6. Fehlerquellen im Interview

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Transcript 6. Fehlerquellen im Interview

Methoden der empirischen Sozialforschung
„Fragebogentechnik“
Anja Hall
[email protected]
23.+ 30. November 2010
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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Methoden der empirischen Sozialforschung
Lektüre zur heutigen Veranstaltung:
• Schnell, Rainer, Paul Hill und Elke Esser (2008). Methoden der
empirischen Sozialforschung. München: Oldenbourg. Kapitel 7.1.1
• Diekmann, Andreas (2008). Empirische Sozialforschung.
Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt. Kapitel X
• Porst, Rolf (2000): Question Wording – Zur Formulierung von
Fragebogen-Fragen. ZUMA How-to-Reihe, Nr. 2
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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Fragebogentechnik
1. Arten von Befragungen
2. Fragetypen und Antwortvorgaben
3. Frageformulierung
4. Aufbau eines Fragebogens
5. Pretesting
6. Fehlerquellen im Interview
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr.
Hall;Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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Beispiel Bewertung der CDU
Alles in allem: Was halten Sie ganz allgemein von der CDU?
11 = sehr viel
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1 = überhaupt nichts
erster Mittelwert: 3,4 (A)
zweiter Mittelwert: 5,2 (B)
dritter Mittelwert: 6,5 (C)
(aus Schwarz 1991: ZUMA-Arbeitsbericht Nr. 91/16)
immer die gleiche Fragestellung, immer vergleichbare Stichproben, aber:
deutlich unterschiedliche Skalenwerte
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Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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1. Arten von Befragungen
Befragungen nach dem Grad ihrer Strukturiertheit
· Narrative, explorative oder Tiefeninterviews
geringe Standardisierung des Interviewer- wie auch des Befragtenverhaltens
ähneln am meisten einem „normalen“ Gespräch.
· Leitfadeninterviews
vorgegebene und das Thema differenzierende Themenbereiche
Katalog von vorformulierten Stichworten oder Globalfragen (Leitfaden)
· Standardisierte Interviews
Interview, bei dem der Fragetext (einschließlich der Antwortvorgaben) und die
Reihenfolge der Fragen fest vorgeschrieben sind
gleiche Befragungsbedingungen für alle Befragte = Standardisierung
Standardisierung ist unabhängig vom Erhebungsmodus!
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1. Arten von Befragungen
Warum ist Standardisierung wichtig?
…weil bei der späteren Auswertung die Antworten aller Befragten verglichen werden.
Dabei muss sichergestellt werden, dass unterschiedliche Antworten auf eine Frage
auch tatsächlich auf unterschiedliche Meinungen bzw. Angaben der Befragten
zurückzuführen sind und nicht auf unterschiedliche Bedingungen beim Interview.
Wie stellt man gleiche Bedingungen im Interview her?
…durch standardisierte
Durchführung des Interviews und
Neutralität gegenüber den Befragten.
Neutralität wird hergestellt, indem der Interviewer in keinem Fall seine eigene
Meinung zum Thema oder zu einzelnen Fragen äußert, indem der Interviewer in
keinem Fall Befragte bei der Wahl der Antwortkategorie(n) bzw. bei der Formulierung
der Antwort beeinflusst.
Aus einem standardisierten Interview darf kein „Gespräch“ werden!
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1. Arten von Befragungen
Regeln zur Durchführung des Interviews
1. Der Fragetext muss exakt wörtlich vorgelesen werden, d.h. nichts
hinzufüge, nichts weglassen, nichts ändern.
2. Die Frage muss langsam, deutlich und richtig betont vorgelesen werden.
3. Jede Frage muss vollständig vorgelesen werden, ehe die Antwort des
Befragten akzeptiert wird.
4. Jede im Fragebogen vorgeschriebene oder auf dem Monitor sichtbare
Fragemuss gestellt werden.
5. Jede Intervieweranweisung muss genau befolgt werden.
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1. Arten von Befragungen
Befragungen nach der Kommunikationsform
· Persönlich-mündliche Befragung
galt lange als der „Königsweg“
· Telefonische Befragung (CATI)
„quick-and-dirty“-Image abgelegt, kürzere Feldzeiten, leichtere Kontaktmöglichkeiten zu
den Zielpersonen, bessere Kontrolle der Interviewer, größere Anonymität der
Befragungssituation aus (weniger Interviewereffekte)
· Schriftliche Befragung
Meist postalische Befragung, billiger als persönlich-mündlich, weniger organisatorischer
Aufwand, Zielperson kann selbst bestimmen, wann sie den Fragebogen ausfüllt;
Gefahr der „Selbstselektion“, Datenerhebungssituation nicht kontrollierbar,
große Schwankungsbreite der Rücksenderate
· Computergestützte Befragung
technologisch verbesserte Form, aber keine neue Datenerhebungsmethode
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben
Unterscheidung nach Inhalt (Zielrichtung)
Einstellungsfragen …
Verhaltensfragen …
Gründefragen, z. B. „welches waren ihre Gründe an der Demonstration gegen die
Einführung von Studiengebühren teilzunehmen?“
Schätzfragen, z. B. „was glauben sie, wie viel Prozent der Deutschen sind für …
Hypothetische Fragen, z. B. einstmalige „Gewissensprüfung“ bei der Bundeswehr
Kontrollfragen, zwei ähnliche Fragen an verschiedenen Stellen des Fragebogens
Indirekte Fragen, insbesondere bei heiklen Themen wie der Todesstrafe
Sozialstatistische Merkmale (z.B. ZUMA Standarddemografie, Bsp. Stellung im Betrieb)
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Inhalt
…Fragen nach Einstellungen
Aussagen (oft auch als "Statements" oder "Items" bezeichnet) werden
auf einer Ratingskala oder auch Likert- Skala eingestuft.
