2. Einheit - Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen

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Transcript 2. Einheit - Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen

II. Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen
1.
Vergütungsgrundsätze im Arbeitsverhältnis
a) Vergütungspflicht
b) Flexibilisierung von Arbeitsentgelt und ihre Grenzen
c) Vergütungsabrechnung und -abzüge
2.
Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen
a) Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB
b) Einbeziehungskontrolle
c) Inhaltskontrolle
3.
Wichtige Klauseln in Arbeitsverträgen – Ausschlussfristen, Befristung, Direktionsrecht,
Probezeit, freiwillige Leistungen
4.
Betriebliche Übung
4.
Gleichbehandlung
Vergütungsgrundsätze im Arbeitsverhältnis
●
Vergütungspflicht

§ 611 I BGB regelt Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“

Höhe der Vergütung regelmäßig in Tarifverträgen , sonst üblicherweise im Arbeitsvertrag oder
übliche Vergütung, § 612 II BGB.
Merke: selten in BV wegen § 77 III S. 2 BetrVG
●

Arbeitsentgelt gem. 107 I GewO in Euro

Teil des Arbeitsentgeltes auch in Sachbezügen möglich, § 107 II GewO

Trinkgelder gem. § 107 III GewO
Flexibilisierung von Arbeitsentgelt und ihre Grenzen

Sachbezüge gem. § 107 II GewO, wenn und soweit es dem Interesse des AN oder Eigenart
des AV entspricht

Variable (erfolgsabhängige) Vergütung
findet nach BAG Grenze darin, dass das
Wirtschaftsrisiko des Unternehmers nicht auf den AN verlagert werden darf
 Flexibilisierung nur zwischen 25 und 30
12.01.2005 – Az. 5 AZR 364/04)
●
Gehaltsabrechnung, § 108 GewO
Prozent der Gesamtvergütung möglich (BAG v.
Vergütungsabrechnung und -abzüge
Bruttolohn
Abzug AG
Steuer
Lohnsteuer
Solidaritätszuschlag
Kirchensteuer
Nettolohn
Steuerschuldner AN
Abführungspflicht AG
Haftungsschuldner AG
Gesamt-SV-Beiträge 2013:
Sozialversicherung
KV
PV
RV
AV
15,50%
2,05%
18,90%
3,00%
50%-AG-Beitrag
50%- AN-Beitrag
Abführungspflicht AG
Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen
●
●
Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB

Anwendbarkeit von Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) auf Arbeits- und
Aufhebungsverträge .§ 310 Abs. IV S. 1 BGG

Anwendbarkeit ab dem 01.01.2002 (auf Altverträge ab dem 01.01.2003)

Berücksichtigung von Besonderheiten des Arbeitsrechts, § 310 IV 3 BGB
Inhaltskontrolle bei Tarifvertrag, Betriebs-/Dienstvereinbarung, § 310 IV 1 BGB
 Globalverweisung (-)


auf Tarifvertrag, da keine Gefahr der einseitigen Benachteiligung für AN
Arg. Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrages, Prüfungsmaßstab des TV Verfassung, höherrangiges Recht
auf Betriebs- oder Dienstvereinbarung , keine Richtigkeitsgewähr wie TV, daher Rechts- und Inhaltskontrolle
nach § 75 BetrVG
 Einzelverweisung (+)

Verweisung auf einzelne, ausgesuchte Klauseln eines TV, BV oder DV unterliegt der Inhaltskontolle der §§ 305 ff.
BGB, da hier die Gefahr der einseitigen Benachteiligung für AN besteht.
 Teilverweisung (= Regelungskomplexverweisung) (+)

Verweisung auf einzelne Regelungskomplexe eines TV, BV oder DV unterliegt hingegen Inhaltskontrolle
Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen (2)

Vorformulierte Regelungen in Arbeitsverträgen, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden,
unterliegen der AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB

Individualabreden unterliegen keiner AGB-Kontrolle, § 305b BGB

Allgemeine Geschäftsbedingung ist eine für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformulierte Bedingung.

