I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes - Stiftungen - Sachsen

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Transcript I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes - Stiftungen - Sachsen

M ENOLD BEZLER
R E C H T S A N W Ä L T E
4. Stiftertag Sachsen-Anhalt 2012
Arbeitskreis Haftungsfragen
Rechtsanwalt
Dr. Gerhard Ries
Rheinstahlstraße 3, 70469 Stuttgart
Tel. +49 711 86040-500
E-Mail: [email protected]
Agenda
I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
II. Die Haftung anderer Stiftungsorgane
III.Die Organhaftung
IV. Die D&O-Versicherung
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
1. Übersicht
zivil- /öffentlich-rechtliche
Haftung
Innenhaftung
gegenüber der
Stiftung
Vorstand
Außenhaftung
gegenüber
• Finanzverwaltung
• Sozialversicherung
• Vertragspartner
strafrechtliche “Haftung”
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
2. Systematik der Haftungsnormen
a)
Haftung des Vorstandes gegenüber der
Stiftung:
•
Der Vorstand steht in einer zweifachen
Rechtsbeziehung zur Stiftung. Neben dem
Organschaftverhältnis besteht ein
schuldrechtliches Begleitverhältnis.
• Der Vorstand ist für die Stiftung entweder
unentgeltlich im Wege eines Auftragsverhältnisses
(§§ 662 ff. BGB) oder entgeltlich im Wege eines
Dienstverhältnisses (§§ 611 ff. BGB) tätig.
• Anspruchsgrundlage für Pflichtverletzungen ist
jeweils
§ 280 Abs. 1 BGB
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
b) Haftung des Vorstandes gegenüber Dritten:
•
Haftung des Vorstandes aus Vertrag (z.B.
direkt, aufgrund Rechtsscheins)
•
Haftung bei der Vertragsanbahnung (culpa in
contrahendo,
§ 311 Abs. 3 S. 2 BGB)
• §§ 69 ff. AO: Allgemeine steuerrechtliche Haftung
gegenüber dem Fiskus
•
Haftung des Vorstandes einer
gemeinnützigen Stiftung bei Ausstellung falscher
Zuwendungsbestätigungen
•
Haftung aus unerlaubter Handlung: § 823
Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 826 BGB
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
3.
Allgemeiner Haftungstatbestand nach § 280
Abs. 1 BGB:
"Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem
Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz
des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die
Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat."
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
a) Schuldverhältnis
• §§ 662 ff. BGB: Auftragsverhältnis
• §§ 611 ff. BGB: Dienstverhältnis
b) Pflichtverletzung
•
Pflichten aus Bundesrecht
- § 80 ff. BGB (insbesondere Treuepflicht,
Pflicht zur
ordnungsgemäßen
Geschäftsführung)
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
- § 86 S. 1, § 27 Abs. 3, §§ 664-670 BGB
(insbesondere Pflicht zur
Binneninformation)
- § 86 S. 1, § 42 Abs. 2 (Stellung des
Insolvenzantrages)
•
Pflichten aus Landesrecht
- unmittelbare Pflichten
- mittelbare Pflichten, zum Beispiel § 7 StiftG
Sachsen-Anhalt
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
• Die 10 Gebote pflichtgemäßen
Geschäftsführungsverhaltens
(Lutter, GmbHR 2000, 301 ff)
Gebot 1:
Einhaltung der Gesetze (insbesondere
Kapitalerhaltung, Buchführung,
Sozialversicherungsbeiträge, rechtzeitige
Insolvenzanmeldung u.v.m.)
Gebot 2:
Einhaltung von Satzung und
Geschäftsordnung
Gebot 3:
Einhaltung der Regeln des
Anstellungsvertrages
Gebot 4:
ggf. Einhaltung von Weisungen anderer
Stiftungsorgane, sofern
diese nicht offensichtlich gesetzeswidrig,
- 9 nichtig oder kapitalerhaltungswidrig sind
I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
Gebot 6:Kontrolle der Organisation
Gebot 7:regelmäßige Kontrolle der Liquidität und
Finanzlage der Stiftung
Gebot 8:Vermeidung übergroßer Risiken
Gebot 9:Vermeidung, mindestens aber Offenlegung
aller Konflikte zwischen den Interessen der
Stiftung und den Eigeninteressen
des Vorstandes
Gebot 10:
sorgfältige Vorbereitung von
Entscheidungen
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
•
Analoge Anwendung der "Business Judgement Rule"
bei Stiftungen:
§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG
BGHZ 135, 245, 253 ff.:
"Dem Vorstand muss bei der Geschäftsleitung ein
weiter
Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den
eine unternehmerische
Tätigkeit schlechterdings
nicht denkbar ist."
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
…
Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen
geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr
von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der
jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so
verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist.
Sofern der Aufsichtsrat den Eindruck gewinnt, dass dem
Vorstand das nötige Gespür für eine erfolgreiche
Führung des Unternehmens fehlt, er also keine
"glückliche Hand" bei der Wahrnehmung seiner
Leitungsaufgabe hat, kann
ihm das Veranlassung geben, auf dessen Ablösung
hinzuwirken.
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
…
Eine Schadensersatzpflicht kann daraus nicht hergeleitet
werden.
Diese kann erst in Betracht kommen, wenn die Grenzen, in
denen sich
- ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes,
- ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes,
- auf sorgfältige Ermittlung der
Entscheidungsgrundlagen
beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss,
deutlich überschritten sind, die Bereitschaft,
unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das
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Verhalten aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten
-
I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
•
eingeschränkte Nachprüfbarkeit:

