Risikotragender Deckungsgrad

Download Report

Transcript Risikotragender Deckungsgrad

Seminar 2013
Risikotragender Deckungsgrad
Stephan Skaanes, CFA
Dr. oec. publ.
Partner, PPCmetrics AG
Interlaken, 15. Mai 2013
1
Inhalt
Einleitung: Herausforderung in der 2. Säule
2
Herausforderungen 2. Säule
Anlageerträge
Pensionskasse
Leistungen
Beiträge
Logischer Zusammenhang:
Tiefere
Anlageerträge
Höhere
Beiträge
und /
oder
Tiefere
Leistungen
3
Erwartete Anlageerträge und Verzinsung
Ertrag einer risikolosen Investition
über 10 Jahre von über 6% im
Jahr 1990 auf unter 1% gesunken
Inflationsbereinigte BVG-Mindestverzinsung heute höher als
anfangs der 90er-Jahre
4
Leistungseinbussen bei laufenden Renten?
• Laufende Renten sind (nominal) garantiert und werden nach
finanziellen Möglichkeiten der Teuerung angepasst.
• Kaufkraftverlust einer laufenden Rente:
Ohne Teuerungsanpassung ist Rente
real um 12% gesunken
in 18 Jahren.
Welche Entwicklung wird in der
Finanzierung eingerechnet?
5
Finanzierung einer Altersrente
Sicht
Versicherter
Pensionierung
im Jahr 1995
Umwandlungssatz (UWS) im Alter 65: 7.2%
Ehegattenrentensatz: 60%
Altersguthaben
10’000
0
10’000
(Ø ♀+♂)
Vorsorgekapital
Sicht
Pensionskasse
Altersrente = 7.2%  Altersguthaben
Ehegattenrente = 60%  Altersrente
720
720
720
…
720
432
432
…
1
2
3
…
x
x+1
x+2
…
…
Jahre
Diskontierung mit technischem Zinssatz von 4%
(Grundlagen EVK2000, Periodentafeln)
Rentenhöhe 1995 u.a. erklärbar mit:
• Realzinssatz von 2%
• Vorweggenommener Teuerung von
2%
Technischer Zinssatz
4%
Realzins
ca. 2%
Teuerung
ca. 2%
6
Laufende Renten höher als geplant!
Ohne Teuerungsanpassung ist Rente
real um 12% gesunken
in 18 Jahren.
Mit der eingerechneten
Teuerung von 2% p.a.
wäre die reale Rente
bis heute aber um 30%
gesunken!
Fazit: Effektive Teuerung lag unter den in der Finanzierung eingerechneten
Erwartungen. Dadurch sind die Renten real höher ausgefallen als geplant!
7
Leistungen gemessen am Zinsniveau
BVG 1985
• Technischer Zinssatz (TZ) von 4% beinhaltete rund 2%
Teuerung, bzw. ging von einem Kaufkraftverlust der Rentner
von rund 2% aus.
• 10 Jahre nach BVG Einführung lag die erzielbare
Realverzinsung sogar über diesen Annahmen.
Rentenleistungen nach BVG waren (nominal) risikolos finanzierbar.
Heute
• Zurzeit geringe Inflation, zukünftige Entwicklung unsicher.
• Realverzinsung zurzeit im Bereich von 0.5%, auch mit
Einrechnung von Zeitprämien (20 Jahre) kaum über 1%.
• Eingerechnete Teuerungsannahmen über 1% bedeuten
ein starkes Finanzierungsrisiko für Pensionskasse.
Rentenleistungen müssten auf einem TZ < 1% (UWS ~ 4.5%) beruhen,
um risikolos finanzierbar zu sein. Der hinterlegte TZ liegt meist deutlich
darüber und beansprucht die Solidarität der Risikoträger.
8
Risikoträger einer Pensionskasse
Allfällige «fehlende»
Anlageerträge
Fehlende Erträge werden
selten 1-zu-1 auf die
Risikoträger überwälzt.
Pensionskasse
Substanz wird aufgelöst
Deckungsgrad sinkt
Risikoträger
Arbeitgeber
Versicherte
Rentenbezüger
Evtl. auch
• Patronale Stiftungen
• Öffentliche Hand
9
Zukünftige Belastung der Risikoträger
• Aufgrund der gesetzlichen Garantie der laufenden Renten
tragen die Rentner (zurzeit) keine Risiken.
