Herleitung der ausgleichenden Überhöhung

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Transcript Herleitung der ausgleichenden Überhöhung

Lehr- und Forschungsgebiet für Öffentliche Verkehrs- und
Transportsysteme - Nahverkehr in Europa
Bahnverkehr:
Linienführung / Trassierung
Vorlesung am 10.05.2013
Dr.-Ing. Volker Albrecht
Folie 1
Lehr- und Forschungsgebiet für Öffentliche Verkehrs- und
Transportsysteme - Nahverkehr in Europa
Überblick
•
Grundsätzliches, Grenzwerte, Entwurfsgeschwindigkeit
•
Längsneigung
•
Gleisbogen
•
Überhöhung
(ausgleichende Überhöhung, nicht ausgeglichene Überhöhung,
maximale Überhöhung, Mindestüberhöhung, Regelüberhöhung)
•
Überhöhungsrampen
•
Übergangsbogen
•
Gleisverziehung
•
Bogenabhängige Wagenkastensteuerung
Folie 2
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Grundsätzliches
Die Linienführung der Gleisanlagen wird durch Trassierungselemente
in Grund- und Aufriss bestimmt.
Trassierungselemente im Aufriss:
• Gerade mit konstanter Neigung
• bei Neigungswechseln: Ausrundung durch Kreisbögen
Trassierungselemente im Grundriss:
• Gerade
• Kreisbogen
• Übergangsbogen
Grenzwerte für die Trassierungselemente sind in den Bau- und Betriebsordnungen
(z.B. EBO, BOStrab) festgelegt. Die Grenzwerte beinhalten Sicherheitsreserven, so
dass ein Abweichen davon nicht unbedingt eine Betriebsgefahr mit sich bringt.
Folie 3
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Grundsätzliches
Für die Linienführung zu berücksichtigen ist das für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme
prognostizierte Betriebsprogramm. Wichtige Parameter sind:
•
•
•
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•
•
•
•
•
•
Entwurfsgeschwindigkeit
Zugarten (Reisezüge, Güterzüge)
Mischbetrieb oder artreiner Betrieb
Reisezug- und Güterzugbelastung (t/Tag) sowie Zuglängen
Einsatz von Zügen mit Neigetechnik
Art und Lage der Betriebsstellen (Bahnhöfe, Haltepunkte, Abzweigstellen)
Leit- und Sicherungstechnik
Energieversorgung
Längsneigung
…
Bei der Trassenplanung ist ein wirtschaftliches Verhältnis zwischen fahrdynamischem
Verhalten, den Baukosten und den Betriebs- und Erhaltungskosten anzustreben.
Folie 4
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Grenzwerte
Im Bahnbau gibt es unterschiedliche Arten von Trassierungswerte:
Zustimmungswert
Ausnahmewert
Genehmigungsbereich
Ermessensbereich
Ermessensgrenzwert
Regelwert
Herstellungsgrenzwert
•
•
•
•
Werte unterhalb des Herstellungsgrenzwertes werden nicht umgesetzt.
Die Regelwerte stellen eine wirtschaftliche Trassierung sicher und spiegeln
wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen wider.
Bei den Ermessensgrenzwerten ist zu beachten, dass der Aufwand für die
Unterhaltung hoch ist.
Genehmigungswerte können angewendet werden, wenn sich dadurch z.B.
aufwändige Ingenieurbauwerke oder Geschwindigkeitseinbrüche vermieden
lassen. Die Zentrale des Verkehrsunternehmens muss zustimmen und das
Eisenbahn-Bundesamt die Ausnahme genehmigen.
Folie 5
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Formelzeichen
Für die Trassierungselemente und
Bemessungsgrößen sind Abkürzungen
eingeführt.
Diese werden sowohl in den Formeln für
die Berechnung der Elemente als auch zu
ihrer Kennzeichnung in Plänen
angewendet.
Die Formelzeichen können dem Skript
entnommen werden.
Folie 6
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Entwurfs- und Fahrgeschwindigkeit
Unterschieden wird zwischen:
Entwurfsgeschwindigkeit: Geschwindigkeit, die dem Entwurf einer neuen
Eisenbahnanlage zum Zeitpunkt der Planung zugrunde gelegt wird
Ausbaugeschwindigkeit: Geschwindigkeit, für die ein bestehender
Streckenabschnitt ausgebaut oder umgebaut werden soll
Angestrebte Richtwerte der Deutschen Bahn AG:
• Neubaustrecken:
300 km/h
• Ausbaustrecken:
200 km/h bis 250 km/h
• reine Güterzugstrecken:
120 km/h
Ggf. kann als zulässige Fahrgeschwindigkeit die Entwurfs- bzw.