Vielzahl von Avs vorformulierte Klauseln liegen vor,

wenn dreimalige Verwendung beabsichtigt, aber

auch schon bei einmaliger Verwendung, wenn AG Klausel aus anderen Musterverträgen (Arbeitsvertragsmuster,
Muster es AG-Verbandes etc.) übernimmt
●
Vertragsbestandteil auch wenn auf AGB
●

kein ausdrücklicher Hinweis und

keine Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme, §§ 310 IV 2 i.V.m. § 305 II, III BGB
Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB

Konkurrenzregelung zu AGB

Vorrang auch dann, wenn durch AGB-Schriftformklausel bestimmt wird, dass mündliche Abreden unwirksam sind
(BGHZ 164, 133 = NJW 2006, 138)
Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen (3)
●
Vorrang der Individualabrede, § 305 b BGB
●
Einbeziehungskontrolle:
●
●

Überraschende Klauseln nach „äußerem Erscheinungsbild“ oder „inhaltlich“, § 305c I BGB

Unklarheitenregelung: Vorrang der Auslegung, obj. Mehrdeutigkeit bleiibt, dann Zweifel gehen zu Lasten des AG,
§ 305c II BGB
Inhaltskontrolle:

Besondere Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit , 309 BGB

Besondere Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB

Transparenzgebot = Klauselklarheit und –durchschaubarkeit, § 307 I S. 2 BGB

Generalklausel „unangemessene Benachteiligung“, §§ 307 I, II BGB
Korrektiv „arbeitsrechtlicher Besonderheiten“, § 310 IV 2 BGB
Inhaltskontrolle in Arbeitsverträgen (4)
●
Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit, § 306 BGB
 Grds. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion aus § 306 BGB
 Ausnahmen:

Teilnichtigkeit einer Klausel bleibt der AV im Übrigen wirksam, § 306 I BGB

Teilnichtigkeit eines Klauselteils Prüfung durch Auslegung im Sinne des sog. „Blue-Pencil-Tests“
-- Klausel muss sprachlich und inhaltlich teilbar sein, dann § 306 I BGB
-- Klausel weder sprachlich und/oder inhaltlich teilbar => Unwirksamkeit der Klausel

Lückenfüllung nach § 306 II BGB durch gesetzliche Regelungen

Ergänzende Vertragsauslegung vornehmen, diese geht § 306 BGB vor
Einzelne Klauseln
Vertragsstrafeversprechen bei Nichtantritt des AV
Beispiel 1: „... (2) Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Innerhalb der Probezeit kann das
Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.
(3) Eine Kündigung vor Dienstantritt ist ausgeschlossen. Bei Zuwiderhandlung ist beiderseits eine Vertragsstrafe von 3 Bruttomonatsentgelten fällig und verwirkt.“

Klauselverbot des § 309 Nr. 6 BGB nach BAG nicht wegen Besonderheiten des Arbeitsrechts, AN kann
zur Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht durch Zwangsgeld oder Zwangshaft angehalten werden

Überhöhte Vertragsstrafe führt zur unangemessenen Benachteiligung nach 307 BGB
(BAG 4.3.2004; a.A. noch LAG Düsseldorf und LAG Baden-Württemberg)

Keine geltungserhaltende Reduktion möglich
Mehrarbeitsabgeltung
Beispiel 2: „Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich ausschließlich der Pausen.
Sofern das Interesse des Unternehmens es erfordert, werden Sie auch über die betriebsinterne
Arbeitszeit hinaus Ihre Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Mehrarbeit ist durch die
festgelegte Vergütung abgegolten.“

Verstoß gegen Transparenzgebot, wenn Umfang, in dem AN Überstunden schuldet, nicht klar
erkennbar, § 307 I 2 BGB

