Wunder der Blindenheilung Joh 9,1-7

Download Report

Transcript Wunder der Blindenheilung Joh 9,1-7

Johannes 9, 1-7: Die
Blindenheilung
Eine synchrone Analyse
Seminar: Wunder
Donnerstag, 01. Juli 2010
Dozent: Prof. Wick
Referenten: Silke Trampnau, Catharina Meyer, Sarah
Pilch, Nathalie Eleyth, Rebekka Scheven, AnnaKatharina Müller
Gliederung
•
•
•
•
•
Sprachlich-syntaktische Analyse
Semantische Analyse
Narrative Analyse
Pragmatische Analyse
Schlussbetrachtungen
Die Blindenheilung (Siloah) in Johannes 9,1-7:
Eine sprachlich-syntaktische Analyse
Wortschatz/Wortarten/Wortformen




1/3 des Textes sind Verben: dies deutet auf eine
gewisse Dynamik hin, die von dem Wunder ausgeht
fast so viele Pronomen wie Nomen
nur 2 Adjektive: es handelt sich jeweils um das Adjektiv
„blind“; es gibt keine Adjektive, die vom Wunder
ablenken könnten
22 Junktionsglieder; durch die besonders vielen
Junktionsglieder, aber vor allem durch die Quantität
von kai (7 mal) stehen die Hauptsätze auf einer Ebene;
sie sind alle gleich relevant.
Tempusgebrauch


direkte Rede: Präsens (Tempuswahl macht seine Aussagen allgemeingültig)
im erzählten Text: Aorist (drückt die Einmaligkeit aus)
Satzarten


Erzählung: aneinandergereihte
Hauptsätze, mit και verbunden
Rede: Nebensätze und Imperative
Stilmittel


Paradoxon
Stilmittel

Anapher
Stilmittel

Alliteration und zugleich Figura etymologica
Durch die Alliteration, also durch sich wiederholende Wortanfänge, wird
hier der Inhalt betont: Gottes Werke wirken. Die Etymologische Figur dient
zur Hervorhebung und Verstärkung des durch das Verb zum Ausdruck
gebrachten Sachverhalts.
Stilmittel

Periphrase
Die Periphrase dient als Umschreibung für Gott. Durch diese
Umbenennung betont Jesus den Sendungsgedanken (typisch für
den johanneischen Jesus).
Stilmittel

Polysyndeton
Stilmittel

Metapher
Stilmittel

Hebraismus
„Schiloach“ kommt von dem hebräischen Wort „schiloah“ ; man kann „schalach“ ableiten, was so viel heißt
wie „senden“. Damit kommt zum einen auch wieder der Sendungsgedanke zum Ausdruck. Jesus ist von Gott
gesandt, der Messias. Zudem werden diesem Teich nicht nur im NT, sondern auch in frühjüdischen Texten
wunderbare Eigenschaften zugesprochen und er wird darüber hinaus mit dem geheimnisvollen Wirken Gottes
in Verbindung gebracht. Hier in unserem Wunder deutet Johannes dies auch in einem religiösen Sinn.
Stilmittel

Chiasmus
Bei einem Chiasmus werden Satzglieder oder Teilsätze
kreuzweise entgegengesetzt. Der Chiasmus kann bestimmte
Formulierungen so besonders einprägsam und prägnant
beschreiben. Besonders auffällig ist, dass wir nicht nur einen
einfachen Chiasmus ABBA haben, sondern auch noch ein
weiteres Satzglied C, was durch die Einklammerung der anderen
Satzglieder besonders betont wird – das Licht. Der Chiasmus
betont also, dass Jesus das Licht ist und zwar das Licht der Welt.
Erzählung vs. Rede



die Hälfte des Textes besteht aus der Rede Jesu
es findet ein Dialog statt ( Frage/Antwort)
Wechsel zwischen Erzählung und Rede
Wechsel von Thema,Ort und Zeit