Den Befragten wird eine Reihe von Aussagen vorgelegt, zu denen sie Zustimmung oder
Ablehnung äußern können, und zwar in abgestufter Form. Oft werden nur die äußeren
Punkte verbal vorgegeben und die Abstufungen durch Zahlen gekennzeichnet :
Wie wichtig sind die folgenden Dinge für Sie persönlich?
Sehr wichtig
Gesetz und Ordnung respektieren
1
Einen hohen Lebensstandard haben
1
Macht und Einfluss haben
1
Seine eigene Kreativität entwickeln
1
2
2
2
2
3
3
3
3
4
4
4
4
unwichtig
5
5
5
5
Ranking-Verfahren: Die Befragten bringen die einzelnen Themen nach ihrer
Wichtigkeit in eine Rangfolge.
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Inhalt
…Verhaltensfragen
oft Retrospektivfragen: Häufigkeit, Dauer, Art von Handlungen in der
Vergangenheit
z. B. „was machen sie in ihrer Freizeit“, keine gute Frage, da optimale,
geschönte Antwort (wer sagt „stundenlang TV“); besser „was haben sie am
letzten Sonntag (oder ihren letzten arbeitsfreien Tag) gemacht?“
ACHTUNG: berichtetes Verhalten ungleich tatsächliches Verhalten
->Berner Studie- Einstellung zu FCKW-haltigen Produkten, dann für diese
Produkte geworben und tatsächliches Verhalten mit Einstellung überprüft
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben
Unterscheidung nach der Form
Unterscheidung von Fragen aufgrund des Grades ihrer Strukturiertheit
in offene, halboffene und geschlossene Fragen
bei geschlossenen Fragen nach der Art der Antwortvorgabe
Filterfragen, Gabel- und Trichterfragen
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Form
Geschlossene Fragen enthalten (implizit) die Antwortvorgaben;
dies können einfache mit „ja/nein“ zu beantwortende Fragen sein oder relativ
komplexe, z. B. „welche der genannten Gründe waren die drei wichtigsten, dass sie
bei der Firma xy angefangen haben zu arbeiten?“ (Mehrfachnennungen möglich)
a) Die angebotene Arbeit gefiel mir (sehr) gut
b) Die Bezahlung gefiel mir sehr gut
c) Ich wollte eine Arbeit in dieser Gegend
d) Ich habe keine bessere Stelle gefunden
e) Das Arbeitsamt hat mir die Stelle zugewiesen
f) Meine Frau/mein Mann hat mich gedrängt sie anzunehmen
Wird diese Frage offen gestellt, so gibt es keine Antwortvorgaben
Bsp. Welche berufliche Tätigkeit üben Sie in Ihrem Hauptberuf aus?
Berufsvercodung in numerische Werte
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Form
Offene Fragen werden insbesondere verwendet, wenn
• nur wenige Informationen über das Problem vorliegen,
• Bezugsrahmen der Befragten ermittelt werden soll (viele mögliche Antworten, Fragen
nach den Gründen für eine Handlung, …),
• wenn eine differenzierte Einstellung ermittelt werden soll (vgl. auch Intensivinterviews)
Bsp. Gründe Berufswechsel
-> Kategorisierung oft schwierig und Kodierung (zeit)aufwendig
Geschlossene Fragen
sind wesentlich einfacher auszuwerten (feste Codes, keine Interpretation der Antworten,
…), dafür aber oft nicht genau genug. Sie werden umso eher verwendet, je mehr
Vorwissen vorhanden ist (z. B. durch Expertengespräche)
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Form
PRO geschlossene Frage:
- Vergleichbarkeit der Antworten
- höhere Durchführungs- und Auswertungsobjektivität
- geringerer Zeitaufwand für den Befragten
- Leichtere Beantwortbarkeit für Befragte mit Verbalisierungsproblemen
- geringerer Aufwand bei der Auswertung
Bsp. Welchen Abschluss haben Sie gemacht?