• Die Risikoträger einer Pensionskasse sind somit die aktiven
Versicherten und die Arbeitgeber.
• Die aufgrund der Struktur der Pensionskasse und der
tatsächlichen finanziellen Lage resultierende potentielle
Belastung der Risikoträger wird mit dem technischen
Deckungsgrad nicht angemessen dargestellt.
• Der risikotragende Deckungsgrad («Deckungsgrad der
Risikoträger») schliesst diese Lücke.
10
Inhalt
Risikotragender Deckungsgrad
11
Risikotragender Deckungsgrad
Berechnung in zwei Schritten
Vorsorgekapital
Rentner
(technisch)
Vorhandenes
Vorsorgevermögen
Vorsorgekapital Rentner
(ökonomisch)
Bewertungsdifferenz
zum Marktwert
Vorsorgevermögen
Aktive
1.
Risikotragender
Deckungsgrad
Vorsorgevermögen
Aktive
2.
=
Freizügigkeitsleistungen
12
Drei Praxisbeispiele im Vergleich
Berechnungen
Kennzahlen per 31.12.2011
Vorsorgeeinrichtung
C
B
A
3.25%
3.5%
3.0%
EVK 2000/P
VZ 2010/P
BVG 2010/G
132.6%
135.5%
124.3%
Technischer Zinssatz
Biometrische Grundlage
Umrechnungsfaktor*
U
Vorsorgevermögen
Vv
105
105
105
VK Rentner**
VK Aktive (FZL)
Rückstellungen
Vorsorgekapital
R
A
10
90
0
100
40
60
0
100
90
10
0
100
Vv/Vk
105%
105%
105%
RxU
Vv-RxU
(Vv-RxU)/A
12
93
103%
54
51
85%
119
-14
-144%
Deckungsgrad gem. Art. 44 BVV2
VK Rentner ökonomisch
Vorsorgevermögen Aktive
Risikotragender Deckungsgrad
Vk
* Standardisierter Umrechnungsfaktor (für gegebenen TZ und biometrische Grundlage)
** inkl. Rückstellung Zunahme Lebenserwartung (Grundlagenwechsel)
13
Drei Praxisbeispiele im Vergleich
Erläuterungen
• Die drei Vorsorgeeinrichtungen A, B und C weisen
denselben Deckungsgrad von 105% gemäss Art. 44 BVV
2 aus.
• Der Anteil des (technischen) Vorsorgekapitals der Rentner
liegt bei 10%, 40% und 90%.
• Da die laufenden Renten garantiert sind, resultieren
stark unterschiedliche risikotragende Deckungsgrade.
• Der technische Deckungsgrad widerspiegelt diese
unterschiedliche Belastung der Risikoträger nicht.
• Ein negativer risikotragender Deckungsgrad (Vorsorgeeinrichtung C) bedeutet, dass das gesamte zurzeit
verfügbare Vorsorgevermögen nicht ausreicht zur sicheren
Deckung der laufenden Renten.
14
Zusätzliche Transparenz
• Zusätzlich zum technischen Deckungsgrad berücksichtigt
der risikotragende Deckungsgrad die folgenden strukturellen
und bilanziellen Elemente:
– Anteil des Vorsorgekapitals der Rentner als garantierte
Leistungen.
– Höhe des in der Bilanzierung verwendeten technischen
Zinssatzes.
– Verwendete biometrische Grundlage in der Bilanzierung (insb.
Perioden- vs. Generationentafeln).
• Die Wahl des technischen Zinssatzes oder der
verwendeten Grundlagen beeinflusst den technischen
Deckungsgrad erheblich, nicht aber den
risikotragenden Deckungsgrad.
15
Vorteile des risikotragenden Deckungsgrades
• Die Aussagekraft des Deckungsgrades in Bezug auf die
Belastung der Risikoträger wird massiv verbessert.
• Der aktive Versicherte wird über die potentielle Belastung
mit Sanierungsmassnahmen oder Leistungskürzungen bei
einer Teilliquidation transparent informiert.
• Die Belastung der Risikoträger vor und nach einer
Teilliquidation wird transparent dargestellt.
