Transcript TM-Wi-fest

Ulrich Gabbert
Ingo Raecke
CD-ROM zum Buch
Technische
Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
Eine PowerPoint
Präsentation
mit Animationen
in Text und Bild
zur Vermittlung
und Veranschaulichung
der Grundkenntnisse
in der
Technischen Mechanik
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
?
Prof. Dr.-Ing. habil. Ulrich Gabbert
Dr.-Ing. Ingo Raecke
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Institut für Mechanik
e-mail: [email protected]
www.uni-magdeburg.de/ifme
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2 Festigkeitslehre
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Alle auf der beiliegenden CD-ROM enthaltenen Programme, Verfahren und Bilder wurden nach bestem Wissen erstellt und
mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grunde ist das vorliegende ProgrammMaterial mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen
keine Verantwortung oder Garantie und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf
irgendeine Art aus der Benutzung dieses Programm-Materials oder Teilen davon entsteht.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, vorbehalten.
Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein
anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer
Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag
© 2003 Carl Hanser Verlag München Wien
www.fachbuch-leipzig.hanser.de
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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2 Festigkeitslehre
Schutzrechte
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Hilfe (siehe auch Datei auf der CD-ROM: Hinweise.doc)
Die PowerPoint-Präsentation kann mit den Funktionen, die das Programm PowerPoint bzw. PowerPoint-Viewer bietet, vorgenommen werden (siehe auch die Hilfefunktion zu PowerPoint, die während der Präsentation, z. B. über das Menü der rechten Maustaste, erreichbar ist). Für Nutzer von PowerPoint-Viewer (hier steht die Hilfe nicht zur Verfügung) sind die wichtigsten Funktionen
nachfolgend aufgeführt:
Animationsschritt vorwärts:
Animationsschritt zurück:
Seitenwechsel:
Eine Seite anwählen:
Präsentation beenden:
Eingabetaste (), Leertaste, linke Maustaste, Nach-Rechts-, Nach-Unten-, Bild-Nach-Unten-Taste und „N“
Nach-Links-, Nach-Oben-, Bild-Nach-Oben-Taste und „P“
erfolgen bei der fortlaufenden Animation automatisch
PowerPoint Foliennummer <n> und Eingabetaste (z. B. im gelben Feld des Inhaltsverzeichnisses angegeben)
Esc
Zum vereinfachten Navigieren ist auf jeder Seite eine Symbolleiste mit folgenden Funktionen, die mit dem Mauszeiger durch
Anklicken aktiviert werden, angeordnet:
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Aufruf
dieser Hilfe
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zum
Inhaltverzeichnisses
ein Kapitel
zurück.
eine Seite
zurück
zurück zur
letzten
angesehenen
Seite
eine Seite
vor
ein Kapitel
vor
Präsentation
beenden
Weitere nützliche Funktionen:
• Im Inhaltsverzeichnis kann man durch Positionierung des Mauszeigers auf eine Kapitelzeile und einem Klick (linke Taste) direkt
zu der Seite mit dem angewählten Kapitel gelangen (gesetzter Sprung). Das aktuelle Hauptkapitel (1 Statik, 2 Festigkeitslehre
bzw. 3 Dynamik) und die aktuelle Seite (bis auf die Statik nicht identisch mit der Foliennummer) erscheint immer unten rechts..
• Bestimmte Verweise auf Kapitel, Formeln usw. sind rot umrandet. Mit einem Mausklick (linke Taste) in den rot umrandeten Bereich wird ein gesetzter Sprung zu dem Ziel ausgeführt. Zurück kommt man innerhalb eines Hauptkapitels schnell mit
• Beachte: Bei Präsentationen mit dem PowerPoint-Viewer erfolgt ein gesetzter Sprung in ein anderes Hauptkapitel (1 Statik, 2
Festigkeitslehre bzw. 3 Dynamik) programmbedingt immer nur auf die Startseite des Hauptkapitels. Über das Inhaltsverzeichnis bzw. die Foliennummer (in der Form: S <n>, F <n>, D <n> angegeben) gelangt man dann schnell an die gewünschte Stelle.
Beachte: Beim erstmaligen Aufruf einer Seite (über das Inhaltsverzeichnis bzw. bei gesetzten Sprüngen oder der gezielten Anwahl einer Seite mit: PowerPoint Foliennummer <n> und Eingabetaste) erscheint nur der von den Autoren vorgesehene Startinhalt der Seite. Es kann somit das angewählte Kapitel oder das Ziel eines gesetzten Sprungs erst weiter unten auf der Seite
nach einigen Animationen erscheinen.
Hinweis: Die Nummerierungen der Kapitel, Gleichungen und Bilder sind mit den Nummerierungen im Buch identisch. Zusätzliche
Bilder in dieser Präsentation sind nicht nummeriert. Die Seitenzahlen sind nicht identisch mit denen des Buches.
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für Wirtschaftsingenieure
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Seite: Hilfe
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Einführung
Die CD-ROM enthält den kompletten1 Buchinhalt in Form einer PowerPoint-Präsentation, die so aufbereitet
wurde, dass sich die Lehrinhalte – wie bei einer Vorlesung – Schritt für Schritt auf dem Bildschirm entwickeln,
wobei Sie selbst das Tempo bestimmen können.
Vor- und Rücksprünge zu Kapiteln, Gleichungen und Bildern, auf die bei der Ableitung eines Zusammenhangs
oder beim Lösen von Beispielen Bezug genommen wird sowie ein einfaches Navigieren auf der CD-ROM unter
Nutzung des Inhaltsverzeichnisses und der auf jeder Seite vorhandenen Symbolleiste (siehe unten), erleichtern
die Arbeit mit der PowerPoint-Präsentation.
Zeichnungen, Bilder, zusätzliche Fotos und Animationen in Farbe begleiten die Entwicklung eines Gedankenganges, lassen den Lösungsweg einer Aufgabe klarer hervortreten und unterstützen so den nicht immer einfachen Lernprozess und das Verstehen der Zusammenhänge. Allerdings können Sie weder das Buch noch die
CD-ROM von der Notwendigkeit entbinden, sich den Stoff mit Bleistift und Papier zu erarbeiten und selbständig
möglichst viele Beispiele zu rechnen. Die Mechanik erschließt sich nicht einfach nur durch das Lesen eines
Buches oder das Abspielen einer CD-ROM, sondern erfordert die Bereitschaft und die Mühe, das Gehörte und
Gelesene zu verstehen und das Verständnis an Hand von Beispielen zu überprüfen. Wir hoffen aber, dass das
vorliegende Buch und die beigefügte CD-ROM das Lernen, das Verstehen und das Anwenden der vermittelten
Lehrinhalte erleichtern und wirkungsvoll unterstützen.
1
Die Textpassagen sind auf der CD-ROM gegenüber dem Buch etwas umgestellt und um die Teile gekürzt, die nicht unmittelbar
zur Herleitung eines Gedankenganges benötigt werden. Das war unserer Meinung nach deshalb notwendig, um zusammenhängende Ableitungen möglichst auf eine PowerPoint Seite bringen zu können und um unnötige Rücksprünge zu vermeiden.
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Einführung
Seite: ‹#›
PowerPoint
Folien-Nr.
Inhaltsverzeichnis
Seite
12
1
STATIK
1.1
Grundlagen
15 S 15
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
1.1.5
1.1.6
1.1.7
15 S 15
16 S 16
19
20
21
21
23
1.3
Starrer Körper
Kraft
Wechselwirkungsprinzip
Schnittprinzip
Reaktionskräfte und eingeprägte Kräfte
Gleichgewicht
Äquivalenz von Kräften
Zentrales ebenes Kraftsystem
24
1.2.1
1.2.2
1.2.3
24
31
32
Resultierende
Gleichgewicht von Kräften
Lagerungsbedingungen
S 12
identisch mit Seite
1.2
(Datei: TM-Wi-stat.ppt / Kennzeichnung der Folien-Nr. mit S <n> )
Allgemeines ebenes Kraftsystem
36
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
1.3.5
1.3.6
36
38
40
42
44
46 S 46
Ermittlung der Resultierenden zweier paralleler Kräfte
Moment
Versetzungsmoment
Rechnerische Ermittlung der Resultierenden (Lösungskonzept)
Gleichgewicht von Kräften und Momenten
Bindungen, Freiheitsgrad und statische Bestimmtheit einer starren Scheibe
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für Wirtschaftsingenieure
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2 Festigkeitslehre
Inhalt Seite:
Seite: ‹#›
5
1.5
1.6
1.7
Ebene Tragwerke
49 S 49
1.4.1
1.4.2
1.4.3
1.4.3.1
1.4.3.2
1.4.4
49
50
55
55
57
59
Grundbegriffe
Lagerung starrer Scheiben
Streckenlasten
Definition von Streckenlasten
Ermittlung der Resultierenden einer Streckenlast
Beispiele
Scheibenverbindungen
62
1.5.1
1.5.2
1.5.3
1.5.4
1.5.4.1
1.5.4.2
1.5.4.3
62
67
72
75
80
81
83
Ermittlung der statischen Bestimmtheit
Dreigelenkträger
Gerberträger
Ebene Fachwerke
Überprüfung der statischen Bestimmtheit von Fachwerken
Arten von Fachwerken
Berechnungsmethoden für Fachwerke
Schnittgrößen in ebenen Trägern und Trägersystemen
88
1.6.1
1.6.2
1.6.3
1.6.4
88
91
95
98
Definition der Schnittgrößen
Berechnung und grafische Darstellung der Schnittgrößen
Differentielle Beziehungen
Anwendungen
identisch mit Seite
1.4
Zentrales räumliches Kraftsystem
110
1.7.1
1.7.2
111
112 S 112
Ermittlung der Resultierenden
Gleichgewicht einer zentralen räumlichen Kräftegruppe
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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2 Festigkeitslehre
Inhalt Seite:
Seite: ‹#›
6
1.9
Allgemeines räumliches Kraftsystem
114 S 114
1.8.1
1.8.2
1.8.3
1.8.4
117
118
119
123
Zusammensetzung von Kräften und Momenten
Gleichgewichtsbedingungen für Kräfte und Momente
Räumlich gestützter Körper
Schnittgrößen am räumlich belasteten Balken
Schwerpunkt
127
1.9.1
1.9.2
1.9.3
1.9.4
1.9.5
1.9.6
127
129
129
131
132
133
Massenschwerpunkt
Volumenschwerpunkt
Flächenschwerpunkt ebener Flächen
Linienschwerpunkt ebener Linien
Schwerpunkt zusammengesetzter Gebilde
Anmerkungen zur Berechnung von Schwerpunkten
1.10 Flächenträgheitsmomente
1.10.1
1.10.2
1.10.3
1.10.4
1.10.5
134
Definition der Flächenträgheitsmomente
Satz von STEINER
Flächenträgheitsmomente einfacher Querschnittsflächen
Hauptträgheitsmomente
Flächenträgheitsmomente zusammengesetzter Flächen
1.11 Haftung und Gleitreibung
1.11.1
1.11.2
1.11.3
1.11.3.1
1.11.3.2
148
Haftung (Zustand der Ruhe)
Gleitreibung (Zustand der Bewegung)
Seilhaftung und Seilreibung
Seilhaftung
Seilreibung
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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134
137
140
141
146
identisch mit Seite
1.8
149
154
156
156
160 S 160
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2 Festigkeitslehre
Inhalt
Seite:
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7
2
Festigkeitslehre
2.1
2.2
2.3
161
F 12
Grundlagen der Festigkeitslehre
162
F 13
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.1.4.1
2.1.4.2
2.1.4.3
162
168
171
174
175
181
182
F
F
F
F
F
F
Einleitung
Spannungszustand
Deformationszustand
Elastizitätsgesetze (Materialgesetze)
Elastizitätsgesetz für die Dehnung
Elastizitätsgesetz für die Gleitungen
Verallgemeinertes HOOKEsches Gesetz
13
19
22
25
26
32
F 33
Zug und Druck
184 F 35
2.2.1
2.2.1.1
2.2.1.2
2.2.2
184
184
188
198
Spannungen und Verformungen von Stabsystemen
Berechnung der Spannung
Berechnung der Verformungen
Flächenpressung
Biegung
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.3.4
2.4
(Datei: TM-Wi-fest.ppt / Kennzeichnung der Folien-Nr. mit F <n> )
F
F
F
F
35
35
39
49
203 F 54
Voraussetzungen und Annahmen
Spannungen bei gerader Biegung
Verformungen bei gerader Biegung
Schiefe Biegung
203
205
212
229
F
F
F
F
54
56
63
80
Querkraftschub
234 F 85
2.4.1
2.4.2
234 F 85
238 F 89
Schubspannungen infolge Querkraftbelastung
Abschätzung der Verformungen infolge Querkraftbelastung
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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Ende
2 Festigkeitslehre
Inhalt
Seite:
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8
2.5
Torsion
2.5.1
2.5.1.1
2.5.1.2
2.5.1.3
2.5.2
242 F 93
Torsion von Stäben mit Kreis- und Kreisringquerschnitten
Annahmen und Voraussetzungen
Berechnung der Torsionsspannung
Berechnung der Verformung (Verdrehwinkel j)
Hinweise zur Torsion allgemeiner Querschnitte
243
243
244
247
254
F 94
F 94
F 95
F 98
F 105
2.6
Scherbeanspruchung
258 F 109
2.7
Zusammengesetzte Beanspruchung
263
2.7.1
2.7.2
2.7.3
264 F 115
265 F 116
275 F 126
2.8
Überlagerung gleichartiger Spannungen
Mehrachsige Spannungszustände
Spannungshypothesen
Stabilität
2.8.1
2.8.2
2.8.3
F 114
285 F 136
Einführung
Ein einfaches Stabilitätsproblem
EULER-Fälle
285 F 136
290 F 141
293 F 144
3
Dynamik
3.1
Kinematik des Punktes
304 D 14
3.1.1
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.1.5
3.1.6
304
305
307
309
311
313
(Datei: TM-Wi-dyn.ppt / Kennzeichnung der Folien-Nr. mit D <n> )
Definitionen
Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung in kartesischen Koordinaten
Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung in Bahnkoordinaten
Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung in Polarkoordinaten
Bewegung auf einer Kreisbahn
Grundaufgaben der Kinematik
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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302
D 12
D 14
D 15
D
D
D
D
17
19
21
23
2 Festigkeitslehre
Inhalt
Seite:
Seite: ‹#›
9
3.2
3.3
Kinematik der ebenen Bewegung des starren Körpers
318 D 28
3.2.1
3.2.2
3.2.3
318 D 28
319 D 29
325 D 35
Kinetik der ebenen Bewegung von Punktmassen und starren Körpern
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.4
3.5
Grundlagen
Momentanpol
Kinematik von Systemen aus Punktmassen und starren Körpern
D’ALEMBERTsche Prinzip für Punktmassen
330 D 40
330 D 40
337 D 47
349 D 59
Ebene Bewegungen von starren Körpern
Aufstellung von Bewegungsgleichungen
Energiebetrachtungen
356 D 66
3.4.1
3.4.1.1
3.4.1.2
3.4.1.3
3.4.1.4
3.4.1.5
3.4.2
3.4.3
356
356
359
360
368
371
376
380
Arbeit, Energie, Leistung
Arbeit
Potentielle Energie
Energieerhaltungssatz
Leistung
Kinetische Energie für die ebene Bewegung eines starren Körpers
Verallgemeinerung des Energiesatzes
LAGRANGEsche Bewegungsgleichungen 2. Art
D
D
D
D
D
66
66
69
70
78
D 81
D 86
D 90
Schwingungen
389 D 99
3.5.1
3.5.2
3.5.3
3.5.4
3.5.5
389
394
407
417
424
Einführung
Freie ungedämpfte Schwingungen mit einem Freiheitsgrad
Freie gedämpfte Schwingungen mit einem Freiheitsgrad
Erzwungene Schwingungen mit einem Freiheitsgrad
Systeme mit mehreren (n) Freiheitsgraden
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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Ende
D 99
D 104
D 117
D 127
D 134
2 Festigkeitslehre
Inhalt
Seite:
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10
3.5.5.1
3.5.5.2
Einführung
Aufstellen der Bewegungsgleichungen
bis
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
?
Ende
424 D 134
425 D 135
435 D 145
2 Festigkeitslehre
Inhalt Seite:
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11
2
Festigkeitslehre
Ziel der Festigkeitslehre
Im Kapitel 1 Statik (S 12) wurden mechanische Systeme im Zustand der Ruhe und unter der
Annahme starrer (undeformierbarer) Körper untersucht. Mit Hilfe des Schnittprinzips konnten
so Lager- und Gelenkreaktionen sowie resultierende innere Belastungen (Schnittgrößen)
berechnet werden. Da in der Realität die Körper aber deformierbar sind, kommt es zu
Körperverformungen und zu inneren Beanspruchungen, den so genannten Spannungen
(auf ein Flächenelement bezogene Kräfte). Mit der Berechnung dieser Verformungen und
Spannungen wollen wir uns in der Festigkeitslehre beschäftigen.
Das Ziel der Festigkeitslehre kann somit wie folgt zusammengefasst werden:
In der Festigkeitslehre werden innere Beanspruchungen (Spannungen) und Verformungen
von Körpern berechnet, um damit die Eignung des Körpers (Tragwerkes) hinsichtlich der
Festigkeit, der Steifigkeit, der Stabilität, der Dauerfestigkeit usw. für den gedachten
praktischen Einsatz einschätzen zu können.
Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Dimensionierung von Tragwerken, d. h. die Festlegung
wichtiger geometrischer Größen (z. B. Querschnittsabmessungen von Stäben und Balken),
die Auswahl geeigneter Werkstoffe usw., so dass die Tragwerke eine vorgegebene Funktion
zuverlässig und sicher erfüllen.
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2 Festigkeitslehre
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2.1
Grundlagen der Festigkeitslehre
2.1.1
Einleitung
Die in der Statik getroffene Annahme eines starren Körpers, muss in der Festigkeitslehre durch
die Annahme eines deformierbaren Körpers ersetzt werden (Bild 2.1).
Statik
Festigkeitslehre
starr
deformierbar
Bild 2.1 Starrer und deformierbarer Körper unter der Wirkung von Kräften
Aus den in der Statik ermittelten Lagerreaktionen und Schnittgrößen allein lassen sich keine Aussagen über die Beanspruchungen bzw. die Verformungen einer Konstruktion ableiten. Erst durch
das Einführen geeigneter Beanspruchungsgrößen (Spannungen) und Deformationsgrößen
(Verschiebungen bzw. Dehnungen und Gleitungen - die so genannten Verzerrungen) sowie
deren Verknüpfung mit in der Regel experimentell gewonnenen Materialkenngrößen über ein
Materialgesetz (Stoffgesetz) lassen sich die Beanspruchungen und Verformungen ermitteln.
Beachte: Durch die Annahme eines deformierbaren Körpers wird jetzt auch die Berechnung
statisch unbestimmter Probleme möglich.
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
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2 Festigkeitslehre
Seite: ‹#›
Ausgehend von den Zielen der Festigkeitslehre lassen sich folgende typischen Grundaufgaben
formulieren, wobei wir annehmen wollen, dass die Materialeigenschaften (in der Regel aus
Experimenten in der Werkstofftechnik ermittelt) bekannt sind.
1. Festigkeitsnachweis (Spannungsnachweis):
Gegeben: Geometrie, Material und Belastung
Nachweis: Spannungen im Bauteil müssen kleiner sein als die für das Material zulässigen Spannungen
(werden aus experimentellen Untersuchungen bestimmt).
2. Steifigkeitsnachweis (Verformungsnachweis):
Gegeben: Geometrie, Material und Belastung
Nachweis: Verformungen des Bauteils müssen kleiner sein als zulässige Verformungen.
3. Dimensionierung
bezüglich Festigkeit:
bezüglich Steifigkeit:
4. Belastbarkeitsrechnung
Geometriefestlegung so, dass die maximalen
Spannungen kleiner werden als die zulässigen
Spannungen
Geometriefestlegung so, dass die Verformungen
an jeder Stelle des Bauteils kleiner werden als
die zulässigen Verformungen
bezüglich Festigkeit:
Berechnung der max. äußeren Belastung so,
dass die zulässigen Spannungen nicht
überschritten werden
bezüglich Steifigkeit:
Berechnung der max. äußeren Belastung so,
dass die zulässigen Verformungen an keiner
Stelle des Bauteils überschritten werden
Hinweis: Häufig müssen die Grundaufgaben 1. bis 4. kombiniert durchgeführt werden!
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2 Festigkeitslehre
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Allgemeine Annahmen
Zur Lösung der oben aufgeführten Grundaufgaben werden im Rahmen dieses Lehrbuches
folgende Annahmen eingeführt, die für viele Standardaufgaben der Ingenieurpraxis zu
ausreichend genauen Ergebnissen führen:
• Die Verformungen seien klein.
 Gleichgewicht kann am unverformten System aufgestellt werden (Theorie 1. Ordnung). Ausnahme: Stabilitätsuntersuchungen; dort wird das Gleichgewicht am
verformten System aufgeschrieben (siehe Kapitel 2.8)
• Die Verformungen gehen bei Wegnahme der Belastungen wieder vollständig zurück.
 ideal elastisches Materialverhalten
• Die Verformungen und Spannungen sind linear voneinander abhängig.
 lineares Materialverhalten
• Das Material ist homogen (an jeder Stelle gelten die gleichen Materialeigenschaften) und
isotrop (Materialeigenschaften sind unabhängig von der Richtung ).
• Weiterhin werden wir vorzugsweise Bauteile bzw. Systeme betrachten, bei denen die
Längenabmessungen wesentlich größer als die Querschnittsabmessungen sind (Stab- und
Balkensysteme).
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2 Festigkeitslehre
Seite: ‹#›
10 cm
Dazu hier einige Beispiele:
10 cm
Frage: Wie groß sind „kleine
Verformungen“? Wann sind
die
Längenabmessungen
wesentlich größer als die
Querschnittsabmessungen?
20 cm (groß!)
100 m
20 cm (klein!)
Bild 2.2 Maßverhältnisse („groß“, „klein“) von Bauteilen
1m
Antwort: Absolute Werte lassen sich nicht
angeben! Empfehlungen bzw. Richtwerte sind
von der Bauteilgeometrie und den Anforderungen
an die Genauigkeit der Ergebnisse abhängig.
Hinweis: Falls obige Annahmen nicht erfüllt sind, kommen erweiterte Theorien zur Anwendung, z. B.: Theorie 2. und 3. Ordnung (für Stabilitätsuntersuchungen und für große Verformungen); Theorien für nichtlineares Materialverhalten (Plastizitäts-, Viskoelastizitätstheorie
usw.); Theorien bzw. Berechnungsverfahren für Scheiben, Platten, Schalen usw.
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Beanspruchungsarten (Auswahl der technisch wichtigsten)
Zug/Druck
FL
Ursache: Längskraft FL
Typische Verformung: Längsdehnung (konst. über die
Querschnittsfläche)
 Verlängerung/Verkürzung
FL
Mbx
Reine Biegung
Mbx
Ursache: Biegemomente Mbx (vgl. Bild rechts) bzw.. Mby
Typische Verformung: Längsdehnung (linear veränderlich
über den Querschnitt
 Biegung der Längsachse
z
x
y
Torsion
j
Ursache: Torsionsmoment Mt
Typische Verformung: Gleitung in der Querschnittsebene
 Verdrehung der Querschnitte
um die Längsachse
Stabilität (Knicken)
Ursache: Kritische Druckkraft FK
Typische Verformung: Knicken beim Erreichen von FK
 Biegung der Längsachse
Mt
••
j
Mt
FK
F<FK
Bild 2.3 Beanspruchungsarten
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Verformungsanteil
aus der Biegung
z
Querkraftschub bei Biegung
Ursache: Querkräfte FQx, FQy
Typische Verformung: Gleitungen in der Querschnittsebene
 Krümmung der Längsachse wie bei der Biegung
x
y
zusätzlicher Verformungsanteil aus
Querkraftschub (meist gering!)
Bild 2.4
Hinweis: Eine reine Querkraftschubbeanspruchung kommt praktisch kaum vor. Sie ist in der Regel an eine
Biegebeanspruchung gekoppelt (vgl. Bild 2.4). Die Spannungen und Verformungen infolge des
Querkraftschubs können bei Balken mit großer Länge gegenüber den Querschnittsabmessungen in der
Regel vernachlässigt werden, da sie im Vergleich zu den Biegebeanspruchungen klein sind.
klein!
Scherbeanspruchung
Ursache: Dicht (theoretisch unendlich dicht) nebeneinander
liegende entgegengesetzt gerichtete parallele Kräfte
Typische Verformung: sehr große Gleitungen in der
Querschnittsebene
 Gefahr der Zerstörung durch Abscheren
Resultierende aus Flächenpressung (Blech - Niet)
Flächenpressung
Flächenpressung im Blech infolge
der Belastung durch den Niet
Ursache: Druckbelastung einer ebenen oder
Bild 2.5
gekrümmten Fläche (z. B. zwischen Niet und
Scherbeanspruchung (oben);
Flächenpressung zwischen
Blech an der gemeinsamen Kontaktfläche)
Niet und Blech (links)
 Gefahr der Oberflächenschädigung (insbesonders bei einer Relativbewegung der Kontaktflächen, siehe Kapitel 1.11, S 148)
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2.1.2
Spannungszustand
Definition der Spannung
Die Belastungen auf einen Körper werden über innere
Kräfte zu den Lagern geleitet. Schneiden wir einen im
Gleichgewicht befindlichen Körper, so muss auch jedes
Teilsystem mit seiner Belastung und mit den in den
Schnittflächen verteilten inneren Kräften im Gleichgewicht
sein (Bild 2.6).
Mit dA - differentielles Flächenelement in der Schnittfläche A im Punkt P
P
Schnitt
n
definiert man den Quotienten aus dF und dA als Spannung s im
Punkt P:
dF
dA
Einheit:
dA
P
dF
dF - Resultierende der auf dA angreifenden inneren Kräfte
σ
F
Kraft 
N