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Form
Hybridfrage
Mischform zwischen geschlossener und offener Frage
Bsp.: Welchen allgemeinbildenden Schulabschluss haben Sie?
An verschiedene geschlossene Vorgaben wird eine offene Frage angehängt
….anderen Schulabschluss, und zwar:________
Filterfrage
Fragen werden nur von einer Teilmenge der Befragten beantwortet;
Bsp. Familienstand- Ehezufriedenheit, Bsp. Kaufmännische Kenntnisse
Durch einen Filter erhält der Interviewer (beim Selbstausfüller: die
Befragungsperson) die Anweisung, die folgenden Fragen zu überspringen und die
Befragung an einer späteren, durch den Filter exakt definierten Stelle des
Fragebogens weiterzuführen.
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Form
Gabelfragen
Verschiedene Fragevarianten je nach Personengruppe
Bsp. Frage nach dem Ausbildungsberuf in Abhängigkeit vom Abschluss
Trichterfragen
Schrittweise vom Allgemeinen zum Besonderen
z. B. unfolding tactic, komplexere Fragen in Stufen abgefragt :
„Sind Sie eher für oder eher gegen...?“. Falls „eher für“: „Sind Sie voll und ganz
für..., einigermaßen oder gerade noch für...?“. Falls „eher dagegen“: „Sind Sie nur
wenig dagegen, einigermaßen oder voll und ganz dagegen?“.
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Inhalt
Geschlossene Fragen: Art der Antwortvorgabe/ Skalen
Verbalisierte vs. numerische Skalen (nur Endpunkte benannt)
Die Befragten sollen z.B. angeben, ob Sie der geäußerten Ansicht
"völlig" - "überwiegend" - "teilweise" - "eher nicht" - "gar nicht" zustimmen oder
ob ihrer Meinung nach ein Sachverhalt
"ganz und gar" - "weitgehend" - "teilweise" - "eher nicht" - "gar nicht" zutrifft
Optimale Anzahl der Kategorien/ Skalenpunkte? -> Antwortvarianz
Eindimensionale (z. B. von 1 nach 7) vs. zweidimensionale (z. B. von -3 bis +3) Skalen
Ungerade Skalen (Mittelkategorie) vs. Skala mit gerader Anzahl von Skalenpunkten
Mittelkategorie und/ oder eine „weiß-nicht“ Kategorie?
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2. Fragetypen und Antwortvorgaben: Inhalt
Ein Zustimmen der mittleren Antwortkategorie kann bedeuten:
• eine mittlere Antwortposition
• eine "Irrelevanz"‐Antwort (z.B. jemand hält die Frage für nicht besonders wichtig usw.)
• eine "Protest"‐Antwort (z.B. jemand drückt seine Unmut oder Widerstand gegen die
Frage durch das Ankreuzen der mittleren Kategorie aus)
• eine "Weiß nicht"‐Antwort
Weiß nicht kann bedeuten:
nicht informiert, unentschieden, meinungslos, klassische Verweigerung
Meinungen werden auch dann geäußert, wenn die zu bewertenden Sachverhalte
unbekannt sind oder gar nicht existieren -> weiß nicht-Kategorie
Bsp. Grundgesetzartikel
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3. Frageformulierung
In Anlehnung an die Regeln von Edwards (1957) (ähnlich Payne,
1951) sind folgende Statements zu vermeiden:
1. die sich auf die Vergangenheit statt auf die Gegenwart beziehen,
2. die Tatsachen beschreiben oder als Tatsachenbeschreibung
aufgefasst werden können,
3. die von den Befragen nicht eindeutig interpretiert werden können,
4. die sich nicht auf das Einstellungsobjekt beziehen, um das es
geht,
5. denen alle oder keine Befragten zustimmen (Achtung: alle Fragen
müssen Varianz haben, sonst können sie nicht sinnvoll in die
Auswertung einbezogen werden; es wären nur Konstanten).
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3. Frageformulierung
10 Grundregeln:
1. Du sollst einfache, unzweideutige Begriffe verwenden, die von
allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden!
keine Fremdwörter, Slang, kurze Fragen, Befragte werden selten zugeben, dass sie
eine Frage nicht verstanden haben
Selbst „einfache“ Begriffe haben es in sich:
„Glauben Sie, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich zu sein, oder
glauben Sie, man kann alleine genauso glücklich leben?“
„Wie hoch ist Ihr monatliches Einkommen?“ oder gar „Wie viel verdienen Sie im
Monat?“
„Wie hoch ist Ihr eigenes monatliches Nettoeinkommen? Ich meine dabei die
Summe, die nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge übrigbleibt.“
Häufig kommt es zu einem Konflikt zwischen der Forderung, Fragen einfach
zu formulieren und der Forderung, Fragen unzweideutig zu formulieren!
