Das Wohnrecht im Wandel

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Transcript Das Wohnrecht im Wandel

Wohnrecht im Wandel
Die rechtspolitischen Hintergründe
und die Wirkungsweise
wohnrechtlicher Instrumentarien
Vierter Teil
Das aktuelle rechtspolitische
Geschehen im Wohnrecht:
die Wohnrechtsnovelle 2015
Übersicht
 Ausgangslage, faktische und rechtspolitische
Entwicklungen
 Gesetzwerdung, politische Vorgaben
 Erhaltungspflicht für Wärmebereitungsgeräte (§ 3 MRG)
 Ergänzende Regelungen im MRG
 Die Erhaltungspflicht in den anderen Rechtsschichten
 Die Neuregelung zum Zubehör-Wohnungseigentum
 Die Reichweite der Neuregelung, Übertragung eines
Zubehörobjekts
 Übergangsrecht
Hon.-Prof. Dr. J. Stabentheiner, BMJ
Literatur
 Stabentheiner, Tausche Kellerabteil gegen Heiztherme – die
Wohnrechtsnovelle 2015, ÖJZ 2015, Heft 2
 Stabentheiner, Die Wohnrechtsnovelle 2015, wobl 2015, 2
 In Bälde: Zak-Schwerpunktheft zum Thema
 Noch zur Regierungsvorlage:
– Prader, WRN 2015: Rettungsaktion Zubehörwohnungseigentum,
immolex 2014, 342
– Kothbauer, WRN 2015: Neue Erhaltungspflicht für Heiztherme
und Boiler, immolex 2014, 367
Hon.-Prof. Dr. J. Stabentheiner, BMJ
Ausgangslage, faktische und
rechtspolitische Entwicklungen
 Ausgangspunkt Regelungsbedürfnis zum Zubehör-Wohnungseigentum
 OGH 4 Ob 150/11d, 4 Ob 108/12d: zur wirksamen Begründung
Einverleibung im Grundbuch erforderlich
 Widerspruch zur bisherigen Praxis → Verunsicherung am Markt
 Juni 2013 berief BMJ eine Expertenrunde zu Beratungen ein
 September 2013 Entwurf für eine kleine WEG-Novelle
– „Rückkehrlösung“ (Präferenz gegenüber „Amtswegigkeitslösung“ und
„Antragslösung“)
 Februar 2014 Versendung zur Begutachtung scheitert an Blockade der
SPÖ
 „Gegenforderung“: zunächst Konkretisierung des Richtwertsystems,
dann Erhaltungspflicht des Vermieters für das Innere des Mietobjekts
 politisches Tauziehen, inzwischen erhöhte sich Druck aus der Praxis
– mediale Expertenäußerung: Ablaufen der Verjährungsfrist für Gewährleistung im
November 2014; dann weitere aufbauschende Medienberichte („Enteignung“)
Gesetzwerdung, politische Vorgaben
 Unter diesem Druck schließlich Einigung, allerdings sehr
unsystematischer, vielgliedriger Kompromiss
 Erhaltungspflicht des Vermieters nur für Heizthermen, Boiler u. sonst.
