel
2
Hg im Urin (µg/l)
BAT-Wert: 30 µg/l
HBM I: 7 µg/l
1,5
1
0,5
UBA-Studie 25-69jährige (n > 4000)
0
0
1-4
5-9
> 10
Anzahl der Zähne mit Amalgamfüllungen
QUECKSILBER
Exposition:
• Zahnfüllungen
Silberamalgam
• Saatbeizmittel
Methyl-, Ethyl-Hg
• Antiseptika
Sublimat
Phenyl- Hg-Acetat
• Arbeitsplatz
Chloralkalielektrolyse
Feuervergoldung
Erzverhüttung
Thermometer
Batterien
BK 1102
2009: 0 von 41
QUECKSILBER
• Urin
Indikatoren:
• Blut
Umweltmedizin:
HBM I: 5 µg/g Kr
HBM II: 20 µg/g Kr
Umweltmedizin:
HBM I: 5 µg/l
HBM II: 15 µg/l
Arbeitsplatz:
BAT: 30 µg/l
Arbeitsplatz:
BAT: 25 µg/l
Metall. Quecksilbelastung:
Hg im Urin
Organische Hg-Belastung:
Hg im Blut
Lernfall zur Vertiefung des Vorlesungsstoffs:
Na Mahlzeit
Alles zum Thema Quecksilberbelastung,
Biomonitoring und Differentialdiagnosen
n-Hexan (CH3-CH2 -CH2 -CH2 -CH2 –CH3 )
Farblose, angenehm riechende Flüssigkeit
Siedepunkt 69 °C
Verwendung: Lösemittel, Ausgang für Synthesen
Kraftstoffe, Kleber, Farben
Wirkung akut: Kopfschmerzen, Schwindel
Wirkung chronisch: Neurotoxisch, Taubheitsgefühl
(Grund: Metabolit 2,5-Hexandion vernetzt Nervenfasern)
Benzol
Farblose, aromatisch riechende Flüssigkeit
Siedepunkt 80 °C
Vorkommen: Erdöl, Verbrennungsprodukte
Umwelt (Benzindämpfe, Abgase)
Zigarettenrauch (ca. 7 µg/d)
Verwendung: Lösemittel, Klebstoffe (früher)
Wirkung: Anämie, Leukopenie,
Leukämie (Latenz > 10-15 Jahre)
•BK 1303: 2009: 123/311 Meldungen anerkannt
PCB (Polychlorierte Biphenyle)
Cln Cln
Farblose, evtl. harzige (je nach Cln) Flüssigkeit
Siedepunkt 170 - 200 °C, aber Dampfdruck
Verwendung: Kondensatoren, Trafos, Hydraulik
Dichtungsmassen, Fugenkit, Farben
Vorsorgewert: 300 ng/m³
Wirkung: akut: Chlorakne, Müdigkeit, Ödeme
chronisch: v. a. Akkumulation im Körper
Lernfälle zum Thema „Krank durch Chemie?“
Na Mahlzeit (UM*)
Alles zum Thema Quecksilberbelastung
und Biomontoring
Bauchkrämpfe und Anämie (AM*)
Vorgehen bei Akutem Abdomen und Anämie,
interdisziplinäre Zusammenhänge
* AM = Arbeitsmedizin * UM = Umweltmedizin