 MPa 
 z. B. :
2
Fläche 

mm
F
über A verteilte Kräfte (mit
F im Gleichgewicht)
Bild 2.6 Innere Kräfte
(2.1)
Für die Spannung s gilt:
• Die Spannung ist wie die Kraft ein Vektor.
• Die Spannung steht im Allgemeinen nicht normal (n = Normalenrichtung, vgl. Bild 2.6) auf dA.
• Die Spannung ist ein Maß für die Beanspruchung des Bauteils.
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Da die Spannung beliebig auf dA stehen kann, zerlegt man sie zweckmäßig in drei
Komponenten bezogen auf ein kartesisches Koordinatensystem.
z
Legen wir die x-Achse z. B. in Normalenrichtung n zur Fläche dA,
so kann s in drei Spannungskomponenten (Bild 2.7), in
eine Normalpannung
(normal zur Fläche dA) und in
zwei Tangental- oder Schubspannungen
(liegen in der Fläche dA)
zerlegt werden.
sx
P
sx
txy , txz
txz
s txy
y
dA
Fläche A
x, n
Bild 2.7 Spannungskomponenten
Hinweis zur Indizierung der Spannungen:
Der erste Index gibt an, in welche Richtung die Flächennormale n zeigt und der zweite Index
beschreibt die Richtung des Spannungsvektors (bei der Normalspannung kann der zweite
Index auch wegfallen, da es nur eine Normalspannung für eine Fläche dA gibt).
Definition des positiven Schnittufers und der positiven Spannungen am Schnittufer:
• Zeigen Flächennormale n und Achsenrichtung (z. B. x-Achse im Bild 2.7) in die gleiche
Richtung, so liegt ein positives Schnittufer vor. Der Punkt P in Bild 2.7 liegt somit in einer
Schnittfläche, die ein positives Schnittufer darstellt. Im umgekehrten Fall sprechen wir von
einem negativen Schnittufer.
• Am positiven Schnittufer sind alle Spannungskomponenten positiv in positiver Koordinatenrichtung definiert. Am negativen Schnittufer zeigen sie in die entgegengesetzte Richtung.
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Wird aus einem Körper im Punkt P ein differentiell kleiner Würfel mit den Flächennormalen in
(x,y,z)-Richtung herausgeschnitten, so wirken jetzt in jeder der drei senkrecht aufeinander
stehenden Flächen eine Normalspannung s und zwei Schubspannungen t (vgl. Bild 2.8).
z
sz
Hinweis: Es sind nur die Spannungen am
positiven Schnittufer dargestellt. Am negativen
Schnittufer wirken sie genau entgegengesetzt.
tzy
tzx
txz
sx
tyz
dz
P
txy
sy
tyx
y
dx
x
dy
Bild 2.8 Räumlicher Spannungszustand
Diese 9 Spannungsgrößen beschreiben den so
genannten räumlichen Spannungszustand im
Punkt P. Sie bilden die Komponenten eines
Tensors 2. Stufe bzw. den räumlichen
Spannungstensor S, der wegen Gleichung
(2.49) symmetrisch wird.
 sx

S   t xy
t
 xz
t yx
sy
t yz
t zx 

t zy 
s z 
Spannungstensor
(2.2)
Beachte: Für eine andere Orientierung des differentiell kleinen Würfels ergibt sich ein
Spannungstensor mit anderen Komponenten. Dieser beschreibt aber den gleichen
Spannungszustand.
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2.1.3
Deformationszustand
Die Änderung der Gestalt und der Größe eines Körpers infolge einer äußeren Belastung
(auch Temperaturänderung zählen dazu) heißt Formänderung bzw. Deformation.
Die Formänderung bzw. Deformation kann durch die Angabe
der Verschiebungen u, v und w in x-, y- und z-Richtung für
alle Punkte P eines Körpers beschrieben werden (Bild 2.9).
z
P´
w
P
Sind die Verschiebungen aller Punkte eines Körpers gleich
groß, so erfährt er nur eine Starrkörperverschiebung, d. h.
seine Gestalt und Größe ändern sich nicht.
y
x
Sind die Verschiebungen der Punkte P eines Körpers jedoch
u
v
unterschiedlich groß, so kommt es zur Änderung der Gestalt
und der Größe des Körpers (Deformationen) infolge örtlicher Bild 2.9 Definition der Verschiebungen
Verzerrungen im Körper.
Als charakteristische Verzerrungsgrößen führen wir folgende Größen ein:
Dehnung e :
Verlängerung einer Körperlinie bezogen auf die ursprüngliche Länge
Gleitung g :
Winkelverkleinerung eines ursprünglich rechten Winkels
Hinweis: Bei gleich großen Verschiebungen aller Punkte erfährt der Körper eine Starrkörperverschiebung (siehe Bild 2.10, gestrichelte Zwischenlage) ohne dass dabei Verzerrungen (Dehnungen und Gleitungen) eintreten!
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Dehnungen und Gleitungen
Wir betrachten zunächst die (x,y)-Ebene. In Bild
2.10 ist ein Flächenelement dA = dx·dy im unbelasteten Zustand (Eckpunkte P1, P2, P3) dargestellt.
Es erfährt unter einer Belastung Verzerrungen und
nimmt eine verschobene und verzerrte (deformierte) neue Lage ein (Eckpunkte P1' ,P2 ' ,P3 ' ).
Die in Bild 2.10 dargestellten Verformungen werden
als klein2 vorausgesetzt (vergleiche Allgemeine Annahmen im Kapitel 2.1.1, Seite 164).
Die Dehnung ex der Seite P1P2 in x-Richtung wird:
u
dx

dx  dx
P1' P2 '  P1P2
u

x

ex 

x
dx
P1P2
Die Dehnung ey der Seite P1P3 in y-Richtung:
Die Gleitung g im Punkte P1 wird:
2
cosg1 1, cosg2 1, tang1 g1, tang2 g2, Taylor-Reihe:
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P3
u
dy
y
y
verzerrte
Fläche dA
v
dy
y
v
P3
g2
y+dy
u
P2
dA
P1
y
v
P1
v
dx
x
g1
P2
u
v
u
dx
x
u
x
x
x + dx
Bild 2.10 Verzerrung eines Flächenelements dA
v
dy  dy
P1' P3 '  P1P3
v

y
ey 


P1P3
y
dy
u
v
dy
dx

y
v u
g xy  g 1  g 2  x



u
v

x
y
dx  dx dy  dy
x
y 0
0
dy 
u
1  2u 2
u(x  dx)  u(x)  dx   2 dx  ...
x
2! x
0
Ende
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Hinweis: Im Nenner der Gleichung für die Gleitung kann der zweite Summand gegenüber dem
ersten Summand vernachlässigt werden, da er das Produkt zweier differentiell kleiner Größen
ist und damit im Vergleich zum ersten Summand sehr klein wird!
Werden analoge Betrachtungen in der (x,z)-Ebene und in der (y,z)-Ebene angestellt, so erhält
man die Dehnung ez und die Gleitungen gxz und gyz in diesen Ebenen.
Zusammenfassend erhalten wir:
u
x
Dehnungen
εx 
Gleitungen
g xy 
u v

y x
εy 
v
y
g xz 
u w

z x
εz 
w
z
g yz 
v w

z y
(2.3)
(2.4)
Die Gesamtheit der drei Dehnungen und drei Gleitungen in einem Punkt P eines Körpers
bezeichnen wir als Verzerrungs- oder Deformationszustand.
Diese 6 Verzerrungsgrößen bilden die Komponenten eines Tensors 2. Stufe, den so
genannten räumlichen Verzerrungs- oder Deformationstensor D.
Hinweis: Es gilt allgemein gi j= gji .
Der Faktor ½ steht aus Gründen
der Zweckmäßigkeit in D.
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 ex

D   21 g xy
1g
 2 xz
1g
2 yx
ey
1g
2 yz
1g 
2 zx 
1g
2 zy 
Ende
(2.5)
e z 
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2.1.4
Elastizitätsgesetze (Materialgesetze)
Die Erfahrung zeigt, dass die Verformung eines Bauteils bei gleicher Geometrie, Lagerung und
Belastung (d. h. auch gleicher Spannung) vom verwendeten Material abhängig ist (Bild 2.11).
A, Stahl
z
F
l
A, Aluminium
F
 sz 

A
z
F
l
lStahl
lAluminium  3·lStahl
Bild 2.11 Einfluss des Materials auf die Verformungen
Es muss also einen Zusammenhang zwischen Spannungen und Verzerrungen geben, der vom
Material abhängt!
Dieser Zusammenhang kann nur experimentell ermittelt werden. Es ist Aufgabe der
Werkstofftechnik diese materialabhängigen Kennwerte zu bestimmen.
Zum Ermittlung grundlegender Materialkennwerte dient der Zugversuch an einem genormten
Zugstab (DIN 50145) mit Kreisquerschnitt d0, festgelegter Messlänge l0 und einer bestimmten
Oberflächenbeschaffenheit (Bild 2.12).
A0 (Querschnittsfläche)
 d0
F
F
l0
Der Index „0“ steht für die
Maße des unbelasteten
Zugstabes.
Bild 2.12 Zugstab zur experimentellen Ermittlung von Materialkennwerten
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2.1.4.1 Elastizitätsgesetz für die Dehnung
Im Zugversuch wird die Belastung F bis zum Reißen des Zugstabes langsam gesteigert und die
dabei in der Meßlänge l0 auftretende Dehnung e ermittelt. Mit
F
l
s
e
(Nennspannung)
und
(2.6)
A0
l0
folgt das so genannte Spannungs-Dehnungs-Diagramm, welches im Allgemeinen für jedes
Material ein anderes Aussehen hat (z. B. Bild 2.13, typisch für Baustähle bei Raumtemperatur).
s
auf aktuelle Fläche A bezogen
Rm
Re
sE
sZ
auf Ausgangsfläche A0
bezogen
sP
a
elastischer
Bereich
tana = E
e
ez
plastischer
Bereich
Es bedeuten:
sp - Proportionalitätsgrenze
sE - Elastizitätsgrenze
Re - Streckgrenze (oft noch sS, sF)
Rm - Zugfestigkeit (oft noch sB)
sZ - Bruchnennspannung
eZ - Bruchdehnung
Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm zeigt bis zur
Proportionalitätsgrenze sp einen lineares Verlauf.
Es gilt dann das HOOKEsche Gesetz:
s=E·e
HOOKEsches Gesetz
(2.7)
Bild 2.13 Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Der Proportionalitätsfaktor E heißt Elastizitätsmodul (auch YOUNGscher Modul) und stellt den
Anstieg - also E = tan a - der Geraden im Diagramm bis zur Proportionalitätsgrenze dar.
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Beachte: Das Hookesche Gesetz in der Form s = E·e gilt für den einachsigen Spannungszustand und für Spannungen bis zur Proportionalitätsgrenze sP. Es verknüpft die Dehnung e in
Achsenrichtung (hier Achse des Stabes) mittels des Proportionalitätsfaktors E mit der
Normalspannung s in Achsenrichtung.
Die Elastizitätsgrenze sE grenzt den Bereich des elastischen Materialverhaltens (bei Entlastung
bleiben keine dauerhaften Dehnungen zurück) von dem des plastischen Materialverhaltens (bei
Entlastung bleiben dauerhafte Dehnungen zurück) ab. Beim Erreichen der Bruchnennspannung
sZ tritt der Bruch des Zugstabes ein.
Auf Grund unserer allgemeinen Annahmen (vgl. Kapitel 2.1.1) bewegen wir uns bei allen
folgenden Betrachtungen nur im elastischen Bereich und dort speziell nur bis zur
Proportionalitätsgrenze.
Der Elastizitätsmodul E ist eine wichtige Materialkenngröße. Bei Raumtemperatur
Elastizitätsmodul z. B. folgende Größe (Richtwerte):
hat der
Tabelle 2.1 Elastizitätsmodul E für ausgewählte Werkstoffe
Werkstoff
E in Nmm-2
Werkstoff
E in Nmm-2
Stahl / Stahlguss
2,1  105
Glas
0,72  105
Kupfer
1,2  105
Aluminium
0,7  105
Messing
0,9  105
Stahlbeton
0,4  105
Grauguss
0,8  105
Buchenholz
0,16  105
Gummi
 2 ... 3
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Querdehnung
Bei der Zugbelastung kann man neben der Längsdehnung e (Dehnung in Achsenrichtung des
Stabes) auch eine Querdehnung beobachten (vgl. Bild 2.14). Definition der Querdehnung:
F
F
 d0
eq 
d
l
l0
d  d0
d0
Querdehnung
(2.8)
Bild 2.14 Querdehnung bei Zugbelastung eines Stabes
Mit Versuchen kann nachweisen werden, dass bis zur Proportionalitätsgrenze für alle
Belastungen jeweils das gleiche Verhältnis aus Längsdehnung und Querdehnung gilt:
eq
e
 konst.  
(2.9)
Aus (2.8) in Verbindung mit den eintretenden Durchmesseränderungen liest man ab, dass bei
einer Zugbelastung eq < 0 wird und bei einer Druckbelastung eq > 0 wird. Mit (2.9) und der
Definitionsgleichung (2.6) für die Längsdehnung e, die für eine Zugbelastung e > 0 und für eine
Druckbelastung e < 0 liefert, folgt die Querdehnung in Abhängigkeit von der Längsdehnung zu
eq    e
mit

bzw. m 
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(2.10)
Querdehnung
?
- Querkontraktionszahl
1

- POISSONsche Zahl
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Beachte:
• Für homogenes isotropes Material ist die Querdehnung in allen Querrichtungen gleich groß.
• Es gilt: 0    0,5 ( = 0 bedeutet keine Querdehnung und  = 0,5 bedeutet inkompressibles
Material).
Die Querkontraktionszahl  ist eine weitere wichtige Materialkenngröße. Einige Richtwerte
sind in Tabelle 2.2 angegeben.
Tabelle 2.2 Querkontraktionszahl  für ausgewählte Werkstoffe
Werkstoff

Metalle (außer Grauguss)
0,3
Grauguss
0,1 ... 0,2
Beton
0,16 (in der Praxis wird häufig  = 0 angenommen)
Gummi
 0,48 ... 0,5 (nahezu inkompressibles Material)
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Temperaturdehnungen
Wird ein Körper einer Temperaturänderung
ausgesetzt, so dehnt er sich bezogen auf
den Zustand der Ausgangstemperatur. Aus
der Erfahrung wissen wir, dass er sich bei
einer Temperaturerhöhung (T > 0) ausdehnt und bei einer Verringerung der
Temperatur (T < 0) zusammenzieht (Bild
2.15).
TA
TE > TA (T > 0 )
TE < TA (T < 0 )
Bild 2.15 Temperaturdehnungen
Beachte: Die Größe der Temperaturdehnung ist ebenfalls materialabhängig.
Mit
TA
- Ausgangstemperatur (Einheit: K)
TE
- Endtemperatur (Einheit: K)
T = TE -TA (Temperaturdifferenz)
a
- Wärmeausdehnungskoeffizient (Einheit: K-1)
ergibt sich für die Temperaturdehnung gegenüber dem Ausgangszustand bei TE
e = a  T
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(2.11)
Temperaturdehnung
?
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Beachte:
• Die Temperaturdehnung infolge einer konstanten Temperaturerhöhung im Körper ist für
homogenes isotropes Material in allen Richtungen gleich groß, d. h. es gibt in diesem Fall
keine Gleitungen.
• Eine konstante Temperaturerhöhung im Körper führt nur bei Behinderung der
Verformungen (z. B. bei statisch unbestimmten Systemen) zu Spannungen.
In der Tabelle 2.3 ist für einige Werkstoffe die für die Temperaturdehnung typische
Materialkenngröße – der Wärmeausdehnungskoeffizienten a – aufgeführt.
Tabelle 2.3 Wärmeausdehnungskoeffizient a für ausgewählte Werkstoffe
Werkstoff
a in K-1
Aluminium
23  10-6
Kupfer
16  10-6
Stahl
12  10-6
Grauguss
9  10-6
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2.1.4.2 Elastizitätsgesetz für die Gleitung
Wird ein differentielles Element außer durch Normalspannungen s in
Achsenrichtung noch durch Schubspannungen t beansprucht, so
kommt es neben der Dehnung e in Achsenrichtung noch zu
Gleitungen g (vgl. Kapitel 2.1.3, Seite 171), die auch als Schubverzerrungen bezeichnet werden (Bild 2.16).
Analog zum HOOKEschen Gesetz für die Dehnung gibt es eine lineare
Beziehung zwischen der Schubspannungen t und der Gleitung g :
t
y
t
½g
t
t
x
Bild 2.16 Gleitung infolge t
t=G·g
(2.12)
mit dem Proportionalitätsfaktor G, der Gleitmodul genannt wird.
Der Gleitmodul G kann für homogenes und isotropes Material aus dem Elastizitätsmodul E und
der Querkontraktionszahl  berechnet werden. Es gilt (auf eine Herleitung wird hier verzichtet):
G
E
2(1  )
(2.13)
Die Tabelle 2.4 enthält Werte für den Gleitmodul G, die mit der Gleichung (2.13), dem Elastizitätsmodul E aus Tabelle 2.1 und der Querkontraktionszahl  nach Tabelle 2.2 ermittelt wurden.
Werkstoff
Stahl / Stahlguss
Kupfer
Messing
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G in Nmm-2
0,81  105
0,46  105
0,35  105
?
Werkstoff
Grauguss
Aluminium
Gummi
G in Nmm-2
0,33 ...0,36  105
0,27  105
 0,67 ... 1,01
Ende
Tabelle 2.4 Gleitmodul G
für ausgewählte Werkstoffe
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2.1.4.3 Verallgemeinertes HOOKEsche Gesetz
Liegt ein Spannungszustand mit allen Spannungskomponente s und t vor (räumlicher
Spannungszustand, vgl. Kapitel 2.1.2, Bild 2.8), dann kann das Elastizitätsgesetz (auch
verallgemeinertes HOOKEsches Gesetz genannt) durch Superposition der oben
beschriebenen Dehnungen gewonnen werden.
Aus den Gleichungen (2.7), (2.10) und (2.11) ergeben sich die Dehnungen in allen drei Koordinatenrichtungen infolge der drei Normalspannungen und einer Temperaturdifferenz zu:



ex 
1
s x   s y  s z  aT
E
ey 
1
s y  s z  s x   aT
E
ez 
1
s z   s x  s y  aT
E



(2.14)


Aus Gleichung (2.12) folgen die Gleitungen in den drei Koordinatenebenen infolge der drei
Schubspannungen zu:
g xy 
t xy
g yz 
G
t yz
G
g zx 
t zx
G
(2.15)
Die Gleichungen (2.14) und (2.15) lassen sich nach den Spannungen auflösen und man erhält:
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sx 
E 

E

e

e

aT
x
1   
1  2  1  2
sy 
E 

E

e

e

aT
y
1   
1  2  1  2
E 

E

sz 
e

e

aT
z
1   
1  2  1  2
t xy  G  g xy
und
t yz  G  g yz
(2.16)
t zx  G  g zx
mit der Volumendehnung e
e  ex  ey  ez
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(2.17)
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2.2
Zug und Druck
2.2.1
Spannungen und Verformungen von Stabsystemen
Das Ziel dieses Kapitels ist die Berechnung der Spannungen und Verformungen in geraden
Stäben, Balken und Seilen infolge einer Längskraft FL in z-Richtung.
2.2.1.1 Berechnung der Spannungen
Die Längskraft FL ist die resultierende Kraft in z-Richtung der über den Querschnitt verteilten
Normalspannungen sz. Es gilt folglich
FL (z) 
 σ z (z)dA
(2.18)
(A(z))
Annahme: In hinreichender Entfernung von diskreten Lastangriffsstellen (auch Lagern) kann
angenommen werden,7 dass in allen Punkten einer Querschnittfläche die Normalspannungen
sz gleich groß sind.
Damit folgt aus Gleichung (2.18):
FL (z)  σ z (z)
 dA  σ z (z)A(z)
(A(z))
sz(z) 
7
FL(z)
A(z)
(2.19)
Prinzip von DE SAINT VENANT; A. J. C. BARRE DE SAINT VENANT (1797-1886), französischer Physiker
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Die Gleichung (2.19)
sz(z) 
FL(z)
A(z)
(2.19)
ist die allgemeine Spannungsgleichung für die Zug/Druck Belastung eines Stabes bzw.
Balkens, die auch für Seile gilt, wenn wir negative Längskräfte ausschließen. Da nur eine
Normalspannung in Richtung der z-Achse auftritt, wird der Spannungszustand auch als
einachsiger Spannungszustand bezeichnet.
Hinweis: FL und A können „schwach“ veränderlich sein (vgl. Bild 2.17).
FL(z)=F+FE(z)
r
F+FE(z)
A(z)
A(z)
z
V(z)
l-z
A(z)
l-z
l
sz(z)=
FE(z)= V(z)rg
F
F
FE(z)
F
Bild 2.17 Berechnung von Längskraft und Spannung in einem Stab
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Bohrungen, Kerben, Absätze
Dicke h
Sind in den Stäben oder Balken Bohrungen (Bild 2.18), Kerben
(Bild 2.19), Absätze und dergleichen vorhanden, so verursachen diese ungleichmäßige Spannungsverteilungen über den
Querschnitt bzw. Spannungsspitzen, die die rechnerisch ermittelten Spannungen (Nennspannungen) nach Gleichung (2.19)
wesentlich überschreiten können.
FL
FL
Die Berechnung der Spannungsspitzen (Kerbspannung) erfolgt
in diesen Fällen über so genannte Formzahlen aK, deren Größe
von der Form und Größe der Störung (Kerbe) abhängig ist.
Mit der Nennspannung nach Gleichung (2.19)
sn 
FL
b
d
FL
sn = FL/([b-d]·h)
sK = aK·sn
Bild 2.18 Kerbspannungen bei
Bohrung in einem Flachstab
unter Zugbeanspruchung
(Annahme: sn ist über Avorhanden konstant)
A vorhanden
wird die Spannungsspitze (Kerbspannung)
sK  aK  sn
(2.20)
Kerbspannung
Die Werte für die Formzahlen aK findet man in Diagrammen (z. B. Bild 2.19) und Vorschriften.
Ihre Berechnung erfordert erweiterte Theorien und ist im Allgemeinen kompliziert.
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Als Beispiel ist in Bild 2.19 ein Rundstab mit Umlaufkerbe unter Zugbelastung dargestellt.
FL
r
t
•
2,6
r
FL
aK
r/r = 0,1
2,2
0,3
1,8
sn = FL/(pr2)
FL
sK = aK· sn
0,6
1,4
1,0
0
1,5
1
2
3
4
t/r
Bild 2.19 Kerbspannung für Rundstab mit Umlaufkerbe; Diagramm für aK als Funktion der Kerbgeometrie
In Abhängigkeit von der Kerbgeometrie kann aus dem Diagramm für diesen Fall die Formzahl
aK bestimmt werden.
Für eine Kerbe mit
r = 10 mm, t = r = 3 mm
folgt mit t/r = 1 und r/r = 0,3 aus dem Diagramm von Bild 2.19 für die Formzahl
aK  1,85
Die Kerbspannung sK im geschwächten Querschnitt ergibt sich dann mit der Nennspannung sn
(siehe Bild 2.19) aus Gleichung (2.20) zu
F
sK  aK  sn  1,85  L2
pr
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2.2.1.2 Berechnung der Verformungen
Bei Annahme der Gültigkeit des HOOKEschen Gesetzes und eines einachsigen Spannungszustandes in z-Richtung (sx = sy = 0) folgt aus dem verallgemeinerten HOOKEschen Gesetz
(3. Gleichung von (2.14)) und der Spannung sz(z) nach Gleichung (2.19) für die Zug/Druck
Beanspruchung die Dehnung in z-Richtung zu
s z
F z
e z  z  aT  L
 aT
E
EA z
Das Produkt EA ist die so genannte Dehnsteifigkeit.
w
Mit der Dehnung e z 
nach Gleichung (2.3), Seite 173 folgt
z
dw
F z
 e z z  L
 aT
dz
EA z
(2.21)
Gleichung (2.21) ist eine Differentialgleichung 1. Ordnung für die Verschiebung w. Die Integration von (2.21) liefert die Verschiebung w der Querschnittspunkte eines Stabes in z-Richtung.
 F z

w z    L
 aT dz  C
EA z

(2.22)
Hinweis: C ist eine Integrationskonstante, die für jede spezielle Aufgabe aus einer Randbedingung (bekannte Bedingung für die Verschiebung w) bestimmt werden kann. Zum
Beispiel muss für den Stab von Bild 2.20 die Randbedingung w(z=0) = 0 erfüllt sein.
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l
z
Die häufig benötigte Gesamtverlängerung
l eines Stabes der Länge l (siehe Bild
2.20) ergibt sich nach Integration der
Gleichung (2.21) zu
F
w=0
l 
w(z=l) = l
w(z)
 F z

 dw wz  l   wz  0   ez zdz   EAL z  aT dz
z l
l
z 0
0
Bild 2.20 Zugstab
mit Verformungen
l
(2.23)
0
Für den in der Praxis häufig vorkommenden Fall einer konstanten Längskraft (FL = konst.),
einer konstanten Dehnsteifigkeit (EA = konst.) und einer konstanten Temperaturbelastung
(aT = konst.) vereinfachen sich die Gleichungen (2.21), (2.22) und (2.23) wie folgt:
dw
F
 e z  L  aT
dz
EA
(2.24)
w z 
(2.25)
FL
 z  aT  z  C
EA
l  e z  l 
FL  l
 aT  l
EA
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für Wirtschaftsingenieure
?
(2.26)
Ende
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Beispiel 2.1 Abgesetzter Stab mit Längsbelastung
Geg.: E, A1, A2, l1, l2, F1, F2
Ges.: Spannungen, Verschiebungen
z1
Schnittgrößen: Nach Definition der Längskoordinaten für
die zwei Bereiche folgt aus den Schnittbildern rechts (hier
gibt es nur Längskräfte):
1. Bereich: 0  z1  l1:
FL1 = - F1 + F2
2. Bereich: 0  z2  l2:
FL2 = F2
σ z (z1) 
EA2
z2
l1
l2
F1
FL1
F2
F2
z1
F2
FL2
Normalspannungen:
Die Spannungen folgen aus Gleichung (2.19) zu:
1. Bereich:
F1
EA1
FL1  F1  F2