Themen: Blindheit, Grund der Erblindung,
Jesus als Person, Wunder
Kein Ortswechsel
Die Blindenheilung (Siloah) in Johannes 9,1-7:
Eine semantische Analyse
Die Semantische Analyse: Sinn durch Beziehung
von Joh 9, 1-7
1. Das der textsemantischen Analyse zugrunde liegende Textmodell
•
•
Wiederholungen:
• „blind“ 2 Mal (Vers 1, 2)
• „gesündigt“, „Eltern“ (Vers 2, 3)
„Werke Gottes“ (Vers 3, 4  Betonung der Allmacht Gottes)
Kontrastierungen: ( siehe Oppositionen)
„Wer hat gesündigt“ – „es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern“ (Vers
2, 3)
• „solange es Tag ist – es kommt die Nacht“ (Vers 4)
• blind – sehend (Vers 1, 7)
• gehen – kommen
→ gehen und kommen spielen in diesem Auszug eine besondere Rolle: Der
Mann geht als Blinder zum See, um sich den Brei von den Augen zu
waschen, wie es ihm Jesus auftrug, kommt aber als Sehender zurück
→ der Heilungsprozess findet folglich in Distanz zu Jesus statt (stellt Parallele
zum Handeln Jesu auf der Erde dar, der wiederum in Distanz zu Gott wirkt)
2. Erstellung eines semantischen Inventars
Bewegung:
Optik:
Sprache:
Menschliches
Handeln:
Göttliche Tätigkeit:
-
vorübergehen
-
blind
-
fragen
-
sündigen
-
senden
-
kommen
-
Augen
-
sprechen
-
gebären
-
offenbaren
-
gehen
-
Licht
-
antworten -
spucken
-
wirken
-
hingehen
-
sehen
-
sagen
-
machen
-
streichen
-
waschen
3. Oppositionen innerhalb des semantischen Inventars
blind
sehend
Tag
Nacht
(für Johannes typische dualistische Tendenzen)
«wer» hat gesündigt
gehen
«keiner» hat gesündigt
kommen
4. Verkürzte Verfahren der semantischen Analyse
Inhaltsangabe
Rahmendaten:
•
•
Ort = nahe des Sees Schiloach
Hauptfiguren= Jesus (Hauptakteur), Jünger, ein blind geborener Mann (der
allerdings eher passiv ist)
Vorgeschichte:
•
•
eigentliche Handlung der Heilung des Blinden durch Jesus wird durch die Frage
der Jünger ausgelöst, die deren Auffassung beinhaltet, Krankheit sei eine Folge
von Schuld gegenüber Gott
Jesus beantwortet die Frage der Jünger und stellt die wahre Bedeutung der
Krankheit des Blinden unter Beweis, indem er diesen mit der Kraft Gottes heilt
Hauptaussage:
•
•
Blindheit ist nicht die Folge eines sündhaften Verhaltens des Blinden oder
seiner Eltern
Grund für die Blindheit: Gottes Werke sollen an diesem Menschen offenbar
werden
Sequenzierung der Handlungsschritte:
1. Jesus und die Jünger gehen „vorüber“ und sehen währenddessen
einen Blinden
2. Jünger fragen Jesus, weshalb dieser blind sei
3. Jesus erklärt ihnen, dass er blind sei, damit die Werke Gottes an ihm
offenbar werden würden
4. Darauf rührt Jesus einen Brei an und schmiert ihn dem Blindgeborenen
auf die Augen
5. Er schickt den blinden Mann in den naheliegenden See Schiloach, um
sich den Brei aus Erde von den Augen zu waschen
6. Der Blinde handelt wie Jesus es ihm auftrug, kehrt aus dem See zurück
und kann sehen
zentraler Handlungsschritt:
•
Jesu Rede über den wahren Sinn der Krankheit des Blindgeborenen, im Zuge dessen
auch das Anmischen des Breis und der Befehl an den Blinden, zum See zu gehen,
um sich den Brei von den Augen zu waschen; kein zentraler Handlungsschritt