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
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3. Frageformulierung
2. Du sollst lange und komplexe Fragen vermeiden!
„Wie Sie wissen, sind manche Leute politisch ziemlich aktiv, andere Leute finden
dagegen oft keine Zeit oder haben kein Interesse, sich an politischen Dingen aktiv
zu beteiligen. Ich lese Ihnen jetzt eine Reihe von Sachen vor, die Leute tun. Bitte
sagen Sie mir jedesmal, wie oft Sie persönlich so etwas tun bzw. wie häufig das bei
Ihnen vorkommt. (Liste mit den Antwortkategorien oft - manchmal - selten niemals). Zuerst: wie oft führen Sie eine politische Diskussion?“
->Informationen gegeben, die nicht erforderlich sind; was ist mit „eine politische
Diskussion führen“ gemeint, sie leiten oder an ihr teilzunehmen. Und wo?
„Wie häufig nehmen Sie an öffentlichen Diskussionen zu politischen Themen teil,
oft, manchmal, selten oder nie?“
Befragte nicht überfordern
„Wie viel Prozent Ihres Monatseinkommens geben Sie für Miete aus?“
-> besser: 2 Fragen:
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3. Frageformulierung
3. Du sollst hypothetische Fragen vermeiden!
Wer könnte die folgende Frage wohl nicht beantworten?
Einmal angenommen, Sie würden im Lotto eine Million Mark gewinnen - würden Sie
dann aufhören zu arbeiten oder würden Sie weiterarbeiten?
Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären verheiratet und hätten einen Sohn im Alter
von etwa 16 Jahren, der seine Lehre abbrechen möchte, um Fußballprofi zu
werden. Würden Sie ihn in diesem Wunsch unterstützen oder würden Sie ihm raten,
zuerst seine Ausbildung zu Ende zu bringen?
„Wie sehr stimmen Sie der folgenden Aussage zu: Ein Jugendlicher sollte sich erst
dann für eine Karriere im Profifußball entscheiden, wenn er seine berufliche
Ausbildung abgeschlossen hat.“ Antwortskala: „Stimme überhaupt nicht zu“ bis
„stimme voll und ganz zu“.
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3. Frageformulierung
4. Du sollst doppelte Stimuli und Verneinungen
vermeiden!
„Sind Sie für oder gegen den Bau von Atomkraftwerken zur Verbesserung der
Elektrizitätsversorgung in Deutschland?"
Hören Sie gerne Musik von Chopin und Wagner?
„Hören Sie gerne Musik von Chopin?“ mit den Antwortkategorien „ja“ und „nein“ und
„Hören Sie gerne Musik von Wagner?“, mit den Antwortkategorien „ja“ und „nein“
„Sind Sie gegen die Aufhebung der Verjährungsfrist für Naziverbrecher?“
„Es ist nicht gut, wenn Kinder ihren Eltern nicht gehorchen“. mit der Antwortskala
von 1 = „trifft überhaupt nicht zu“ bis 7 = „trifft voll und ganz zu“.
Einfacher geht’s ohne sprachliche Verneinungen:
„Es ist gut, wenn Kinder ihren Eltern widersprechen“ oder
„Es ist gut, wenn Kinder ihren Eltern gehorchen.“
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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3. Frageformulierung
5. Du sollst Unterstellungen und suggestive Fragen
vermeiden!
„Hat der mangelnde Respekt der Schüler vor ihren Lehrern Ihrer Ansicht nach
Einfluss auf die tägliche Unterrichtsgestaltung in den Schulen?“
„Führende Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Autoabgase das Wachstum von
Kindern hemmen können. Halten Sie diese Ansicht für richtig, oder halten Sie diese
Ansicht für falsch?“
Vergleichbar sind Phrasen wie „Die meisten Menschen...“ oder „Es ist hinreichend
belegt, dass...“ oder „Wie allseits bekannt ist...“.
Suggestive Wirkungen werden bei der Frageformulierung dadurch herbeigeführt,
dass
• dem Befragten die Antwort "in den Mund gelegt" wird,
• dass Stereotype oder emotional geladene Begriffe verwendet werden,
• in die Frageformulierung Argumente aufgenommen werden.
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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3. Frageformulierung
6. Du sollst Fragen vermeiden, die auf Informationen abzielen,
über die viele Befragte mutmaßlich nicht verfügen!
Wie beim ersten Gebot ist auch die Umsetzung des 6. Gebotes sehr stark von der
Zielgruppe abhängig, die man befragen möchte.
„Sind in Ihrer Gemeinde bereits Maßnahmen zur Umsetzung der lokalen Agenda 21
getroffen worden?“
„Können Sie mir sagen, wie der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz heißt?“
Also: man muss sich bei Fragen, die auf Sachverhalte oder Wissen abzielen, immer vor
Augen halten, inwiefern die konkret zu befragende Zielgruppe mutmaßlich über
Informationen verfügt, die zur Beantwortung der Fragen ausreichend sein können.
Bestehen hier Bedenken, ist auf entsprechende Fragen besser zu verzichten, es sei
denn, der eigentliche Sinn der Frage besteht darin, Wissen oder Nicht-Wissen
festzustellen.