Grundsatzregel: Bis zum 10 % mit der Arbeitsvergütung abgegolten. Darüber hinaus nur wenn
Hierarchielevel es zulässt und dann auch nur begrenzt. Risiko AG, da keine geltungserhaltende
Reduktion
Einzelne Klauseln (2)
Freiwilligkeitsvorbehalt - Vergütung
Beispiel 3: „Der AN erhält eine Jubiläumszuwendung, d.h. freiwillige Sozialleistung in Höhe von EUR
200.“

Freiwilligkeitsvorbehalt bei laufendem Arbeitsentgelt unzulässig, § 307 I und II BGB
(BAG v. 25.04.2007 – 5 AZR 627/06 – „Leistungszulage“)

Grundsatz: Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen (wie Weihnachts- oder
Jubiläumszuwendungen), die nicht monatlich gezahlt werden und nicht ausschließlich im
Synallagma stehen, weiterhin zulässig.

Hinweis auf „freiwillige Sozialleistung“ reicht nicht (BAG 23.10.2002-10 AZR 48/02)
Freiwilligkeitsvorbehalt - Transparenzgebot
Beispiel 4: „Der AN erhält eine Teamcoach-Zulage, die eine freiwillige Leistung und aus beliebigem
Grund bzw. aus bestimmten sachlichen Gründen frei widerruflich ist.“

Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt unzulässig, § 307 I BGB
(BAG v. 27.07.2006 - 6 Sa 29/05 – „Teamcoachzulage“)
Einzelne Klauseln (3)
Freiwilligkeitsvorbehalt – Transparenzgebot
Beispiel 5: „Der Arbeitnehmer erhält einen gewinn- und leistungsabhängigen Bonus. Die Zahlung des Bonus erfolgt
in jedem Falle freiwillig und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft“ oder
„Der Angestellte erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttogehalts. Ein Rechtsanspruch auf eine
Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung
des Arbeitgebers dar.“

Verstoß gegen Transparenzgebot § 307 I S. 2 BGB, wenn arbeitsvertragliche Regelung dem Wortlaut nach
bereits einen Anspruch festlegt („AN erhält bzw. AG gewährt...“) (BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06; BAG v.
30.07.2008 – 10 AZR 606/07; BAG v. 10.12.2008-10AZR 35/08)
Widerrufsvorbehalt
Beispiel 6: „Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange
der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des AN nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der AN
nach Kündigung des AV von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs ist der AN
nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.“

Widerrufsvborbehalt im Randbereich d.h. zwischen 20-30% der GV zulässig, § 308 Nr. 4 BGB (BAG v.
12.01.2005 – 5 AZR 364/04, BAG 11.10.2006 – 5 AZR 721/05)

Widerrufsvorbehalt nur aus sachlichen Gründen (BAG v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04) wie z.B. wirtschaftliche
Notlage des AG, Gründe im Verhalten / Leistung des AN, Wegfall des Leistungszwecks

Vertragliche Regelung muss sachliche Gründe ausdrücklich anführen
Einzelne Klauseln (4)
Freistellungsvorbehalte z.B. im Kündigungsfall
Beispiel 7:„Im Falle der Freistellung – wozu die GmbH bei Vorlage entsprechender Gründe, wozu insbesondere
der Ausspruch einer Kündigung zählt, berechtigt ist – haben Sie sämtliches Eigentum der GmbH spätestens
am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses unaufgefordert zurückzugeben.“
 Unangemessene Benachteiligung unvereinbar mit Beschäftigungsanspruch, § 307 I 1, II Nr.
1 BGB; Ausnahme: sachlicher Grund, § 315 BGB
Ausschlussfrist
Beispiel 8: „Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den
Vertragsschließenden binnen einer Frist von 6 Wochen seit ihrer Fälligkeit oder Kenntnis ihres
Bestehens, je nachdem was später eintritt, gegenüber dem jeweils anderen Vertragspartner
schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch eine Partei binnen einer Frist von
zwei Monaten einzuklagen; anderenfalls verfallen sie.“
 Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 13 BGB fraglich
 Ausschlussfrist unangemessen, § 307 II Nr. 1 BGB, wenn mit Grundgedanken des
Verjährungsrechts nicht vereinbar und Einschränkung wesentlicher Rechte nach § 307 II Nr.
2 BGB. Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § 202 BGB
zulässig, mindestens aber 3-Monatsfrist nach § 61b ArbGG einzuhalten (BAG v. 25.05.205)
 Geltungserhaltende Reduktion im Wegen des Blue-Pencil-Tests möglich, § 306 I BGB
Sozialversicherungsrechtliche Information und
Konsequenzen bei Beendigung AV
●
Informationspflichten des AG