Ausbaugeschwindigkeit eingesetzt werden. Es sind aber auch örtliche Zwänge,
fahrzeugseitige oder sicherungstechnische Aspekte (Zugbeeinflussung PZB/LZB) zu
berücksichtigen.
Sinngemäß gelten für S-Bahnen 120 km/h, U-Bahnen 80 km/h; Straßenbahnen bis
zu 70 km/h bei unabhängigem Bahnkörper.
Folie 7
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Längsneigung
Aufgrund der Eigenheiten des Rad-Schiene-Systems und dem Wunsch, große
Lasten mit möglichst gleichmäßiger Geschwindigkeit zu befördern, arbeitet man
im Bahnbau mit geringeren Neigungen als im Straßenbau.
Die Längsneigung I wird in Promille [‰] angegeben.
In Regelquerschnitten werden Neigungen oft auch als Verhältnis von 1 Meter
Steigung zu m Meter der Horizontalen (1:m) bezeichnet.
Beispiel: 10 ‰ Steigung (bzw. 1%) wird als 1:100 angegeben.
1 [m]
h [m]
1000 [m]
m [m]
Längsneigung I
Folie 8
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Längsneigung
Vorgaben für die maximale Längsneigung nach §7 EBO:
• 12,5 ‰ für Hauptbahnen
• 40,0 ‰ für Nebenbahnen und Strecken mit reinem S-Bahn-Betrieb
Bei Hochgeschwindigkeitstrassen sind ebenfalls 40 ‰ Längsneigung möglich.
Allerdings sind dann auch entsprechende Fahrzeuge notwendig, die diese
Neigungen beherrschen (z.B. größere Anzahl angetriebener Achsen).
Güterzugverkehr ist in diesem Fall unmöglich.
Folie 9
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Längsneigung
Besondere Beachtung bei:
Tunnelbauwerke (zur Entwässerung und Entlüftung)
• mind. 2 ‰ bei Tunnellängen bis 1000m
• mind. 4 ‰ bei Tunnellängen über 1000m
Die Gradiente ist dachförmig oder rampenförmig mit einseitiger Längsneigung zu planen
Bahnhofsgleise
• max. 2,5 ‰, damit sich abgestellte Wagen nicht in Bewegung setzen
• max. 1,67 ‰ in Gleisen, in denen regelmäßig Wagen für längere Zeit abgestellt werden.
• Haltepunkte und Haltestellen können mit größerer Neigung angelegt werden. Bei
reinem S-Bahn-Betrieb ist die Neigung der Bahnsteiggleise an Haltepunkten auf 12,5 ‰
begrenzt.
In jedem Einzelfall sollten Längsneigungen über 1,67 ‰ auf ihre betrieblichen Vorgänge
analysiert werden.
Die BOStrab empfiehlt in ihrem Geltungsbereich als Richtwert ≤ 40 ‰ (was jedoch aufgrund
der Straßenverhältnisse nicht immer eingehalten werden kann).
Folie 10
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Längsneigung
Stadtbahn-Tunnelrampe mit einer Längsneigung von 40 ‰
Folie 11
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Längsneigung und Neigungswechsel
Änderung in der Längsneigung von mehr als 1 ‰ sind auszurunden,
bei weniger als 1 ‰ erfolgt die Änderung ohne Ausrundung („oA“).
Die Richtlinien der DB AG geben folgende Werte für den Ausrundungshalbmesser
vor:
• Regelwert der Ausrundung: reg ra = 0,40 · ve²
[m, km/h]
• Mindestausrundung:
min ra = 0,25 · ve²
[m, km/h]
Weitere Anforderungen:
Ausrundungshalbmesser von ra < 2000 m sind nicht zulässig,
die Obergrenze beträgt ra = 30.000 m.
Die Länge des Ausrundungsbogens la beträgt mindestens 20 m.
In den Trassierungsrichtlinien der BOStrab finden sich weitgehend dieselben Werte.
Folie 12
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Gleisbogen
Grundsätzliche Überlegungen
Die Krümmungsverhältnisse des Gleises sind (neben Längsneigung und Signaltechnik)
wesentlich für die Höchstgeschwindigkeit und damit für die Fahrzeit.