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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3. Frageformulierung
7. Du sollst Fragen mit eindeutigem zeitlichem Bezug
verwenden!
Eindeutig vieldeutig sind Formulierungen wie „... in der letzten Zeit...“, „.. in naher
Zukunft...“ oder „..früher..“, aber auch „... in Ihrer Kinderzeit...“
Immer noch vieldeutig sind Formulierungen wie „in der letzten Woche“ (ist damit die letzte
Kalenderwoche gemeint oder die letzten sieben Tage vor der Befragung?) oder „.. als Sie
16 Jahre alt waren“ (ist damit der Beginn des 16. Lebensjahres gemeint oder das Ende,
oder was?).
Eindeutige Formulierungen dagegen verwenden ganz konkrete Zeitangaben als „Anker“
wie z. B.: „... seit dem 1. April“, „.. an Ihrem 16. Geburtstag“, „.. bis zum 31. Januar..“ oder
„.. An den letzten drei Werktagen...“.
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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3. Frageformulierung
8. Du sollst Antwortkategorien verwenden, die erschöpfend und
disjunkt (überschneidungsfrei) sind!
Antwortkategorien sind disjunkt, wenn sich jede Person zweifelsfrei einer einzigen davon
zuordnen kann. „Wie viele Vorträge zum Thema „Gesundes Leben“ haben Sie im Jahre
2010 bisher gehört?“ und den Antwortkategorien „keinen“ - „1 Vortrag“ - „2-5 Vorträge“ „5 Vorträge oder mehr“?
Nicht erschöpfend: „Wie viele Stunden beschäftigen Sie sich in einer normalen
Arbeitswoche mit der Entwicklung von Fragebogen? überhaupt nicht - bis unter 3 Stunden
- 3 bis unter 5 Stunden - 5 Stunden bis unter 10 Stunden?
Ist eine erschöpfende Aufzählung der Antwortalternativen nicht möglich, sollte eine
Kategorie "sonstige", "anderes" vorgesehen werden. Dies gilt vor allem bei Faktfragen.
Mit der Wahl der Antwortkategorien wird eine Vorentscheidung über das Messniveau von
Variablen und damit eine Entscheidung über anwendbare statistische Analysetechniken
getroffen!
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
®
3. Frageformulierung
9. Du sollst sicherstellen, dass der Kontext einer Frage sich nicht
auf deren Beantwortung auswirkt!
10. Du sollst unklare Begriffe definieren und wertbesetzte
Begriffe meiden
Der Begriff "Einkommen" kann sich beziehen auf Erwerbseinkommen,
Haushaltseinkommen, Brutto‐ bzw. Nettoeinkommen usw.
Beispiel: Sind Sie dafür oder dagegen, dass der Konsum von Suchtmitteln verboten ist?
Problem: Begriff "Suchtmittel" ist a) zu allgemein, und b) wenig gebräuchlich). Besser ist
ein gezieltes Fragen danach, welche konkreten Suchtmittel (Tabak, Heroin, Haschisch)
verboten sein sollen oder nicht).
Fragen sollen neutral sein: keine wertbesetzten Begriffe wie Freiheit, Gerechtigkeit,
Verbrechen…Begriffe haben stark positiven/ negativen Beigeschmack
Bsp. Burnout
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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3. Frageformulierung
Befürworten Sie die Politik der Gewerkschaften?
1. Bei Verneinung; Antwort ist unklar, Politik kann zu progressiv oder
nicht progressiv genug sein.
2. Welche Gewerkschaften sind eigentlich gemeint, die eigene, alle,
jene zu Zeiten der DDR, …, Bezugsrahmen ist unklar.
3. Der Befragte weiß nichts über die Gewerkschaften,
Informationsstand ist unklar (ggf. vorweg eine entsprechende Frage
stellen).
4. Person denkt weniger an Politik als an Tarifpolitik, Dimension
der Frage ist unklar.
5. Zustimmung nur weil der Interviewer gewerkschaftsfreundlich
ist, Problem der Erhebungssituation (u. a. Befragungen durch die
Gewerkschaften).
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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4. Aufbau eines Fragebogens
Fragengewinnung
1. Übernahme von Fragen aus vorliegenden Untersuchungen
(Bsp. ZUMA Skalenhandbuch).
2. Brainstorming, Plausibilität, Literaturwissen
(z.B. Experteninterviews oder Probeinterviews)
3. Fragen müssen für die Forschungsfrage(n) relevant sein,
interessant ist nicht ausreichend (Ausnahme: Sonntagsfrage)
4. Zur Formulierung der Frage gehören die Antwortvorgaben
5. Die Antwortvorgaben (deren Skalierung) sind zentral für die
spätere Auswertung, z. B. dichotom (ja, nein) oder 5er-Skala
(von „stimme vollkommen zu“ bis „lehne vollkommen ab“)
Bsp. Einkommen
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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4. Aufbau eines Fragebogens
Der Fragebogen sollte nach Themen sortiert aufgebaut werden,
zwischen diesen sollte eine Überleitung erfolgen.