A1
A1
Bild 2.21 Abgesetzter
Stab mit Längsbelastung
2. Bereich:
z2
σ z (z2 ) 
FL2 F2

A2 A2
Verschiebungen: Wegen FL = konst. können wir die Verschiebungen aus (2.25) berechnen:
w1(z1) 
FL1
-F F
 z1  C1  1 2  z1  C1 (1)
EA1
EA1
Randbedingungen:
1. w1(z1=0) = 0
w 2 (z2 ) 
FL2
F
 z2  C2  2  z2  C2 (2)
EA 2
EA 2
2. w1(z1=l1) = w2(z2=0)
Einsetzen von C1 und C2 in (1) und (2) die Verschiebungen:
w1(z1) 
- F1  F2
 z1
EA 1
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und
?
w 2 (z2 ) 
F2
-F F
 z2  1 2  l1
EA 2
EA 1
Ende
 mit (1) und (2)
C1 = 0 und
-F F
C2  1 2  l1
EA 1
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Beispiel 2.2 Masse an einem dünnen Draht (Kreisquerschnitt)
Gegeben: m = 30 kg, l = 36 m, g = 9,81 m/s2
Materialparameter:
E = 1,9 105 N/mm2, r = 7,8510–6 kg/mm3
d, E,
Rm = 2000 N/mm2, szul = 1/4Rm
r, Rm
Diese Materialparameter entsprechen einem hochfesten Stahldraht im federhart gezogenen Zustand
(z. B. X 12 CrNi 177).
g
Gesucht: 1. Durchmesser d des Drahts
2. Maximale Länge des Drahts bis zum Reißen
3. Verschiebung und Gesamtverlängerung
des Drahts
mg + rgAl
FL(z)
+
z
z
l
FL(z)
l-z
rgA(l-z)
m
mg
FK
Bild 2.22 Masse an einem dünnen Draht
Die Rechnung wird zunächst allgemein (mit Eigengewicht des Drahts) durchgeführt, damit aus
den Ergebnissen noch allgemeingültige Rückschlüsse gezogen werden können.
Für die Lösung wird die Längskraft im Draht benötigt. Wir schneiden an einer allgemeinen Stelle z
und ermitteln die Längskraft FL aus dem Kräftegleichgewicht am Teilsystem. FL wird:
FL(z) = mg+rgA(l - z)
(dieser Verlauf von FL ist in Bild 2.22 grafisch dargestellt)
Daraus folgt mit Gleichung (2.19) der Normalspannungsverlauf im Draht zu
mg
F (z) mg  rgA( l - z)
smax 
 rgl
bei z = 0 (vgl. Bild 2.22)
s z (z)  L

mit
A
A
A
Beachte: Für mg = 0 wird smax unabhängig von der Querschnittsfläche A des Drahts.
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1. Erforderlicher Drahtdurchmesser d:
Der Drahtdurchmesser d muss so gewählt werden, dass die folgende Bedingung erfüllt wird:
mg
4  mg
1
smax  szul

 rgl  s zul und mit A  pd2  derf 
(1)
A
ps zul  rgl 
4
Beachte:
• Für mg = 0 kann A beliebig sein (wegen smax unabhängig von A für mg = 0; vgl. auch oben)
s
• Für (szul - rgl)  0, d.h. für l  zul ist die Bedingung nicht mehr erfüllbar, da bei dieser
rg
Länge smax = szul allein durch das Eigengewicht erreicht wird.
2. Maximale Drahtlänge bis zum Reißen
Der Draht wird reißen, wenn die maximale Spannung die Zugfestigkeit Rm erreicht.
Aus der Bedingung smax = Rm folgt dann:
smax 
mg
 rglmax  Rm
A

lmax 
Rm mg

rg rgA
(2)
3. Verschiebung und Gesamtverlängerung des Drahts
Die Verschiebung berechnen wir wegen der von z abhängigen Längskraft aus der allgemeinen Verschiebungsgleichung (2.22) für die Zug/Druck Beanspruchung.
w z  
FL z
mg
rg
mg rg

l  z2  C
dz  C   
 l  z  dz  C 
z
EA z
EA
2E
EA E

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Die Integrationskonstante C in w(z) berechnen wir aus der Randbedingung
rg 2
rg 2
 C
l
w (z=0)=0
l C0
 
2E
2E
Damit ergibt sich für die Verschiebung der Drahtpunkte in Abhängigkeit von z:
w(z) 
mg
rg
z
(2lz  z 2 )
EA
2E
(3)
Aus (3) erhalten wir die Gesamtverlängerung des Drahts, indem wir für z = l setzen:
w max  w(z  l ) 
mg
rg 2
l
l
EA
2E
(4)
Nachfolgend werden für die oben gegebene Zahlenwerte die Ergebnisse angegeben (die
Zahlenrechnung sollte der Leser zur Übung selbst durchführen).
1. Erforderlicher Seilquerschnitt A:
Aus Gleichung (1) folgt
derf  0,868 mm.
Da man einen Draht mit diesem erforderlichen Querschnitt kaum finden wird oder herstellen
lassen kann, wählt man ein verfügbaren oder herstellbaren Draht mit dem nächst größeren
Querschnitt aus, z. B. mit dem Durchmesser
dgew  0,9 mm
(das entspricht einer Querschnittsfläche von Avorh  0,636 mm2)
Beachte: Mit diesem gewählten Wert dgew = 0,9 mm (bzw. mit Avorh = 0,636 mm2) müssen
alle nachfolgenden Rechnungen durchgeführt werden!
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2. Maximale Drahtlänge bis zum Reißen
Aus Gleichung (2) folgt mit Avorh
lmax  19,96 km
Hinweis: Für mg = 0 (frei hängender Draht) wird die maximale Länge, bei der der Draht
reißt, lmax = 25,97 km !
3. Verschiebung und Gesamtverlängerung des Seiles
Aus Gleichung (3) folgt mit Avorh die Verschiebung in Abhängigkeit von z zu
w(z)  24,501 104 z  2,0265  1010 mm 1z2
Aus (4) erhalten wir die Gesamtverlängerung des Drahts der Länge 36 m zu
w max  87,94 mm
Hinweis: Für mg = 0 (frei hängende Draht) wird die maximale Verlängerung bei der
maximalen Drahtlänge lmax
wmax = w(z = lmax = 25,97 km) = 136,7 m !
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Beispiel 2.3 Eingespannter Stab mit Einzellast und Temperaturbelastung
Gegeben: F = 6105 N, l1 = 1200 mm, l2 = 800 mm, A = 2000 mm2, E = 2,1105 N/mm2,
a =1210–6 K–1, Ausgangstemperatur TA = 20 C, Endtemperatur TE = 50 C,
(Annahme: Eigengewicht vernachlässigbar, d. h. es werden nur Längsbelastungen
berücksichtigt)
A, E, a, TA, TE
Gesucht: 1. Lagerreaktionen an den Einspannstellen A
und B
2. Normalspannungen im Stab
F
z1
z2
A
B
3. Endtemperatur TE , für die die Normall1
l
spannung s am Lager B Null wird.
FA
1. Lagerreaktionen:

 : FA + F - FB = 0
F
2
F
B
FB = FA + F
(1)
FA
FL1 = FA
Hinweis: Mit (1) liegt eine Gleichung für zwei unbekannte Lagerreaktionen FA und FB vor. Allein daraus
z1
FA
F
FL2 = FA+F
lassen sich die Lagerreaktionen also nicht berechnen!
Das bedeutet
 Das Problem ist statisch unbestimmt!
z2
 Zur Lösung muss das Verformungsverhalten Bild 2.23 Eingespannter Stab mit Einzellast und
Temperaturbelastung
des Stabes betrachtet werden!
Mit den Schnittgrößen, die in Bild 2.23 bereits als Zwischenergebnis eingetragen sind und mit
T = TE - TA (siehe Seite 179) können wir die Verschiebungen in den zwei Bereichen des
Stabes mit Hilfe von Gleichung (2.25) aufschreiben.
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FL1
F
 z1  aT  z1  C1  A  z1  aT  z1  C1
EA
EA
F
F F
w 2 (z2 )  L2  z 2  aT  z 2  C2  A
 z 2  aT  z 2  C2
EA
EA
w1(z1) 
1. Bereich 0  z1  l1:
2. Bereich 0  z2  l2:
Die Verschiebungen müssen noch folgende Rand- und Übergangsbedingungen erfüllen:
2. w1(z1=l1)=w2(z2=0)
1. w1(z1=0)=0
3. w2(z2=l2)=0
Mit der Gleichung (1) und den Bedingungen 1. bis 3. liegen vier Gleichungen für die vier
Unbekannten FA, FB, C1 und C2 vor. Wir erhalten

aus 1.:
aus 2.:
FA
l1  aTl1  C1  C2

EA

aus 3.:
FA  F
 l2  aTl2  C2  0
EA

0
C1 = 0
F
C2  A l1  aTl1
EA
FA  F
F
 l2  aTl2  A l1  aTl1  0
EA
EA
In der letzten Gleichung ist nur noch FA unbekannt und es folgt durch Auflösen nach FA
Fl2
FA  
 aT  EA
(2)
l1  l2
Aus (1) FB = FA + F folgt mit (2):
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FB  
Fl1
 aT  EA
l1  l2
(3)
Ende
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2. Normalspannungen:
Mit der Lagerreaktion FA nach Gleichung (2) sind die Schnittgrößen (siehe Bild 2.23)
berechenbar. Damit erhalten wir aus Gleichung (2.19) die Normalspannungen zu:
F
F
l
F
sz z1  L1  A   2   aT  E
1. Bereich: 0  z1  l1
A
A
l1  l2 A
sz z2  
2. Bereich: 0  z2  l2
FL2 FA  F
l
F

 1   aT  E
A
A
l1  l2 A
(4)
(5)
3. Endtemperatur TE , für s = 0 am Lager B
l
F
T  TE  TA  1 
Aus (5) folgt mit der Bedingung s(z2=l2) = 0:
l1  l2 aEA
l1
F
TE  TA 

l1  l2 aEA
(6)
Mit den gegebenen Zahlenwerten erhalten wir aus (2) bis (6):
1.Lagerreaktionen:
FA   2,40  15,12  105 N  17,52  105 N
FB  3,60  15,12  105 N  11,52  105 N
2. Spannungen:
sz z1   120  756 N mm 2  876 N mm 2
sz z2   180  756 N mm 2  576 N mm 2
3. Endtemperatur:
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TE  20  7,14 C  27,14 C
?
Ende
Hinweis: Man beachte
die stark überwiegenden
Anteile (jeweils zweites
Glied in den Klammern)
bei den Lagerreaktionen
und bei den Spannungen
aus der Temperaturbelastung T !
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2.2.2
Flächenpressung
Als Flächenpressung p bezeichnet man die Druckbeanspruchung normal zur Berührungsebene zweier Körper (Berührungsspannung). Die sich berührenden Flächen können dabei
eben oder gekrümmt sein.
•
m
mg
mg
A
•
g
reale Verteilung p=konst.
von p
(Annahme)
p
Bereich der
Flächenpressung
Bild 2.24 Flächenpressung in
ebenen Berührungsflächen
a)
A
FN
b)
c)
d)
Beachte: Die reale Verteilung der Flächenpressung p (Bild 2.24 c zeigt eine realitätsnahe
Verteilung) ist von der Geometrie und den Steifigkeiten der sich berührenden Körper abhängig
und kompliziert zu berechnen. Um eine für die praktische Anwendung handhabbare Berechnungsmöglichkeit zu erhalten, arbeitet man mit vereinfachenden Annahmen über die
Verteilung der Flächenpressung in der Kontaktebene (vgl. Bild 2.24 d).
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Ebene Berührungsflächen
Annahme: Die Flächenpressung p sei konstant über die Berührungsfläche A verteilt.
Diese Annahme würde richtig sein, wenn man ideal starre Körper mit ideal ebenen Berührungsflächen A voraussetzen könnte, was in der Praxis natürlich nie zutrifft. Trotzdem kann in der
Anwendung oft die obige Annahme getroffen werden. Für die Flächenpressung p in ebenen
Berührungsflächen (vgl. Bild 2.24 b und d) gilt dann
p
FN
A
(2.27)
mit FN - Druckkraft senkrecht zur Berührungsfläche A
Für einen Spannungsnachweis, eine Dimensionierung oder eine Belastbarkeitsrechnung
bezüglich der Flächenpressung muss die Bedingung
p  pzul
erfüllt werden. Aus dieser Ungleichung lässt sich dann die gesuchte Größe ermitteln.
Hinweis: Zulässige Werte für pzul werden in der Regel durch das „weichere“ Material der
Materialpaarung bestimmt. Absolute Größen können allgemein nicht angegeben werden, da
spezielle Einsatzbedingungen wie Verschleiß, Dauerfestigkeit usw. die Größe wesentlich
bestimmen. Der Maximalwert für p ist theoretisch die Bruchspannung des Materials.
pzul in N/mm2
0,25
0,75
100
Material
gewachsener Boden
Mauerwerk
Stahl
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Tabelle 2.5 Richtwerte für pzul
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Beispiel 2.4 Flächenpressung zwischen Stahlträger und Stützpfeiler
Ein Doppel-T-Träger liegt auf zwei Stützpfeilern auf. Die Belastung F wird symmetrisch eingeleitet.
Schnitt an der
Kontaktfläche
F
FN=F/2
F
p
L
L
B
B
Bild 2.25 Flächenpressung zwischen Stahlträger und Stützpfeiler
Für die Flächenpressung zwischen Stahlträger und Stützpfeiler folgt mit (vgl. Bild 2.25)
1
FN  F (Normalkraft)
und
A = B  L (Auflagefläche)
2
aus Gleichung (2.27)
p
FN
F

A 2 B L
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Gekrümmte Berührungsflächen
(Zapfenlagerung, Gleitlager, Bolzen und Niete in Bohrungen usw.)
Annahme: Die Komponente der Flächenpressung in Richtung der resultierenden Druckkraft FD
sei konstant über die zu FD senkrechte Projektionsfläche AProj verteilt.
Mit dieser Annahme gilt:
F
p D
mit FD - Druckkraft senkrecht zur Projektionsfläche AProj
AProj
(2.28)
Beispiel 2.5 Flächenpressung zwischen Welle und Gleitlager
F
b
Für die Flächenpressung
zwischen Welle und Gleitlager
folgt mit (vgl. Bild 2.26):
FD = 2F
p
F
AProj
r
aus Gleichung (2.28)
p
tatsächlich
belastete
Fläche
Bild 2.26 Flächenpressung zwischen Welle und Gleitlager
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FD = 2F (Druckkraft)
AProj = 2rb (Projektionsfläche)
?
FD
F

AProj r b
Die Flächenpressung zwischen einer
Welle bzw. einem Bolzen und der
Gleitlager- bzw. Bohrungswand heißt
auch Lochleibungsdruck.
Ende
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Hinweis: Die obige Annahme einer konstanten Verteilung der Flächenpressung über die
projizierte Fläche AProj liefert die gleiche resultierende Druckkraft FD wie die Annahme einer
konstant verteilten Flächenpressung p senkrecht zur Berührungsfläche. Mit der folgenden
Rechnung soll diese Aussage für das Beispiel 2.5 bewiesen werden.
r
FD
Tiefe der
Bohrung b
j
dAProj = dAsinj
j
dFV = pdAsinj
dF = pdA
p
dA = brdj
dA
Bild 2.27 Resultierende für p = konst. über Halbkreisfläche
Es gilt (vgl. Bild 2.27): dFV = p sinj dA = p sinj brdj
Hinweis: Die reale Verteilung von p ist von
der Geometrie und den Steifigkeiten abhängig
und kompliziert zu berechnen. Für eine Welle
in einem Lager (ohne
FD
Spiel) könnte der
Verlauf beispielsweise wie folgt
j
aussehen:
Bild 2.28 Realitätsnaher
Lochleibungsdruck
pmax
p(j) = pmaxsin
j
Die Integration über den Halbkreis liefert:
p
 dFv   pbr sinj dj  pbr- cosj 0
p

FV = pbr2 = pAProj = FD
(Was zu beweisen war!)
0
Bedeutung hat die Flächenpressung bei der Auslegung von Gewinden, Klemm- und
Presssitzen, Kupplungen, Passfedern und Keilen, Stiftverbindungen usw. Hier sind häufig auch
spezielle Berechnungsvorschriften zu beachten.
Hinweis: Genauere Untersuchungen der Flächenpressung können nach der Theorie von
H. HERTZ vorgenommen werden. Man spricht dann auch von HERTZscher Pressung.
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2.3
Biegung
Das Ziel in diesem Kapitel ist die Berechnung der Spannungen und Verformungen in geraden
Balken infolge der Biegemomente Mbx und Mby.
2.3.1
Voraussetzungen und Annahmen
• Wir betrachten zunächst einen geraden, prismatischen Balken mit der Balkenachse z und
den Querschnittsachsen (x,y), der auf reine Biegung um die x-Achse (Mbx = konst., Mby = 0,
FQy = 0, FL = 0) belastet ist (Bild 2.29, links). Eine endgültige Festlegung der Lage und der
Orientierung des Koordinatensystems relativ zum Querschnitt ergibt sich aus den Annahmen
und Schlussfolgerungen des Kapitels 2.3.2.
Beispiel für reine Biegung und Querkraftbiegung:
a
a
F
F
Beispiel für reine Biegung:
Balkenachse
x
M0
x
•
z
y
•
z
y
F
Balkenachse
+
-
F FQ
reine Biegung
+
Querkraftbiegung
y
+
Fa
Mbx
Bild 2.29 Reine
Biegung und
Querkraftbiegung
Hinweis: Die im Folgenden hergeleiteten Formeln lassen sich auch mit guter Näherung für schwach
gekrümmte Balken, Balken mit stetig veränderlichen Querschnitten und Balken mit Querkraftbiegung
(Mbx = Mbx(z), FQy  0, siehe Bild 2.29, rechts) anwenden.
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• Durch die Biegemomentenbelastung Mbx entstehen im Querschnitt Normalspannungen sz
senkrecht zur Querschnittsfläche, die bei reiner Biegung keine resultierende Kraftwirkung
haben und deshalb in einem Teil des Querschnitts positiv (Zugspannungen) und im anderen
Teil negativ (Druckspannungen) sein müssen (siehe Bild 2.30 weiter unten).
• Diejenige Balkenachse, für die die Normalspannungen sz (und damit auch die Dehnungen ez)
Null sind, bezeichnen wir als neutrale Faser oder als neutrale Schicht.
• Die positiven und negativen Normalspannungen sz erzeugen Dehnungen ez in z-Richtung,
die zu einer Krümmung (Biegeverformung) der ursprünglich geraden Balkenachse führen.
• Zur Berechnung der Normalspannungen sz und der Biegeverformungen ist eine Annahme
von J. BERNOULLI, die so genannte BERNOULLI-Hypothese oder auch Normalenhypothese,
Grundlage der elementaren Biegetheorie.
Balkenachse
.
.
.
.
x
z
•
.
y
Mbx
Druckspannungen
.
.
.
Zugspannungen
Mbx
.
verformte Balkenachse  neutrale Faser
(Spannung sz = 0 und Dehnung ez = 0)
.
Bernoulli-Hypothese:
Eine im unverformten Zustand senkrecht zur
Balkenachse stehende ebene Querschnittsfläche, bleibt bei einer reinen Biegeverformung eben und steht senkrecht zur
verformten Balkenachse (Bild 2.30).
Bild 2.30 Verformungen nach der BERNOULLI-Hypothese
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Hinweis: Die BERNOULLI-Hypothese trifft für die Querkraftbiegung nicht zu, da es infolge von
Schubspannungen t zu Gleitungen g und damit zu einer Verwölbung des Querschnitts kommt.
Mit der Annahme der BERNOULLI-Hypothese vernachlässigen wir also die Wirkung der
Schubspannungen. Das hat sich in der Praxis jedoch bewährt, da bei Balkentragwerken der
Schubeinfluss im Verhältnis zu den Biegenormalspannungen gering ist.
2.3.2
Spannungen bei gerader Biegung
Definition: Man spricht von gerader Biegung, wenn es bezüglich der (x,y)-Achsen nur ein
Biegemoment Mbx mit daraus folgender Biegeverformung in der (y,z)-Ebene bzw. nur ein
Moment Mby mit Biegeverformung in der (x,z)-Ebene gibt.
Mit den Voraussetzungen (vgl. Bild 2.31), dass
Mb
• nur Mbx wirkt und damit die Biegeverformung in der (y,z) -Ebene erfolgt,
x
• die Dehnungen und die Spannungen unabhängig von x sind,
• die Balkenachse z in der neutralen Faser liegt,
z
• die Querdehnung in x- und y-Richtung unbehinderte sind
x
y
(sx = 0, sy = 0),
P
neutrale Faser
• T = 0 ist,
szd
(Schicht)
gilt nach dem HOOKEschen Gesetz für die Spannung sz infolge
dA A
eines Biegemomentes Mbx für einen beliebigen Punkt P im
Bild 2.31 Normalspannung sx infolge Mbx
Querschnitt z (siehe Bild 2.31)
s z y,z  E  e z y,z
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(2.29)
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Infolge dieser Spannungen (2.29) krümmt sich ein ursprünglich gerades Balkenelement der
Länge dz.
Die Endquerschnitte bleiben wegen der Annahme der BERNOULLIschen Hypothese eben und
stehen senkrecht zur gekrümmten Balkenachse (neutrale Faser, siehe Bild 2.32).
Alle Fasern mit y  0 erfahren dadurch eine Dehnung.
Die Dehnung ez einer Faser im Abstand y
von der neutralen Faser (diese dehnt sich
nicht!) wird
ds  dz r  ydj  rdj
y
e z y,z 


dz
rdj
rz
mit r(z) - Krümmungsradius.
dz
neutrale Faser
dj
Mbx r
Mbx
y
y
P
dz
ds
P
Bild 2.32 Verformung eines differentiellen Balkenelements dz
Setzen wir diese Dehnung in die Gleichung (2.29) ein, so folgt für die Normalspannung
sz (y, z)  E  e z y, z 
E
y
rz
(2.30)
Den in Gleichung (2.30) noch unbekannten Krümmungsradius r(z) und die Lage der neutralen
Faser erhalten wir aus den folgenden Äquivalenzbedingungen zwischen der Spannung sz und
den Schnittgrößen im Querschnitt z. Da nur das Biegemoment Mbx wirken soll, gibt es keine
resultierende Längskraft FL und kein resultierendes Moment Mby.
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Daraus folgt:

FL z 
 s z y,zdA  rz  ydA  0
E
A 
erfüllt für
A 
 ydA  S x  0
A 
Folgerung: Sx ist genau dann Null, wenn die x-Achse durch den Flächenschwerpunkt S
verläuft (vgl. Kapitel 1.9.3, S 129). Das bedeutet, die neutrale Faser und damit die
Balkenachse z muss durch den Flächenschwerpunkt S verlaufen.

