01_forschungsgeschichte_urbanek - am Institut für Ur

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Die Forschungsgeschichte der Rössener Kultur
Institut für Ur- und Frühgeschichte
der Christian-Albrechts-Universität Kiel
Übung zur Rössener Kultur
Dozent: Dr. Doris Mischka
Referent: Michael Urbanek
SS 2010/11
Gliederung:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Zeitlicher Überblick und Verbreitung
Namensentstehung und Fundverteilung
Forschungsgeschichte
Zusammenfassung
Wichtige Fundplätze
Quellen
1. Zeitlicher Überblick und Verbreitung:
Quelle: http://www.landschaftsmuseum.de/Bilder/Jungsteinz_Tabelle-2.jpg
Neolithikum
Zeit
Kultur
End-
2800 - 2200
Glockenbecher
Schnurkeramik
Spät-
3400 - 2800
Havelländer
Kugelamphoren
Jung-
4400 - 3400
Michelsberger
Trichterbecher
Mittel-
5000 - 4400
Stichbandkeramik
Rössen, GG,
Hinkelstein
Früh-
5600 - 5000
La Hoguette
Bandkeramik
Verbreitung:
2. Namensentstehung und Fundverteilung:
Namensgebung durch Alfred Götze 1900 nach
1882 durchgeführten Grabungen am
Gräberfeld in Rössen, Stadt Leuna, Saalekreis
in Sachsen Anhalt.
Fundverteilung bis auf Norddeutschland in ganz
Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Kennzeichnend sind bei der Keramik hohe
Schüsseln mit Standfuss, Kugelbecher und
Zipfelschalen. Beim Silexinventar lassen sich
Gemeinsamkeiten zur Bandkeramik feststellen.
Ebenso ist der Hausbau kennzeichnend.
Alfred Götze (1865 – 1948)
3. Forschungsgeschichte:
Gliederung der Rössener Forschungsgeschichte in
3 Abschnitte:
1. Periode von 1866 – 1913/17
2. Periode von 1913/17 – 1938/40
3. Periode von 1938/40 - heute
Forschungsgeschichte:
1. Periode gekennzeichnet durch die damalige
Sichtweise der Archäologie als gerade entstehend
Wissenschaft.
1868 L. Lindenschmitt: Ausgrabungen am
„Hinkelstein bei Monsheim“.
Gefundenes Keramik-Material lässt Rückschluß auf 3
eponyme Fundplätze zu: Hinkelstein (HST),
Großgartach (GG) und Rössen (RÖ).
Erste relative Chronologie durch Lindenschmitt.
1879 erste Grabungen am Gräberfeld in Rössen
durch Nagel, v. Börries und Niklasson.
1891 A. Götze verfasst erste Doktorarbeit über
Rössen.
1900 Definition durch Götze der Funde in Rössen
als Rössener Typus.
1894 C. Koehl führt Grabungen in Hinkelstein
von Lindenschmitt fort und stellt eigene
Chronologie HST-/LBK-RÖ auf.
1899 A. Schliz gräbt in GG-Stumpfwörschig,
erstmals Erstellung der Chronologie HST-GGRÖ, allerdings parallel. Definition des
Großgartacher Typus. Schliz findet kaum
Anhänger zu seinen Thesen.
Streit dieser beiden Wissenschaftler
kennzeichnend für erste Periode.
ALFRED SCHLIZ
(1849 – 1929)
Quelle: Google Bilder
CARL KOEHL
(1847 – 1929)
Chronologie C. Koehl 1900:
1.
2.
3.
4.
Ältere Winkelbandkeramik
Jüngere Winkelbandkeramik
Großgartach
Linearbandkeramik
Chronologie A. Schliz 1899:
HST -> GG -> RÖ
LBK--------------
1913 W. Bremers und 1917 K. Schumachers
Arbeiten definieren Ende der ersten Periode
und unterstützen Koehls Chronologie.
Sicht der Archäologie und Grundlage der
Erforschung des Neolithikums durch Koehls
Arbeit geprägt bis zu Stroh 1938.
Schliz‘s Theorien werden ignoriert.
1929 Childe zählt RÖ zur donauländischen Kultur
mit nordischen und megalithischen Einflüssen.
1933 Machtergreifung Hitlers.
Ab 1933 verstärkte Tendenz zur eigenständige
Entwicklung, unterstützt durch Kossinna
(Stark umgrenzte Kulturprovinzen…) und
Deutung der Entstehung von RÖ durch
megalithische und „südindogermanische“
Einflüsse.
1935 erste Widersprüche durch W. Buttler gegen
Koehl‘sche Chronologie und Belegung durch
Funde in Köln-Lindenthal (HST + LBK
zusammen). Ebenso seien keine
donauländischen Einflüsse nachzuweisen.
Gustav Kossinna (1858 – 1931)
Quelle: Google Bilder
2. Periode gekennzeichnet durch die Tendenz, die
Entwicklung der Rössener Kultur als
eigenständig, bzw. durch Einflüsse aus der
Megalith-Kultur des Nordens zu erklären, dies
im Lichte des aufkommenden und stärker
werdenden, nationalen Bewusstseins.
Eigenständigkeit  Fremdeinfluss
1938/40 Dissertation von A. Stroh über Rössen.
Bis heute bedeutende Arbeit, erstmals
gründliche Auseinandersetzung mit dem
Mittelneolithikum in Deutschland.