Frageanordnung: vom Allgemeinen zum Besonderen; Vermeidung
überflüssiger Fragen (Gabel- und Filterfragen)
Die ersten Fragen sollten eher neutral sein, sie sollten auch Interesse
an der Befragung wecken; z. B. „was gefällt Ihnen an ihrem Studium
besonders gut?“ und „… was gefällt Ihnen weniger gut?“
(„Eisbrecherfragen“, „warming up“, von allen zu beantworten)
Aufmerksamkeit steigt und singt wieder (Spannungskurve)
Am Ende des Fragebogens kommen die „schwierigen Fragen“, da wo
am ehesten Abbrüche oder Antwortverweigerungen zu befürchten/zu
erwarten sind, z. B. die Frage nach dem Einkommen oder nach der
präferierten Partei.
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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4. Aufbau eines Fragebogens
Übersichtlicher Aufbau des Fragebogens, einfache Bedienung
(Interviewer steht unter Zeitdruck, die Befragung soll möglichst kurz
sein; bei der schriftlichen Befragung muss der Befragte ohne
Hilfestellung den Bogen ausfüllen können).
Interviewerschulung: Vertrauen ins Instrument, sichere Handhabung,
Kenntnis der Hintergründe der Fragen (obwohl diese den Befragten
meistens nicht erläutert werden sollen), Verhaltensregeln (u. a. auch
Kleidung und Auftreten).
Sozialstatistische Fragen (meist am Ende)
Kontaktprotokoll; Aufnahme von Ort, Tag und Zeit des Interviews; u.
a. zur Überprüfung des Interviewers und des Interviewverlaufs
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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4. Aufbau eines Fragebogens
Layout
alle Maßnahmen, die die formale und äußere Gestaltung betreffen
das Layout solle dem Interviewer die Arbeit möglichst leicht machen
einheitliches Präsentationsbild für Frageformulierungen, Antwortkategorien etc.
Bei schriftlichen Befragungen soll das Layout helfen, Kooperationsbereitschaft
herzustellen, den Eindruck von Wichtigkeit und Seriosität vermitteln
ein schriftlicher Fragebogen muss attraktiv gestaltet, übersichtlich gedruckt und
gut lesbar sein, eingängig und leicht zu bearbeiten.
Attraktive Deckblätter, die einen Bezug zum Thema haben, ausformulierte
Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens, eine Dankesfloskel und freier Platz am
Ende des Fragebogens.
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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5. Pretesting
Im allgemeinen sollte ein Pretest Auskunft geben über...
· Verständlichkeit der Fragen
· Kontexteffekte
· Probleme des Interviewers; Technische Probleme mit Fragebogen
· Zeitdauer der Befragung
-> möglichst realistischen Hauptstudie-Bedingungen
-> Durchführung von 20 bis 70 Interviews (Quota oder Random)
-> Kognitive Pretests im Vorfeld?
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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6. Fehlerquellen im Interview
Das Interview ist kein neutrales Erhebungsinstrument, u.a. weil der
Interaktionsprozess asymmetrisch ist und die Antworten der
Befragten sozial folgenlos sind
 reaktive Methode der Datenerhebung
Reaktiv heißt, dass nicht kontrollierte Merkmale des Messinstruments
oder der Interviewsituation/Interviewers das Ergebnis der Messung also die Antworten - systematisch beeinflussen können.
Kurz, es besteht die Gefahr, dass der Messvorgang das
Messergebnis beeinflussen und verfälschen kann.
Bsp. für Nicht reaktiv: Inhaltsanalyse, nicht-teilnehmende Beobachtung
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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6. Fehlerquellen im Interview
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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6. Fehlerquellen im Interview
1. Befragtenmerkmale
- Soziale Erwünschtheit
- Response-Set
- Meinungslose
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Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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6. Fehlerquellen im Interview
Soziale Erwünschtheit
Färbung der Antwort im Lichte herrschender Normen und
Werthaltungen und in Richtung der als Wünschenswert angesehen
Antworten oder Verhaltensweisen.
Personen antworten z.B. auch entsprechend der vermuteten Einstellung der
Interviewer (u. a. deshalb werden Hausfrauen gerne als Interviewer genommen, diese
gelten als „neutral“).
Umso stärker, je heikler die Frage empfunden wird, je größer die eigene Unsicherheit
über den wahren Wert ist!
Warum? Je weiter das tatsächliche Verhalten von dem sozial gewünschten Verhalten
abweicht, desto unangenehmer wird die Frage empfunden. Befragte wollen
unangenehme Situationen umgehen oder Persönlichkeitsmerkmal (Bedürfnis nach
sozialer Anerkennung)
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Zwei Ebenen, die die Neigung zu sozialer Erwünschtheit bestimmen:
- (Sub‐)Kulturelle Normen der Bezugsgruppe der Befragten
Z. B. könnte in bestimmten Schichten die Bereitschaft zur Äußerung
ausländerfeindlicher Meinungen als sozial unerwünscht gelten, nicht aber in der so
genannten Unterschicht.