Mby z 
 s z y,z  xdA  rz  xy dA  0
E
A 
A 
erfüllt für
 xy dA  Ixy  0
A 
Folgerung: Ixy ist genau dann Null, wenn die x-Achse und die y-Achse durch den
Flächenschwerpunkt S verlaufen und Hauptachsen des Querschnitts sind (vgl. Kapitel
1.10.4, S 141 ff.).

Mbx z 
E
2
 s z y,z  ydA  rz  y dA
A 
A 
mit (vgl. Kapitel 1.10.1, S 134)

M z
1
 bx
rz
EIxx
Ixx 
y
2
(2.31)
dA
A 
Setzen wir (2.31) in (2.30) ein, so erhalten wir die Normalspannung sz für die gerade Biegung
um die x-Achse infolge eines Biegemomentes Mbx zu
M z
sz y,z  bx y
(2.32)
Ixx
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für Wirtschaftsingenieure
?
Ende
2 Festigkeitslehre
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Zusammenfassung:
• Ist (x,y,z) ein Hauptzentralachsensystem, so berechnen sich die Spannungen sz(y,z) infolge
einer Biegemomentenbelastung Mbx um die x-Achse (Biegeachse) aus der Gleichung (2.32)
Hinweis: Die Spannung ist unabhängig vom Elastizitätsmodul E des Materials!
• Die Normalspannungen sz(y,z) infolge Mbx sind
sz2
linear über den Querschnitt verteilt und werden für
Mbx
y=0 (neutrale Faser) Null.
• Die größten Normalspannungen treten in Punkten
mit den größten Abständen von der x-Achse auf.
So sind z. B. in Bild 2.33 bei einem Biegemoment Mbx > 0
die größten positiven Spannungen (sz1 > 0) bei y = e1 und
die größten negativen Spannungen (sz2 < 0) bei y = e2
vorhanden. Allgemein gilt für die Randspannungen:
I
M z 
M z 
mit Wbx1  xx
σ z1z   bx e1  bx
e1
Ixx
Wbx1
M z 
M z 
I
mit Wbx2  xx
σ z2z    bx e2   bx
e2
Ixx
Wbx2
e2
S
x
e1
y
sz1
Bild 2.33 Normalspannungsverteilung
Wbx1 und Wbx2 sind die so genannten (Biege-) Widerstandsmomente (rein geometrische Querschnittskenngrößen), die für genormte Querschnitte in Tabellenform verfügbar sind (siehe z. B. Tabelle 2.6).
Mit diesen Biegewiderstandsmomenten kann man den in der Praxis oft benötigten Betrag der
maximalen Normalspannung im Querschnitt z schnell angeben. Es wird:
M z 
I
σ z (z) max  bx
mit Wbx min  xx
(2.33)
Wbx min
emax
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Beispiel 2.6 Träger mit Streckenlast und Einzellast (vgl. Beispiel 1.17, S 99)
Gegeben: q = 20 N/cm, a = 0,5 m, b = 2 cm, h = 3 cm
Gesucht: Ort und Größe der maximalen
Biegespannung
Den Schnittgrößenverlauf für das Biegemoment Mbx
übernehmen wir vom Beispiel 1.17, S 103.
Die größten Biegespannung im Träger treten an
der Stelle des vom Betrag größten Biegemomentes
Mbx = -q0a2 am Lager B auf.
Im Querschnitt an diesem Lager ergeben sich die
maximalen Spannungen am Rand y = emax = h/2.
q
F = qa
x
B
A
z1
y1
y1 a z1
2a
1
qa
820
_ q0a2
h
y
b
Mbx-Verlauf
B
Bild 2.34 Träger mit Streckenlast und Einzellast
Mit den Querschnittsgrößen eines Rechteckquerschnitts (siehe Kapitel 1.10.3, Tabelle 1.5, S 97)
Ixx
bh3

12
und
Wbx min
Ixx
bh2


emax
6
(1)
folgt für den Spannungsverlauf über den Querschnitt am Lager B (Stelle z1 = 2a oder z2 = 0)
aus (2.32)
Mbx z 2  0 
12qa2
s z y, z 2  0  
y
y
3
Ixx
bh
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(2)
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Die größten Spannungen am Lager B erhält man aus (2) für y = ±h/2 am unteren bzw. am
oberen Rand.
h
12qa2 h
6qa2


 
Unterer Trägerrand bei B: s z  y  , z 2  0   
3
2
2


bh
bh2
h
N


s z  y  , z 2  0   166,7
2


mm 2
Oberer Trägerrand bei B:
h
N


s z  y   , z 2  0   166,7
2


mm 2
Die vom Betrag größte Spannungen am Lager B folgt auch aus Gleichung (2.33) mit dem
Widerstandmoment Wbxmin aus Gleichung (1) zu:
σ z z 2  0 max
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Mbx z 2  0 6qa2
N



166,7
Wbx min
bh2
mm 2
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Beispiel 2.7 Dimensionierung eines T-Trägers (vgl. Beispiel 1.16, S 98)
Gegeben: F = 2000 N, a = 0,5 m, szul = 240 N/mm2
Gesucht: Hochstegiger T-Träger nach DIN 1024
Den Biegemomentenverlauf Mb übernehmen wir vom Beispiel
1.16, S 98. Für die vier Bereiche mit konstantem Querschnitt
werden an der Stelle des größten Biegemomentes Mbmax (vgl.
Bild 2.35) die Spannungen maximal. Diese maximale
Spannung muss die folgende Bedingung erfüllen:
σ z max
Wbx min
M
7Fa
 b max 
σ zul
2σ zul
Wbx min  14,58 cm3
Tabelle 2.6 Auszug aus DIN 1024
b
A
[cm2]
e
[cm]
Ix
[cm4]
Wx
[cm3]
Iy
[cm4]
Wy
[cm3]
...
80
90
...
...
13,6
17,1
...
...
2,22
2,48
...
...
73,7
119
...
...
12,8
18,2
...
...
37,0
58,5
...
...
9,25
13,0
...
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y
b=h
[mm]
e
x
y
x
h
y1
z
a1
z2
a
z3
a
z4
a
nach
DIN 1024
+
Mb - Verlauf
7
Mb max= 2 Fa
Bild 2.35 Dimensionierung eines T-Trägers
Aus der Ungleichung (1) kann Wbxmin
bzw. ein typischer Querschnittswert
des vorgegebenen Querschnitts bestimmt werden. Bei genormten Quer(1) schnitten findet man Wbx in entsprechenden DIN-Tabellen (Tabelle 2.6).
Auszug aus DIN 1024
T 90
B
A
Hinweis: Das ist eine in der Praxis häufig vorkommende
Dimensionierungsaufgabe bezüglich Festigkeit, d. h. der Querschnitt
muss so bestimmt werden, dass |sz|max< szul wird.
M
 b max  σ zul 
Wbx min
2F
2F
F
Aus der Tabelle 2.6 wählen wir
einen T-Träger, für den wegen (1)
Wx  Wbx min  14,58 cm3
gilt. Das ist der T-Träger T 90, der
die Bedingung (1) erfüllt:
Wx  18,2cm3  14,58 cm3
Ende
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2.3.3
Verformungen bei gerader Biegung
Für die Berechnung der Verformungen sollen die in den Kapiteln 2.3.1 und 2.3.2 getroffenen
Annahmen und Voraussetzungen ebenfalls gelten. Sie sollen hier wegen ihrer grundsätzlichen
Bedeutung nochmals angegeben werden:
• Das HOOKEschen Gesetz und die BERNOULLI-Hypothese sollen gelten.
• Es liegt reine Biegung vor (Biegemoment ist konstant). Eine Anwendung auf veränderliche
Biegemomente kann mit ausreichender Genauigkeit vorgenommen werden.
• Die Biegung erfolgt um eine Hauptzentralachse des Querschnitts. Ohne Einschränkung der
Allgemeinheit nehmen wir zunächst an, dass dies die x-Achse sei.
Wir definieren die Biegeverformung v(z) als die
Verformung der neutralen Faser in y- Richtung infolge
eines Biegemomentes Mbx(z). Die Funktion der Biegeverformung v(z) wird auch Biegelinie genannt (siehe
Bild 2.36).
Die neutrale Faser eines differentiellen
Elementes dz des Trägers erfährt infolge der
Biegebelastung eine Krümmung k Bild 2.37
links, die der Kehrwert des Krümmungsradius
r(z) ist. Nach Kapitel 2.3.2, Gleichung (2.31),
folgt damit für die Krümmung
M z 
1
(2.34)
k
 bx
ρz 
EI xx
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x
Mb
x
•
v(z) F
y
verformte
Balkenachse (Biegelinie)
Bild 2.36 Definition der Biegeverformung v(z)
z
.
z
unverformte
Balkenachse
dz
dz
v(z)
dj
x
.
r(z)
Mbx
y
dz
dx
y(x)
y
r
Definition der
mathematisch
positive Krümmung:
dj
Bild 2.37 Krümmung infolge Mbx (links) und mathematische
Definition einer positiven Krümmung (rechts)
Ende
2 Festigkeitslehre
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Die mathematische Definition der positiven Krümmung einer Funktion y(x) ist in Bild 2.37 rechts
dargestellt und berechnet sich aus
1
v(z)
k

(2.35)
rz 
2 3
1  v(z)


Der Vergleich der beiden Krümmungen in Bild 2.37 zeigt, dass nach unseren Definitionen der
positiven Verformung v(z) und des positiven Biegemomentes Mbx ein positives Biegemoment
eine negative Krümmung k der Biegelinie v(z) erzeugt. Das bedeutet, dass beim Einsetzen von
Gleichung (2.35) in (2.34) – wobei für y(x)  v(z) zu setzen ist – dieses unterschiedliche
Vorzeichen in der Krümmung berücksichtigt werden muss. Es folgt:
M z 
vz
  bx
(2.36)
EIxx z 
2 3
1  vz


Hinweis: Mit dieser nichtlinearen Differentialgleichung (2.36) muss bei der Berechnung von
großen Verformungen im elastischen Bereich gerechnet werden!
Setzen wir nachfolgend kleine Verformungen v(z) voraus (vgl. Kapitel 2.1.1), so wird v(z) sehr
klein, so dass [v(z)]2 gegenüber der „1“ im Nenner der Gleichung (2.36) vernachlässigt werden
kann. Wir erhalten für kleine Verformungen aus Gleichung (2.36) die so genannte
Differentialgleichung der Biegelinie 2. Ordnung in der Form
M z
(2.37)
vz   bx
EI xx z  v z   Mbx z 
bzw.
EIxx z
Das Produkt E·Ixx nennt man auch Biegesteifigkeit.
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Wird die Differentialgleichung 2. Ordnung (2.37) zweimal differenziert, so folgt
EIxx z vz  Mbx z
Mit den differentiellen Beziehungen zwischen den Schnittgrößen und der Linienlast qy (vgl.
Kapitel 1.6.3, S 95)
  qy z
FQy
Mbx  FQy z




 z   FQy
 z   qy z 
Mbx
erhält man die Differentialgleichung der Biegelinie 4. Ordnung in der Form
EIxx z   vz   qy z 
(2.38)
und für den häufigen Fall konstanter Biegesteifigkeit EIxx = konst.
EI xx  vz   qy z 
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(2.39)
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Lösung der Differentialgleichung (DGL)
Die relativ einfache gewöhnliche DGL 2. Ordnung (2.37) bzw. die DGL 4. Ordnung (2.38) oder
(2.39) lässt sich in der Regel wie folgt lösen:
• Die DGL wird bereichsweise (Bereichseinteilung wie bei der Schnittgrößenberechnung) durch
zweimalige bzw. viermalige Integration gelöst. Veränderliche Biegesteifigkeiten EI bringt man
zweckmäßig auf die rechte Seite der DGL.
• Die Lösung enthält bei n Bereichen:
2n Integrationskonstanten (DGL 2. Ordnung) bzw.
4n Integrationskonstanten (DGL 4. Ordnung).
• Die Integrationskonstanten werden aus Rand- und Übergangsbedingungen (RB) an den
Bereichsgrenzen ermittelt (siehe z. B. Tabelle 2.7 auf der nächsten Seite):
- v und v  (v  = tanj, wobei j der Winkel von der z-Achse zur Tangente an die Bieglinie ist
und auch Biegewinkel genannt wird) bei der DGL 2. Ordnung (auch als geometrische RB
bezeichnet),
- Mbx = -EIv  und FQy = Mbx = -(EIv ) bei der DGL 4. Ordnung (auch als dynamische RB
bezeichnet).
Frage: Welche der beiden Differentialgleichungen (2. oder 4. Ordnung) verwendet man zur Berechnung der
Biegeverformung (oder kurz der Verschiebung)?
Empfehlung:
• Die DGL 2. Ordnung wird dann benutzt, wenn der Biegemomentenverlauf bereits bekannt ist bzw. in
einfacher Weise berechenbar ist.
• Die DGL 4. Ordnung wird benutzt, wenn der Biegemomentenverlauf schwierig zu berechnen ist (z. B. bei
komplizierten Belastungsfunktionen qy(z)). Jedoch erhält man in jedem Bereich vier Integrationskonstanten,
so dass entsprechend mehr Rand- und Übergangsbedingungen aufgeschrieben werden müssen.
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2 Festigkeitslehre
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Tabelle 2.7 Beispiele für Rand- und Übergangsbedingungen
F
z
y,v
M
Biegelinie
DGL 2. Ordnung
DGL 4. Ordnung
v (z=0) = 0
v (z=0) = 0
v (z=0) = 0
v (z=0) = 0
Mbx (z=a) = - M0
FQy (z=a) = F
v1(z1=0) = 0
v1(z1=a) = 0
v2(z2=0) = 0
v1 (z1=a) = v2 (z2=0)
RB wie DGL 2. Ordnung
und zusätzlich noch
Mbx1(z1=0) = 0
Mbx1(z1=a) = Mbx2(z2=0)
Mbx2 (z2=b) = 0
FQy2 (z2=b) = 0
0
a
FQy(z=a)
Mbx(z=a)
F
M
0
dz
Biegelinie
z2
z1
a
y1,v1
b
y2,v2
Beachte: • Bei statisch bestimmten Systemen ist die Anzahl der Randbedingungen gleich der
Anzahl der Integrationskonstanten.
• Bei statisch unbestimmten Systemen gibt es in Abhängigkeit vom Grad der
statischen Unbestimmtheit entsprechend mehr Randbedingungen.
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Beispiel 2.8 Verformungen eines Trägers auf zwei Stützen (statisch bestimmt)
Gegeben: q, a, b, EI = konst.
Gesucht: Biegelinie, Verschiebung vC bei C
und Neigung jB (Biegewinkel) bei B
Mit den Definitionen der Lagerreaktionen und der
Bezugssysteme nach Bild 2.38 folgt nach kurzer
Rechnung für die Lagereaktionen und für die Schnittgrößen in den beiden Bereichen:
FAH  0
FAV
b
   qb
2a
b2
Mbx z1  FAVz1  
 qz1
2a
1
Mbx z 2    qb - z 2 2
2
b

FB  1   qb
 2a
q
Biegelinie
A
B
EI
C
jB
a
vC
b
Schnittbild für Lagerreaktionen
und Biegemomente:
FAH A
FAV
B
z1
a
y1,v1
FB
q
C
z2
b
y2,v2
Bild 2.38 Träger auf zwei Stützen, Biegelinie,
Lagerreaktionen, Bezugssysteme
Hinweis: Da hier der Biegemomentenverlauf in den zwei Bereichen bekannt ist (siehe oben),
bietet sich die Berechnung der Verformungen mit der Differentialgleichung 2. Ordnung (2.37)
an.
Die Differentialgleichung 2. Ordnung schreiben wir nachfolgend für beide Bereiche auf und
ermitteln die Verschiebungsfunktion (Biegelinie) durch zweimalige Integration.
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Es folgt:
1. Bereich (0  z1  a):
b2
EI  v1(z1)  Mbx z1 
 qz1
2a
b2
EI  v1 (z1) 
 qz12  c1
4a
b2
EI  v1(z1) 
 qz13  c1z1  c 2
12a
2. Bereich (0  z2  b):
(1)
(2)
1
EI  v2 (z2 )  Mbx z 2   qb - z 2 2
2
1
EI  v2 (z2 )   qb - z 2 3  c 3
6
1
EI  v 2 (z2 ) 
qb - z 2 4  c 3 z 2  c 4
24
(3)
(4)
Die vier Integrationskonstanten c1 bis c4 folgen für diese statisch bestimmte Aufgabe aus vier
Randbedingungen (siehe auch zweites Beispiel in Tabelle 2.7). Es ergibt sich mit den
Gleichungen (1) bis (4):

1. v1(z1=0) = 0
mit (2):
 c2  0
qab2
b2
3
 c1  
2. v1(z1=a) = 0
 mit (2): 12a  qa  c1a  0
12
1
qb4
4
qb

c

0
3. v2(z2=0) = 0
 c4  
 mit (4): 24
4
24
2
b
1
 qa2  c1   qb3  c 3
4. v1(z1=a) = v2(z2=0)  mit (1) und (3):
4a
6
1 3  a

c

qb 1  
3
Aus (5) folgt mit c1 noch die Konstante c3 zu
 b
6
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(5)
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Mit diesen Integrationskonstanten lassen sich jetzt die Biegelinien aus (2) bzw. (4) aufschreiben.
Wir erhalten für die Biegelinien:
1. Bereich:
3
qa2b2  z1
z1 
v1(z1) 
   
12EI  a 
a 
(6)
2. Bereich:
4
3
2
qb4  z2 
a  z 2 
 z2 
 z2 
v 2 (z2 ) 

4

6

4
 
 
 
 
24EI  b 
b  b 
b
b
(7)
Die Verschiebung vc bei C folgt aus der Biegelinie (7) zu:
qb 4 
a
v C  v 2 (z2  b) 
3  4 
24EI 
b
(8)
Der Biegewinkel j(z) kann aus der ersten Ableitung der Biegelinie ermittelt werden, denn es
gilt allgemein
v(z)  tanj(z)
Für die allgemein vorausgesetzten kleinen Verformungen sind auch die Biegewinkel klein und
es kann tanj  j gesetzt werden. Damit folgt für den Biegewinkel
j(z)  tanj( z )  v ( z )
(2.40)
Mit der Ableitung der Biegelinie (1) folgt für den Biegewinkel bei B aus Gleichung (2.40)
 qab2
1  b2
2
jB  v1 (z1  a)    qa  c1 
EI  4a
6EI

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(9)
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Hinweis: Wegen der 4. Randbedingung gilt natürlich auch jB  tan jB  v 2 z2  0
Frage: Welches System entsteht, wenn die Länge a des 1. Bereichs gegen Null geht?
Für a = 0 verbleibt von den zwei Bereichen nur der zweite Bereich der Länge b mit einer
Biegelinie, die sich aus (7) ergibt. Die Verschiebung vC bei C kann aus (8) mit a = 0 oder aus
der neuen Biegelinie mit z2 = b ermittelt werden. Wir erhalten für a = 0:
qb 4  z 2 
z 
z 
v 2 z 2  
   4  2   6  2 
b
b
24EI  b 
4
3


B
4
qb
v C  v 2 z2  b 
8EI
q
C
2
EI
Bild 2.39
y2, v2
z2
vC
b
Biegelinie
Für den Biegewinkel bei B erhält man mit a = 0 aus (9) den Wert Null. Die Verschiebung ist
natürlich wegen der 3. Randbedingung nach wie vor Null. Diese Ergebnisse entsprechen
genau den Ergebnissen eines bei z2 = 0 eingespannten Trägers (Kragträger) der Länge b mit
einer konstanten Linienlast (Bild 2.39).
Begründung: Der 1. Bereich wird für kleiner werdende Werte a immer „steifer“, bis er bei
a = 0 in eine Einspannung übergeht.
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Beispiel 2.9 Abgewinkelter Träger (statisch unbestimmt)
a
Gegeben: F, a, b, EI=konst.
Gesucht: Lagerreaktionen, Biegelinie,
Verschiebung bei B,
Biegewinkel bei B und C
A
a
F
B
FAH
A
z
b=3
MA
EI
b
F
B
y1,v1
1
FAV
y2,v2
z2
b
Hinweis: Freiheitsgrad f = 3 - b = 3 - (3+1) = -1
FB
 1-fach statisch unbestimmt!
C
C
b=1
D. h., Lagerreaktionen und Schnittgrößen sind
Bild 2.40 Abgewinkelter Träger
nicht allein aus den Gleichgewichtsbedingungen
berechenbar. Es werden Verformungsbetrachtungen, z. B. mit Hilfe der Biegelinie, notwendig.
Gleichgewichtsbedingungen (vgl. Schnittskizze in Bild 240):
:
FAH = FB
 :
(1)
FAV = F
(2)
A :
MA = Fa-FBb
(3)
In den 2 Gleichgewichtsbedingungen (1) und (3) sind noch 3 Unbekannte enthalten. Ihre Größe
ist von den Steifigkeiten bzw. Verformungen des Systems abhängig. Wir betrachten die
Verformungen (Biegelinie) des Systems, um eine zusätzliche Gleichung zur Berechnung aller
Unbekannten zu erhalten. Dazu benötigen wir den Biegemomentenverlauf.
Biegemomentenverlauf (vgl. Schnittbilder von Bild 2.41):
Bereich 1:
FAH
Mbx(z1) = - MA + FAVz1
Mbx(z1) = - F(a - z1) + FBb
MA
FAV
A
z1
y1,v1
Mbx(z1
)
y2,v2
Bereich 2:
b-z2
Mbx(z2) = FB(b - z2)
?
FB
C
Bild 2.41 2.Bereich
Bild 2.41 1.Bereich
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z2
Mbx(z2
)
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Aus der DGL 2. Ordnung (2.37) folgt mit den Biegemomenten und nach zweimaliger Integration:
1. Bereich:
2. Bereich:
EI  v1(z1)  Mbx z1   Fa  z1   FBb
EI  v 2 (z2 )  Mbx z 2   FB b - z 2 
1
1
(6)
EI  v2 (z2 )   FB b - z 2 2  c 3
(4)
EI  v1 (z1)   Fa  z1 2  FBbz1  c1
2
2
1
1
1
EI  v 2 (z2 )   FB b - z 2 3  c 3 z 2  c 4 (7)
EI  v1(z1)   Fa  z1 3  FBbz12  c1z1  c 2 (5)
6
6
2
Für diese statisch unbestimmte Aufgabe lassen sich die folgenden fünf Randbedingungen
angeben. Diese ergeben zusammen mit den drei Gleichgewichtsbedingungen acht Gleichungen
für die acht Unbekannten FAH, FAV, MA, FB und c1 bis c4. Bei dieser Aufgabe ist aus der
Gleichgewichtsbedingung (2) FAV bereits bekannt, so dass sich die Anzahl der Unbekannten auf
sieben reduziert.
1 3
1
Fa  c 2  0
 c 2   Fa3
1. v1 (z1=0) = 0
 mit (5):
6
6
1 2
1 2

Fa

c

0

c

Fa
2. v1(z1=0) = 0
 mit (4):
1
1
2
2
1
1
3

c

FBb3

F
b

c

0
3. v2 (z2=0) = 0
4
 mit (7):
B
4
6
6
1
1
c 3b  c 4  0
 c 3   c 4   FBb2
4. v2 (z2=b) = 0
 mit (7):
b
6
1
2
(8)
5. v1(z1=a) = v2(z2=0)  mit (4) und (6):  FBba  c1  FBb  c 3
2
Technische Mechanik
für Wirtschaftsingenieure
?
Ende
2 Festigkeitslehre
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Aus der Gleichung (8) folgt mit den Konstanten c1 und c3 die Lagerreaktion FB zu:
3F
FB 
Mit FB folgen aus den Gleichgewichtsbedingungen (1) und (3) die
2
b
 b
restlichen Lagerreaktionen FAH und MA, und es lassen sich noch die
2   6
 a
a
Konstanten c3 und c4 berechnen. Wir erhalten
FAH  FB 
a
b  Fa
MA 
a
26
b
23
3F
2
b
 b
2   6
 a
a
und
sowie c 3  
Fa2
a
4  12
b
c4 
und
Fa2b
4  12
a
b
Mit FB und den Integrationskonstanten lassen sich jetzt die Biegelinien (5) und (7) aufschreiben.
Wir erhalten für die Biegelinien (qualitative grafische Darstellung siehe Bild 2.42):
1. Bereich:
2
3
 z 2 2z 3
Fa3
a  z1
a  z1 
1
1
v1z1 
2       3    2   
a   a 
3 a
b a
b  a  

 4  12  EI 

b
 z
Fa3
az 
 a  z 
v 2 z2  
2 2  3  2      2 
 b  a 
a
a
b a 

 4  12  EI 

b
2
2. Bereich:
2
3


a

4

3
Fa 
b 
vB  v1z1  a 

a
3EI 
 4  12 

b
3
Die Verschiebung bei B (vgl. Bild 2.42) folgt mit z1 = a aus
der Biegelinie des 1. Bereichs zu:
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?
Ende
2 Festigkeitslehre
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Für den Biegewinkel gilt allgemein die Gleichung (2.40) j @ v . Damit folgt aus (4) und (6) nach
dem Einsetzen von FB und der Integrationskonstanten der Verlauf der Biegewinkel (die Biegewinkel lassen sich auch aus der ersten Ableitung von v1(z1) und v2(z1) berechnen):
 z  z 
Fa2
az 
z 
j1z1  v1 z1 
2  1   1  3  1  3  1
 a  a
 b
a
b a

 2  6  EI 

b
2

Fa2
 z2 
 z2  
j2 z2   v 2 z2  
2  6    3   
b
b 
a 


 4  12  EI 

b
a
2
1. Bereich:
2. Bereich:
Die Biegewinkel bei B und C werden damit (vgl. Bild 2.42):
jB  j1z1  a  j2 z 2  0 
F
B
Biegelinie
vB= v1(z1=a)
j
Fa
a

 2  6  EI

b
Hinweis: Für b   wird der 2. Bereich so „biegeweich“,
dass sein Einfluß auf den 1. Bereich praktisch verschwindet. Aus dem 1. Bereich ergeben sich damit die Lösungen
für einen Kragträger (Bild 2.43) mit Einzellast bei B.
?