auszumachen, da das Zusammenspiel aller Sequenzen bedeutsam für das Resultat
ist.
5. Überschrift
 Überschrift von Joh 9,1-7 „Die Heilung eines Blindgeborenen“ fasst die
wesentliche Handlung zusammen
Überschriftenvergleich
•
•
•
•
Die Heilung eines Blindgeborenen ( Luther 1984)
Heilung eines Blindgeborenen ( rev. Elberfelder)
Die Heilung eines Blinden (Einheitsübersetzung)
Jesus heilt einen Blindgeborenen (Gute Nachricht)
→ 1.Überschrift gibt an, dass von einer bestimmten Heilung die Rede ist (bestimmter
Artikel)
→ 2.Heilung unbestimmt, klingt so als wäre die Heilung nichts Besonderes, Einmaliges
→3.gibt keinerlei Information darüber, dass der Blinde von Geburt an blind ist (ungenau)
→4.am Informativsten, da in ihr sowohl Aufschluss über den Hauptakteur als auch über
eine angeborene Blindheit des später Geheilten gegeben wird
6. Feststellen der Bedeutungskomponenten eines Wortes
 Frage nach dem „wichtigsten“ Wort dieser Textstelle: blind- blind geboren
Liste der Textstellen, in denen das Wort „blind/ Blinder“ verwendet wird:
•
•
•
•
Ex 23,8: „Geschenke machen die Sehenden blind“
Dtn 16,19: „die Geschenke machen die Weisen blind“
Jes 43,8: „laß hervortreten das blinde Volk“
Matth 23,17: „ihr Narren und Blinden“
•
•
•
Mark 8,22: „sie brachten zu ihm einen Blinden“
Lk 18,35: „da saß ein Blinder am Wege und bettelte“
Joh 5,3: „in welchen lagen viele Kranke und Blinde
 Blindsein wird meist in einem nicht-physischen Kontext verwendet
 Blindsein = keinen Glauben haben; Gott fern sein, seine Werke nicht erkennen und nicht
wertschätzen
 Hier als physische Blindheit zu verstehen; hätte der Blinde nicht bereits an Jesus Christus
geglaubt, wäre es unwahrscheinlich, dass er die Prozedur des Brei-Auftragens hätte über sich
ergehen lassen und Jesu Anweisungen ohne Weiteres gefolgt wäre, denselben im Teich
abzuwaschen, um schließlich geheilt zu werden
Die Blindenheilung (Siloah) in Johannes 9,1-7:
Eine narrative Analyse
Narrative Analyse
•Legt Fokus auf
Handlungen und
Handlungsträger
•Beziehungen
zwischen Aktanten
Narrative Analyse
I.) Erstellung eines homogenen
Untersuchungsobjekts
II.) Anwendung von Rastern der
Handlungssequenz
III.) Anwendung von Rastern auf
Handlungsträger
Johannes 9, 1 - 7
(1) Und als er vorüberging, sah er einen Menschen, blind
von Geburt.
(2) Und seine Jünger fragten ihn und sagten: Rabbi, wer hat
gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind geboren
wurde?
(3) Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch
seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm
offenbart würden.
(4) Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt
hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand
wirken kann.
(5) Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.
(6) Als er dies gesagt hatte, spie er auf die Erde und machte
einen Teig aus dem Speichel und strich den Teig auf seine
Augen;
(7) und er sprach zu ihm: Geh hin, wasche dich in dem Teich
Siloah - was übersetzt wird: Gesandter. Da ging er hin und
wusch sich und kam wieder sehend.
Cave: Die direkte Rede gilt nicht als Teil der
Handlung und ist daher nicht unmittelbar
