Senioren als motorisierte Verkehrsteilnehmer: eine Gefahr für sich

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Transcript Senioren als motorisierte Verkehrsteilnehmer: eine Gefahr für sich

bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Senioren als motorisierte Verkehrsteilnehmer:
eine Gefahr für sich selbst und andere?
Fahrberater-Kurs, 4. November 2010
Mägenwil, Hotel Bären
Uwe Ewert, Dr. phil. MPH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschung, bfu
[email protected] – www.bfu.ch
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Einleitung
Warum sind Senioren eigentlich ein Thema?
Das Stichwort ist
DEMOGRAPHISCHER WANDEL

Die Leute werden immer älter

Es werden weniger Kinder geboren
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Lebenserwartung
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Verteilung der Altersgruppen im Verlauf der Zeit:
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
46
41
20
36
20
31
20
26
20
21
20
16
20
11
20
06
20
01
20
96
20
91
0 bis 14 Jahre
15 bis 64 Jahre
65 Jahre und älter
19
19
Prozent
Bevölkerungsprognose des BFS für 1991–2050
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik: Verkehrstote seit 1992
900
800
700
600
500
Verkehrstote im zeitlichen
Verlauf
400
300
200
100
20
08
20
06
20
04
20
02
20
00
19
98
19
96
19
94
19
92
0
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik: Verkehrstote nach Alter
60
50
40
30
Verkehrstote nach Alter
20
10
84
90
72
78
60
66
48
54
36
42
24
30
12
18
6
0
0
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik: Verkehrstote nach Personenart
60
50
40
Mitfahrer hinten
Mitfahrer vorne
Fussgänger
Lenker
30
20
10
95
90
85
80
75
70
65
60
55
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
0
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik: Getötete Lenker nach Fahrzeugart
40
35
30
25
Anderes
Motorrad
Personenwagen
20
15
10
5
90
85
80
75
70
65
60
55
50
45
40
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25
20
15
10
5
0
0
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Selbst- vs. Fremdgefährdung
Wichtige Fragen in der gesellschaftlichen Diskussion:

Wie gefährdet sind Senioren im Strassenverkehr?

Wie gefährlich sind die Senioren für andere
Verkehrsteilnehmer?
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Wie sterben die Senioren im Strassenverkehr?
Anzahl
Prozent
–Fussgänger
–177
–41
–Personenwagen
–146
–34
–Fahrrad
–54
–13
–Motorfahrrad
–18
–4
–Anderes
–32
–7
Summe
427
100
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Anzahl getöteter Personen im Strassenverkehr nach
Alterskategorie des PW-Lenkers
60
450
400
50
350
40
300
250
30
Anzahl Getötete bei Unfällen
von PW-Lenkern dieses
Alters
Anzahl getötete PW-Lenker
dieses Alters
200
% getötete PW-Lenker
20
150
100
10
50
0
0
18 bis 21 bis 31 bis 41 bis 51 bis 61 bis 71 bis 80 +
80
70
60
50
40
30
20
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Wer stirbt bei Unfällen, an denen Senioren als
PW-Lenker beteiligt sind?
Personen unter
70 Jahren
Lenker eines
Personenwagens
70-jährige und
ältere Personen
Summe
9
118
151
17
7
61
Fussgänger
8
21
29
Mitfahrer vorne
6
20
26
Mitfahrer hinten
3
2
5
43
168
211
Lenker eines anderen
Fahrzeugs
Summe
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Selbst- und Fremdgefährdung
 Insgesamt 1869 Verkehrstote von 2005–2009

427 Senioren 70 + starben 2005 – 2009 im SV (23%)

211 Personen starben 2005 – 2009 bei Unfällen bei denen
Senioren 70 + als PW-Lenker aktiv waren (11%)

Mehr als die Hälfte der Getöteten waren die Seniorenlenker
selber (6%)

93 andere Personen wurden bei Unfällen von PW-lenkenden
Senioren getötet (5%)
ABER: Senioren sind häufiger Schuld am Unfall
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Wer ist schuld an einem tödlichen Unfall?
–(Williams & Shabanova, 2003)