2
Fa2
jC  j2 z 2  b  
a

 4  12  EI

b
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A
2
b
jc
B
C
vB
Bild 2.42
Verformtes System
a
Bild 2.43
Kragträger
mit Einzellast
Ende
Biegelinie
3
Fa
vB 
3EI
F
B
vB
jB
Fa2
jB 
2EI
2 Festigkeitslehre
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Beispiel 2.10 Träger mit quadratischem Verlauf der Linienlast
Gegeben: q0, a, EI=konst.
Gesucht: Lagerreaktionen, Schnittgrößenverläufe,
Biegelinie, Biegewinkel
A
Wegen der komplizierteren Belastungsfunktion q(z) (vgl.
Bild 2.44) soll hier die Lösung mit Hilfe der DGL der
Biegelinie 4. Ordnung (2.39) erfolgen. Wir setzen die Belastungsfunktion q(z) in (2.39) ein und integrieren viermal.
  z 2 
EI  v(z)  q(z)  q0 1   
  a  
 z 1  z 3 
EI  v(z)  q0a      c1
 a 3  a  
 1  z 2 1  z  4 
EI  v(z)  q0a         c1z  c 2
 2  a  12  a  
2
 1  z 3 1  z 5  1 2
EI  v(z)  q0a         c1z  c 2z  c 3
 6  a  60  a   2
3
  z 2 
q(z)  q0 1   
  a  
B
z
  z 2 
q(z)  q0 1   
  a  
B
FAH A
FAV
(1)
(2)
a
z
FB
a
y,v
Bild 2.44 Träger mit quadratischem Verlauf
der Linienlast (oben); Definition der Lagerreaktionen (unten)
Randbedingungen:
 c4=0
1. v(z=0)=0
(3)
2. Mbx(z=0)=-EIv(0)=0  c2=0
6
3. Mbx(z=a)=-EIv(a)= 0
 1  z 4
1  z  1 3 1
2
EI  v(z)  q0a    
    c1z  c 2z  c 3 z  c 4
24
a
360
2


 a   6
4. v(z=a)=0

(4)
4
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?
Ende
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5
1 1 
q0a2     c1a  0
 c1   q0a
12
 2 12 
1  1
1
 c1a3  c 3a  0
Aus der 4. Randbedingung folgt mit (4): q0a4  

 24 360  6
11
 c3 
q0a3
und mit c1
360
Mit den Integrationskonstanten folgt aus (4) nach einigen Umformungen die Biegelinie und
durch Differentiation der Biegelinie der Biegewinkel, der auch aus (3) berechnet werden könnte.
Aus der 3. Randbedingung folgt mit (2):
6
4
3
q0a 4   z 
 z
 z
 z 
v(z) 
    15    25    11   
 a
 a
 a 
360EI   a

Biegelinie
5
3
2

q0a3   z 
 z
 z
j(z)  v (z) 

6

60

75

11
  

 
 
 a
 a
360EI   a

Biegewinkel
Die Biegelinie und der Biegewinkel sind qualitativ in Bild 2.45 dargestellt.
q(z)
Beachte: Die Biegelinie und der Biegewinkel konnten ohne
Berechnung der Schnittgröße Mbx(z) ermittelt werden. Darin
besteht unter anderem der Vorteil der Anwendung der
Differentialgleichung 4. Ordnung. Bei der Anwendung der DGL 2.
Ordnung hätte man zunächst das Biegemoment Mbx(z)
berechnen müssen.
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?
A
z
B
v(z)
y, v
j(z)  v(z)
Bild 2.45 Biegelinie und Biegewinkel
Ende
2 Festigkeitslehre
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Für die Berechnung der Schnittgrößen und Lagerreaktionen werden noch die höheren
Ableitungen der Biegelinie benötigt. Die zweite und dritte Ableitung der Biegelinie lautet:
4
2
q0a2   z 
 z
 z 


v  z 
    6    5   
 a
 a 
12EI   a 

(5)
3

q0a   z 
 z
v   z 

4

12

5
  

 
 a
12EI   a 

(6)
Der Biegemomentenverlauf kann bei bekannter Biegelinie und deren Ableitungen sofort aus der
Differentialgleichung 2. Ordnung berechnet werden. Aus Gleichung (2.37) folgt mit Gleichung (5):
4
2
q0a2  z 
 z
 z 
 Mbx (z) 
   6    5   
 a
 a 
12  a

Mbx(z)= - EIv(z)
Die Querkraft folgt aus der differentiellen Beziehung zwischen dem Biegemoment und der
Querkraft (siehe Kapitel 1.6.3, Gleichung (1.25), S 95) und (6) zu:
FQy(z)= Mbx(z)= - EIv(z)
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?
3

q0a   z 
 z
 FQy (z) 
4    12    5
 a
12   a

Ende
(7)
2 Festigkeitslehre
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Zur Berechnung der Lagerreaktionen führen wir in einem differentiellen Abstand dz vom Lager
einen Schnitt und schreiben die Gleichgewichtsbedingungen am jeweiligen freien Teilsystem
(Bild 2.46) auf.
Schnitt im differentiellen Abstand dz von A:
 mit (7):
 : FAV = FQy(z=0)
q(z)
FAV 
5
q0a
12
FAH A
FAV dz
FQy(z=0)
Schnitt im differentiellen Abstand dz von B:
y,v
 mit (7):
 : FB = - FQy(z=a)
FB 
1
q0a
4
FQy(z=a)
q(z)
B
dz FB
z=a
y,v
Bild 2.46 Schnitt bei A (oben);
Schnitt bei B (unten)
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?
Ende
2 Festigkeitslehre
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2.3.4
Schiefe Biegung
Definition: Schiefe Biegung liegt vor, wenn der resultierende Biegemomentenvektor Mb nicht
mit einer der beiden Hauptzentralachse x bzw. y des Querschnitts zusammenfällt.
Wir zerlegen den Biegemomentenvektor Mb in seine Komponenten in x- und y-Richtung, wobei
wir die positive Definition der Schnittgrößen (siehe Kapitel 1.8.4, S 123) benutzen. Damit lässt
sich die schiefe Biegung als Überlagerung zweier gerader Biegungen um die Hauptzentralachsen
x und y behandeln (vgl. Gleichung (2.41) und Bild 2.47 weiter unten). Deshalb wird sie auch als
Biegung um zwei Achsen bezeichnet.
Mb
Mby
Für den in Bild 2.47 dargestellMbx
ten Fall der Überlagerung zweier x
x
x
S
S
S
+
=
gerader Biegungen ergibt sich
folgende Spannungsformel, die
sich additiv aus der Gleichung
y
y
(2.32) für die Biegung um die xy
Achse und der analogen Gleischiefe Biegung
gerade Biegung
gerade Biegung
(Biegung um die xchung für die Biegung um die yum die y-Achse
um die x-Achse
und die y-Achse)
Achse zusammensetzt:
Bild 2.47 Überlagerung zweier gerader Biegungen zur schiefen Biegung
(Biegung um zwei Achsen)
M z
s z x,y,z   bx y 
Ixx z
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Mby z
?
Iyy z
x
(2.41)
Ende
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Beachte: Aus der Gleichung (2.41) liest man ab, dass die Biegespannung sz sowohl in x- als
auch in y-Richtung linear über den Querschnitt verteilt ist (vgl. Bild 2.48).
+
Mbx S
x
Mby
S
Mby
=
Mbx
x
x
y
S
y
Spannungsnullinie
y
Biegung um die x-Achse
Biegung um die y-Achse
schiefe Biegung
Bild 2.48 Überlagerung der Spannungen bei schiefer Biegung
Beachte: Die vom Betrag größte Biegespannung im Querschnitt z = konst. wirkt in dem Punkt,
der die größte senkrechte Entfernung von der Spannungsnulllinie hat (siehe Bild 2.48).
Mit der Bedingung sz = 0 folgt aus der Spannungsgleichung (2.41) für die schiefe Biegung eine
Geradengleichung, die so genannte Spannungsnulllinie
Mby Ixx
y
 x
Mbx Iyy
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(2.42)
Spannungsnulllinie
?
Ende
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Verformungen bei schiefer Biegung:
Wie bei der Spannungsberecha
nung lässt sich die Verformungsberechnung bei schiefer Biegung
als geometrische Überlagerung
qy
zweier gerader Biegungen bez
rechnen (vgl. Bild 2.49). Sind x
u(z)
und y Hauptzentralachsen mit
v(z)
x, u
S
qx
den Verschiebungen u in x- und
f(z)
v in y-Richtung, so gelten für die
u(z=a)
y,
v
Verformungen in beiden Ebenen
v(z=a)
die DGL 2. Ordnung (2.37) bzw.
4. Ordnung (2.38) unabhängig
Bild 2.49 Verformung bei
schiefer Biegung
voneinander.
f(z=a)
Es gilt somit für die Verschiebungen u und v:
Biegung um die x-Achse:
Biegung um die y-Achse:
(Verformung v in der yz-Ebene)
(Verformung u in der xz-Ebene)
EI xx v(z)  Mbx (z)
EIyyu(z)  Mby (z)
 DGL 2. Ordnung 
(2.43)
EIxx z  v(z)  qy (z)
 DGL 4. Ordnung 
EIxx z u(z)  qx (z)
(2.44)
Die geometrische Addition von u(z) und v(z) liefert die resultierende Gesamtverschiebung f(z)
(vgl. auch Bild 2.49):
(2.45)
f z  u2 z  v 2 z
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?
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Sonderfall : Kreis- und Kreisringquerschnitt
x
Jede Achse durch den Schwerpunkt des Kreis- bzw. Kreisringquerschnitts ist eine Hauptzentralachse. Deshalb sind für diese
Achsen die axialen Flächenträgheitsmomente und die Widerstandsmomente gleich. Die Biegespannung und unter bestimmten
Voraussetzungen (siehe unten) auch die Verformung kann nach
der Theorie der geraden Biegung berechnet werden.
x
Mbres
d
y, v
Legt man in Richtung des resultierenden Momentenvektors Mbres
eine x -Achse, dann gilt:
y
Bild 2.50 Biegung eines Kreisquerschnitts
sz y, z 
Mbres
y
Ixx
mit
2
2
Mbres  Mbx
 Mby
(2.46)
pd4
und
Ixx 
64
Die vom Betrag maximale Normalspannung infolge Biegung ergibt sich aus
szmax
d  M

 sz  y  , z  bres

2 
Wb
mit
pd3
Wb 
32
(2.47)
Bleibt die Richtung von Mbres über z konstant, dann gilt die DGL 2. Ordnung in der Form
v (z)  
Mbres(z)
EIxx
(2.48)
(ansonsten Berechnung wie bei der schiefen Biegung - siehe vorige Seite)
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?
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Beachte:
Sind die (x,y)-Achsen keine Hauptzentralachsen, sondern beliebige rechtwinklige Achsen
durch den Schwerpunkt S, so gelten folgende Formeln zur Berechnung der Spannungen und
Verformungen in einem Querschnitt bei z=konst. infolge einer Biegebeanspruchung.
Biegespannung:
sx,y,z  
DGL 2. Ordnung zur Verformungsberechnung:
u (z)  
v (z)  
Resultierende Gesamtverschiebung f(z):
Mbx Ixy  Mby Ixx
Ixx Iyy  I2xy
x
Mbx Iyy  Mby Ixy
Ixx Iyy  I2xy
y
Mbx Ixy  Mby Ixx

E Ixx Iyy  I2xy

Mbx Iyy  Mby Ixy

E Ixx Iyy  I2xy

f z  u2 z  v 2 z
Hinweis: In diesen Gleichungen sind die Gleichungen für Hauptzentralachsen und für die
gerade Biegung als Sonderfälle enthalten.
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?
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2.4
Querkraftschub
Das Ziel dieses Kapitels ist die Berechnung der Spannungen (Schubspannungen t) und
Verformungen in geraden Balken infolge der Querkraft FQ.
Annahmen
• Die Querkraft FQ wirkt in Richtung einer Hauptzentralachse des Querschnitts (ohne
Einschränkung der Allgemeinheit sei dies hier die y-Achse).
• Der Querschnitt sei konstant.
• Die aus der Querkraft folgenden Schubspannungen t seien parallel zu FQ.
• Über die Breite des Querschnitts (senkrecht zu FQ bzw. in x-Richtung) sind die
Schubspannungen konstant.
2.4.1
Schubspannungen infolge Querkraftbelastung
Aus einem auf Biegung und Querkraftschub beanspruchten Balken schneiden wir ein Element dz
heraus und betrachten eine Schicht im Abstand y mit den Abmessungen dy, b(y), dz und tragen
die aus den Spannungen resultyz
tzydA
( tyz 
dy)dzb(y)
szdA
tierenden Schnittgrößen an
y
dz
tyzdzb(y)
(Bild 2.51).
FQy
b(y)
Momentengleichgewicht um die
Mbx S
Achse a-a liefert (Vernachläsa
dz
dA
sigung der Größen, die von
y
x
b(y)
höherer Ordnung klein sind):
y
z
s z
dy
dA=dyb(y)
Bild 2.51
y
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?
dy a
( tzy 
tzy
z
(s z 
z
dz)dA
tzydAdz tyzdzb(y)dy = 0.
dz)dA
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Mit dA=dyb(y) folgt
tzy = tyz
Gesetz von der Gleichheit zugeordneter Schubspannungen
(2.49)
Gesetz von der Gleichheit zugeordneter Schubspannungen: Schubspannungen in
senkrecht aufeinander stehenden Flächen sind gleich groß und entweder auf die gemeinsame
Kante zugerichtet oder von ihr weggerichtet (vgl. Bild 2.51).
Zur Berechnung der Schubspannungen führen wir am Element dz einen Schnitt bei y = konst.
und betrachten das untere abgeschnittene Teilsystem mit der Querschnittsfläche Ay. An den
Schnittstellen des abgeschnittenen unteren Teils werden wieder die aus den Spannungen
resultierenden Schnittgrößen angetragen (siehe Bild 2.52).
Kräftegleichgewicht in z-Richtung am
x
S
abgeschnittenen Teilsystem liefert:
z
t
dA
zy
szdA
σ z
dz
(σ

dz)dA 

z
t yzdz  b(y)

z
(A y )
y
FQy
Mbx
  σ z dA  t yzb(y)dz .
dz
S
x
z
b(y)
h
y
dh
Ay
y,h
( tzy 
Bild 2.52 Schnitt bei y = konst.;
Teilsystem mit Belastungen
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(A y )
Ay
?
tzy
z
dz)dA
b(h
b(y)
Mit dem Gesetz über die
zugeordneten SchubspandA= b(hdh
nungen (2.49) folgt:
σ
s
(σ z  z dz)dA
z
 zz dA
(A y )
t zy (y, z)  t yz(y, z) 
b(y)
Ende
2 Festigkeitslehre
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Mit der Spannungsgleichung (2.32) und der differentiellen Beziehung zwischen dem
Biegemoment und der Querkraft (vgl. Kapitel 1.6.3, S 95)
M z
dMbx (z)
FQy z  
sz(h,z)  bx h
und
dz
Ixx
folgt für die Schubspannung bei Annahme eines konstanten Querschnitts
s
 zz dA Mbx (z)
FQy (z)
(A y )
z
t zy (y, z) 

h
dA

hdA
b(y)
Ixxb(y) (A )
Ixxb(y) (A )
y
y
yRand
yRand
 h  dA   h  b( h)  dh  ySA y (y)  A y
(2.50)
Ay
y
b(y)
wird die Schubspannung:
t zy (y, z) 
y
ySAy(y)
SA
h y
(A y )
S
x
Mit dem auf die x-Achse bezogenen statischen Moment Sx(y)
der bei y abgeschnittenen Fläche Ay (siehe Bild 2.53)
S x (y) 
FQy
Bild 2.53 Berechnung von Sx(y)
FQy (z)  S x (y)
(2.51)
Ixx  b(y)
Beachte: Die im Querschnitt bei y = konst. ermittelte Schubspannung tzy in y-Richtung ist auch in einem
Längsschnitt in z-Richtung des Balkens in gleicher Größe vorhanden (wegen tyz = tzy). Diese Schubspannungen verhindern das gegenseitige Verschieben der Trägerschichten. Bei geklebten, geschweißten, genieteten
usw. Schichten müssen die Schubspannungen durch diese Verbindungselemente aufgenommen werden.
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?
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Beispiel 2.11 Querkraftschubspannungen für Kragträger mit Rechteckquerschnitt
Für den Kragträger (Bild 2.54) gilt:
bh3
FQy = F
Ixx 
12
Das statische Moment Sx(y) wird nach Gleichung (2.50)
z
t zy (y, z) 
Ixx  b(y)
3
 y
 1  4 
 h
2 
S
x
y
2
1
h h
bh 

y 
S x (y)  y SA y (y)  A y   y      y   b 
1  4  
2
2  2
8 

 h  
Damit ergibt sich aus (2.51) für die Schubspannung der
folgende quadratische Verlauf (siehe Bild 2.55):
2
FQy (z)  S x (y)
b
F
Bild 2.54
Kragträger
h
y
1
h
y  
2
2
SA
Ay
FQyy
t=0
2
F

 bh
x
Bild 2.55
Schubspannungsverlauf aus FQy im
Rechteckquerschnitt
tmax
mit den markanten Werten
h
3 F
t zy (y   , z)  0 und tmax  t zy (y  0, z)  
t=0
y
2
2 bh
Beachte: Die Schubspannung tmax muß vom Material des Trägers in der Schicht y=0 übertragen werden. Würde der Träger aus zwei lose übereinanderliegenden Teilen bestehen (t0
in der Kontaktebene), so würden sich diese bei der Biegung gegeneinander verschieben.
tmax
t0
F
F
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2.4.2
Abschätzung der Verformungen infolge Querkraftschub
Mit dem HOOKEschen Gesetz (siehe Kapitel 2.1.4.3, Gleichung (2.15)) lässt sich mit der Schubspannung tzy nach Gleichung (2.51) für einen auf Querkraftschub beanspruchten Balken die
Gleitung (Winkeländerung) wie folgt berechnen:
t zy (y, z) FQy (z)  S x (y)
g zy (y, z) 

(2.52)
G
GIxx  b(y)
Da das statische Moment Sx und gegebenenfalls auch die Breite b Funktionen von y sind, ist die
Gleitung ebenfalls von y abhängig, und es kommt deshalb zu einer Verwölbung des Querschnitts
(siehe Bild 2.57 a). Die Gleitung gzy hat nach Gleichung (2.52) den gleichen funktionellen Verlauf
wie die Schubspannung tzy.
a) Verformtes Element infolge
der Querkraftschubspannungen
F
gzy=0
z
y,v
z
y,v
tzy(y,z)
dz
b) Annahme im Querschnitt z:
tzy=tm(z), gzy=gm(z)
gzy max
dz
gm(z)
z
v(z)
dv(z)
y,v
tzy(y,z)+dtzy
gzy=0
tm(z)
gm(z)
v(z)
dv(z)
tm(z)+dtm
dz
Bild 2.57 Gleitungen infolge Querkraftschubbelastung
Um eine Abschätzung der Verschiebung infolge der Schubspannungen aus den Querkräften zu
erhalten, wird für jeden Querschnitt z eine mittlere Winkeländerung gm(z) und eine mittlere
Schubspannung tm(z) angenommen (vgl. Bild 2.57 b).
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?
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Aus dem Bild 2.57 b) ergibt sich der folgende Zusammenhang zwischen der Verschiebung v(z)
und der mittleren Gleitung gm:
dv(z)
 v (z)  g m (z)
dz
Mit dem HOOKEschen Gesetze für den reinen Schub (2.15) infolge der mittleren Schubspannung
tm folgt daraus
t (z)
(2.53)
v (z)  g m (z)  m
G
Ist tm(z) bekannt, kann aus dieser DGL 1. Ordnung eine Näherungslösung für die Verschiebung
v(z) infolge Querkraftschubbelastung ermittelt werden. Im einfachsten Fall bestimmt man die
mittlere Schubspannung aus dem Quotienten von Querkraft FQy und der Querschnittsfläche A und
korrigiert den Wert mit einem Korrekturfaktor k (Schubverteilungszahl), der den Einfluss der
speziellen Querschnittsgeometrie auf die mittlere Schubspannung berücksichtigt.
Hinweis: Eine genauere Berechnung der mittleren Schubspannung tm kann dadurch erfolgen,
dass die Gleichheit der Formänderungsenergie des realen und des gemittelten Schubspannungszustandes gefordert wird.
Ohne weitere Herleitung soll hier das Ergebnis angegeben werden.
FQy (z)
v (z)  k
GA
mit
2
 S x (y)
A
k 2  
Schubverteilungszahl
 dA
Ixx (A)  b(y) 
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Ende
(2.54)
(2.55)
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Die Integration von Gleichung (2.54) liefert die gesuchte Verschiebung.
 FQy (z) 
v(z)   k
 dz  c
GA


A - Querschnittsfläche
c - Integrationskonstante, die aus einer
Randbedingung bestimmt werden muss.
(2.56)
Beachte:
• Die Gleichung (2.56) zur Berechnung von v(z) infolge der Querkraftschubspannungen gilt nur
für reine Querkraftbelastung (die es streng genommen nicht gibt) und konstanten
Querschnitt. Für kleine Verformungen und schwach veränderliche Querschnitte kann diese
Gleichung aber auch für Querkraftbiegung mit ausreichender Genauigkeit verwendet werden.
• Die Schubverformungen können für lange Träger (Querschnittsabmessungen sehr viel kleiner
als die Länge des Trägers) gegenüber den Biegeverformungen im Allgemeinen
vernachlässigt werden (siehe das folgende Beispiel).
Beispiel 2.12 Verformungen infolge Querkraftschubbeanspruchung
Gegeben: F, l, b, h, E, G
Gesucht: Maximale Schubverformung vSmax durch die
Querkraft und Vergleich mit der maximalen
Biegeverformung vBmax
Es gilt (vgl. Bild 2.58 und Beispiel 2.11):
A = bh ,
FQy = F ,
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Ixx
bh3

,
12
F
Querschnitt:
z
x
l
y, v
bh2 
y
S x (y) 
1 4 
8 
h
y
dA=bdy
2
b


Bild 2.58 Kragträger
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h
Damit ergibt sich für die Schubverteilungszahl nach Gleichung (2.55)
2
2
A  S x (y)
144  ba
1 
6
bh2 

 y  
k 2  
dA

1

4
b

dy








 h  
8 
5
Ixx (A)  b(y) 
b2h6 y h/2 b2 



2
h/2
und wir erhalten aus Gleichung (2.56)
 FQy (z) 
6F
v S (z)    k
dz

c

zc

GA
5Gbh


Die Integrationskonstante folgt aus der Randbedingung
vS(z=0) = 0  c = 0
Damit wird die reine Schubverformung vS(z) und die maximale Schubverformung vSmax am
Trägerende bei z = l (siehe Bild 2.59):
F
v S (z) 
6F
z
5Gbh
und
v Smax  v S (z  l ) 
6Fl
5Gbh
Die durch F hervorgerufene maximale Biegeverformung
(siehe Beispiel 2.9, Hinweis am Ende) hat die Größe
vB,max
Fl 3 4Fl 3


