Figurationen des Ersatzes

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Transcript Figurationen des Ersatzes

Stilfiguren
- Stilelemente, die aus den Wortfiguren
der antiken Rhetorik hervorgegangen
sind;
- bilden den Kern der traditionellen
Stilistik;
- Konstruktionen, die vom normalen
Sprachgebrauch abweichen;
- haben besondere Funktionen und sind
in der Regel expressiv.
Klassifikation der Stilfiguren
I) Figurationen des Ersatzes
II) Figurationen der Hinzufügung
III) Figuren der Auslassung
IV) Figuren des Platzwechsels (der
Anordnung)
I) Figurationen des Ersatzes
(figurierte Umschreibungen eigentlicher
Bezeichnungen) – Tropen.
Sonderstellung: Ihr
Figurationsmechanismus ist nicht an den
Satz gebunden.
Funktionen der Tropen:
- die Merkmalshervorhebung;
- die Wertung und Graduierung;
- die Veranschaulichung und originelle
ästhetische Sicht.
Figurationen des Ersatzes
(Fortsetzung)
1) Periphrase – eine Umschreibung, die für die eigentliche
Bezeichnung eine explizit erweiterte Gattungsbezeichnung
setzt, z.B.: großer Teich – Atlantik; Herr der Taiga – Tiger.
In alter Volks- und Kunstprosa – zur ästhetischen
Ausdrucksvariation oder der symbolisierenden
Hervorhebung charakteristischer Merkmale. Heute – in der
Kunstprosa seltener.
2) Ironie – eine Umschreibung, die eine Bezeichnung mit
einer Gegenbedeutung versieht und somit in ihr Gegenteil
übersetzt.
Meistens – negative Wertungen werden in ihr scheinbar
positives Gegenteil übersetzt und so hervorgehoben.
Nachdruckssignale – Intonation, Kontext, z.B.: “Ganz schöne
Geschichten erzählst du mir!”
Figurationen des Ersatzes
(Fortsetzung)
3) Litotes – eine Umschreibung, die eine
Bezeichnung durch Verneinung einer
Gegenbezeichnung hervorhebt oder
abschwächend darstellt. Nachdruckssignale –
Intonation, Kontext; z.B.: “Das ist kein dummer
Gedanke!” – Klugheit wird hervorgehoben; “Das ist
kein allzu kluger Gedanke!” – Dummheit wird
ironisch-euphemistisch abgeschwächt dargestellt.
4) Hyperbel – eine Umschreibung, die eine
Bezeichnung mit übertreibenden Zusätzen
versieht. Als Zusätze – Zahlen- und Maßangaben,
bewertende Epitheta, bewertende
Bestimmungswörter, z.B.: Riesenfreude; eine
Ewigkeit dauern; einen Augenblick dauern.
Figurationen des Ersatzes
(Fortsetzung)
5) Metapher – eine Bedeutungsübertragung, der Ersatz eines
Ausdrucks durch einen sinnähnlichen bildhaften Ausdruck, der die
Bedeutung des ersetzten Wortes bekommt.
Abarten der Metaphern:
Personifizierung – die Übertragung menschlicher Eigenschaften,
Merkmale und Handlungen auf tierische und pflanzliche
Organismen sowie auf Nichtlebewesen, z.B.: “Der Frost will seine
Blumen an die Fensterscheiben malen.”
Allegorie – körperhafte Verbildlichung von Ideen und abstrakten
Begriffen, von Naturgeschehen und Naturgewalten (meist
Verlebendigung in Menschengestalt), z.B.: Frau Sorge; ein
leiblicher Jüngling (der Frühling).
Symbol – im Gegensatz zur Allegorie bilden den Ausgangspunkt
zur Entstehung des Symbols eine konkrete Erscheinung, meist ein
Gegenstand, eine Pflanze, ein Tier, reale Vorgänge, z.B.: die Lilie –
das Symbol für Sanftmut und Unschuld, die Rose – für Schönheit.
Synästhesie – die Verschmelzung verschiedener
Sinnesempfindungen, wobei eine von ihnen übertragene
Bedeutung annimmt: z.B.: seidene Stimme; grüne Geräusche,
warme Farben.
Figurationen des Ersatzes
(Fortsetzung)
6) Metonymie – ein Austausch zweier Begriffe aus
unterschiedlichen Sinnbereichen aufgrund räumlicher,
zeitlicher, stofflicher und logischer Beziehungen, z.B.: Hand
statt Handschrift.
Eine Abart der Metonymie – Synekdoche, die auf Basis
eines Quantitätsverhältnisses gebildet wird. “Pars pro toto” –
Teil für das Ganze, z.B.: Mein Fuß betritt nicht mehr diese
Schwelle.
Eine besondere Form der Stilfigur “pars pro toto” bilden die
so genannten Bahuvrihi – Possessivkomposita, die das
Ganze (gewöhnlich ein Lebewesen) durch einen
wesentlichen oder auffallenden Teil charakterisieren, z.B.:
Rotkäppchen, Glatzkopf.
