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Vorlesung vom 10.07.2012
Eberhard Karls Universität Tübingen
Schadensersatz nach der lex Aquilia
Prof. Dr. Iole Fargnoli
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Lex Aquilia
1. Abschnitt: D.9.2.2 pr. (Gai. 7 ad ed. prov.)
>
Si quis servum servamve alienum alienamve quadrupedemve
pecudem iniuria occiderit, quanti id in eo anno plurimi fuerit,
tantum aes ero dare damnas esto.
>
Wenn jemand einen fremden Sklaven, eine fremde Sklavin
oder ein vierfüssiges Herdentier zu Unrecht getötet hat, so
soll er verpflichtet sein, dem Eigentümer soviel Geld zu
geben, wie diese Sache in diesem Jahr am meisten wert
gewesen ist.
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Lex Aquilia
3. Abschnitt: D.9.2.27.5 (Ulp. 18 ad ed.)
>
Tertio autem capite ait eadem lex Aquilia: „Ceterarum rerum
praeter hominem et pecudem occisos si quis alteri damnum
faxit, quod usserit fregerit ruperit iniuria, quanti ea res erit in
diebus triginta proximis, tantum aes domino dare damnas
esto.“
>
Im dritten Kapitel stellt dieselbe lex Aquilia schliesslich fest:
„Wenn einer an anderen Sachen – abgesehen von der
Tötung von Sklaven und Vieh – jemandem einen Schaden
zugefügt hat, indem er etwas widerrechtlich verbrannt,
zerbrochen oder zerstört hat, so soll er verurteilt werden, dem
Eigentümer soviel zu vergüten, als der Gegenstand in den
letzten dreissig Tagen maximal wert gewesen war.“
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Schadensberechnung
>
1. Abschnitt der lex Aquilia:
Höchstwert des Sklaven oder Tieres innerhalb des
letzten Jahres vor der Tat.
>
3. Abschnitt der lex Aquilia:
Höchstwert der Sache innerhalb der letzten
dreissig Tage vor(/nach?) der Tat.
Der Eigentümer des getöteten Sklaves oder Tieres oder
der beschädigten Sache erhebt die actio legis Aquiliae
gegen den Täter.
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Haftungsvoraussetzungen
>
Schaden: Tötung fremder Sklaven oder vierfüssiger
Herdentiere (Kap. 1) oder Schädigung einer fremden
Sache (Kap. 3):
— rumpere: beschädigen, verletzen, verderben,
zerstören
— urere: verbrennen
— frangere: zerbrechen
>
Kausalität: Sie setzt voraus, dass die Schädigung durch
ein Handeln des Täters dem fremden Gegenstand
unmittelbar zugefügt worden sein muss (corpori corpore
datum).
>
Widerrechtlichkeit:
— objektive Unrechtmässigkeit,
— aber nach Auslegung der Juristen auch subjektiv (dem Täter
ist Vorsatz, dolus, oder Fahrlässigkeit, culpa, vorzuwerfen)
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D.9.2.7.4 (Ulp. 18 ad ed.)
>
Si quis in colluctatione vel in pancratio, vel pugiles dum inter se
exercentur alius alium occiderit, si quidem in publico certamine alius
alium occiderit, cessat Aquilia, quia gloriae causa et virtutis, non
iniuriae gratia videtur damnum datum. (…)
>
Hat jemand einen anderen im Ringkampf oder im Freistil getötet
oder, während er als Faustkämpfer mit einem anderen kämpfte, so
entfällt die lex Aquilia, wenn er den anderen in einem öffentlichen
Wettkampf getötet hat, weil der Schaden offensichtlich um des
Ruhmes willen und, um seinen Mut zu beweisen, zugefügt wurde,
nicht aber in rechtswidriger Weise.
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Freistil (pancratium)
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Actiones ad exemplum legis Aquiliae
> Die äquilische Haftung erstreckt sich durch
prätorische actiones in factum auf neue Fälle:
— Mittelbare Schädigung
— Schaden durch Unterlassung
— Verletzung oder Tötung von freigeborenen Römern
> Durch actiones in factum wird die Aktivlegitimation
auch auf andere dinglich Berechtigte erstreckt.
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Schluss
> Die lex Aquilia, zusammen mit deren Weiterbildung
durch Juristen und Prätor, bildet den Wendepunkt
des römischen Deliktsrecht, namentlich aufgrund:
— Des Begriffes der culpa, welcher aus dem
Gesetzeswort iniuria interpretativ entwickelt wird;
— Der Anerkennung und Entwicklung des
Schadenersatzes ohne Busscharakter.
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