-Spezielle Situation der Datenerhebung:
„Intervieweranwesenheitseffekt", „Sponsorship‐Effekt", können sozial erwünschte
Reaktionen hervorbringen.
Zu sozialer Erwünschtheit gehört auch, dass die meisten Menschen
ihr Nichtwissen ungern eingestehen, auch dann wenn eine weiß nicht
Kategorie vorgesehen ist. Bsp. Staatssekretär Köstriz
Gegenmaßnahmen: z.B. Randomized-Response-Technik
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Response Sets
Stereotypisches Antworten bei längeren Fragebatterien (ja/nein)
die meisten Autoren empfehlen die Richtung der Fragen zu ändern – aber, nimmt der
Befragte die Richtungsänderung wahr?
Zustimmungstendenz („acquiescence response set„)
Zustimmung zu einer Frage ohne Bezug zum Frageinhalt
wenn Situation unklar ist, Strategie zur Minimierung unüberschaubarer Konsequenzen.
Diese Strategien ‐ der Beschwichtigung durch Zustimmung ‐ werden subkulturell gelernt
und gerade dann angewandt, wenn eine aktive, inhaltsbezogene Handlung nicht
möglich erscheint
Tendenz zu Extremkategorien oder zu mittleren Werten
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6. Fehlerquellen im Interview
Meinungslosigkeit
Fragebeispiel: „Welche Partei kann am besten eine für alle
Bevölkerungsteile gerechte Gesundheitsreform umsetzen?“
Befragte/r hat nur mangelnde Informationen (er/sie weiß nicht, was die
Parteien zu der Gesundheitsreform sagen). Befragte/r hat alle
Informationen, ist aber unentschieden (alle Parteiensind gleich
gut/gleich schlecht).
„Echte Meinungslosigkeit“, das Thema interessiert den Befragten nicht,
er hat dazu keine Meinung.
Verweigerung, er/sie sagt nicht, welche Partei am besten geeignet ist.
Achtung: Es kann auch eine Meinung geäußert werden, obwohl gar
keine vorhanden ist (Befragter gibt dies aber nicht zu).
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Nicht-Teilnahme an Befragungen
Es gibt nur wenige prinzipielle Verweigerer, aber eine Vielzahl von
Gründen oder Ausreden für die Nichtteilnahme, z. B. „ich habe gerade
keine Zeit“, d. h. der Interviewer muss überzeugen können;
• ungewohnt mit Fremden zu sprechen (Vertrauen erwecken),
• ungeübt in formaler Kommunikation,
• (diffuse) Furcht vor negativen Folgen (z. B. Datenschutz),
• Desinteresse am Thema.
Gründe geben und Interesse wecken!
Auf Vertraulichkeit hinweisen - Zusicherung der Anonymität!
Mehrfache Rückfragen/ Kontakte
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2. Fragemerkmale
- Frageformulierung
- Effekt von Antwortkategorien
- Frageposition (Halo-Effekt)
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Effekt der Frageformulierung
Verzerrte Fragen sind Fragen mit suggerierten Antworten,
z. B. „sind sie nicht auch der Ansicht, dass …“ oder „Der (teure) Umbau von xy
hat xxx Millionen gekostet. Sind sie dafür oder dagegen“.
Bsp. freier Samstag
Wahl der Begriffe Bsp. Angriffe auf die Demokratie
Dimensionen der Frage müssen festgelegt sein;
Gegenbeispiel: „was für Nachbarn haben Sie?“ kann u. a. die Dimensionen
„Schicht“ (Arbeiter wie wir), „Einkommen“ (reiche Leute), „Religion“ (die meisten
sind katholisch), „Einstellungen“ (…) haben. Mehrdimensionalität in den
Antworten muss vermieden werden.
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6. Fehlerquellen im Interview
Effekt von Antwortkategorien - Fernsehbeispiel
Wie viele Stunden sehen Sie an einem normalen Werktag fern?
Bis 1/2 Stunde
1/2 bis 1 Stunde
1 bis 1 1/2 Stunde
1 1/2 bis 2 Stunden
2 bis 2 1/2 Stunden
mehr als 2 1/2 Stunden
7,4%
17,7%
26,5%
14,7%
17,7%
16,2%
----------------------------------------------------------------------------------------------------Bis 2 1/2 Stunden
62,5%
2 1/2 bis 3 Stunden
23,4%
3 bis 3 1/2 Stunden
7,8%
37,5%
3 1/2 bis 4 Stunden
4,7%
4 bis 4 1/2 Stunden
1,6%
mehr als 4 1/2 Stunden
0,0%
(Schwarz u.a. 1985: Response Categories: Public Opinion Quarterly, 49, S. 388-395)
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6. Fehlerquellen im Interview
Aufgrund der Regeln der kooperativen Kommunikation
unterstellen Befragte, dass die Ihnen vorgelegte Skala einen Sinn
macht (Skala repräsentiert reale Verteilungen)
Bei einer sehr starken Differenzierung im unteren (oberen) Bereich der Skala
gehen die Befragten demzufolge davon aus, dass die meisten Leute wohl weniger
(mehr) als 2 Stunden fernsehen.