Einhaltung normativer Vorgaben

Zweckmäßigkeit einer Maßnahme steht im Ermessen des
Vorstandes

Entscheidend: sorgfältige Vorbereitung von
Entscheidungen
c) Vertretenmüssen
• Pflichtwidrigkeiten sind Verhaltensunrecht, das sich
nicht ohne
Heranziehung von Sorgfaltsanforderungen bestimmen
lässt.
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
• Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), aber § 31a
Abs. 1 S. 1 BGB:
"Ein Vorstand, der unentgeltlich tätig ist oder für
seine Tätigkeit eine
Vergütung erhält, die
EUR 500,00 jährlich nicht übersteigt, haftet dem
Verein für einen in Wahrnehmung seiner
Vorstandspflichten
verursachten Schaden
nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober
Fahrlässigkeit."
• Keine arbeitsrechtlichen Haftungserleichterungen
•
Einschränkung durch Vertrag oder Satzung im Rahmen
des
§ 276 Abs. 3 BGB
str.
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
d) Solidarische Haftung
• bei mehrgliedrigen Vorstand muss jedes
Vorstandsmitglied die Haftungsvoraussetzungen für
die gesamtschuldnerische Haftung gemäß §§ 421 ff.
BGB erfüllen
• Risikominimierung durch Abgrenzung von
Aufgabenbereichen durch Geschäftsordnung oder
(schriftlichen) Geschäftsverteilungsplan
• Überwachungspflicht gegenüber anderen
Vorstandsmitgliedern
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
e) Schaden: gemäß § 249 Satz 1 BGB nach der
Differenzhypothese zu bestimmen
f) Beweislast: Stiftung, außer Vertretenmüssen
(Vorstand)
g) Verjährung: regelmäßig in 3 Jahren (§ 195 BGB)
h) Ausschluss der Haftung
aa)
Freistellung durch Weisung und Beschluss
anderer Stiftungsorgane,
wenn hierfür
satzungsrechtliche Grundlage bestehet
bb) Entlastung, Verzicht und Vergleich m.E. nur,
wenn in der Satzung
vorgesehen und
durch zur autonomen Willensbildung befähigtes Organ
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erteilt
-
I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
cc) Ausschlussfrist nach § 37 TVöD
"Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen,
wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von
sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten
oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht
werden, soweit tarif-vertraglich nichts anderes
bestimmt ist. Für den selben Sachverhalt reicht
die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um
die Ausschlussfrist auch für später fällig
werdende Leistungen unwirksam zu machen."
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I. Die Haftung des Stiftungsvorstandes
i) Durchsetzung
• durch Vorstand
• durch unabhängiges Kontrollorgan (analog § 112
AktG)?
• durch Auufsichtsbehörde, wenn ausdrücklich
gesetzlich geregelt, sonst im Rahmen der
allgemeinen Eingriffsmittel
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II. Die Haftung anderer
Stiftungsorgane
Die Mitglieder anderer Stiftungsorgane (Kuratorium,
Stiftungsrat, Beirat, etc.) haften nach den gleichen
Grundsätzen wie der Stiftungsvorstand. Zu beachten ist
jedoch der spezifische Pflichtenkreis (Beratung,
Überwachung und Kontrolle).
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III. Die Organhaftung
Stiftung
Organhaftung
Außenhaftung gegenüber
Dritten mit Binnenregress
gegenüber Vorstand
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IV. Die D&O-Versicherung
1. Versicherungskonzepte
D&OVersicherung
Wer/was
ist
geschützt?
Vermögen der
Stiftung
und der
Organe
Wer ist
versichert
?
Organe bzw.
leitende
Angestellte
Was ist
versichert