40 bis 49 Jahre:
36 %

50 bis 59 Jahre:
36 %

60 bis 69 Jahre:
43 %

70 bis 74 Jahre:
56 %

75 bis 79 Jahre:
67 %

80 bis 84 Jahre:
77 %

Ab 85 Jahren:
83 %
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik: Unfallschuld und Alter bei PW
9000
100
8000
90
7000
80
70
6000
60
5000
50
4000
40
3000
30
2000
20
1000
10
88
78
83
68
73
58
63
48
53
38
43
0
28
33
18
23
0
Anzahl bemängelter PWLenker
Prozent bemängelter PWLenker
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik
Bemängelte Lenker nach Anzahl tödlicher Unfälle
und Alter des PW-Lenkers (2005 - 2009)
30
1,2
25
1
20
0,8
15
0,6
10
0,4
5
0,2
0
0
88
1,4
78
83
35
68
73
1,6
58
63
40
48
53
1,8
38
43
45
28
33
2
18
23
50
Anzahl: Unfälle mit Getöteten
Prozent: Unfälle mit Getöteten
Linear (Prozent: Unfälle mit
Getöteten)
Linear (Anzahl: Unfälle mit
Getöteten)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfälle nach Fahrleistung
–(Evans, 2004, S. 158)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfallstatistik nach Fahrleistung
30,0
25,0
20,0
Getötete pro 100 Mio.
Kilometer
Selbstgefährdung pro 100
Mio. Kilometer
Fremdgefährdung pro 100
Mio. Kilometer
15,0
10,0
5,0
0,0
18-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80
80+
Verringerung der Fahrleistung
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Verringerung der Fahrleistung
Unfälle pro 1'000'000 gefahrene Kilometer
60
50
40
bis 3'000 Kilometer pro Jahr
3'001 bis 14'000 Kilometer pro
Jahr
mehr als 14'000 Kilometer pro
Jahr
30
20
10
0
Bis 20
Jahre
21 bis 30
Jahre
31 bis 64
Jahre
65 bis 74
Jahre
75 und
älter
0,0
Kollision mit einem
fahrenden Fahrzeug
nach Schleudern
Aufprall auf stehendes
Fahrzeug
Nach links mit
Fahrzeug aus
entgegengesetzter
Richtung
Kollision beim
Überholen mit
entgegenkommendem
Fahrzeug
Kollision eines
Fahrzeuges mit einem
in gleicher Richtung
ge
Kollision mit
schienengebundenen
Fahrzeugen
Anderer Unfall nach
Schleudern,
Ausweichen oder
Kursabweichu
Anderer nicht
typisierter Unfall
Kollision mit festem
Hindernis auf der
Fahrbahn
Nach links mit
querendem Fahrzeug
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Unfalltypen (nur mit Todesfällen) mit grossen prozentualen
Unterschieden zwischen Lenkern unter 70 und Lenkern 70 +
35,0
30,0
25,0
20,0
15,0
Unter 70
70 +
10,0
5,0
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bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Bei Lenkern unter 70 Jahren weniger häufig als bei Lenkern
70 + genannte Mängel (in Prozent)
16
14
12
10
8
6
Unter 70
70 +
4
2
0
Zu
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bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Bei Lenkern unter 70 Jahren häufiger als bei Lenkern 70 +
genannte Mängel (in Prozent)
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
Unter 70
70 +
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Verbreitung (Prävalenz) chronischer Krankheiten in der
Schweiz (in den letzten 12 Monaten ärztlich behandelt)
Total in der
Bevölkerung ab 15
Jahren
Rheuma
8.5
8.3 %
Vergesslichkeit (ohne
Einschränkung, ob in den bei den 55letzten 12 Monaten
Jährigen und
medizinisch behandelt)
älteren
Total in der
Bevölkerung von
65 bis 74 Jahren
Total in der
Bevölkerung ab 75
Jahren
20.7
23.4
8.3
13.4
(davon 1.9 %
häufiges
Vergessen)
(davon 4.7 %
häufiges
Vergessen)
Diabetes
3.4
8.0
11.0
Herzinfarkt
0.9
6.3
8.4
Resultate zu erhöhten Unfallrisiken von Vernon,
Diller, Cook, Reading, Suruda & Dean (2002, S. 244)*
84 % bis 11-fach erhöhtes Risiko schuldig in
einen Unfall verwickelt zu werden (alle
muskuloskeletalen Erkrankungen)
3.3-fach erhöhtes Risiko schuldig in einen Unfall
verwickelt zu werden
46–77 % erhöhtes Risiko schuldig in einen Unfall
verwickelt zu werden
54 % erhöhtes Risiko schuldig in einen Unfall
verwickelt zu werden (alle kardiovaskulären
Probleme)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Prävalenz der Demenz in verschiedenen Altersgruppen
45.0
40.0
35.0
Demenz nach Altersgruppen
1991
Demenz nach AltersgruppenMänner 2000
Demenz nach Altersgruppen
- Frauen 2000
Mittelwert
30.0
25.0
20.0
15.0
10.0
5.0
0.0
r
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7
8
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60
65
70
75
80
85
0
9
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bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Wie diagnostiziert man Demenz?
Neuropsychologische Tests, z.B.