Gegenstand der narrativen Analyse. Bei der
Transformation von direkter und indirekter Rede
von Joh 9, 1-7 wurde deutlich, dass der größte Teil
des Textes aber aus direkter Rede besteht. Dieser
Part ist ergo als Sprechhandlung zu
berücksichtigen, besonders unter dem Aspekt der
zwischenmenschlichen Beeinflussung.
I.) Erstellung eines homogenen
Untersuchungsobjekts
•
a) Handlungsverben: vorübergehen, sehen, fragen, antworten,
sagen, spucken, machen, streichen, sprechen, hingehen,
waschen, wiederkommen
•
b) Verben des Sagens und damit verbundene (in-)direkte Reden
durch Begriffe ersetzen, die zwischenmenschliche Beeinflussung
ausdrücken und den inhaltlichen Aspekt wiedergeben:
"fragen und sprachen" (Jünger zu Jesus)  Anfrage,
Erklärungsgesuch
"antworten" (Jesus zu Jüngern)  Erläuterung,
weitergehende Ausführung und Aufklärung
"sprechen" (Jesus zum Blinden)  Aufforderung
•
•
•
•
c) eine logische, chronologische und kausale Reihenfolge bietet
der Text bereits (Anfangszustand Endergebnis)
II.) Anwendung von Rastern der
Handlungssequenz
a) Analyse der Erzählung nach dem Modell von Bremond
Jesus
sieht
den
Blinden
Jünger
fragen
Jünger
fragen
nicht
Erklärung
Heilmethode
Auftrag
Annahme
Keine
Erklärung
Keine
Heilmethode
Kein Auftrag
Verweigerung
Wird die Jüngerfrage zum Motor für die Heilung des Blinden?
II.) Anwendung von Rastern der
Handlungssequenz
b) Inventar der Motive:
Einleitende Motive Kommen des Wundertäters,
„Auftreten von Hilfsbedürftigen“
Zentrale Motive szenische Vorbereitung: „die
Wunderhandlung“ mit Berührung
Nach der Durchführung der Motivanalsye nach Theissen stellte sich heraus,
dass in dieser „Wundergeschichte“ die meisten Motive einer Wundererzählung
überhaupt nicht vertreten sind. In den Versen 1-7 treten keine Antagonisten,
Bittsteller oder größeren Menschengruppen auf. Es besteht keine Skepsis oder
Kritik gegenüber dem Protagonisten, die Not des Blinden wird nicht besonders
charakterisiert und er verlangt nicht nach Hilfe. Auch kann man nicht von einem
„heilenden oder wunderwirkendem Wort“ Jesu ausgehen, da in dieser
Erzählung der Blinde in Distanz zu Jesu sehend wird und dafür selber aktiv
werden muss.
III.) Anwendung von Rastern auf
Handlungsträger
a) Aktantenmodell von Greimas:
•
•
•
•
Handlungsträger: Personentrias  Jesus, Jünger, der Blinde
Wer sucht was? Die Jünger suchen eine Erklärung theologischer
Natur bezüglich des Tun-Ergehen-Zusammenhangs.
Wer gibt wem? Jesus bietet den Jüngern eine Aufklärung. Es geht
nicht um die Frage nach Schuld, es geht um das Offenbarwerden
der Werke Gottes.
Wer hilft? Jesus hilft den Jüngern in ihren Bestrebungen
theologische Kenntnis zu gewinnen und hilft dem gebürtig Blinden
ihn von seiner Behinderung zu befreien, indem er aus eigenem
Willen handelt und dabei Heilmittel gebraucht, die der antiken
zeitgenössischen Medizin nicht unbekannt waren.
III.) Anwendung von Rastern auf
Handlungsträger
b) Zum Modell der Interaktion:
• Haben die Jünger Jesus durch ihre Frage zur Tat beeinflusst? In
jedem Fall haben sie ihn zu seinen weitergehenden Worten
angeregt.
• Die Jünger werden nicht zu einer Tat durch Jesu Worte bewegt,