Stroh sieht allerdings keinen Zusammenhang
zwischen GG und RÖ, leitet daher RÖ aus der
Planig-Friedberger Gruppe ab. Später bemerkt
er gleichzeitige Entstehung Rössens in beiden
Teilen und kann seine Thesen nicht
aufrechterhalten.
1940 widerspricht C. Engel Stroh und Buttler, er
bestreitet megalithische Vorläufer Rössens und
folgert daraus die Chronologie HST-GG-RÖ.
Ferner sieht er Rössen als ‚Höhepunkt und die
Erfüllung einer aus sich selbst wirksamen
bandkeramischen Entwicklung‘. (Buttler 1940)
3. Abschnitt gekennzeichnet durch eine
Abwendung vom nationalistisch geprägten
Blickwinkel auf die Archäologie und
Neubewertung der bis dahin erarbeiteten
Forschungsergebnisse, sowie Abkehr von der
Chronologie Strohs.
1950 E. Sangmeister gibt Chronologie heraus,
alles sei gleichzeitig: LBK-RÖ-SBK-HST
Danach erneute, teilweise Rückkehr zur Sicht
Götzes mit seinem Rössener Typus.
1960 neue Chronologie von E. Sangmeister,
Rössen sei eine Mischkultur aus
donauländischen Einflüssen, einheimischem
Mesolithikum und Einflüssen aus Südeuropa.
Ab 1960 zunehmende Kritik an der Stroh‘schen
Chronologie, Forderung nach Umkehr dieser.
Allerdings erneute Fehlinterpretation durch
Einzelfunde, so ordnet z. B. Mauser-Goller
erneut die Kulturen parallel zueinander ein.
Erst 1970 korrekte, wissenschaftliche
Aufarbeitung in bis heute bedeutenden
Arbeiten. Ab 1972 maßgeblicher Streit
zwischen M. Zapotocka und W. Meier-Arendt.
Meier Arendt erkennt HST-GG-RÖ und sieht den
Ursprung von RÖ in der Linearbandkeramik.
Ebenso bemerkt er die Ähnlichkeit im
Fundmaterial zwischen HST und GG.
Zapotocka sieht Ursprung hingegen in der
Schnurbandkeramik und vermutet HST
parallel zu GG und RÖ.
Marie Zapotocka
Quelle. Google Bilder
1980 entstehen erste, wirklich fundierte
Chronologien von M. Lichardus-Itten un
Meier-Arendt . J. Lichardus weist nach, dass
RÖ nicht aus der Schnurbandkeramik
hervorgegangen ist, sonder der Ursprung in
Südwest-Deutschland liegt (Grabungen in
Rössen).
Somit einhergehend zu dem ‚Kontinuitätsprinzip‘
von Lüning, das Kulturen nicht mehr als
eigenständig in der Entwicklung betrachten
will .
M. Lichardus-Itten
Quelle: Google Bilder
4. Zusammenfassung:
Abschließend lässt sich sagen, dass die Erforschung
der Rössener Kultur bis ins letzte Drittel des 20.
Jahrhunderts stets, bis auf wenige Ausnahmen,
Fehlinterpretationen aus dem Fundmaterial sowie
der starken Beeinflussung durch politischnationale Tendenzen unterlag.
Der Eindruck entsteht, dass die Rössener Kultur in
vorbestimmte Muster passen sollte, und nicht, wie
wissenschaftlich korrekt, durch die Fundsituation
eine Einordnung erschlossen wird.
Erst ab 1980 findet eine angemessen Aufarbeitung
der Funde statt (Meier-Arendt und LichardusItten) und führt zu neuen, sachlichen
Interpretationen bei erneuter Sichtung des
alten Fundmaterials, sodass seit dem von einer
korrekten, ideologiefreien Chronologie der
Rössener Kultur ausgegangen werden kann.
HST-GG-RÖ, bzw. HST-GG-Planig-FriedbergRÖ für das Neckarland.
Interessanterweise kam der nicht gehörte Alfred
Schliz schon 1900 zu dieser Ansicht, somit war
schon da die korrekte Abfolge erkennbar.
5. Wichtige Fundplätze der Rössener Kultur:
Aldenhovener Platte, Siedlung, Rössen
Hambach, Siedlung, Planig-Friedberg
Trebur, Gräberfeld, Übergang HST GG
Rössen, Gräberfeld
6. Quellen:
Helmut Spatz, Beiträge zum Kulturenkomplex
Hinkelstein – Großgartach – Rössen. Der keramische
Fundstoff des Mittelneolithikums aus dem mittleren
Neckarland und seine zeitliche Gliederung.
Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg I
(Stuttgart 1996a).
Barbara Dammers, Hinkelstein – Großgartach – Rössen:
Zum Mittelneolithikum in Rheinhessen. Ein Vortrag im
Mittelrheinischen Landesmuseum Mainz anlässlich der
Ausstellung „Leben und Sterben in der Steinzeit“.
Leipziger online-Beiträge zur Ur- und
Frühgeschichtlichen Archäologie, Artikel Jahrgang
2003, 17 S.
Markus Pavlovic, Chronologie und Entwicklung von
Rössen in der rheinischen Bucht. www.archaeologiestiftung.de, Artikel Jahrgang 2006, 5 S.