Wärmebereitungsgeräte, aber unterschiedlich nach Rechtsschichten
– MRG-Vollanwendungsbereich und WGG: bei allen Verträgen
– Teilanwendungsbereich des § 1 Abs 4 MRG: nur bei Wohnungsmietverträgen
– ABGB-Bestandrecht und TAB des § 1 Abs 5 MRG: gar nicht
 Besorgnis, dass Auslegungsergebnisse vom polit. Willen abweichen
– mitvermietete Geräte, keine Rückwirkung
 keine Begutachtung, keine Expertendiskussion
 11. November 2014 Regierungsvorlage
 27. November 2014 Behandlung im Bautenausschuss
 11. Dezember 2014 Verabschiedung im Plenum des Nationalrats
 29. Dezember 2014 Kundmachung: BGBl I 2014/100
 in Kraft getreten am 1. Jänner 2015
Erhaltungspflicht für
Wärmebereitungsgeräte (§ 3 MRG)
 MRG-Vollanwendungsbereich: neue Z 2a in § 3 Abs 2
 Vermieter ist auch zur Erhaltung von Heizthermen, Warmwasser-
boilern u. sonst. Wärmebereitungsgeräten im Mietobjekt verpflichtet
 Voraussetzung: Gerät ist mitvermietet (also schon von Beginn an vorhanden)
– Aber Fall einer Herstellungsvereinbarung gegen Anrechnung auf den Mietzins
wohl miterfasst
 Erhaltung bedeutet Reparatur oder Erneuerung; für Wartung ist
weiterhin Mieter zuständig (§ 8 Abs 1 MRG)
 Sonstige Wärmebereitungsgeräte
– vom Vermieter zur Verfügung gestellte Elektroöfen oder elektrische Heizkörper
– ölbefeuerte Öfen, Meller-Öfen (hier aber nur selten Defekte)
– modernere Heizungssysteme (zB mit Solarenergie oder Erdwärme als
Energieträger), sofern die Heizungsanlage Bestandteil des Mietobjekts ist
– Abgrenzung zu gemeinsamen WVA für mehrere Mietobjekte (allerdings
weitgehend bedeutungslos)
 Andere Geräte sind aber nicht erfasst → keine Erhaltungspflicht des
Vermieters (hier nur Mietzinsminderung möglich)
– zB Klimaanlage, Kühlschrank, Herd
– rechtssystematisch nicht schön, verfassungsrechtlich mE aber nicht bedenklich
Ergänzende Regelungen im MRG
 Duldungspflicht des Mieters (§ 8 Abs 2 MRG)
– strengere Regelung der Z 1 (also nicht Z 2 mit Interessenabwägung)
 Zuschlagskriterium der Etagenheizungserhaltung bei Ermittlung des
Richtwertmietzinses (§ 16 Abs 2 Z 3 MRG) aufgehoben
 Keine Änderung beim Investitionsersatzanspruch nach § 10 MRG
– Für „Altfälle“ ohnehin jedenfalls aufrecht zu erhalten
– Parallelität von Erhaltungspflicht nach § 3 und Investitionsersatz nach § 10
 Übergangsrecht (§ 49g MRG)
– Neuerungen auch in Verfahren anzuwenden, die zu Jahresbeginn 2015 anhängig
sind (zB auf Durchsetzung eines Boileraustausches)
– ab Jahresbeginn auch auf alle Altverträge anzuwenden (auch jene vor 1.3.1994)
– aber keine Rückwirkung auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten abgeschlossen
waren (zB Thermentausch durch Mieter im Jahr 2012 → jetzt kein
Aufwandersatzanspruch nach § 1097 ABGB)
Die Erhaltungspflicht in den anderen
mietrechtlichen Rechtsschichten
 WGG: wie im MRG-Vollanwendungsbereich
– hier: § 14a Abs 2 Z 2a WGG
– auch korrespondierendes Übergangsrecht
 Teilanwendungsbereich des § 1 Abs 4 MRG (Art 4 der Novelle)
– Erweiterung der Erhaltungspflicht auf Wärmebereitungsgeräte nur für
Wohnungsmietverträge (nicht bei Geschäftsraummietverträgen)
– hier durch Zwingendstellung des § 1096 Abs 1 ABGB
– Übergangsrecht wie im MRG
 reines ABGB-Bestandrecht (Vollausnahmen vom MRG) und Teil-
anwendungsbereich des § 1 Abs 5 MRG
– zB Ein- und Zweifamilienhäuser ab 2002
– keine Änderung gegenüber bisheriger Rechtslage
– Allerdings ist für B2C-Verhältnisse das Gewährleistungsverzichtsverbot des § 9
Abs 1 KSchG zu beachten
– mE verfassungsrechtlich fragwürdig (Gleichbehandlungsgebot?)
 Für Erhaltungspflicht im Wohnungseigentum ändert sich nichts
– § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 nicht geändert
– Heiztherme muss nach wie vor von WEer selbst erhalten werden
Die Neuregelung zum
Zubehör-Wohnungseigentum
 Zubehörobjekte (§ 2 Abs 3 WEG 2002)
– Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten, Lagerplätze
– nach früherem Recht (WEG 1948 oder 1975) auch Kfz-Abstellplätze (Zubehörbegründung daran bis Jahresende 2006 möglich – § 57 WEG 2002)
 neuer § 5 Abs 3 WEG 2002: Eintragung des Wohnungseigentums am
„Hauptobjekt“ erstreckt sich automatisch auch auf Zubehörobjekte
– daher entgegen der jüngeren OGH-Judikatur keine gesonderte Eintragung des
Zubehörs im Grundbuch erforderlich (schadet aber auch nicht)
 Voraussetzung: Zuordnung zum Hauptobjekt muss sich aus dem WE-
Vertrag iZm der Nutzwertermittlung oder –festsetzg. eindeutig ergeben
– Verweis des WE-Vertrags auf das NW-Gutachten reicht aus, wenn dort eindeutig
zugeordnet (zB „Wohnung Top Nr 11 mit Kellerabteil Nr 5“)
– bei WE-Begründung aufgrund gerichtl. Entscheidung diese statt WE-Vertrag
– Elemente: Eigenschaft als Zubehör, Zuordng. zum Hauptobj., allenfalls Verwendg.