Bei der Gestaltung der Krümmungsverhältnisse ist es das Ziel, die Züge über weite
Strecken mit möglichst hoher, konstanter Geschwindigkeit fahren zu lassen.
Nach EBO §6 müssen Bogenradien bei Neubauten > 300 m und bei Nebenbahnen > 180 m
sein. Die BOStrab Trassierungsrichtlinien geben für unabhängige Bahnkörper
Mindesthalbmesser von > 240 m vor. Bei straßenbündigen und besonderen Bahnkörpern
kann dies aufgrund der Zwangspunkte im städtischen Siedlungsraum normalerweise
jedoch nicht eingehalten werden.
Es ist abzuwägen: Enge Radien sind wartungsintensiv
und nur langsam zu befahren. Große Radien erfordern
hohe Investitionen, sind aber bei betrieblichen Folgekosten
günstiger.
Wesentliches Problem: Im Gleisbogen wirken nach außen
gerichteten Fliehkräfte.
Folie 13
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Gleisbogen
Bei der Bogenfahrt wirkt auf Fahrzeug, Insassen und Güter die Fliehkraft
m Fahrzeugmasse
kg
v
Geschwindigkeit
m/s
r
Bogenradius
m
Die Fliehkraft ist zu begrenzen, weil
– die Seitenbeschleunigung Auswirkungen auf Reisende und Güter hat
(Komfort bzw. Ladungssicherheit).
– die Seitenkraft Lageverschiebungen des Gleises bewirken kann
(Reparaturkosten).
– es bei zu großem Verhältnis zwischen Fliehkraft und Gewichtskraft zur
Entgleisung kommen kann.
Verminderung der Fliehkraft durch Überhöhung der Gleise.
Folie 14
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Gleisbogen
uo
sw
F
G
ausgleichende Überhöhung
Stützweite
Fliehkraft
Eigengewicht
mm
mm
Durch die Überhöhung wird die Fliehkraft verringert,
indem der Fliehkraftkomponente 𝑭 ∙ 𝒄𝒐𝒔𝜶 die
entgegen gerichtete Eigengewichtskomponente 𝑮 ∙
𝒔𝒊𝒏𝜶 gegenübersteht. Bei Ansetzung der
ausgleichenden Überhöhung u0 heben sich diese
beiden senkrecht zur Fahrzeugachse verlaufenden
Komponenten gegenseitig auf.
𝐺 ∙ 𝑠𝑖𝑛𝛼 = 𝐹 ∙ 𝑐𝑜𝑠𝛼
Folie 15
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Gleisbogen
Herleitung der ausgleichenden Überhöhung
I.
𝑚 ∙ 𝑣2
𝐹=
𝑟
II.
𝐺 =𝑚∙𝑔
𝐺 ∙ 𝑠𝑖𝑛𝛼 = 𝐹 ∙ 𝑐𝑜𝑠𝛼
Einsetzen in die Formel:
𝑐𝑜𝑠𝛼 ∙ 𝑚 ∙ 𝑣2
𝑠𝑖𝑛𝛼 ∙ 𝑚 ∙ 𝑔 =
𝑟
Umformen nach r:
𝑐𝑜𝑠𝛼 ∙ 𝑣2
𝑣2
𝑟=
=
𝑠𝑖𝑛𝛼 ∙ 𝑔
𝑔 ∙ 𝑡𝑎𝑛𝛼
Folie 16
m wird
gekürzt
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Gleisbogen
Herleitung der ausgleichenden Überhöhung
Für kleine Winkel 𝜶 gilt:
daher gilt auch:
Einsetzen in r:
𝑡𝑎𝑛𝛼 ≈ 𝑠𝑖𝑛𝛼
𝑢
𝑡𝑎𝑛𝛼 ≈ 𝑠𝑖𝑛𝛼 =
𝑠𝑤
𝑣2 ∙ 𝑠𝑤
𝑟=
𝑔∙𝑢
Umformen nach u:
Einsetzen in u:
𝑣2 ∙ 1500
𝑢=
9,81 ∙ 𝑟 ∙ 3,6²
Einsetzen von
g = 9,81 m/s² (Erdbeschleunigung)
sw = 1500 mm (Stützweite bei Normalspur)
3,6² ist ein Umrechnungsfaktor wg. Einheiten
Formel für ausgleichende Überhöhung:
Folie 17
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Gleisbogen
Nicht ausgeglichene Seitenbeschleunigung
Strecken mit artreinem Verkehr und Zügen gleicher Geschwindigkeit (v0) dürfen mit der ausgleichenden
Überhöhung trassiert werden. Bei nicht artreinem Verkehr wird eine ausgewogene Überhöhung
gesucht.