3EI Ebh3
Gesamtverformung am Trägerende:
v max  vBmax  v Smax
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2
4Fl 3 
3E  h 

1 
  
Ebh3  10G  l  
v S,max
Bild 2.59 Schubverformung
Beachte: Der Faktor (h/l)2 in der Gesamtverformung vmax macht für lange Träger
den zweiten Klammerausdruck (das ist der
Schubverformungsanteil) sehr viel kleiner
als 1, so dass dieser Anteil gegenüber der
„1“ (Biegeanteil) vernachlässigt werden
kann.
Ende
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2.5
Torsion
Das Ziel dieses Kapitels ist die Berechnung der Spannungen und Verformungen in geraden
Stäben infolge eines Torsionsmomentes Mt.
Bei einer Torsionsbeanspruchung werden die Stäbe um ihre Stabachse z verdreht. Abhängig von der Querschnittsgeometrie kann es dabei auch Verformungen (Verwölbungen) in Richtung der Stabachse geben. Das folgende Bild
2.60 zeigt drei typische Fälle der Torsionsverformungen in
Abhängigkeit von der Querschnittsgeometrie.
Mt
A
P
Mt
••
••
•
•
•
Verwölbung
verhindert
j
j
B
•
B
a)
z
b)
Mt
Mt
z
Kreis- und Kreisringquerschnitte:
Querschnitte bleiben eben (Punkt P
vor und nach Verformung in der
gleichen Ebene; keine Verwölbung)!
c)
A
z
• •
•
•
B
verformte (verwölbte)
Profilmittellinie
Mt
Allgemeine offene und geschlossene Querschnitte:
Querschnitte verwölben sich im Allgemeinen (Punkte
A verschieben sich in z-Richtung; Punkte B entgegen
der z-Richtung)!
Bild 2.60 Torsion eines: a) Kreisquerschnitts, b) dünnwandigen offenen Querschnitts, c) Rechteckquerschnitts
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A
Hinweis:
Der Aufwand zur Berechnung der Spannungen und Verformungen infolge Torsionsbeanspruchung hängt wesentlich von der Querschnittsgeometrie des Stabes ab. Wir beschränken
uns nachfolgend auf den einfachsten Fall der in der Praxis häufig vorkommenden Kreis- und
Kreisringquerschnitte (z. B. Wellen, Achsen, Rohre).
2.5.1
Torsion von Stäben mit Kreis- und Kreisringquerschnitten
2.5.1.1 Annahmen und Voraussetzungen
In diesem Kapitel sollen folgende Annahmen und Voraussetzungen gelten:
• Die Balkenachse (z-Achse) ist gerade und die Querschnittsgeometrie unabhängig von z.
• Es liegt reine Torsionsbeanspruchung vor. Das Torsionsmoment Mt ist konstant und die
Resultierende der in tangentialer Richtung verlaufenden Schubspannungen tzj = t (siehe
auch Bild 2.62).
• Die Querschnittsform bleibt bei der Torsion erhalten.
• Die Querschnitte verdrehen sich wie starre Scheiben gegeneinander und bleiben eben.
• Die Torsionsverformung wird durch den Verdrehwinkel j beschrieben, der im gleichen
Drehsinn wie das Torsionsmoment Mt am positiven Schnittufer positiv gezählt wird (siehe
Bild 2.61).
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2.5.1.2 Berechnung der Torsionsspannung
verformte
Mantellinie
Mt
r ••
jz
jzdj
dj
•
•
••
•
R
dz
r
z
differentielles Element
aus dem Stab links:
••
jz
jz
g
••
•
z
dz
Bild 2.61 Verformungen eines auf Torsion beanspruchten Kreisquerschnitts
An dem differentiellen Element in Bild 2.61 kann für kleine Verformungen der folgende Zusammenhang zwischen der Gleitung g und dem Verdrehwinkel j abgelesen werden:
r  dj  g r   dz
Mit der Drillung  folgt aus dieser Formel
dj g r 


Drillung (Verdrehwinkel pro Längeneinheit)
dz
r
(2.57)
Aus dem HOOKEschen Gesetz (2.12) folgt mit Gleichung (2.57) für die Torsionsschubspannung
tr   g r   G    G  r
(2.58)
Beachte: Wir erkennen aus (2.58) bereits, dass die Schubspannung t(r) linear von r abhängig
ist. Sie wird bei r = 0 Null und hat für r = R ihren größten Wert (siehe auch Bild 2.62).
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dA
t(r)
t(r)dA
tma
r
R
x
Die noch unbekannte Drillung  kann aus einer Äquivalenzbedingung zwischen dem Torsionsmoment Mt und dem
resultierenden Moment der Schubspannungen tzj = t bestimmt
werden. Es muss gelten (vgl. Bild 2.62):
Mt
Mt 
 t(r)  r  dA    G  r
(A)
Bild 2.62 Torsionsschubspannung
IP   r 2dA
2
dA
(2.59)
(A)
Mit der Abkürzung
(2.60)
polares Flächenträgheitsmoment
(A)
folgt aus Gleichung (2.59)
Mt    GIP
bzw. nach der Drillung aufgelöst

Mt
GIP
(2.61)
(2.61) in (2.58) eingesetzt liefert die Torsionsschubspannung für Kreis- und Kreisringquerschnitte
tr  
Mt
r
IP
(2.62)
Hinweis: Zum polaren Flächenträgheitsmoment siehe Kapitel 1.10.1, S 134. Danach gilt:
Kreisquerschnitt (Durchmesser d):
Kreisringquerschnitt (Außendurchmesser D, Innendurchmesser d):
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p d4
IP 
32
p
IP 
D 4  d4
32

Ende

(2.63)
(2.64)
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Die maximalen Torsionsschubspannungen für Kreis und Kreisringquerschnitte treten am
Außenrand auf und betragen (siehe dazu auch Bild 2.62):
M
tmax  t
(2.65)
mit Wt = Torsionwiderstandsmoment
Wt
Das Torsionswiderstandsmoment folgt aus Gleichung (2.62) mit r = rmax zu Wt = IP/rmax. Für
Kreis und Kreisringquerschnitte erhalten wir damit:
IP
p d3
Wt 

für Kreisquerschnitt (Durchmesser d)
(2.66)
rmax
16
Wt 

p
D 4  d4
16  D

(2.67)
für Kreisringquerschnitt (Außendurchmesser D,
Innendurchmesser d).
Hinweis: Man beachte die “schöne” Analogie zur Berechnung der Biegespannungen:
Torsion:
M
tr   t r
IP
M
tmax  t
Wt
Biegung:
sz (y, z) 
s z (z)
Mbx z
y
Ixx
max 
Mbx z
Wbx min
Beachte: Die Gleichungen zur Berechnung der Torsionsschubspannung (2.62) und (2.65) gelten streng
genommen nur, wenn gilt: Mt = konst. und It = konst. Auch bei einer schwachen Veränderlichkeit dieser
Größen können die Gleichungen mit ausreichender Genauigkeit für praktische Berechnungen verwendet
werden. Es gilt:
M z
M z 
(2.68)
tz, r   t r
tmax z  t
bzw.
IP z 
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?
Wt z
Ende
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2.5.1.3 Berechnung der Verformung (Verdrehwinkel j)
Aus den Gleichungen (2.57) und (2.61) erhalten wir den folgenden Zusammenhang zwischen
der Drillung , dem Verdrehwinkel j und dem Torsionsmoment Mt:
dj Mt


mit GIP = Torsionssteifigkeit
(2.69)
dz GIP
Aus Gleichung (2.69) kann durch Integration der Verdrehwinkel j berechnet werden (vgl. die
Analogie zur Verformungsberechnung bei der Zug/Druck-Beanspruchung (Kapitel 2.2.1.2):
jz  
Mt
M
dz  C  t z  C
GIP
GIP
(2.70)
Die Integrationskonstante C in (2.70) kann aus einer Randbedingung berechnet werden.
j  jz  l   jz 
Mt
l
GIP
(2.71)
j(z)
j j(z)
Relativer Verdrehwinkel j
Der relative Verdrehwinkel zweier Querschnitte im Abstand l ist wie
folgt definiert (vgl. Bild 2.63):
Mt
z
M
l
t
Bild 2.63 Relativer Verdrehwinkel
Beachte: Die Gleichungen zur Berechnung der Torsionsverformungen (2.70) und (2.71) gelten streng
genommen nur, wenn gilt: Mt = konst. und It = konst. Aber auch bei einer schwachen Veränderlichkeit dieser
Größen können sie mit ausreichender Genauigkeit für praktische Berechnungen verwendet werden. Es gilt
z  z l
dann:
Mt
Mt z





j

j
z

l

j
z

dz
(2.72)
jz  
dz  C
bzw.

GIP z
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?
z z
Ende
GIP
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Beispiel 2.13 Abgesetzter Torsionsstab
Gegeben: D = 60 mm, d = 40 mm, l1 = 1 m, l2 = 1,5 m
MB = 3 kN m, MC = 0,6 kN m
G = 0,8·105 N/mm2
Gesucht: Betragsmäßig größte Torsionsschubspannung und Verlauf des Verdrehwinkels
Torsionsmomentenverlauf: Aus den Gleichgewichtsbedingungen für die Momente um die Längsachse am jeweils
rechten Teilsystem folgt: Mt(z1) = MB - MC = 2,4 kN m
Mt(z2) = - MC = - 0,6 kN m
B
A
Mt(z1) D
z1
d
MB
Mt(z2)
C
MC
z2
l2
l1
2,4 kN m
+
Mt-Verlauf
-
0,6 kN m
Bild 2.64 Torsionsstab mit Momentenverlauf
Maximale Schubpannungen:
Mit der Gleichung (2.66) für das Torsionswiderstandsmoment und der Gleichung für die maximale
Torsionsspannung (2.65) ergeben sich die in den zwei Bereichen auftretenden maximalen
Torsionsschubspannungen zu:
M z  M  MC   16
p D3
N
t1 max  t 1  B

56,6
1. Bereich: Mit Wt1 
folgt
Wt1
16
mm 2
p D3
M z   MC  16
p d3
N
t2
 t 2 
2. Bereich: Mit Wt2 
folgt


47,7
max
Wt2
16
p d3
mm 2
Damit tritt die vom Betrag größte Torsionsschubspannung im 1. Bereich auf und beträgt
t
max  t1 max  56,6
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N
mm 2
?
Ende
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Verlauf des Verdrehwinkels:
Mit der Gleichung (2.63) für das polare Flächenträgheitsmoment und der Gleichung (2.70)
für den Torsionswinkel erhalten wir für die zwei Bereiche:
Mt z1
32MB  MC 


j
z

z

C

z1  C1
1. Bereich:
1 1
1
1
4
GIP1
GpD
2. Bereich:
j2 z2  
Mt z2 
32MC
z2  C2  
z2  C2
GIP2
Gpd4
Die Integrationskonstanten bestimmen wir aus den folgenden zwei Randbedingungen:
 C1  0
j1z1  0  0
j1z1  l1  j2 z2  0

32 MB  MC 
l1  C2
GpD
Einsetzen der Integrationskonstanten in die Funktionen für die Torsionswinkel liefert:
1. Bereich:
2. Bereich:
j1z1 
4
32MB  MC 
j2 z2   
GpD
32MC
Gpd4
4
z2 
z1
B
A
32 MB  MC 
GpD4
D
l
Die Werte an den Bereichsenden ergeben sich zu:
Der Verlauf des Verdrehwinkels j ist in Bild 2.64 dargestellt.
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?
C
l2
l1
1,35º
+
j-Verlauf
Bild 2.64 Torsionsstab mit
Verlauf des Torsionswinkels
Ende
MC
z2
z1
j1z1  l1  0,0236  1,35 ,
j2 z2  l2   0,0448  0,0236  0,0212  1,21
d
MB
1,21º
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Beispiel 2.14 Vergleich von Voll- und Rohrquerschnitt bei Torsionsbelastung
Gegeben: Mt = 2 kN m, tzul = 160 N/mm2
Material und Stablänge sind für beide
Stäbe gleich!
Gesucht: 1. Durchmesser DV und DR
2. Verhältnis des Materialeinsatzes
3. Verhältnis der relativen Verdrehwinkel
Mt
Mt
DV
9
DR
10
Bild 2.65 Voll- und Rohrquerschnitt
1. Bestimmung von DV und DR (Dimensionierung):
a) Vollquerschnitt:
Mt

 tzul
Wt,V
Aus (2.65)
tmax
folgt
DV  3
mit (2.66)
Wt,V
16Mt
 39,9 mm .
pt zul
p D3V

16
Wir wählen: DV = 40 mm
b) Rohrquerschnitt:
Mt

 t zul
Wt,R
Aus (2.65)
tmax
folgt
DR  3
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mit (2.67)
16Mt
pt zul(1  0,9 )
4
?
Wt,R
 56,7 mm .
4
p  4  9
 

DR   DR 
16  DR 
 10
 
Wir wählen: DR = 57 mm
Ende
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D
R
2. Verhältnis des Materialeinsatzes:
Das Verhältnis des Materialeinsatzes ist gleich dem Verhältnis der Querschnittsflächen. Wir
erhalten:


2
A R DR
1 0,92

 0,386
AV
D2V
 Bei dem Rohrquerschnitt werden nur 38,6% Material
gegenüber einem Vollquerschnitt bei gleicher maximaler
Torsionsschubspannung benötigt.
3. Verhältnis der relativen Verdrehwinkel:
Mit dem relativen Verdrehwinkel nach Gleichung (2.71) und den polaren Flächenträgheitsmomenten nach den Gleichungen (2.63) und (2.64)
p
p D4V
Mt
4
IP,R 
DR
 0,9  DR 4
IP,V 
und
j 
l
32
32
GIP
erhalten wir für das gesuchte Verhältnis der relativen Verdrehwinkel

Mt
p D 4V
l
IP,V
jR GIP,R
D 4V
32




Mt
p
4
j V
I
4
DR4 1  0,9 4
DR  0,9  DR 
l P,R
32
GIP,V





 0,705
 Bei dem Rohrquerschnitt beträgt der Verdrehwinkel nur 70,5 % des Verdrehwinkels des
Vollquerschnitts bei gleicher Länge, gleicher Belastung, gleichem Material und bei
gleicher maximaler Torsionsschubspannung.
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Beispiel 2.15 Welle-Rohr-Verbindung (statisch unbestimmt)
A
Zwei Torsionsstäbe (Welle, Rohr) sind bei A eingespannt
und bei B mit einer starren Scheibe, über die das
Gesamtmoment MC eingeleitet wird, verbunden.
Da
Die Momentengleichgewichtsbedingung um die Längsachse am Schnittbild liefert:
:
MC - MW - MR = 0
d
Di
C MC
Welle
Gesucht: 1. Aufteilung des Momentes MC auf Welle
und Rohr
2. Verdrehwinkel bei B
Wir schneiden die Welle und das Rohr. An der Schnittstelle der Welle wird das Torsionsmoment mit MW und
an der Schnittstelle des Rohres mit MR (siehe Bild 2.66)
bezeichnet.
B
Rohr
starr
a
B
MR
MW
C MC
z
Bild 2.66 Welle-Rohr-Verbindung
(1)
Beachte: In der Gleichgung (1) sind die beiden Schnittgrößen MW und MR unbekannt. Die Aufgabe ist einfach statisch unbestimmt! Zur Lösung des Problems müssen Verformungsbetrachtungen angestellt werden.
Mit dem Torsionsmoment in der Welle MW und im Rohr MR werden die Verdrehwinkel von Welle
und Rohr nach Gleichung (2.70) berechnet. Wir erhalten:
MW
M
z  C1
(2)
(3)
Welle: jW z  
Rohr:
jR z  R z  C2
GIP,W
GIP,R
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?
Ende
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Für die Ermittlung der vier Unbekannten MR, MW, C1 und C2 benötigen wir neben der
Gleichung (1) noch drei weitere Gleichungen, die wir aus den folgenden Randbedingungen
erhalten:
1. jW(z=0) = 0

C1 = 0
2. jR(z=0) = 0

3. jR(z=a) = jW(z=a)

C2 = 0
I
MR  P,R MW
IP,W
4
Mit den Gleichungen (1) und (4) haben wir zwei Gleichungen zur Berechnung der unbekannten
Schnittgrößen in der Welle und im Rohr. Die Auflösung der Gleichungen liefert:
MW 
MC
MC

4
4
IP,R
D

D
a
i
1
1
IP,W
d4
MR 
MC
MC

4
IP,W
d
1
1 4
IP,R
Da  Di4
Der Verdrehwinkel bei B kann mit den jetzt bekannten Schnittgrößen MW bzw. MR aus (2) oder (3)
berechnet werden. Wir erhalten:
jB  jW z  a  jR z  a 
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MC  a
G IP,W  IP,R 

32  MC  a

Gp d4  Da4  Di4

Ende
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2.5.2
Hinweise zur Torsion allgemeiner Querschnitte
• Die im Kapitel 2.5.1 vorgestellten Formeln für Torsionspannungen und Torsionsverformungen
gelten nur für Kreis- und Kreisringquerschnitte.
• Für andere Querschnittsformen müssen spezielle Formeln hergeleitet werden, wobei
zwischen SAINT-VENANTscher Torsion (Verwölbungen können sich frei ausbilden) und
Wölbkrafttorsion (Verwölbungen sind behindert) unterschieden werden muss.
• Eine besondere praktische Bedeutung kommt den dünnwandigen offenen Querschnitten zu.
Die Torsionsschubspannungen und die Verformungen sind hier wesentlich größer als bei
anderen Querschnittsformen. Infolge erheblicher Querschnittsverwölbungen, die bei einer
Torsionsbeanspruchung auftreten (siehe Bild 2.60, b), ergeben sich bei einer Behinderung der
Verwölbung (z. B. infolge einer Einspannung) sehr großen Normalspannungen in z-Richtung.
Unter der Voraussetzung einer SAINT-VENANTschen Torsion lassen sich die für Kreis- und
Kreisringquerschnitte hergeleiteten Formeln für die Berechnung der maximalen Torsionsschubspannungen und der Verdrehwinkel auch für allgemeine Querschnittsformen verallgemeinern:
Mt
Wt
mit
Wt - Torsionwiderstandsmoment
(2.73)
dj Mt

dz GIt
mit
It - Torsionsträgheitsmoment
(2.74)
tmax 

Beachte: Das Produkt GIt ist die Torsionssteifigkeit. It und Wt sind in Abhängigkeit von der
Querschnittsgeometrie zu berechnen (siehe Tabelle 2.8 auf der folgenden Seite).
Nur für Kreis- und Kreisringquerschnitte gilt It  IP.
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Tabelle 2.8 Berechnung von It und W t in Abhängigkeit von der Querschnittsgeometrie
Querschnittsart
Berechnung von It und Wt
allgemeine
It und Wt aus einer Torsionsfunktion ,
für die eine POISSONsche Differentialgleichung zu lösen ist.
dünnwandig,
einzellig
BREDTsche Formeln:
Am
s 
Am = von Profilmittellinie
eingeschlossene Fläche
2
4A m
It 
ds
 s
Wt  2A m  min
dünnwandig,
mehrzellig
Modifizierte BREDTsche Formeln.
dünnwandig, offen
Näherungsformeln:
i
dünnwandig, einoder mehrzellig
und offen Teile
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l0
?
l0
li
It @
1
lii3

3 i 
Wt @
It
max
Im Allgemeinen Vernachlässigung der
offen Teilabschnitte l0.
Begründung: siehe folgendes Beispiel.
Ende
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Beispiel 2.16 Torsion dünnwandiger offener und geschlossener Querschnitte
Für einen dünnwandigen Stab mit geschlossenem bzw.
in Längsrichtung aufgeschlitztem Kreisringquerschnitt
(Bild 2.67) sollen die maximalen Torsionsschubspannungen und die relativen Verdrehwinkel der Endquerschnitte allgemein ermittelt und für R/ = 10 miteinander vergleichen werden.
a) Geschlossener Kreisringquerschnitt:
Die Berechnung des Torsionsträgheitsmomente It und des
Torsionswiderstandsmomentes Wt soll hier mit Hilfe der
BREDTschen Formeln (siehe Tabelle 2.8) erfolgen. Es wird:
Mt
Mt
l
R
R
a)

b)

Bild 2.67 Geschlossener und geschlitzter
Kreisringquerschnitt bei Torsion
 2
2
4A m
4 pR2
Wt,a  2Am  min  2pR2
und
It,a 

 2pR3
ds
2pR
 s

Die maximale Schubspannung folgt aus Gleichung (2.73) und der relative Verdrehwinkel aus
Gleichung (2.71), in die bei Kreisquerschnitten GIP = GIt eingesetzt wird. Wir erhalten:
M
Mt
Mtl
Mtl
tmax,a  t 
und

j


a
Wt,a 2pR2
GIt,a 2GpR3
Hinweis: Die Berechnung für den geschlossenen Kreisring kann natürlich auch wie in Kapitel 2.5.1 für Kreisund Kreisringquerschnitte durchgeführt werden. Zur Übung sollte man die Vergleichsrechnung einmal durchführen. Je geringer die Wandstärke des Kreisringes wird, um so besser stimmen die Ergebnisse mit den hier
nach den BREDTschen Formeln berechneten Ergebnissen überein.
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?
Ende
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b) Geschlitzter Kreisringquerschnitt:
Die Berechnung des Torsionsträgheitsmomentes It und des Torsionswiderstandsmomentes Wt
erfolgt nach den Näherungsformeln aus Tabelle 2.8 für dünnwandige offene Querschnitte. Für
die maximale Schubspannung und den relativen Verdrehwinkel erhalten wir:
It,b
2
1
2
3
3
W
@
 pR2
und
It,b @  lii  pR
t,b
max 3
3 i
3
tmax,b 
Mt
3Mt