?
Fahrlässige
Pflichtverle
tzung bei
Ausübung der
Organfunktio
n
Vermögensschaden
Haftpflichtversicherung
Vertrauens
-schadenVersicheru
ng
Strafrechtsc
hutzVersicherung
Anstellungsvert
ragsrechtsschutzVersicherung
Vermögen der
Stiftung
Vermögen
der
Stiftung
Rechtsschutz
bei
persönlicher
Inanspruchnahme der
versicherten
Person
Rechtsschutz
bei
persönlicher
Inanspruchnahme
der
versicherten
Person
(Zivilbereich)
Alle Mitarbeiter
(Angestellte und
Organe)
Alle
Mitarbeite
r
(Vertrauen
spersonen)
Alle
Mitarbeiter
(Angestellte
und Organe)
Organe
Fahrlässige
Pflichtverletzun
g bei Ausübung
beruflicher
Tätigkeit
Vorsätzlic
he
Handlungen
, die zum
Schadenser
satz
verpflicht
en
Anwehrschutz
bei Vorwurf
einer
Straftat
oder
Ordnungswidrigkeit
Aktiver
Rechtsschutz
bei Anspruch
aus dem eigenen
Anstellungsvertrag - 22 -
IV. Die D&O-Versicherung
2. Entwicklungen im D&O-Markt
Gesamtzahl der veröffentlichten Urteile
(Managerhaftung)
700
600
500
400
300
200
100
0
1900
1920
1940
1960
1980
2000
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IV. Die D&O-Versicherung
3. Merkmale der D&O-Versicherung
• Berufs-Haftpflichtversicherung für
Vorstandsmitglieder
• Deckungsumfang
 nur Vermögensschäden
 Ansprüche von Geschädigten aller Art
(auch Stiftung oder Dritte)
 bei gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen
• doppelter Absicherungseffekt
 persönlicher Schutz
 Stiftungsschutz
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IV. Die D&O-Versicherung
• Deckungsfunktion
 Rechtsschutz
 Zahlung
• Abgrenzung zu BetriebsHaftpflichtversicherung,
Strafrechtsschutzversicherung,
VermögensschadenHaftpflichtversicherung, VertrauensschadenVersicherung (Organisations-, Auswahl- und
Überwachungsverschulden
operatives
Handeln)
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IV. Die D&O-Versicherung
4. Versicherungsfall
•
Inanspruchnahme der versicherten Person
•
aufgrund tatsächlicher oder behaupteter
Pflichtverletzung
•
Anspruchserhebungsprinzip („claims made“),
d.h. Anspruch
muss schriftlich geltend gemacht werden
•
ggf. Übernahme der Abwehrkosten vor
Eintritt des
Versicherungsfalls, z.B. wenn Geltendmachung
eines
Haftpflichtanspruches hinreichend
wahrscheinlich
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IV. Die D&O-Versicherung
5. Versicherte Personen
•
Vorstand
•
Aufsichtsrat/ Beirat/ Verwaltungsrat/
Kuratorium
•
weitere verfassungsmäßige Vertreter
•
leitende Angestellte
•
entsandte Geschäftsführer und
Aufsichtsorgane bei Mutter- und
Tochtergesellschaft
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IV. Die D&O-Versicherung
6. Zeitlicher Versicherungsschutz
•
unbegrenzte Rückwärtsversicherung

•
Nachhaftung nach Beendigung des
Versicherungsvertrages

•
außer bekannte Pflichtverletzungen
feste Nachhaftungszeit/Ansparmodell
Gefahr von Deckungslücken, wenn Nachhaftung des
Vorversicherers mit Beginn eines neuen
Versicherungsvertrages
endet und neuer Versicherer keine unbegrenzte
RückwärtsNachhaftung
Rückwärtsversicheru
Vertragslaufzeit
ng
versicherung
gewährt!
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IV. Die D&O-Versicherung
7. Ausschlüsse/Einschränkungen
•
Räumlicher Geltungsbereich: Ausschluss USA,
Kanada sowie Staaten mit Common-Law-Bezug (
gegebenenfalls zusätzlich versichern)
•
Vorsatz, wissentliche Pflichtverletzung
•
Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis
(
AnstellungsvertragsrechtsschutzVersicherung)
•
Selbstbehalt
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