Andere Erscheinungsarten der Synekdoche: die
Verwendung des Singular anstatt Plural, z.B.:”Wir schätzen
und fördern die Einzelhandwerker – den Bäcker, den
Uhrmacher, denTischler, den Schuhmacher.”;
die Nennung des Eigennamens für den Gattungsnamen,
z.B.: ein Paganini (für einen Violinvirtuosen).
Die Art der Verbindung zwischen
Sätzen oder Teilen eines Satzes
kann asyndetisch oder syndetisch / polysyndetisch
sein.
Das Asyndeton – eine Art der Verknüpfung von
Wörtern, Wortgruppen, Sätzen ohne Konjunktionen
und andere formale Bindeelemente, z.B.: Sie gehen
schneller, sie laufen davon, sie fliehen.
Funktionen: Emotionalität; erhöhte Dynamik,
manchmal – ein Bild des Chaos: “Kinder jammern,
Mütter irren, Tiere wimmern unter Trümmern, alles
rennet, rettet, flüchtet”.
Das Polysyndeton - Verknüpfung von Wörtern,
Wortgruppen und Sätzen mit Hilfe einiger
Konjunktionen, z.B.: Und es wallet und siedet und
brauset und zischt.
Funktionen: Widerspiegelung gleichmäßigrhythmischer Bewegungen, häufig – archaische
Prägung.
II) Figurationen der Hinzufügung
1) die Wiederholung
- wortwörtliche:
a) echte, z.B. in einem Lied: Du,du, du - sieh mal, sieh mal,
sieh mal.
b) Antwortwiederholung im Dialog, z.B.: “Ist das Buch
interessant?” - Interessant?”
c) unterbrochene Wiederholung - in bestimmten Abständen:
die Anapher – Wiederholung am Anfang der Sätze oder
Absätze, z.B.: Er rührte an den Schlaf der Welt mit Worten,
die Blitze waren. Er rührte an den Schlaf der Welt mit
Worten, die wurden Brot.
die Epipher – Wiederholung am Ende der Sätze oder
Absätze.
die Ringwiederholung ist die Wiederaufnahme derselben
Sprachlemente am Anfang und am Ende eines Satzes oder
Textes.
die Anadiplose ist die Wiederaufnahme des letzten Wortes /
der letzten Wortgruppe eines Satzes am Anfang des
nächsten Satzes.
erweiterte (präzisierende Wiederholung): “Ich habe
Kopfschmerzen, abscheuliche Kopfschmerzen”.
II) Figurationen der Hinzufügung
1) Wiederholung (Fortsetzung)
variierte:
a) flektierte (mit grammatischen
Veränderungen), z.B.:
“Nass und nässer wird’s im Saal.”
b) durch ein Reimwort (eine ästhetischscherzhafte Verzierung, häufig sinnlos):
“Engel, Bengel, lass mich leben.”
c) Wiederholung von Wörtern gleicher
Stämme: “Gar schöne Spiele spiel’ ich mit
dir.”
II) Figurationen der Hinzufügung
1) Wiederholung (Fortsetzung)
- synonymische: (Wiederholung von Wörtern
gleicher Bedeutung): “Es war ein kleines, winziges
Männchen”.
Tautologie – ein Begriff wird durch zwei gleiche
grammatische Wortarten ausgedrückt: einander
gegenseitig; bereits schon.
Pleonasmus – ein Begriff wird durch zwei
verschiedene Wortarten ausgedrückt: ein alter
Greis; ein armer Bettler.
Parallelismus – die Wiederholung gleichartiger
Glieder, der gleichen Satzkonstruktionen.
Funktionen – erzielen Eindringlichkeit; schaffen
Rhythmus und Symmetrie. ”Ein paar Stellen waren
geblieben, ein paar waren ganz verändert.”
II) Figurationen der Hinzufügung
2) Gegensatzfiguren
a) Die Antithese entsteht aus der Kontrastwirkung
der Bedeutungen zweier lexikalischer oder
grammatischer Größen: “Mörderlust und
Liebeslust in einem Mann?”; “Sie geht über die
Bühne, grüßend und begrüßt”.
b) der Chiasmus (Kreuzfigur) – zu einer
Antithese tritt eine zweite hinzu, aber mit
umgekehrtem Inhalt: “ ... dass in Bologna die
kleinsten Hunde und die größten Gelehrten, in
Göttingen hingegen die kleinsten Gelehrten und
die größten Hunde zu finden sind.” (H. Heine)
c) Das Oxymoron – eine scheinbar widersinnige
Verbindung von Gegensätzen, deren Vereinigung
dennoch wieder eine sinnvolle Ganzheit ergibt:
dummklug; graziös-linkisch; ein Unglücksglück;
schlaue Dummheit.