aber es findet eine Beeinflussung im Sinne einer durch Jesus
angestoßenen Neukonzeption des Sünden-und Krankheitsbegriffes
statt (auf geistiger Ebene).
• Beeinflussung des Blinden durch Jesus heilerisches Handeln
• Zur Beziehungsebene: Jünger als Schüler, Jesus der Lehrer,
Jünger-Blinder: distanziert, Jesus-Blinder: der Helfer/ Hilfsbedürftige
• Verweis auf die Semantik: es liegt kein statisches Geschehen
zwischen den Akteuren/Aktanten vor, sondern die Erzählung
transportiert Bewegung innerhalb des interpersonellen
Beziehungsgefüges
• Blinder zu Beginn nur Demonstrationsobjekt einer
Lehrunterweisung, in Vers 7 wird er Subjekt
Die Blindenheilung (Siloah) in Johannes 9,1-7:
Eine pragmatische Analyse
Die pragmatische Analyse
• Die pragmatische Analyse zeigt auf, wie
der Text auf die Leser wirkt, welche
Leserlenkung vorliegt, welche
Kommunikationsprozesse wie zu
interpretieren sind und wie der Text
bestimmte Punkte nennt, um eine
bestimmte Interpretation bei dem Leser
herbeizuführen.
Intention des Evangeliums
• Zweck und Ziel des Evangeliums:
In unserer pragmatischen Analyse zu der
Wundergeschichte eines Blindgeborenen in Johannes 9,
1-7 ist die Intention des Evangeliums von großer
Bedeutung für das sechste der sieben genannten
Zeichen im Johannesevangelium. Das Ziel des
Johannes ist es beim Leser Glauben zu erwecken, dass
Jesus Christus der Sohn Gottes ist und dass sie durch
den Glauben das Leben in seinem Namen haben (Peter
Wick: Bibelkunde des NT).
Situationskontext
• Das Wunder ist eins der 7 „Zeichen“ die
Person Christi zu offenbaren und Glauben
hervorzurufen
Adressaten
Die Adressaten des Textes sind die Jünger, die Hörer
der Worte und die Sehenden der Tat, die während des
Wunders anwesend sind. Die letzte Adressatengruppe
sind die Leser des Evangeliums.
Kommunikationsprozess
Der Kommunikationsprozess besteht zum einen aus
der Ausgangsfrage der Jünger, die sie Jesus stellen,
daraufhin folgt die Antwort Jesu in Wort und Tat und
zum Ende finden wir den Befehl Jesu an den Blinden,
sich zu waschen. Das Sünde und Krankheit
zusammenhängen wird als Norm sprachlichen und
sozialen Verhaltens vorausgesetzt, da die Jünger
Jesus fragen, wer gesündigt hat, er oder seine Eltern,
weil er von Geburt an blind ist.
Wirkung
• „blind seit Geburt“
– blind im med. Sinne oder als Metapher?
• Tag-Nacht-Metaphorik
– Was ist jetzt? → Unsicherheit
• „Brei“
– Warum diese Heilungsmethode?
• Jesus als Licht der Welt
– Jesus schenkt Augenlicht
→ Text wirft zunächst viele Fragen auf
Wirkung: Erläuterungen
•
•
Zuerst ist die Frage aufgekommen, ob „Blind seit Geburt“ im metaphorischen oder
medizinischen Sinn gemeint ist. Auch die Tag-Nacht-Metaphorik löste bei uns
Unsicherheit aus. Was bedeutet die Aussage Jesu „Ich muss die Werke dessen
wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, wo niemand
wirken kann.“ (Vers 4) auf unsere Zeit bezogen? Wirkt Jesus heute nicht? Ist heute
Nacht, wo niemand wirken kann? In Anbetracht des Zwecks des gesamten
Johannesevangeliums fällt auf, dass Jesus hier bereits betont, dass er die Werke
dessen wirken muss, der ihn gesandt hat. Sodass die Adressaten erkennen, er ist