AG verpflichtet, AN frühzeitig vor Beendigung des Avs über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach
einer Beschäftigung zu informieren, § 2 II 2 Nr. 3 SGB III

AG verpflichtet, AN über seine Verpflichtung zur Meldung bei der Agentur für Arbeit zu informieren, § 38 I SGB III
spätestens 3 Monate vor Beendigung, wenn weniger als 3 Monate, innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis

Rechtsfolgen bei nicht rechtzeitiger Meldung

AN : Sperrzeit bei Anspruch auf Arbeitslosengeldes wegen versicherungswidrigen Verhaltens eine Woche (159 I 2 Nr.
7 SGB III iVm VI SGB III und damit Minderung Arbeitlsosengeld

AG: Nur Obliegenheit, führt nicht zu Schadensersatz.
●
Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Sperrzeitverhängung, § 159 SGB III

Arbeitsuchender hat AV gelöst oder

Durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung gegeben, d.h. an der Auflösung mitgewirkt hat.
Daher auch einvernehmliche Beendigung
 Bis maximal 3 Monate

Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Entlassungsentschädigung, § 158a SBG III

Arbeitsuchender hat Entlassungsentschädigung erhalten

AV ist vorzeitig beendet worden, d.h. ohne Einhaltung der ordentlichen K-Frist
=> Ruhen bis zu dem Zeitpunkt, an dem das AV geendet hätte, wenn ordentliche K-Frist ausgesprochen worden
wäre, längstens jedoch für 2 Jahr, § 158 II 1 SGB III
Betriebliche Übung
●
Voraussetzungen der „betrieblichen Übung“:

Subsidiarität der Anspruchsgrundlage. Gesamtzusage ist ausdrückliches Vertragsangebot und geht vor

Regelmäßige (dreimalige) vorbehaltlose Wiederholung gleichförmiger Verhaltensweisen des AG

Konkludentes Vertragsangebot an eine kollektive Gruppe von AN => erfasst daher auch neu eintretende
AN

Ableitung eines erkennbaren Verpflichtungswillens des AG auf Fortsetzung in Zukunft
Problem: Unterschiedlliche Höhe kann betriebliche Übung ausschließen, nicht aber wenn es auf einem
bestimmten System beruht.
=> Bindung des AG für die Zukunft
●
Beendigung / Anspruchsausschluss der betrieblichen Übung

Aufgabe der Rspr. zur gegensätzlichen betrieblichen Übung

Keine einseitige Beendigung mehr möglich

Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt in Arbeitsvertrag und Gewährungsschreiben

Doppelte Schriftformklausel (BAG v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, aber unter Beachtung BAG v. 20.5.2008 – 9
AZR 382/07) schließt Entstehen einer betrieblichen Übung aus
Gleichbehandlung
●
Verbot der Schlechterstellung einzelner AN oder Gruppe von AN ohne
sachlichen Grund
●
Zulässige Differenzierungskriterien

Vergleichsgruppenbildung

Stichtagsregelungen
●
Darlegungs- und Beweislast
●
Anspruch bei willkürlicher Benachteiligung

●
Keine Ungleichbehandlung in gleichliegenden Fällen ohne sachlichen Grund
Konkretisierung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte, § 4 TzBfG