Bei Geschwindigkeiten v < v0 wirkt infolge des Überhöhungsüberschusses eine Kraftkomponente zur
Bogeninnenseite, die zu Hangabtriebskräften führt. Dies entspricht einer negativen
Seitenbeschleunigung - ΔaR.
Bei Geschwindigkeiten v > v0 bleibt ein Überhöhungsfehlbetrag. Durch die fehlende Überhöhung
besteht ein freier Seitenbeschleunigungsüberschuss (+ ΔaR), der zu Bogenaußenseite wirkt.
Überhöhungsfehlbetrag uf
= einheitenangepasstes Äquivalent des Seitenbeschleunigungsüberschusses ΔaR
uf = 153 ΔaR
Folie 18
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Gleisbogen
Nicht ausgeglichene Seitenbeschleunigung
Die Grenzwerte gelten auch für Straßenbahnen. In Weichen und Kreuzungen
und Überhöhungen gelten gesonderte Überhöhungsfehlbeträge.
Folie 19
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Gleisbogen
Mindestüberhöhung
zul uf = 130 mm
(Ausnahmen siehe Formelsammlung)
Mindestradius für Bogenfahrten
Höchstgeschwindigkeit für
Bogenfahrten
Folie 20
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Gleisbogen
Untere und obere Grenzen der Überhöhung
Maximal zulässige Überhöhung, die im Gleisbogen eingebaut werden darf (nach §6 EBO):
160 mm (Annahme Schotteroberbau)
Es gibt einige Ausnahmen…
z.B. die Überhöhung an Bahnsteigen muss enger begrenzt werden (auf 100 mm), da sonst
 Fahrgäste in schrägstehendem Wagen ein- und aussteigen müssen
 eine Gefahr des Anlaufens der Bahnsteigkante besteht (Innenbogen)
 ein Spalt zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante entsteht (Außenbogen)
Minimale Überhöhung, die technisch eingebaut wird: 20 mm
Folie 21
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Gleisbogen
Regelüberhöhung
Zwar muss geprüft werden, ob obere und untere Grenzwerte eingehalten werden, die
Trassierung sollte jedoch möglichst mit Regelwerten erfolgen.
u0
ausgleichende Überhöhung
mm
ve
Entwurfsgeschwindigkeit
km/h
r
Radius
m
Folie 22
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Gleisbogen
Regelüberhöhung
•
Überhöhung an Bahnhöfen und in
Streckenabschnitten, in denen Züge häufig
halten oder langsamer fahren
•
Überhöhung in Streckenabschnitten
mit artreinem Betrieb und annähernd
gleicher Geschwindigkeit
u0
ausgleichende Überhöhung
mm
reg u
Regelüberhöhung
mm
min u Mindestüberhöhung
Folie 23
mm
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Gleisbogen
Richtwerte für Radius und Überhöhung
Problematisch sind Strecken mit hohen Geschwindigkeiten einerseits und
hohem Aufkommen langsamen Güterverkehr andererseits. Hier ist die
Überhöhung zu minimieren, da ansonsten die häufig auftretenden
Hangabtriebskräfte zu aufwändigen Unterhaltungsarbeiten führen.
Folie 24
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Überhöhungsrampen
Überhöhung: Anheben der bogenäußeren Schiene. Jede Änderung der Überhöhung
muss durch eine Überhöhungsrampe vermittelt werden (siehe EBO §6).
Rampenanfang (RA) = Punkt mit der kleinsten Überhöhung
Rampenende (RE) = Punkt mit der größten Überhöhung
Eine Überhöhungsrampe mit linear steigender, gerader Rampe ist die
Regelausführung. Bei den selten verwendeten geschwungenen Rampen
unterscheidet man zwischen S-förmig geschwungener Rampe und der
Rampenform nach Bloss.
Folie 25
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Überhöhungsrampen
Überhöhungsrampen und Übergangsbögen müssen immer gemeinsam betrachtet
werden.
Rampenanfang RA und Rampenende RE sollen mit Anfang (UA) und Ende (UE) des
Übergangsbogens zusammenfallen.