Die Informationen, die Befragte aus dem Wertebereich einer
Skala erschließen, nutzen sie gleich mehrfach:
zum einen ich als Bezugsrahmen für ihre eigene Verhaltenshäufigkeit
zum zweiten entnehmen sie ihrer eigenen Platzierung auf der Skala Informationen
über die relative Häufigkeit ihres Verhaltens verglichen mit dem Verhalten anderer
und berücksichtigen dies, wenn sie komparative Urteile bilden
Offene Frage wäre geeigneter!
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6. Fehlerquellen im Interview
Effekt von Antwortkategorien – Beispiel Erfolg im Leben
Wie erfolgreich waren Sie bisher in Ihrem Leben? Sagen Sie es bitte nach dieser
Leiter hier <es folgt die formale Skalenerklärung>.
außerordentlich
10
+5
9
+4
8
+3
7
+2
6
+1
5
0
--------------------------------------------------------------------------------------4
-1
3
-2
2
-3
1
-4
überhaupt nicht
0
-5
Nennungen von 4 bis 0:
34 %
Nennungen von - 1 bis - 5
13 %
Institut für Demoskopie Allensbach, IfD-Studie 5.007, Juli 1988, bundesweite Repräsentativbefragung,; N = 1.032
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6. Fehlerquellen im Interview
Halo-Effekt
auch Fragereiheneffekt, Fragekontexteffekt, Positionseffekt
das Ausstrahlen einer Frage auf die Folgende(n); die Antwort bezieht
sich dann nicht nur auf die aktuelle Frage, sondern auch auf die zuvor
gestellte
betrifft Fragen, die vom Speziellen zum Allgemeinen übergehen
z.B. Frage nach Arbeitslosenquote vor Frage nach der Wirtschaftslage
z.B. Frage nach Lebenszufriedenheit in bestimmten Situationen vor Frage nach
allgemeiner Lebenszufriedenheit
Bsp. Alles in allem: Was halten Sie ganz allgemein von der CDU?
Skala: 1 = überhaupt nichts bis 11 = sehr viel
erster Mittelwert: 3,4 (A)
zweiter Mittelwert: 5,2 (B)
dritter Mittelwert: 6,5 (C)
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6. Fehlerquellen im Interview
erster Mittelwert: 3,4 (A)
(A) Vorfrage: Wissen Sie zufällig, welches Amt Richard von Weizsäcker ausübt,
das ihn außerhalb des Parteigeschehens stellt?
von Weizsäcker explizit („außerhalb des Parteiengeschehens“) aus der CDU heraus
definiert; da von Weizsäcker als äußerst integre Persönlichkeit mit hoher Reputation
angesehen wird, geht mit seiner Exklusion die Bewertung der CDU nach unten.
dritter Mittelwert: 6,5 (C)
(C) Vorfrage: Wissen Sie zufällig, welcher Partei Richard von Weizsäkker seit
mehr als 20 Jahren angehört?
durch die explizite Inklusion von Weizsäcker’s in die CDU geht dessen Reputation
und Integrität in die Bewertung der Partei mit ein und wirkt sich deutlich positiv aus.
zweiter Mittelwert: 5,2 (B)
(B) Ohne Vorfrage im gleichen Kontext
zwischen den Werten für Inklusion und Exklusion. (Neutral)
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6. Fehlerquellen im Interview
3. Interviewer und Interviewsituation
- Interviewermerkmale/ Interviewsituation
z.B. sichtbare Merkmale, verbale Ausdrucksfähigkeit, Mimik/Gestik
z.B. unangenehme Situation beim Interview
- Anwesenheit Dritter
z. B. der/die Partner/in bei der Frage „wer macht in der Regel den Abwasch?“
- Sponsorship-Effekte
z.B. Auftraggeber AGverband oder GS zur Frage nach der Arbeitszeitverkürzung
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6. Fehlerquellen im Interview
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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Zusammenfassung
Fragebogenentwicklung
- Guter Aufbau des Fragebogens
- 10 Regeln der Frageformulierung beachten
- Geeignete Skalen verwenden
- Pretest durchführen
- Fehlerquellen im Interview minimieren
Dozenten/innen: Hr. Dr. Bott; Fr. Braun; Hr. Dorau; Fr. Hall;
Hr. Dr. Helmrich; Fr. Höhns; Hr. Maier; Hr. Wünsche
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