• Die Berechnung des risikotragenden Deckungsgrades ist
aufgrund der Angaben im Geschäftsbericht und ohne
komplexe mathematische Berechnungen möglich.
16
Eine eierlegende Wollmilchsau? NEIN!
• Für das Risikomanagement einer Vorsorgeeinrichtung liefert
der risikotragende Deckungsgrad zentrale Informationen.
• Diverse Elemente werden im risikotragenden Deckungsgrad
aber nicht berücksichtigt und müssten zusätzlich beachtet
werden, insbesondere:
– Verteilung der Risiken unter den Risikoträgern
(verschiedene Altersgruppen, Arbeitgeber, Staat,
Sicherheitsfonds usw.)
– Verteilung der Risiken auf der Zeitachse
(müssen die aktuellen oder die zukünftigen Versicherten
die Risiken tragen?)
– Garantien gegenüber den aktiven Versicherten
(z.B. garantierte Umwandlungssätze, Besitzstände usw.)
17
Vergleich anhand eines Universums
Erfasste Vorsorgeeinrichtungen
Daten gemäss Jahresabschluss 2011
privaten
Rechts
Anzahl Vorsorgeeinrichtungen
Anzahl Aktive Versicherte
Anzahl Rentner
öffentlichen
Rechts
Total
191
57
248
1'506'771
626'765
2'133'536
363'422
314'212
677'634
Vorsorgevermögen
Mrd. CHF
266.4
178.6
445.0
Freizügigkeitsleistungen
Mrd. CHF
152.3
100.3
252.6
Vorsorgekapital Rentner *
Mrd. CHF
102.4
105.2
207.6
100.8%
84.5%
93.6%
86.0%
32.2%
64.6%
21.3
68.0
89.3
Technischer Deckungsgrad
Risikotragender Deckungsgrad
Risikotragende Deckungslücke
Mrd. CHF
* Ausgewiesenes Vorsorgekapital inkl. Rückstellung Zunahme Lebenserwartung
Berechnungen: PPCmetrics; Datenquellen: s. www.deckungsgrad.ch; Erfassungsstand: 10.01.2013
18
Vergleich der Deckungsgrade im Universum
Deckungsgradvergleich für Abschluss 2011
150%
VE privaten Rechts
Risikotragender Deckungsgrad
VE öffentlichen Rechts
100%
Aussagekraft eines technischen
Deckungsgrades bei 100%?
50%
0%
-50%
Bem: 3 VE (1 öffentlichen Rechts)
unterhalb, 3 (0) oberhalb des
Anzeigebereichs.
-100%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Technischer Deckungsgrad
110%
120%
130%
Berechnungen: PPCmetrics; Datenquellen: s. www.deckungsgrad.ch; Erfassungsstand: 10.01.2013
19
Deckungslücken öffentlich-rechtlicher Kassen
Risikotragende Deckungslücke: CHF 67'735 Mio.
Durchschnitt pro Bewohner: CHF 8'515
Kanton
ZH
BE
LU
UR
SZ
OW
NW
GL
ZG
FR
SO
BS
BL
SH
AR
AI
SG
GR
AG
TG
TI
VD
VS
NE
GE
JU
Deckungslücke pro
Einwohner (CHF)
7'119
10'511
3'021
3'089
2'313
1'428
2'697
2'239
3'878
11'973
6'059
13'622
10'022
5'642
819
0
3'125
1'888
2'444
2'435
9'467
13'769
6'267
17'234
24'889
11'504
20
Fazit
• Der zurzeit ausgewiesene technische Deckungsgrad nach Art.
44 BVV 2 gibt nur schwache (bis irreführende) Auskünfte für
eine Risikobeurteilung, insb. durch die Destinatäre.
• Ein Vergleich von Vorsorgeeinrichtungen aufgrund des
technischen Deckungsgrades ist aktuell sehr erschwert.
• Der risikotragende Deckungsgrad (RTDG) liefert wertvolle
Mehrinformationen zur potentiellen Belastung der Risikoträger,
insbesondere im Falle struktureller Verschiebungen.
• Der RTDG kann bei vorliegender Jahresrechnung in 10 Minuten
gerechnet werden.
• Eine adäquate Kommunikation des RTDG an die Versicherten
ist in der Regel jedoch anspruchsvoller.
21