II) Figurationen der Hinzufügung
3) Figuren der Häufung
a) die Aufzählung – das Nacheinander von
gleichartigen Bezeichnungen der Gegenstände,
Handlungen, Merkmale. Funktionen Anschaulichkeit, Dynamik, Rhythmik.
Abarten der Aufzählung:
die Klimax – eine Aufzählung, wo jedes nächste
Glied inhaltlich stärker oder genauer als das
vorhergehende ist, z.B.: ”Das große Karthago
führte drei Kriege. Es war mächtig nach dem
ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es
war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.”
die Antiklimax – eine absteigende (fallende)
Aufzählung, wo das wichtigste Element am Anfang
steht, z.B.: ”Magnifizenz! Sehr verehrte
Professoren und Dozenten, werte Gäste, liebe
Kollegen!”.
II) Figurationen der Hinzufügung
3) Figuren der Häufung (Fortsetzung)
b) das Epitheton – jede Merkmalsbestimmung eines
Substantivs, durch die der betreffende Begriff logischsachlich konkretisiert oder emotional eingeschätzt wird.
Konkretisierende Epitheta – es entsteht die Vorstellung von
Farbe, Form, Klang, Geruch, aber auch eine logische
Schlussfolgerung: aschblondes Haar.
Bewertende Epitheta zeigen die persönlichen Beziehungen
des Senders zum Gegenstand der Darstellung: eine
unverschämte Behauptung.
Außerdem – stehende (blauer Himmel, die hohen Gäste),
unerwartete (grüner Wind), tautologische (alter Greis)
Epitheta und Lieblingsepitheta (niedlich).
III) Figuren der Auslassung
sind abweichende Satzkonstruktionen, die mit einem oder
mehreren Bestandteilen oder deren Anordnung gegen die Regeln
der Satzfügung verstoßen. Sie haben dabei beabsichtigte
stilistische Leistung.
1) die Ellipse – ein Satz, dem das finite Verb oder eine von dessen
syntaktisch notwendigen Sinnergänzungen fehlt und der dennoch
im sprachlichen oder außersprachlichen Kontext seine
Mitteilungsfunktion in vollem Umfang erfüllt.
Funktionen – Sprachökonomie; Zerstückelung der Rede (Isolierung,
Parzellierung), z.B.: ”Nachts. Um halb drei. In der Küche.”.
2) der Satzabbruch (die Aposiopese) – vorzeitiger Abbruch eines
Satzes oft nach Andeutung des Fortgangs, ist graphisch durch drei
Pünktchen gekennzeichnet, z.B.: “Du! Noch ein Wort und ...”. Diese
Konstruktion kann ein Zeichen von Nichtwissen, Nachlässigkeit
oder starker innerer Erregung sein. Nicht nur formal, sondern auch
inhaltlich sind solche Konstruktionen unvollständig.
3) das Zeugma – die Verbindung zweier Wörter, die nicht
zusammenpassen, durch das Prädikat, um komische Wirkung zu
erzielen, z.B.: “Ihr lest hier Kartoffeln und keine Zeitung.” Meistens
wird ein polysemantisches Verb mit zwei unterschiedlichen
Ergänzungen gebraucht, wo seine Bedeutung nichts Gemeinsames
hat.
IV) Figuren des Platzwechsels
(der Anordnung)
gehören auch zu den abweichenden Satzkonstruktionen.
Wichtig ist dabei aber die Position von einigen Elementen im
Satz.
1) die Lockerung besteht in Ein- und Ausklammerung. Bei
der Ausklammerung wird ein großer Spannungsbogen des
Satzes durch einige kleinere Spannungsbögen ersetzt, z.B.:
“Er ist nicht zu sprechen vor Glück.”
2) die Parenthese – eine Absonderung der Wörter,
Wortgruppen und Sätze, die mitten in den Satz eingefügt
werden, ohne formelle Verbindungselemente mit dem
übrigen Teil des Satzes, sie werden intonatorisch (auch
graphisch) abgegrenzt, z.B.: “Die stolze Amalie, es war
unglaublich, glaubte auch das Unglaubhafteste.”
IV) Figuren des Platzwechsels
(der Anordnung) (Fortsetzung)
3) die Prolepse – die Wiederaufnahme eines in
Spitzenstellung stehenden, abgesonderten
Substantivs durch ein Pronomen oder Adverb,
z.B.: “Der Mann, der hat es gut zu reden.”
4) das Anakoluth – die Wiederaufnahme, die mit
dem Verstoß gegen die richtige syntaktische
Verbindung zusammenhängt, wenn die
Satzglieder semantisch, aber nicht grammatisch
kongruiert sind, z.B.: “Dieser Kerl, dem werde ich
es schon zeigen!”.
5) der Nachtrag – (Gegenstück zur Prolepse) –
die Absonderung eines Substantivs oder einer
Wortgruppe in Schlussstellung, während das
Pronomen oder Adverb dem Substantiv
vorangehen: “Endlich habe ich ihn gefunden,
Großmutters Korb”.