der Sohn Gottes, er hat die Legitimation des Allerhöchsten zu wirken. Die
Heilungsmethode empfanden wir als ein Paradoxon. Warum wird einem Blinden Brei
auf die Augen gestrichen? Soll dies die Kreativität Jesu und seine Freiheit in seinem
Handeln zeigen? Oder hat dieser Brei eine Bedeutung? Wir sind zunächst auf den
Gedanken gekommen, dass eine Parallelität zu der Erschaffung des Menschen
besteht. Gott, als Schöpfer machte den Menschen aus der Erde und nun heilt Jesus
den Blinden mit einem Brei aus Bestandteilen der Erde. Oder bedeutet dies die
Neuschaffung der Augen? Als letzte Frage kam bei uns auf, ob ein Zusammenhang
hergestellt werden kann zwischen der Aussage Jesu, der das Licht der Welt ist und
dem Wunder, dass Jesus Augenlicht schenkt. Ist Jesus das Licht, das den Menschen
die Augen öffnet? Dies kann im metaphorischen Sinn gemeint sein, dass Jesus ihnen
zeigt, wer er ist: der Retter und Erlöser der Welt und der Sohn Gottes. Er erhellt die
Welt durch seine Anwesenheit und durch seinen Kreuzestod, sodass die Menschen
wieder einen Lichtblick haben und die Gemeinschaft mit Gott wieder möglich ist.
Außerdem ist er auch ein Wunderheiler, einer, der Blinden wieder Augenlicht
schenkt.
Es ist sehr interessant sich dieser Wirkung des Textes bewusst zu machen und die
aufkommenden Fragen aufzuführen.
Analyse der Botschaft Jesu nach
Schulz v. Thun
• Leser = Jünger
• Sachebene:
– Blinder ist nicht durch Sünde blind
– Blindheit ist keine Bestrafung, sondern Offenbarung
der Werke Gottes.
– Sünde ist nicht immer Grund des Leidens
• Selbstoffenbarung:
– Gottesnähe Jesu
– Jesus als Sohn Gottes „Ich muss die Werke dessen
wirken, der mich gesandt hat.“
• Beziehung:
– Jesus als Lehrer
Analyse der Botschaft Jesu nach
Schulz v. Thun
• Apell:
– Keine direkten Anweisungen
• Indirekte Anweisung
– richtiges Gottesbild
– Verweis auf die Begrenztheit der Menschen
– Nachahmung Jesu
– Verweis auf Jesu Tot
– Verweis auf Schiloach
– Vertrauen auf Gott bzw. Jesu Anweisung im
Glauben folgen
Analyse: Erläuterungen
Die Jünger befinden sich bei dieser Bibelstelle auf dem gleichen Wissensstand, wie die Leser.
Sie vermuten, dass die Blindheit eine Folge von Sünde ist. Jesus belehrt sie daraufhin eines
Besseren. Seine Botschaft an die Jünger richtet sich also gleichermaßen auch an die Leser.
Deswegen lässt sich die Analyse Jesu Botschaft nach Schulz von Thun auf der Grundlage der
Beziehung von Jesus zu den Lesern analysieren. Auf der Sachebene stellt Jesus klar, dass der
Blinde nicht durch Sünde blind ist. Er gibt an, dass an der Heilung des Blinden die Werke
Gottes offenbar werden sollen. Hier wird klar, dass die Sünde also nicht immer Grund des
Leidens ist. Auf der Selbstoffenbarungsebene bringt Jesus durch sein Wissen eine gewisse
Gottesnähe zum Ausdruck. Durch den Satz „Ich muss die Werke dessen wirken, der mich
gesandt hat.“ präsentiert sich Jesus in der Rolle des Gottessohnes. Das Verhältnis zwischen
Leser/Jünger und Jesus ist das eines Schüler Lehrer-Lehrer Verhältnisses. Es finden sich keine
direkten Anweisungen, die Jesus erteilt. Man findet jedoch zahlreiche indirekte Anweisungen in