Wt,b 2pR2
und
jb 
Mt l
3Mtl

GIt,a 2GpR3
Wir vergleichen die Ergebnisse am anschaulichsten miteinander, wenn wir das Verhältnis der
maximalen Spannungen und der relativen Verdrehwinkel aufschreiben. Wir erhalten:
jb
R2
 3 2  300
ja

und
tmax ,b
R
 3  30
tmax ,a

Wir erkennen, dass für dieses Beispiel die maximale Spannung im Torsionsstab mit offenem
Querschnitt (ansonsten aber identischen Werten) 30-mal größer ist und der Verdrehwinkel
sogar 300-mal größer ist als im geschlossenen Kreisringquerschnitt.
Schlussfolgerung: Das Ergebnis ist typisch und zeigt das geringe Vermögen dünnwandiger
offener Querschnitte Torsionsmomente zu übertragen.
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2.6
Scherbeanspruchung
Das Ziel dieses Kapitels ist die Berechnung der Scher- oder Abscherspannungen ta infolge
von unendlich dicht nebeneinander liegenden parallelen und entgegengesetzt gerichteten
Querbelastungen, die eine Querschnittsfläche (Scherfläche) auf Schub belasten (Verformungsberechnungen werden bei Scherbeanspruchungen in der Regel nicht durchgeführt).
Scherbeanspruchungen trete bei entsprechender Belastung vorrangig bei Schneidvorgängen,
Niet-, Bolzen-, Schweiß- und Klebeverbindungen auf. Einige typische Scherbeanspruchungen
sind in Bild 2.68 dargestellt.
FS
FS
d
FS
FS
AS=pdh
d
FS
h
AS
FS
Schneiden, Stanzen
AS=Schweißnahtfläch
e
bzw. Klebefläche
Schweiß- bzw. Klebeverbindung
AS=1/4pd
2
FS
Nietverbindung
Bild 2.68 Beispiele für typische Scherbeanspruchungen
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?
Ende
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Bevor wir die Berechnung der Scherspannung behandeln, soll die Frage geklärt werden, was die
Scherbeanspruchung von der Querkraftschubbeanspruchung (vgl. Kapitel 2.4) unterscheidet. Der
Unterschied soll an Hand des folgenden Beispiels (siehe Bild 2.69) verdeutlicht werden.
a) System mit vorrangiger Biege- und Querkraftschubbeanspruchung:
Biegeeinfluss >> Querkrafteinfluss (Querkrafteinfluss meist vernachlässigbar)
A
A
F
z
l
F
MA= Fl
y
FA= F
b) System mit vorrangiger Scherbeanspruchung:
Schereinfluss >> Biegeeinfluss (Biegeeinfluss meist vernachlässigbar!
z  0
A
z  0
A
F
l
MA= Fz
MA  0
F
Gefahr der Zerstörung
durch Abscheren!
Bild 2.69
Querkraftschub und
Scherbeanspruchung
FA= F
Hinweis: Eine reine Scherbelastung liegt nach unserer Definition nur für z = 0 vor (vgl. Bild
2.69 b). Praktisch ist dieser Fall aber kaum zu realisieren, so dass immer ein kleiner Biegeanteil
vorhanden ist und auch Querkraftschubbelastungen auftreten werden.
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Näherungsweise Berechnung der Scherschubspannungen
Zur näherungsweisen Berechnung der Scherschubspannungen machen wir noch folgende
Annahmen:
• Es wird eine reine Scherbeanspruchung angenommen (Abstand der Scherkräfte ist Null,
z. B. z = 0 im Bild 2.69 b). Der in Wirklichkeit komplizierte räumliche Spannungszustand
bleibt unberücksichtigt, da die Scherbeanspruchung überwiegt.
• Ist der Abstand zwischen den Scherkräften nicht Null (aber klein), so kann der Biegeeinfluss
im Allgemeinen vernachlässigt werden.
• Die über eine Scherfläche AS übertragene Scherkraft FS verursacht konstante Scherspannungen ta. Das ist ein angenommener Mittelwert einer tatsächlich komplizierter verteilten
Schubspannung (vgl. z. B. Kapitel 2.4 Querkraftschub).
Es folgt damit für die Scherschubspannung ta bzw. für den Spannungsnachweis gegen
Abscheren:
ta 
Fs
 ta, zul
As
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(2.75)
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Beispiel 2.17 Scherbeanspruchung einer Bolzenverbindung
Die Scherkraft FS und die Scherfläche
AS in der Bolzenverbindung betragen
jeweils (siehe Schnittdarstellung in Bild
2.70)
F
pd2
FS 
und A S 
2
4
F/2
F/2
FS=F/2
d
AS=1/4pd
Damit erhalten wir für die Scherschubspan
nung bzw. für einen Spannungsnachweis
gegen Abscheren aus Gleichung (2.75):
ta 
F/2
F/2
F
F
2
Bild 2.70 Scherbeanspruchung einer Bolzenverbindung
FS
2F
 2  tazul
A S pd
Beispiel 2.18 Klebe- bzw. Lötverbindung von Rohren
F
F
d
Scherkraft:
FS = F
Scherfläche:
AS = pd·l
Mit Gleichung (2.75) folgt für die Scherschubspannung
l
AS = pd·l
Bild 2.71 Klebe- bzw. Lötverbindung von Rohren
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?
ta 
FS
F

 tazul
A S pd  l
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Beispiel 2.19 Stanzen eines Blechteils
Welche Schnittkraft ist zum Stanzen des abgebildeten
Blechteils (Bild 2.72) notwendig?
6
11
6
Gegeben: Blechdicke 0,8 mm, taB = 200 N/mm2
10
6
Scherfläche:
AS = lS ·h
mit lS - Schnittlänge
10
AS = (2·23 + 2·26 + 4·10)·0,8 mm2
AS = 110,4 mm2
Bild 2.72 Blechteil
Eine Abschätzung der erforderlichen Schnittkraft erhalten wir aus Gleichung (2.75), indem
wir für tzul die gegebene Bruchspannung taB einsetzen und die Gleichung nach FS auflösen.
Es wird:
F
ta  S  taB
 FS  A S  taB  110,4 mm 2  200 N/mm 2
AS
Schnittkraft:
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?
FS  22,1 kN
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2.7
Zusammengesetzte Beanspruchung
Bisher haben wir immer angenommen, dass nur jeweils eine Grundbeanspruchung (Zug/Druck,
Biegung, Torsion, Querkraftschub oder Abscherung) vorliegt. Bei den meisten praktischen Problemen treten jedoch mehrere Grundbeanspruchungen gleichzeitig im Bauteil auf. Wir sprechen
dann von zusammengesetzter Beanspruchung. Die Spannungen müssen in geeigneter Weise
überlagert werden. Die zu überlagernden Spannungen können dabei „gleichartige“ Spannungen
(z. B. nur Normalspannungen in einer Richtung oder nur Schubspannungen in einer Ebene) oder
„ungleichartig“ Spannungen (z. B. Normalspannungen und Schubspannungen oder Normalspannungen, die in unterschiedlichen Richtungen wirken usw.) sein (vgl. auch Tabelle 2.9).
Tabelle 2.9 Grundbeanspruchungen bei Stäben und Balken
Grundbeanspruchung
Schnittgröße
Spannung
Zug/Druck
FL
sz
Biegung
Mbx, Mby
sz
Querkraft
Torsion
Scherung
FQx, FQy
Mt
FS
tzx, tzy
t  tzx, tzy
t  tzx, tzy
siehe Kapitel
gleichartige
Spannungen
gleichartige
Spannungen
2.2.1.1
2.3.2 und 2.3.4
2.4.1
2.5.1.2
2.6
In diesem Kapitel wollen wir die Berechnung und Beurteilung der Spannungen vornehmen, wenn
mehrere (in der Regel „ungleichartige“) Beanspruchungsarten gleichzeitig im Bauteil auftreten.
Im Folgenden werden Spannungswerte (Vergleichsspannungen sV) ermittelt, die mit im Zugversuch ermittelten zulässigen Spannungen szul eine Beurteilung des Bauteils erlauben.
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2.7.1
Überlagerung gleichartiger Spannungen
Satz: Gleichartige Spannungen in gleichen Schnittflächen lassen sich an einem Punkt wie
Kräfte zu Resultierenden addieren.
FL
Mb
x
x
z
Mb
y
y
+
sz z  
FL z 
A z 
+
sz y, z  
Mbx z 
y
Ixx z 
=
s z x, z  
Mby z 
Iyy z 
x
sz x, y, z
Bild 2.73 Überlagerung gleichartiger Normalspannungen aus Zug/Druck und Biegung
Mit sz für die Zug/Druck-Beanspruchung nach Gleichung (2.19) und sz für die zweiachsige
Biegung nach Gleichung (2.41) ergibt sich die Gesamtnormalspannung somit zu:
s z x,y,z  
Mby z
FL z Mbx z

y
x
A z Ixx z
Iyy z
(2.76)
Hinweis: Analog können auch gleichartige Schubspannungen (z. B. aus Torsion und
Querkraftschub) überlagert werden.
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2.7.2
Mehrachsige Spannungszustände
Sind nicht nur Normalspannungen in einer Richtung (vgl. z. B. Kapitel 2.7.1) sondern in
mehreren Richtungen vorhanden, oder treten Normalspannungen und Schubspannungen
gemeinsam auf, so sprechen wir von einem mehrachsigen Spannungszustand (vgl. Bild 2.8;
dort ist ein räumlicher bzw. dreiachsiger Spannungszustand dargestellt).
Frage: Wie beurteilt man den Spannungszustand beim gleichzeitigen Auftreten verschiedener
Spannungen?
Problem: Die im Zug- bzw. Torsionsversuch ermittelten Materialparameter (szul und tzul) gelten
nur für den reinen einachsigen Zug- bzw. Torsionslastfall. Bei der Wirkung eines mehrachsigen
Spannungszustandes zeigt die Praxis, dass ein Tragwerk auch dann zerstört werden kann,
wenn die Einzelspannungen die Bedingung
svorhanden  szul
und
tvorhanden  tzul
erfüllen!
Lösung des Problems: Aus dem mehrachsigen Spannungszustand wird mit Hilfe von
Spannungshypothesen (siehe Kapitel 2.7.3) eine so genannte Vergleichsspannung sv
berechnet, die dann mit der im Zugversuch ermittelten zulässigen Spannung szul verglichen
wird.
Für den Spannungsnachweis eines mehrachsigen Spannungszustandes muss dann die
folgende Bedingung erfüllt sein:
sv  szul
(2.77)
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Im Folgenden beschränken wir uns auf den ebene (zweiachsigen) Spannungszustand, der
wie folgt gekennzeichnet werden kann:
Beim ebenen Spannungszustand gibt es nur Spannungen in einer Ebene (z. B. in der
(x,y)-Ebene die Spannungen sx, sy, txy, tyx - vgl. Bild 2.75).
Eine kleine Auswahl typischer Bauteile, in denen näherungsweise ein ebener Spannungszustand bei entsprechender Belastungen und Geometrie entsteht, ist in Bild 2.74 dargestellt.
Scheiben
y
y
dA
x
x
Dicke h
Dicke h
F
Balken und Träger
y
Dicke h
dA
x
dA
Dünnen Platten und Schalen
dA
dA
qy
y
x
y
Mt
dA
Platte
x
Schale
Bild 2.74 Bauteile mit näherungsweise ebenen Spannungszuständen
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Wir betrachten von den Bauteilen mit einem ebenen Spannungszustand ein differentielles
Flächenelement dA (siehe Flächenelemente dA in den Beispielen von Bild 2.74) und der Dicke h.
Die an diesem Element angreifenden Schnittgrößen und Belastungen sind für den ebenen
Spannungszustand im Bild 2.75 dargestellt.
(sy+dsy)dxdz
y,v
dy
dA
(tyx+dtyx )dxdz
YdV
sx dydz
txy dydz
y
XdV
(txy+dtxy)dydz
(sx+dsx )dydz
Dicke h
Beachte: sz=0
tyx dxdz
txz=tzx=0
sy dxdz
z
Es gilt für Bild 2.75 :
X, Y Volumenkräfte
dA = dx·dy
dV = h· dA = h·dx·dy
u, v - Verschiebungen in x- bzw.
y-Richtung
x
dx
x,u
tyz=tzy=0
Bild 2.75 Ebener Spannungszustand
Das Momentengleichgewicht um die zur z-Achse parallele Achse durch den Mittelpunkt des
Elements liefert (bei Vernachlässigung der Größen, die von höherer Ordnung klein sind) das
bereits bekannte Gesetz (siehe Kapitel 2.4.1, Gleichung (2.49))
t xy  t yx
Gesetz von der Gleichheit der zugeordneten Schubspannungen
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?
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(2.78)
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Durch weitere Gleichgewichts- und Verformungsbetrachtungen am differentiellen Element
lassen sich die Differentialgleichungen des ebenen Spannungszustandes ableiten. Aus diesen
lassen sich dann unter Beachtung der Randbedingungen
u 
u  ,
v 
 sx 
 
σ   sy 
t xy 
 
und
 ex 
 
ε   ey 
 g xy 
 
berechnen.
Hinweis: Für unterschiedliche Lagen des Bezugssystems (x,y) in Bild 2.75) ergeben sich
unterschiedliche Spannungen für sx, sy und txy. Es wird aber in allen Fällen dadurch der
gleiche Spannungszustand beschrieben!
Wenn unterschiedliche Lagen des Bezugssystems unterschiedliche Spannungen ergeben,
dann stellt sich sofort die Frage, wie groß die Spannungen unter einem beliebigen Winkel j
sind und für welchen Winkel j die Spannungen Maximalwerte annehmen? Diese Frage soll
zunächst an einem einfachen Beispiel - dem Zugversuch mit einem einachsigen
Spannungszustand (Bild 2.76, siehe nachfolgende Seite) - geklärt werden.
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Dicke h
y
y
Dicke h
Schnittführung
sxAsinj
l
sA l
l
sjAj
tjAj
j
x
j
x
sx
sx
sxAcosj
sx
A = l·h
j
x
sjAj
sx
Bild 2.76 Zugstab mit herausgeschnittenem Element
Aj 
tjAj
slx
A
h
cosj
cosj
sx
Wir schneiden aus einem Zugstab ein keilförmiges Element heraus (siehe Bild 2.76) und
schreiben dafür die Kraftgleichgewichtsbedingungen auf:
1
(2.79)
 sj  s x cos2 j  s x 1  cos 2j
: s x A·cos j  sj A j  0
2
1
(2.80)
s x A· sin j  t j A j  0
 t j  s x sin j  cos j   s x sin 2j
:
2
Aus den Gleichungen (2.79) und (2.80) lassen sich für jede Winkellage j die Normalspannung
sj und die Schubspannung tj berechnen.
Die Maximalwerte dieser Spannungen ergeben sich aus den Bedingungen für Extremwerte
dieser Spannungen
dsj j
dj
0
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und
?
dtj j
dj
0
Ende
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Aus der ersten Bedingung für die Normalspannung folgt mit Gleichung (2.79)
dsj j
p
1
und
j


j

0


 sx  2  sin 2j  0
2
1
2
dj
2
Die beiden Lösungen in (2.79) eingesetzt liefern für j1 = 0 die maximale Normalspannung und
für j2 = p/2 die minimale Normalspannung sj:
p

sj,min  sj  j    0
sj,max  sj j  0  s x
und

2
Für diese Winkel (j1 = 0, j2 = p/2) wird nach Gleichung (2.80) die Schubspannung tj = 0.
Aus der zweiten Bedingung für die Schubspannung folgt mit Gleichung (2.80)
dtj j
p
1

j


 45
  sx  2  cos 2j  0
1,2
4
dj
2
Die beiden Lösungen in (2.80) eingesetzt liefern für j1 = +p/4 und für j2 = -p/4 bis auf das
Vorzeichen die gleiche Schubspannung tj. Es ergibt sich:
p
1

tj,max  tj  j      s x

4
2
und
p
1

tj,min  tj  j      s x

4
2
Feststellung:  Die maximale Schubspannung tritt unter einem Winkel von 45° gegenüber der
maximalen Normalspannung auf.
 Wo die Normalspannung einen Extremwert hat, ist die Schubspannung Null.
 Die obigen zwei Feststellungen gelten allgemein auch für den mehrachsigen
Spannungszustand (siehe nachfolgende Verallgemeinerung).
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Verallgemeinerung auf den ebenen (zweiachsigen) Spannungszustand:
Wir betrachten für den ebenen Spannungszustand zwei keilförmige Elemente (Bild 2.77) mit einer
um den Winkel j (bzw. j + p/2) geneigten Schnittebene und schreiben für beide Elemente wieder
zwei Kräftegleichgewichtsbedingungen auf, um daraus die Spannungen in den geneigten Schnittebenen zu ermitteln.
y
h
Fläche A
j
sxAcosj
thA
y
h
Fläche A
shA
sA
thA

txyAcos
j
j
j
txy = tyx
th = th
x
txyAsinj
txyAsinj
j
txyAcos
j
syAsin
j

sxAsinj
x
syAcosj
Bild 2.77 Spannungstransformation für den ebenen Spannungszustand
Es folgt (die Rechnung
sollte der Leser zur Übung
selbst einmal durchführen):
s 
sh 
sx  sy
2
sx  sy
2
t h  t h  
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

sx  sy
2
sx  sy
2
sx  sy
2
cos2j  t xysin2j
(2.81)
cos2j  t xysin2j
(2.82)
sin2j  t xycos2j
Ende
(2.83)
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Frage: Für welchen Winkel j nehmen die Spannungen Extremwerte an und wie groß sind
diese?
Die Extremwerte für die Spannungen s, sh und th können formal mit Hilfe ihrer ersten
Ableitungen
ds 
ds h
dth
 0 und
 0,
 0.
dj
dj
dj
aus den Gleichungen (2.81) bis (2.83) berechnet werden. Wir wollen hier die Lösung des
Problems vereinfachen, indem wir den nachfolgenden Hinweis ausnutzen.
Hinweis: Die Transformationsformeln (2.81) bis (2.83) für die Spannungen sowie die Extremwertbedingungen entsprechen genau denen für die Flächenträgheitsmomente. Deshalb können
die dort gewonnenen Ergebnisse analog übertragen werden (vgl. Kapitel 1.10.4, S 141).
Wir erhalten als Extremwerte der Spannungen die so genannten Hauptspannungen
(Hauptnormalspannungen) s1 und s2 in Richtung der Hauptspannungsachsen „1“ und „2“,
die gegenüber dem Ausgangssystem (x,y) um j01 bzw. j02 gedreht sind und die
Hauptschubspannungen tI und tII in Richtung der Hauptschubspannungsachsen „I“ und
„II“ (vgl. Gleichungen (2.84) bis (2.89) und Bild 2.78 sowie Bild 2.79).
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Hauptspannungen s1 und s2:
s2
s1
s1  smax 
y
2
sx  sy
2
2
 sx  sy 
  t2xy
 
 2 
(2.84)
1
s1
j02
j01
s2  smin 
s2
x
Bild 2.78 Hauptspannungen
mit
sx  sy
2
2
 sx  sy 
  t2xy
 
 2 
(2.85)
th j01  th j02   0
Beachte: Da die Spannungen vorzeichenbehaftet sind, ist s1 = smax nicht automatisch der
vom Betrag maximale Spannungswert, sondern der nach der reellen Zahlenfolge größte Wert
(z. B.: s1 = smax = -50 N/mm2, s2 = smin = -90 N/mm2)!
Richtungen j01 und j02 der Hauptspannungen :
tan2j01 
tanj01 
2t xy
und
sx  sy
j02  j01 
p
2
oder
s1  s x s y  s2

t xy
t xy
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für Wirtschaftsingenieure
?
(2.86)
(2.87)
Ende
2 Festigkeitslehre
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Hauptschubspannungen tI und tII:

y
45
45
j02
p

tI,II  tmax,min  th  j01  

4
1
j01
45

2
j01- 45
2
tI  tmax
 sx  sy 
s  s2
2
 
  t xy   1
2 
2

tII  tmin
 sx  sy 
s  s2
2
 
  t xy   1
2 
2

(2.88)
x
Bild 2.79 Hauptschubachsenlage
2
(2.89)
Beachte: Die Hauptschubspannungen treten in Schnitten auf, die um die Winkel -45° bzw.
+45° gegenüber der Hauptspannungsrichtungsachse „1“ gedreht sind (Bild 2.79) und
unterscheiden sich nur im Vorzeichen.
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?
Ende
2 Festigkeitslehre
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2.7.3
Spannungshypothesen
Der mehrachsige Spannungszustand wird mit Hilfe der folgenden Spannungshypothesen
(Festigkeitshypothesen) auf eine so genannte Vergleichsspannung sV zurückgeführt, die dann
mit der im Zugversuch ermittelten zulässigen Spannung szul verglichen werden kann (vgl.
einführende Bemerkungen zum Kapitel 2.7.2).
Nachfolgend wird die Berechnung der Vergleichsspannung sV für drei der bekanntesten Hypothesen vorgestellt. Dabei beschränken wir uns auf den ebenen (zweiachsigen) Spannungszustand.
Hauptspannungshypothese
Annahme: Der Bruch des Materials tritt ein, wenn die vom Betrag größte Normalspannung
(deshalb auch die Bezeichnung Normalspannungshypothese) die zulässige
Spannung szul überschreitet.
Mit den Hauptnormalspannungen nach den Gleichungen (2.84) und (2.85) gilt für die Vergleichsspannung nach der Hauptspannungshypothese:
sV1 = Maximum(|s1|, |s2|)  szul
(2.90)
Anwendungsbereich:  Für Spröde Werkstoffe (z. B. Grauguß)
Nachteil:
 Für zähe Werkstoffe liefert die Hauptspannungshypothese im
Allgemeinen zu kleine Werte, d. h. man liegt auf der „unsicheren“
Seite!
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?
Ende
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Schubspannungshypothese
Annahme: Es wird angenommen, dass die größte Schubspannung für den Bruch
verantwortlich ist.
Die größte Schubspannung für einen ebenen Spannungszustand ist nach (2.88)
2
tmax
 sx  sy 
s  s2
2
 
  t xy  1
2 
2

Um diese maximale Schubspannung mit einer zulässigen Normalspannung vergleichen zu können, ermitteln wir die maximale Schubspannung für einen Zugstab, der nur durch die Normalspannung sx = sV2 belastet ist. Den Zusammenhang zwischen sx und tmax haben wir bereits
im Kapitel 2.7.2 am Beispiel des Zugversuchs kennen gelernt. Er folgt natürlich auch aus der
allge-meinen Gleichung (2.88) für den ebenen Spannungszustand mit sy = 0 und txy = 0.
sx sV2
 s V 2  2tmax
t


Es wird:
max
2
2
Setzen wir hier die maximale Schubspannung für den ebenen Spannungszustand ein, so folgt
für die Vergleichsspannung nach der Schubspannungshypothese:
s V2 
sx  sy 2  4t2xy 
s1  s2  s zul
(2.91)
Anwendungsbereich:  Für spröde Werkstoffe bei überwiegender Druckbelastung,
 in der Bodenmechanik (Sand),
 für sehr zähe metallische Werkstoffe mit ausgeprägtem Fließverhalten.
Nachteil:
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 Liefert oft zu große Werte!
?
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Gestaltänderungshypothese (nach R. VON MIESES)
Annahme: Der Bruch ist von der Größe der Gestaltänderungsenergie abhängig.
Ohne Herleitung soll hier das Ergebnis für die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungshypothese angegeben werden:
s V3  s2x  s2y  s x s y  3t 2xy  s zul
(2.92)
sV3  s12  s22  s1  s2  szul
(2.93)
für Hauptspannungen:
sV3  s2  3t2  szul
Spezialfall für den einachsigen
(2.94)
Spannungszustand (sx = s, sy = 0, txy= t
Der Spezialfall nach (2.94) trifft in der Regel für Träger und Balken immer zu, wobei sich die
Normalspannung s aus der Überlagerung der gleichartigen Spannungen aus Zug/Druck und
zweiachsiger Biegung ergeben kann und die Schubspannung t ebenfalls die Resultierende der
gleichartigen Schubspannungen aus Querkraftschub und Torsion sein kann (vgl. Kapitel 2.7.1).
Anwendungsbereich: 



für zähe Werkstoffe mit ausgeprägter Fließgrenze (z. B. Stahl),
auch für Nichteisenmetalle,
auch anwendbar bei dynamischer und wechselnder Beanspruchung,
hat auch Bedeutung in der Plastizitätstheorie.
Beachte: Die Gestaltänderungshypothese hat die größte Bedeutung von allen Hypothesen
erlangt. Sie liefert in der Regel die besten Ergebnisse für die gebräuchlichsten Materialien im
Maschinenbau (siehe Anwendungsbereiche und nachfolgenden Vergleich der Hypothesen).
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?
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Vergleich der Spannungshypothesen
Wir wollen für den Spezialfall sx = s, sy = 0 und txy = t, der z. B. bei der Überlagerung von
Biegung und Torsion in einem Träger auftritt, die Vergleichsspannungen nach den drei oben
angegebenen Spannungshypothesen miteinander vergleichen.
Es folgt für diesen Spezialfall:

1
s  s 2  4t2
2
Hauptspannungshypothese nach (2.90) mit (2.84):
s V1 
Schubspannungshypothese nach (2.91):
sV2  s2  4t2
Gestaltänderungshypothese nach (2.94):
sV3  s2  3t2
Allgemein gilt in diesem Spezialfall für t  0:
sV1  sV3  sV2
und natürlich für t = 0:
sV1 = sV2 = sV3

Feststellung: Die Vergleichsspannung sV3 nach der Gestaltänderungshypothese liegt zwischen
den beiden anderen Hypothesen. Sie stimmt für die meisten Werkstoffe am besten mit den
praktischen Erfahrungen überein.