Uhrentest

Mini Mental Status Test (MMST)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Uhrentest: Zeichnen Sie 15 Minuten nach 11
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Mini Mental Status Test (MMST):
Was beinhaltet der Test?

Orientierung

Merkfähigkeit

Aufmerksamkeit und Richtigkeit

Erinnerungsfähigkeit

Sprache
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
MMST

Qualität des Tests: recht gut

Demenzkranke Personen werden zu 90 % richtig identifiziert
(Sensitivität)

Personen ohne Demenz werden ebenfalls zu 90 % richtig
identifiziert (Spezifität)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Problem
Bei Tests an der symptomfreien Bevölkerung (Screening) gibt es
jeweils viele gesunde Personen
Bei den über 70-Jährigen sind 10 % demenzkrank (also 90 %
gesund)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Beispielrechnung: Screening für Demenz (1. Test)
Demenzkrank
Als
demenzkrank
diagnostiziert
ja
nein
ja
15‘750
15‘750
31‘500
nein
1‘750
141‘750
143‘500
Total
17‘500
157‘500
175‘000
Total
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Konsequenzen des ersten Screenings

Die Hälfte derjenigen, die als demenzkrank diagnostiziert
werden, sind in Wirklichkeit gesund

10% derjenigen, die tatsächlich demenzkrank sind, werden
fälschlicherweise für gesund gehalten
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Lösung für die vielen „Falsch Positiv“
Diagnostizierten: Noch mal testen!
Demenzkrank
Als
demenzkrank
diagnostiziert
ja
nein
ja
14‘175
1‘575
15‘750
nein
1‘575
14‘175
15‘750
Total
15‘750
15‘750
31‘500
Total
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Weitere Probleme von Senioren:
Verschiedene Arten von Augenerkrankungen

Grauer Star

Grüner Star

Makuladegeneration
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Weitere Probleme von Senioren:
Medikamentenkonsum
Viele Menschen nehmen mit zunehmendem Alter mehrere
Medikamente
 Blutdrucksenker
 Schmerz- /Rheumamittel
 Cholesterinsenker
 Schlaf-/Beruhigungsmittel
Hauptproblem: Benzodiazepine (z.B. Valium) mit langer
Wirkungsdauer (z.B. Gefahr des Einschlafens am Steuer
noch am nächsten Tag)
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Kompensationsmöglichkeiten
Anpassungen von Senioren an ihre Schwächen:

Sie fahren insgesamt weniger als die
jungen Lenker

Sie fahren weniger zu den Hauptverkehrszeiten

Sie fahren weniger schnell

Sie vermeiden Fahrten bei Dunkelheit
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Fazit

Ärztliche Untersuchung könnte besser sein (und landesweit
einheitlich)

Augenärztliche Untersuchung bereits früher als mit 70 Jahren

Strassenbauliche Änderungen – v. a. mehr Kreisel, mehr
bauliche Fahrtrichtungstrennung ausserorts

Medikamenteneinnahme besser kontrollieren

Senioren sollten eher moderne Fahrzeuge fahren, die mit den
neuesten Sicherheitsausrüstungen ausgestattet sind

Kurse für Senioren haben sich bisher nicht als wirksam
erwiesen
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Die gute Nachricht:
Die Senioren werden immer besser!
35
30
25
0 bis 14
20
15 bis 29
30 bis 44
15
45 bis 59
60 bis 74
10
5
0
75 +