Die Länge bestimmt sich in der Regel anhand der Rampenlänge.
Wenn zwei Überhöhungsrampen aufeinander folgen, muss aus fahrdynamischen
Gründen ein Abschnitt mit gleichbleibender Überhöhung eingerichtet werden
(Mindestlänge: LZ,min = 0,1 ve).
Planungswerte für Längen und Neigungen der Überhöhungsrampen
gerade Rampe
(Regelanwendung)
geschwungene Rampe
S-förmig
Bloss
Herstellungsgrenze
1:m = 1:3000
1:mM = 1:1500
1:mM = 1:1500
Regelwert
l R  10  ve 
u
1000
1:m  1:600
l RS  10  ve 
u
1000
1:mM  1:600
l RB  7,5  v e
u
1000
1:mM  1:600
Ermessensgrenzwert
l R  8  ve 
u
1000
1:m  1:400
l RS  8  ve 
u
1000
1:mM  1:400
Folie 26
l RB  6  v e
u
1000
1:mM  1:400
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Übergangsbogen
Wenn ein Gleisbogen unmittelbar an eine Gerade anschließen würde,
entstünde ein Seitenruck mit einer Seitenbeschleunigung aR (ohne Ansatz
einer eingebauten Überhöhung)
𝑣2
𝑎𝑅 =
𝑟
aR
Gerade
Kreisbogen
Gerade
aR [m/s2]
Weg
Seitenbeschleunigung
Folie 27
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Übergangsbogen
Krümmung: Der Wert 1/r wird als Krümmung k bezeichnet und im Maßstab
k = 1000/r dargestellt. Der Verlauf der Krümmung ist dem Verlauf der
Seitenbeschleunigung ähnlich, ihr Wert ist jedoch rein geometrisch und
nicht geschwindigkeitsabhängig.
Krümmungsbild Gerade – Kreisbogen – Gerade
Die Bogenrichtung ist im Sinne der fortlaufenden Kilometrierung
der Strecke zu verstehen. Im Krümmungsbild wird ein Rechtsbogen
oberhalb, ein Linksbogen unterhalb der Grundlinie aufgetragen.
Folie 28
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Übergangsbogen
Mögliche Krümmungsbilder
(ohne Verwendung von Überhöhungen und Übergangsbögen)
Grundriss
Krümmungsbild
Überhöhungsfehlbetrag
geschwindigkeitsabhängig
r
=
1
r
2
Δk
D
k
»
Gerade und Bogen folgen
unmittelbar aufeinander
r2
Δu
D
u
f1
f1
r1
Δu
D
u
ff
»
D
u
Δu
f
f
Δu
D
u
f2
f
2
Dkk
Δ
Übergang Gerade /
Kreisbogen
Gegenbogen /
Bogen ungleich gerichtet
Zwei Bögen mit
entgegengesetzter
Krümmung folgen
unmittelbar aufeinander
r
1
»
r
2
Zwei Bögen mit gleichgerichteter Krümmung (r1r2) folgen
unmittelbar aufeinander
Duf1
Δ
kk
D
Folie 29
Δuf1
D
uf f
Δu
Δu
D
uf2f2
Korbbogen /
Bogen gleich gerichtet
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Übergangsbogen
Um den Ruck zu vermeiden, wird ein Übergangsbogen angeordnet, der eine
langsame Zunahme der Krümmung gewährleistet.
Für zwei aufeinander folgende Trassierungselemente kann der Unterschied der
Überhöhungsfehlbeträge Δuf berechnet werden.
Kriterium Seitenbeschleunigungsruck:
Übersteigt Δuf bei
v ≤ 200 km/h
Δuf > 40mm bzw.
v > 200 km/h
Δuf > 20mm
dann soll aus Komfortgründen der Übergang mittels Übergangsbogen
ausgeführt werden.
Folie 30
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Übergangsbogen
Als Übergangsbogen ist nach Möglichkeit eine Klothoide zu verwenden.
Bei einem als Klothoide ausgebildeten Übergangsbogen nimmt die Krümmung
linear von null bis zur Krümmung des anschließenden Kreisbogens zu.
Punkt mit kleinster Krümmung: Übergangsbogenanfang (UA)
Punkt mit größter Krümmung: Übergangsbogenende (UE)
Krümmungsbild eines Übergangsbogens mit gerade Krümmungslinie
Folie 31
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Übergangsbogen
Übergangsbogen und Überhöhungsrampe sollen zusammenfallen
(UA = RA, UE = RE), sie sind gleich lang (meist Rampenlänge maßgebend).