 Wenn Zubehörobjekt nicht individualisiert bezeichnet ist:
– kein Zubehör-WE, allenfalls kann aber eine (konkludente) Benützungsregelung
vorliegen
– Sanierungsmöglichkeit durch Ergänzung des WE-Vertrags und Einreichung
(allerdings Einvernehmen aller Wohnungseigentümer erforderlich)
Die Reichweite der Neuregelung;
Übertragung eines Zubehörobjekts
 Die Neuregelung erfasst
– die erstmalige Begründung von Wohnungseigentum
– den derivativen Erwerb von Wohnungseigentum (zB aufgrund eines Kauf- oder
eines Schenkungsvertrags oder von Todes wegen)
– die Übertragung eines Zubehörobjekts von einem Hauptobjekt an ein anderes
 Übertragung eines Zubehörobjekts
– Wechsel eines einzelnen Objekts, aber auch Tausch (zB von Kellerabteilen)
– Vorgang muss im Grundbuch nachvollziehbar sein (zumindest durch Aufnahme der
Titelurkunde – zB Kaufvertrag – in Urkundensammlung und Tagebuchzahl)
– Zumeist werden sich aber ohnehin die Miteigentumsanteile ändern
– auch mehrere sukzessive Übertragungsvorgänge möglich
– bei Wurzelmängeln Löschungsklage nach §§ 61 ff GBG analog möglich
– nach früherem Recht (WEG 1948 oder 1975) auch Kfz-Abstellplätze (Zubehörbegründung daran bis Jahresende 2006 möglich – § 57 WEG 2002)
 Erleichterung der Übertragung eines Zubehörobjekts (neuer § 5 Abs 4
WEG 2002
– Zustimmung der anderen (nicht beteiligten) Wohnungseigentümer entbehrlich
– also auch für grundbücherliche Eintragung
Übergangsrecht (§ 58c WEG 2002)
 Rückwirkung auf alle früheren Wohnungseigentumsbegründungen,
derivativen Erwerbe und Übertragungen
– Es ging bei der Novelle ja primär um Vergangenheitsbewältigung
 Neuerungen auch in allen gerichtlichen Verfahren anzuwenden, die zu
Jahresbeginn 2015 anhängig sind
– Rechtskraft wird aber nicht durchbrochen
Hon.-Prof. Dr. J. Stabentheiner, BMJ
Ausblick
 Die WRN 2015 soll erklärtermaßen nur eine zeitlich vorgezogene
Regelung zweier vordringlicher Fragen mit sich bringen
 Die im Regierungsprogramm ebenfalls angekündigte Wohnrechts-
reform soll aber dessen ungeachtet weiter verhandelt und realisiert
werden
 Erfolgsaussichten meines Erachtens düster, zu weit liegen die
Standpunkte auseinander
 Die noch von BM Dr. Karl eingesetzte „Reformgruppe Mietrecht“ hat
ihre Tätigkeit wegen fehlender Konsensaussicht wieder eingestellt
 Ball liegt nun beim Parlament, konkreter bei den Bautensprechern
 vielleicht noch Einigung auf Einzelregelungen möglich
 jedoch durchgreifende Wohnrechtsreform, insbesondere grundlegende
Reform des Mietrechts, meiner Meinung nach in dieser
Legislaturperiode nicht zu erwarten
Hon.-Prof. Dr. J. Stabentheiner, BMJ
Ausblick auf den
Abschluss dieser Lehrveranstaltung
Am 23. Januar 2015 können Sie das
Gehörte im Rahmen der Klausur nochmals
Revue passieren lassen.
Same station, aber erst 14 Uhr!
Hon.-Prof. Dr. J. Stabentheiner, BMJ