Jesu Botschaft. Zum Einen wird man dazu angeleitet sein Gottesbild zu korrigieren, indem man
erfährt, dass Gott nicht immer Krankheiten zur Strafe einsetzt. Dadurch, dass die Jünger in
ihrer Annahme falsch liegen, dass der Blinde durch Sünde blind ist, und schließlich nur Jesus
ihnen die Antwort geben kann, wird auf die Begrenztheit der Menschen hingewiesen. Jesus
appelliert indirekt dafür, ihm nachzufolgen, indem er die Höhrer durch das „wir“ inkludiert. Durch
den Gehorsam des Blinden, der ohne nachzufragen, den Teich Schiloah aufsucht, wird auch
der Leser dazu animiert, sich ein Beispiel an dem Blinden zu nehmen und bedingungslos in
Jesus zu vertrauen. Zudem finden sich zwei Hinweise im Text, die den bibelkundigen Leser auf
andere Textstellen verweisen: Die Erwähnung der Dunkelheit durch Jesu, verweist auf die
Dunkelheit bei Jesu Kreuzestod und die Erwähnung des Teiches Schiloah regt dazu an,
andere Textstellen, in der dieses Gewässer erwähnt wird in seinem jeweiligen Kontext zu
untersuchen.
Schreibakt
• Verfasser: Johannes nach der Tradition
Da er sich selbst als Lieblingsjünger bezeichnet, wird er
in direktem Kontakt mit Jesus gestanden haben, welches
eine hohe Legitimität seiner Texte nach sich zieht.
Schlussbetrachtungen
Schlussbetrachtungen
6. Zeichen
Semantische Verflechtung innerhalb des
Evangeliums („Ich bin…“-> Theophanie,
Sendungsgedanke)
Nach Vers 7 hört Zeichengeschichte auf
2 Deutungsebenen der Geschichte
Illustration und Demonstration der
christologischen Aussage
Schlussbetrachtungen: Erläuterungen
Innerhalb des Johannesevangeliums von Zeichen zu sprechen und nicht von
Wundern ist für die Blindenheilung von Siloah besonders angebracht, weil etwas
bezeichnet werden soll. Zunächst fällt die besondere semantische Verflechtung
innerhalb des Evangeliums auf: Die Stichwort-Verbindung Tag/Nacht, Licht, der
immer wiederkehrende Sendungsgedanke und die „Ich-bin“-Worte (Schlüsselworte
der Gottesoffenbarung, Theophanie) betten die Wundergeschichte in den Kontext
ein. Verstärkt durch den rhetorischen Bauplan des Textes werden die 2
Deutungsebenen: Was sich am Blinden ereignet, vollzieht sich an jedem
Menschen, der zum Glauben kommt. Vom Licht der Welt (Jesus Christus) wird man
aus der Blindheit geholt. Das Waschen in Wasser und das „Teil-Heilen“ mit Erde
rufen Assoziationen mit Taufe und Schöpfung hervor und verdeutlichen das
transformative Geschehen. Die Geschichte dient zur Illustration und Demonstration
der christologischen Aussage: „Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der
Welt“ und verdrängt das „Wunder“ aus dem Zentrum, welches natürlich auch nicht
peripher ist. So zeigt jenes doch, dass Jesus nicht leere Worte spricht, sondern
zum Heil des Menschen wirkt. Einmalig im Johannesevangelium ist, dass Jesus in
der 1. Person Plural spricht („Wir müssen die Werke wirken…“). Die Jünger werden
miteinbezogen in die Erfüllung des Sendungsauftrags. Die Blindenheilung von
Siloah unterstreicht merklich, dass das Evangelium nach Johannes besonders viel
Sinn potenziert.
Danke für Eure
Aufmerksamkeit!