Die Gestaltänderungshypothese ist die am häufigsten benutzte Hypothese!
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Beispiel 2.20 Getriebewelle mit einem schrägverzahnten Zahnrad
Geg.: a = 80 mm, b = 120 mm, r = 40 mm
M0 = 120 Nm, szul = 120 N/mm2
Nach der Verzahnungsgeometrie gilt:
Fa = Futanb, Fr = (Futana)/cosb, a = 20, b = 10°
Annahme: Die Querkraftschubspannungen
seien vernachlässigbar klein!
Ges.: Durchmesser d der Welle nach der
Gestaltänderungshypothese.
Fr
Fu
Fa
M0
r
B
b
C
a
A
Fa
Fr
M0
Fur
Fu
Aus 6 Gleichgewichtsbedingungen lassen sich die
FAx
unbekannten Lagerreaktionen und Fu berechnen:
z
Far
M0
FAz  Fa  529 N ,
Fu 
 3000 N ,
x
FAz
Fa = 529 N
r
y
FAy
bF  rFa
b
FAx 
Fu  1800 N , FAy  r
 771 N ,
ab
ab
aFr  rFa
a
FBx 
Fu  1200 N , FBy 
 338 N .
M0 = 120 N m
ab
ab
Damit lassen sich die Schnittgrößenverläufe ermitteln
(siehe Bild 2.80). Wir können daraus zwei gefährdete
Querschnitte erkennen:
 rechts von C (Maximum für Mby, Mt und großes Mbx )
FBy
FAxa = 144 N m
FL
Mt
Mby
Mbx
+
+
 links von C (Maximum für FL, Mbx, Mby)
FBx
FByb = 40,6 N m
Far
FAya = 61,7 N m
Bild 2.80 Getriebewelle mit Zahnrad
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?
Ende
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Beachte: Da es zwei gefährdete Querschnitte gibt, müssen wir zunächst für beide Querschnitte eine Dimensionierung durchführen. Mit den Ergebnissen kann dann entschieden werden,
welcher Durchmesser d gewählt werden muss, damit in keinem der beiden Querschnitten die
Vergleichsspannung die zulässige Spannung szul überschreitet.
Dimensionierung für den Querschnitt rechts von C:
Mit den Schnittgrößen unmittelbar rechts von C (vgl. Bild 2.80)
Mt = -120 Nm
Mbx = 40,6 Nm

Mby = 144 Nm
nach Gleichung (2.46)
2
2
Mbres  Mbx
 Mby
 149,6 N m
ergeben sich die maximalen Spannungen, die in zwei Punkten auf dem Umfang des Querschnitts auftreten aus den Gleichungen (2.47) bzw. (2.65) und (2.66) zu:
Mbres
pd3
smax 
mit Wb 
(1)
Wb
32
pd3
tmax
(2)
mit Wt 
 2Wb
16
Nach der Gestaltänderungshypothese (2.94) muss gelten:
Mit (1) und (2) ergibt sich daraus:
M
 t
Wt
2
2
s V 3  smax
 3 tmax
 s zul
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
sV3 
sV3  s2  3t2  szul
1
3
Mb2res  M2t  s zul
Wb
4
Ende
2 Festigkeitslehre
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Aus der letzten Gleichung folgt mit der Abkürzung MV3
sV3 
MV 3
 szul
Wb
mit
3
MV 3  Mb2res  M2t
4
(2.95)
Hinweis: Das Zwischenergebnis in Form von Gleichung (2.95) ist eine nützliche allgemeine
Formel für die Berechnung von Wellen nach der Gestaltänderungshypothese unter Biege- und
Torsionsbelastung.
Die Gleichung (2.95) kann nach dem Widerstandsmoment (bei Dimensionierungsproblemen als
erforderliches Widerstandsmoment bezeichnet), aufgelöst werden. Mit Wb nach (1) folgt:
Wberf 
M
p 3
derf  V 3
32
σ zul
Die Auflösung nach derf liefert:
derf  3
32 MV 3
 24,9 mm
p s zul
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Dimensionierung für den Querschnitt links von C:
Mit den Schnittgrößen unmittelbar links von C (vgl. Bild 2.80)
FL = -529 N
Mbx = 61,7 Nm

Mby = 144 Nm
nach Gleichung (2.46)
2
2
Mb res  Mbx
 Mby
 156,7 Nm
erhalten wir eine maximalen Normalspannung aus der Überlagerung der Zug/Druck- und der
Biegespannung nach (2.76) mit (2.19) und (2.47) zu:
pd3
FL Mbres
pd2
(3)
Wb 
und
A
smax 

mit
32
4
A
Wb
Schubspannungen treten an dieser Stelle nicht auf, da das Torsionsmoment Mt Null ist.
Nach der Gestaltänderungshypothese (2.94) muss wieder gelten:
sV3  s2  3t2  szul
Wegen der hier fehlenden Schubspannung erhalten wir daraus mit (3) die einfache Bedingung
2
2
sV3  smax
 3tmax
 smax 
FL Mbres

 szul
A erf Wberf
Mit A und Wb aus (3) ergibt sich eine kubische Gleichung für den Durchmesser derf:
4 FL
pd2erf

32  Mbres
pd3erf
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 s zul
?
 d3erf 
4 FL
32  Mbres
derf 
0
ps zul
ps zul
Ende
(4)
2 Festigkeitslehre
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Aus der Gleichung (4) erhält man die reelle Lösung20
derf  23,77 mm
Schlussfolgerung: Da derf rechts von C größer ist als links von C, muss die Getriebewelle nach
dem größeren Durchmesser derf  24,9 mm dimensioniert werden.
Den Durchmesser, mit dem man die Getriebewelle tatsächlich fertigt, wird man in der Praxis
nach bestimmten Gesichtspunkten (Vorzugsdurchmesser, einzuhaltende Normen, verfügbare
Materialabmessungen, Sicherheiten usw.) etwas größer wählen, z. B.
dgew  25 mm
Hinweis: Will man die etwas aufwendigere Lösung der kubischen Gleichung (3) für derf vermeiden, so kann man auch einen Spannungsnachweis nach der Gestaltänderungshypothese mit
einem angenommenen Durchmesser führen. Wählt man zweckmäßig den rechts von C
ermittelten erforderlichen Durchmesser dgew = derf = 24,9 mm, so liefert der Spannungsnachweis für die Stelle links von C:
s V 3,vor  smax,vor 
FL
A gew

F
Mbres
M
N
 2L  b3res  s zul  120
Wb,gew pdgew pdgew
mm 2
4
20
32
Die Lösung einer kubischen Gleichung kann nach der Cardanischen Lösungsformel (siehe [2]) oder näherungsweise
erfolgen.
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s V 3,vorh 
529 N
156,7  103 Nmm

p  24,92 mm 2
p  24,93 mm 3
4
32
N
N
N
s V3,vorh  1,09  102,91

104,0

s

120
zul
mm 2
mm 2
mm 2
(5)
Das Ergebnis (5) des Spannungsnachweises besagt, dass die Welle links von C immer kleinere
Spannungswerte nach der Gestaltänderungshypothese haben wird als rechts von C. Die Stelle
rechts von C ist somit für die Dimensionierung maßgeblich, wie wir es mit der exakten Berechnung oben bereits festgestellt hatten.
Hinweis: Der Anteil der Längskraft (in (5) der erste Summand in der Klammer) ist in diesem
Beispiel sehr klein. Diese Feststellung kann dahingehend verallgemeinert werden, dass die
Spannungen aus der Längskraft in vielen Fällen vernachlässigt werden können. Der hier nicht
berücksichtigte Einfluss der Querkraftschubspannungen ist ebenfalls klein. Die Vernachlässigung dieser beiden Anteile wird durch das Wählen von dgew > derf in der Regel „abgefangen“.
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2.8
Stabilität
2.8.1
Einführung
Ein auf Druck belasteter gerader Stab Bild 2.81 kann seine Funktion (Gleichgewicht mit gerader
Stabachse) verlieren, auch wenn die im Stab vorhandene Druckspannung sd noch wesentlich
kleiner als die zulässige Druckspannung ist, d. h. wenn gilt
s d  s d zul
Der Stab verliert seine Funktion, indem er bei einer bestimmten kritischen Kraft F = FK plötzlich instabil wird und
eine neue Gleichgewichtslage mit gekrümmter Stabachse
annimmt. Wir bezeichnen diesen Vorgang als das Knicken
eines Stabes oder kurz als Stabknickung.
F=FK
F<FK
Bild 2.81 Stabknickung
Solche Instabilitäten treten auch bei anderen Tragwerken unter Druckbelastungen auf und
sind sehr gefährlich! Einige Beispiele sind in Bild 2.82 zusammengestellt.
q=qK
q=qK
F=FK
F<FK
Platte
Schale
q=qK
Kippen eines brettartigen Balkens
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q=qK
Beulen von Flächentragwerken (Platte, Schale)
Ende
Bild 2.82 Kippen
und Beulen
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Die beim Stabilitätsverlust eintretenden Verformungen können auch wesentlich komplexere
Formen haben, wie z. B. in Bild 2.83 und Bild 2.83/1 (mit Animation) dargestellt.
x2
x1
x3
Schale
x2
x1
x2
x3
x1
x3
Radialdruck p
Schale mit konstantem
Radialdruck
Gebeulte Schale
in zwei Ansichten
Bild 2.83 Beulen einer schräg abgeschnittenen Schale (konstanter radialer Druck p von Außen)
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Die folgende Animation (Bild 2.83/1, nicht im Lehrbuch) zeigt das Beulen einer Zylinderschale
unter axialem Druck (vgl. Schale in Bild 2.82) bei Laststeigerung bis zur kritischen Axiallast und
bei Rücknahme der Axiallast bis auf den Wert Null. In dem Diagramm ist der zum Verformungsbild
gehörende aktuelle Zusammenhang zwischen Axiallast und Verkürzung der Schale dargestellt.
Animation
Zur Ansicht der Animation auf das Bild klicken oder Datei schalenbeulen.avi mit geeignetem Media-Player
öffnen. Ein weiterer Klick auf das Video stoppt dieses bzw. setzt die Wiedergabe fort oder wiederholt sie.
Bild 2.83/1 Animation: Beulen einer Schale (konstanter axialer Druck)
Mit freundlicher Genehmigung von Martin Srubar
(Dissertation, Universität Hannover, Institut für Baustatik, 1999)
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Ende
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Die Stabilität von komplexen Bauwerke, z. B. von Brücken, Kränen, Dachkonstruktionen usw.
aus Fachwerkstäben, ist durch eine ausreichende Sicherheit gegen Knicken der auf Druck
belasteten Stäbe zu gewährleisten. Das Versagen (Knicken) eines Druckstabes (vgl. Bild 2.84
und 2.84/1 auf der folgenden Seite) kann zum Versagen der gesamten Konstruktion führen.
Versagen
durch Knicken!
Bild 2.84 Versagen einer komplexen Struktur (Fachwerkbrücke) durch Knicken eines Stabes
Die große Bedeutung der Stabilität wird dadurch unterstrichen, dass der Nachweis der Stabilität
für viele Bereiche der Technik durch Normen und Vorschriften verbindlich geregelt ist!
Das Nichtbeachten von Stabilitätsproblemen hat schon zu großen Katastrophen geführt!
Ein klassisches Beispiel dazu wird auf der folgenden Seite vorgestellt (nicht im Lehrbuch).
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Das Nichtbeachten von Stabilitätsproblemen führte in der Bauphase der Québec-Brücke in
Kanada gleich zweimal zum Einsturz. Sie konnte dadurch erst 3.12.1917 dem Verkehr übergeben werden.
1. Einsturz: 1907
Ein Mensch!
2. Einsturz: 1916
Bild 2.84/1 Québec-Brücke, Kanada
Längste Auslegerbrücke der Welt mit einer
Spannweite von 549 m
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2.8.2
Ein einfaches Stabilitätsproblem
Wir betrachten einen auf Druck belasteten Stab, der an seinem
Fußpunkt gelenkig gelagert ist und durch eine Spiralfeder im
Gleichgewicht gehalten wird (Bild 2.85, links).
Wir wollen untersuchen, bei welcher Belastung F = FK (richtungstreue Kraft F vorausgesetzt) die Gleichgewichtslage mit
vertikaler Stabachse in eine um den Winkel j ausgelenkte
Stabachse übergeht (Bild 2.85, rechts).
Für derartige Untersuchungen ist das Aufschreiben der Gleichgewichtsbedingungen am ausgelenkten System erforderlich,
wobei die Auslenkungen noch als klein angenommen werden
dürfen (Theorie 2. Ordnung).
v
F
F
j
starr
l
l
c
A
A
MA
FA
Bild 2.85 Ein einfaches Stabilitätsproblem
Aus der Momentengleichgewichtsbedingung
A : F·v - MA = 0
mit MA = c·j
und v = l·sinj
folgt die Bedingung für das Gleichgewicht mit ausgelenkter Stabachse:
(2.96)
F·l·sinj - cj = 0
Wir wollen nur kleine Winkel j betrachten (Theorie 2. Ordnung), d. h. wir dürfen sinj  j
setzen (diese Vereinfachung bezeichnen wir als Liniearisierung). Es folgt:
F· lj - cj = 0
bzw.
(F· l - c) j = 0
(2.97)
Gleichung (2.97) ist eine so genannte Eigenwertgleichung (homogene Gleichung für die
Auslenkung j).
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Die Eigenwertgleichung (2.97)
(F· l - c) j = 0
hat folgende Lösungen:
a) triviale Lösung für j = 0 (also mit senkrechter Stabachse) und
b) nichttriviale Lösung für (F· l - c)=0.
Aus der nichttrivialen Lösung b) folgt die so genannte kritische Kraft
FK 
c
l
bei der das System plötzlich eine Gleichgewichtslage mit ausgelenkter Stabachse annimmt,
wobei die Größe der Auslenkung wegen der Liniearisierung sinj  j unbestimmt bleibt.
Hinweis: Will man wissen, welche Auslenkung das System für Kräfte F > FK besitzt, so
muss die nicht liniearisierte Gleichung (2.96) ausgewertet werden.
Aus der grafischen Darstellung von Gleichung (2.96) in der Form
y(j) 
Fl
j

c
sinj
folgen anschaulich für beliebige Winkel j die möglichen Gleichgewichtslagen dieses Systems
(vgl. nächste Seite).
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Aus Bild 2.86 lassen sich folgende möglichen Gleichgewichtslagen in Abhängigkeit vom Winkel
j erkennen:
- labil sein, wenn j = 0 ist oder
- stabil mit einer Auslenkung nach rechts oder links,
wobei schon kleine Lasterhöhungen große Ausschläge hervorrufen, wie man aus Bild 2.86 ablesen
kann.
1,5
1
stabil
• Vom so genannten Verzweigungspunkt (kritischer
Punkt, F = FK bzw. Fl/c = 1) an kann das Gleichgewicht
F l
c
labil
2
• Für F < FK (bzw. Fl/c < 1) liegt immer stabiles
Gleichgewicht vor.
0,5
0
-90 -60 -30
0
Verzweigungspunkt
30
60 90
j in [  ]
Bild 2.86 Gleichgewichtslagen
Die labile Gleichgewichtslage mit j = 0 (gestrichelte Kurve in Bild 2.86) ist praktisch nicht von
Bedeutung, da immer kleine Störungen vorhanden sind, so dass das System im Verzweigungspunkt bei einer weiteren Laststeigerung in eine stabile Gleichgewichtslagen mit ausgelenkter
Stabachse (ausgezogenen Zweige in Bild 2.86) übergehen wird.
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2.8.3
EULER-Fälle
Typische Stabilitätsprobleme stellen auf Druck belastete
Stäbe dar. Wir wollen zunächst einen beidseitig gelenkig
gelagerten Stab mit einer richtungstreuen Druckkraft F
betrachten (Bild 2.87) und die kritische Kraft ermitteln, bei
der der Stab instabil wird (ausknickt).
Beachte: Bei allen Stabilitätsuntersuchungen müssen die
Gleichgewichtsbetrachtungen am verformten System
aufgeschrieben werden. Soll nur die kritische Belastung
ermittelt werden, so darf liniearisiert werden (Theorie 2.
Ordnung, siehe auch Kapitel 2.8.2).
EI
F
l
A
B
F
FA
FBH = F
und
FA = FBV = 0
FBV
y, v
F
verformter,
ausgeknickter Stab
z
Mb
v(z)
y, v
Das Gleichgewicht am verformten Gesamtsystem liefert
zunächst die Lagerreaktionen:
FBH
z
S
FL
FQ
Bild 2.87 Knickstab (2. EULER-Fall),
Gleichgewicht am verformten System
Das Gleichgewicht am freigeschnittenen verformten Teilsystem liefert das Biegemoment
Mb(z) = Fv(z)
Unter der Voraussetzung kleiner Verformungen in der (y,z)-Ebene folgt nach der Differentialgleichung 2. Ordnung (2.37) mit diesem Biegemoment
EI  v z  Mb z  F  v z
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
v z 
F
 v z  0
EI
(2.98)
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F
EI
wird Gleichung (2.98)
mit
k2 
(2.99)
v (z)  k 2v(z)  0
(2.100)
Diese homogene Differentialgleichung hat die Lösung
v(z)  c1cos(k  z)  c 2sin(k  z)
(2.101)
Die Integrationskonstanten folgen aus den Randbedingungen:
1. v(0) = 0

c1 = 0
2.

c2·sin(kl) = 0 
v(l) = 0

c2 = 0 (d. h. mit c1 =0 bleibt die Stabachse gerade)
sin(kl) = 0 für c2  0 (d. h. gekrümmte Stabachse)
Die 2. Randbedingung wird somit bei gekrümmter Stabachse für
(2.102)
sin(kl) = 0
erfüllt. Die Gleichung (2.102) ist die so genannte Eigenwertgleichung dieses Stabilitätsproblems
mit den Eigenwerten kl :
kl = 0, p, 2p, 3p, ...
(2.103)
Der kleinste von Null verschiedene Eigenwert (kl = 0 würde nach (2.99) F = 0 ergeben) kl = p
liefert mit Gleichung (2.99) die kleinste kritische Kraft
FK 
p2EI
l
(2.104)
2
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Der Stab wird beim Erreichen dieser Druckkraft plötzlich ausknicken, wobei die Biegelinie nach
Gleichung (2.101) mit c1 = 0 und k = p/l die Form einer sin-Funktion annimmt (vgl. Bild 2.87).
Die Größe der maximalen Auslenkung, die durch die Integrationskonstante c2 bestimmt wird,
bleibt unbestimmt. Wir erhalten für die Biegelinie des ausgeknickten Stabes
p
v z  c 2 sin z
l
Verallgemeinerung
Der oben vorgestellte Lösungsweg kann
analog für andere Lagervarianten angewandt werden. Für drei weitere, in der
Praxis häufig anzutreffende Lagerungen
von Knickstäben lassen sich die Ergebnisse für die dazugehörenden kritischen
Kräfte einheitlich darstellen.
Diese insgesamt vier Lagerungsarten werden auch EULER-Fälle genannt. Für die
kritische Kraft dieser vier EULER-Fälle gilt
mit EI = konst. als Biegesteifigkeit bezüglich der Biegeachse beim Knicken:
FK 
1
F
F
2
3
F
4
F
l
lK = 2·l
lK = l
lK @ 0,6992·l
lK = ½·l
Bild 2.88 Knicklängen lK für die vier EULER-Fälle mit Biegelinie
für die kritische Kraft
p 2EI
lK2
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mit
?
lK = Knicklänge nach Bild 2.88
(2.105)
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Knickspannung
Kurz bevor ein Stab ausknickt, ist die Stabachse noch gerade. Es herrscht daher im Moment
des Ausknickens eine reine Druckbeanspruchung und für die kritische Druckspannung gilt:
FL FK p 2EI
(2.106)
sK 

 2
A
A lK  A
Bei der Berechnung von FK nach EULER haben wir elastisches Materialverhalten vorausgesetzt
(Anwendung der Differentialgleichung 2. Ordnung). Das bedeutet:
Die EULER-Formeln gelten nur für elastisches Knicken ! Die Bedingung dafür ist:
sK 
p2EI
lK 
2
A
 sP
mit sP = Proportionalitätsgrenze im Druckbereich
(2.107)
Diese Bedingung (2.107) für elastisches Knicken wird auch oft wie folgt umgeformt:
p 2EI
lK2  A
 sP
Mit den Abkürzungen

lK2
  lK
p 2EI

sP  A
A lK

I
i

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?
E
sP
A
E
 p
I
sP
Schlankheitsgrad
(reine geometrische Größe)
mit
P  p
lK
i
I
A
Trägheitsradius
Grenzschlankheitsgrad
(reiner Materialparameter)
Ende
(2.108)
(2.109)
(2.110)
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nimmt die Bedingung für das elastische Knicken die folgende einfache Form an:
  G
(2.111)
Hinweis: Der Vorteil der Gleichung (2.111) liegt darin, dass mit der geometrischen Größe des
Schlankheitsgrades  sofort entschieden werden kann, ob elastisches Knicken eintritt oder
nicht, da die Grenzschlankheitsgrade P für die gebräuchlichen Materialien in Tabellen verfügbar sind.
Falls die Bedingung für elastisches Knicken nicht erfüllt ist, muss geprüft werden, ob eventuell
ein Knicken im plastischen Bereich auftritt. Dafür gelten die so genannten TETMAJER -Formeln,
die hier aber nicht behandelt werden sollen.
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?
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Beispiel 2.21 Gelenkig gelagerter Druckstab
Ein Stab wird über einen Hebel auf
Druck beansprucht. Gesucht wird die
kritische Last F = Fkrit, bei der der
vertikale Stab knickt. Die gelenkige
Lagerung des Stabes sei so konstruiert, dass sie für jede Biegeachse gilt.
Gegeben: l = 400 mm
l1 = 115 mm
l2 = 230 mm
a = 1,48 mm
b = 17,85 mm
E = 2·105 N/mm2
P= 92
l2
l1
l2
l1
A
A
FS
F
F
FS
b
a
l
2. EULER - Fall
lK  l
A  ba
Knickachse:
Achse mit Imin
Imin 
ba3
12
l
Bild 2.89 Gelenkig gelagerter Druckstab
Das Momentengleichgewicht um den Punkt A am freigeschnittenen Hebel liefert
den Zusammenhang zwischen F und der Druckkraft FS des Stabes (vgl. Bild 2.89):
l
A : Fl1  l2   Fsl1  0
(1)
 F  1 FS
l1  l2
Bei gelenkiger Lagerung für jede Biegeachse knickt der Stab zuerst um die Achse Imin (siehe Bild
2.89). Wir prüfen, ob elastisches Knicken eintreten wird. Mit der Knicklänge K = l (2. EULER-Fall)
wird der vorhandene Schlankheitsgrad nach (2.108)
 vorh  lK
A
Imin
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l
12ba
ba
?
3
 936,2  P
(2)
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Das Ergebnis von Gleichung (2) zeigt, dass Knicken im elastischen Bereich eintreten wird und
wir deshalb die EULER-Formel (2.105) anwenden dürfen. Aus dieser folgt die kritische Druckbelastung des Stabes
FS krit
p2Elmin p2E  ba3 p2  2 105 17,85 1,483



N  59,5 N
2
2
2
lk
12  l
12  400
(3)
Aus (1) folgt mit FS = FS krit nach (3) die gesuchte kritische Belastung zu:
Fkrit 
l1
115
FS krit 
 59,5 N = 19,8 N
l1  l2
115  230
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Beispiel 2.22 Dimensionierung von Fachwerkstäben bezüglich der Stabilität
Das Fachwerk in Beispiel 1.13; S 84 , das aus einheitlichen Stäben mit T-Querschnitt (DIN 1024,
vgl. Tabelle 2.6) bestehen soll, ist so zu dimensionieren, dass keine Knickgefahr besteht.
Die Fachwerkknoten seien ideale räumliche Gelenke.
Gegeben: F = 50 kN, a = 2 m, a = 30 °, E = 2,1105 N/mm2, sP = 240 N/mm2
Die Stabkräfte liegen für dieses Fachwerk in der Tabelle 1.1; S 85 bereits vor. Die knickgefährdeten Druckstäbe sind die Stäbe 1, 3, 8, 9 und 12. Für alle Druckstäbe gilt:
Stablänge:
lS = a/cosa
Knicklänge: lK = lS = a/cosa (2. EULER-Fall für das Knicken in jeder Richtung)
Die Druckstäbe werden bei einer Belastung FSi > FK zuerst um die Achse ihres kleinsten Flächenträgheitsmomentes ausknicken, wobei natürlich der Stab mit der größten Druckbelastung zuerst
ausknickt. Das ist der Stab 1 mit der Stabkraft (vgl. Tabelle 1.1; S 85)
7F
FS1  
4 sin a
Um ein Ausknicken dieses Stabes zu vermeiden, muss nach Gleichung (2.105) gelten (wir setzen
dabei stillschweigend zunächst elastischen Knicken voraus, was wir aber erst nach Festlegung
des Querschnitts prüfen können):
FS1
7F
p2EI p2EImin p2EImin cos2 a

 FK  2 

4 sin a
lK
lS2
a2
Diese Ungleichung lösen wir nach der Querschnittsgröße Imin auf und erhalten (nächste Seite)
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Imin 
7Fa2
4p E sin a  cos a
2
2

7  50  103 N  4  106 mm 2
4p 2,1 10 Nmm
2
5
2

2
sin 30 cos 30

 45,0  10 4 mm 4
Der gesuchte T-Querschnitt muss diese Bedingung erfüllen. Aus Tabelle 2.6 folgt, dass der
Querschnitt
T90 (grau unterlegt) mit
Imin = Iy = 58,5 cm4 = 58,5104 mm4 und
der Querschnittsfläche A = 17,1 cm2
diese Bedingung erfüllt.
Es muss jedoch für diesen Querschnitt auch die Bedingung für elastisches Knicken (2.111)
erfüllt sein, denn nur dann war unsere Rechnung zulässig. Es folgt mit dem vorhandenen
Schlankheitsgrad  nach (2.108) und dem Grenzschlankheitsgrad P nach (2.110) aus der
Bedingung (2.111)   P :
a
A
2  103 mm 17,1 102 mm 2


 124,9  P  p

4
4
cos a Imin
cos 30
58,5  10 mm
E
 92,9
sP
Die Bedingung für elastisches Knicken ist erfüllt, d. h. die obige Berechnung war zulässig,
und der Querschnitt T90 ist insofern geeignet, dass damit ein Ausknicken der Fachwerkstäbe
vermieden wird.
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