Einem geraden Übergangsbogen, ist ein Bogen mit gerader Krümmungslinie
zuzuordnen (dies ist der Regelfall). Einem geschwungenen Übergangsbogen wird
eine entsprechend geformte Rampe zuzuordnen
Für die verschiedenen Formen der Übergangsbögen sind Mindestlängen lu,min
festgelegt:
– mit gerader Krümmungslinie:
𝑙𝑢, min =
4 ∙ 𝑣 ∙ ∆𝑢𝑓
1000
– mit S-förmiger Krümmungslinie:
𝑙𝑢, min =
6 ∙ 𝑣 ∙ ∆𝑢𝑓
1000
– Krümmungslinie nach Bloss:
𝑙𝑢, min =
4,5 ∙ 𝑣 ∙ ∆𝑢𝑓
1000
Folie 32
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Übergangsbogen
Krümmungsbilder bei der Verwendung von Übergangsbögen:
Gerade / Bogen
Korbbogen
Gegenbogen
Folie 33
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Transportsysteme - Nahverkehr in Europa
Zwischengerade
Um Unstetigkeiten im Linienverlauf und Schwingungen im Fahrzeug zu vermeiden,
wird zwischen zwei gegensätzlich gekrümmten Übergangsbögen eine
Zwischengerade als Trassierungselement benötigt.
Damit sich die Fahrzeugschwingungen aus mehreren Unstetigkeitsstellen nicht
aufaddieren, ist die Mindestlänge der Zwischengerade lg in Abhängigkeit von der
Entwurfsgeschwindigkeit folgendermaßen zu bemessen:
Sonderregelungen beispielsweise bei Krümmungswechseln in
Weichenverbindungen. Für Geraden zwischen Weichenbögen gilt:
𝑙𝑔, 𝑚𝑖𝑛 = 0,1 ∙ 𝑣
bei v ≤ 70 km/h, mindestens 6 m
𝑙𝑔, 𝑚𝑖𝑛 = 0,15 ∙ 𝑣
bei 70 km/h < v ≤ 130 km/h
Folie 34
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Gleisverziehung
Bei einer Gleisverziehung ändert sich der Abstand von parallel verlaufenden
Gleisen. Gleisverziehungen sind möglichst im Bereich von Gleisbögen anzuordnen,
damit Geschwindigkeitsbeschränkungen und Unstetigkeiten vermieden werden.
Die Veränderung des Gleisabstandes wird mit dem Veziehungsmaß Δe [m]
bezeichnet.
Es wird unterschieden in:
– Kleine Gleisverziehung:
– Größere Gleisverziehung:
Verziehungsmaß Δe ≤ 2 m
Verziehungsmaß Δe > 2 m
Die größeren Gleisverziehungen werden mittels Gegenbogen mit Übergangsbogen,
Überhöhung und Zwischengerade ausgeführt.
Folie 35
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Gleisverziehung
Kleine Gleisverziehungen sind ohne Überhöhung und ohne Übergangsbogen zu
planen mit
– einem Radius:
𝑣𝑒 2
[m,km/h]
𝑟≥
2
– einer Zwischengerade zwischen beiden Bögen:
– einem Gesamtmaß der
• einseitigen Verziehung:
• oder zweiseitigen Verziehung:
Folie 36
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Bogenabhängige Wagenkastensteuerung
Aufgrund der Begrenzung von Überhöhung und Überhöhungsfehlbetrages sind (bei
einem festgelegten Radius) Einschränkungen der Geschwindigkeit notwendig.
Um dennoch mit höherer Geschwindigkeit den Gleisbogen zu befahren, ist eine Neigung
der Fahrzeugachse des Wagenkastens notwendig. Diese kann den zusätzlichen
Überhöhungsfehlbetrag kompensieren und die Seitenbeschleunigung auf ein für die
Reisendes komfortables Maß beschränken.
Allerdings: Bei Fahrzeugen mit Neigetechnik muss auch die Masse des Fahrzeugs
verringert werden, um den Oberbau zu entlasten und damit eine sichere Spurführung
zu gewährleisten.
Die Wagenkastenneigung wird über Veränderungen der Seitenbeschleunigung
gesteuert, d.h. Anfang (und Ende) des Übergangsbogen muss erkannt werden.
Folie 37